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Research

Coaching-Lexikon

Fachbegriffe zum Thema Coaching

Das Coaching-Lexikon ist ein Online-Nachschlagewerk zum Thema Coaching mit typischen Fachbegriffen.

449 Min.

Alle Begriffe von A-Z:

Bedingungslose positive Wertschätzung

Die bedingungslose positive Wertschätzung ist eine der drei Grundhaltungen der klientenzentrierten Psychotherapie und Beratung, mit welcher dem Ratsuchenden oder leidenden Klienten begegnet wird. Diese Grundhaltung wird realisiert durch vorbehaltsloses Annehmen der Person, gerade auch mit ihren Besonderheiten und Schwierigkeiten. Sie bedeutet wesentlich, dass die Person durch den Therapeuten so akzeptiert wird, wie sie sich selber sieht.

Innerhalb der humanistisch geprägten Psychologie (Abraham Maslow, Fritz Perls, Carl Rogers etc.) gilt das Bedürfnis nach "bedingungsloser positiver Wertschätzung/Beachtung" als eines der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse überhaupt, welches der Mensch aufgrund seiner Angewiesenheit auf Mitmenschen (Relationalität der Person) stets zu befriedigen sucht.

Im Rahmen der Personzentrierten Psychologie (Carl Rogers) ist nebst der Aktualisierungstendenz das Bedürfnis nach bedingungsloser positiver Wertschätzung ein das Verhalten organisierendes, übergeordnetes Bedürfnis des Menschen. Wenn günstige Umweltbedingungen die Befriedigung dieses übergeordneten Bedürfnisses zulassen, dann ist der Mensch im Streben nach Entfaltung seiner Möglichkeiten grundsätzlich konstruktiv, rational und sozial. In ungünstigen Umständen verfügt er in einer gegebenen Situation über viele Formen und Mechanismen, um seine Existenz, inkl. seine Selbstachtung, aufrecht zu erhalten. Dies kann zu Blockierungen, seelischen Störungen und Hemmungen oder zu destruktivem, irrationalem und asozialem Verhalten führen.

 Literatur

  • Reinhard Tausch: Gesprächspsychotherapie, 1960.
  • Carl Rogers: Die nicht-direktive Beratung, 1972.

 

Quelle

Bedingungslose positive Wertschätzung in der Wikipedia

Betriebsblindheit

Unangemessene Wahrnehmungs- und Beurteilungstendenzen, die oft durch Routine verursacht sind. Klassisches Merkmal der Betriebsblindheit ist die eingeschränkte Wahrnehmung betrieblicher Abläufe und Zusammenhänge. 

Betriebsklima

... ist die subjektiv erlebte und wahrgenommene längerfristige Qualität des Zusammenwirkens, der Zusammenarbeit der Beschäftigten eines Wirtschafts- oder Verwaltungsbetriebes.

Das Betriebsklima hat für die Motivation der Beschäftigten starke Bedeutung; desgleichen für Arbeitgeber, da es den Unternehmenserfolg zu verbessern geeignet ist, vor allem in Krisen. Ein schlechtes Betriebsklima führt zu Arbeitsunlust, zerstört somit die Arbeitsfreude, es demotiviert, erhöht den Krankenstand und kann zu mehr Produktionsausschuss führen. Eine besondere Ausprägung eines schlechten Betriebsklimas stellt das Mobbing dar. Eine mögliche Maßnahme zur Verbesserung des Betriebsklimas ist ein vertrauensvolle Unternehmenskultur mit mehr Raum für eigenverantwortliches Handeln, mit flachen Hierarchien und modernem mitarbeiterfreundlichem und kooperativem Führungsstil zu schaffen. 

Definition und Abgrenzung

Obwohl Begriffe wie Corporate IdentityBetriebsklima und Unternehmenskultur bereits in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind, gibt es die vielfältigsten Vorstellungen darüber, was sie eigentlich beinhalten. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass zwischen den verschiedenen Bereichen viele Überschneidungen existieren.

Das Betriebsklima
In der arbeits- und organisationspsychologischen Fachliteratur wird Betriebsklima meist mit der subjektiv wahrgenommenen, längerfristigen Qualität des Zusammenwirkens der Beschäftigten eines Wirtschafts- oder Verwaltungsbetriebes gleichgesetzt. In der Praxis wird das Betriebsklima eher wie eine Art Wetterlage aufgefasst, die in den vielfältigsten Ausprägungen erscheint und von sonnig (harmonisches Miteinander) bis gewittrig (Mobbing) reichen kann. Da das Betriebsklima großen Einfluss auf Motivation und Arbeitsfreude der Mitarbeiter hat, die sich in den Jahresbilanzen durch höhere oder niedrige Produktivität bemerkbar machen, sollte es im Interesse eines jeden Unternehmers liegen, in die Verbesserung des Betriebsklimas zu investieren.

Das Arbeitsklima
Der Begriff des Arbeitsklimas ist vergleichsweise enger. Arbeitsklima bezeichnet die spezielle Situation am jeweiligen Arbeitsplatz und ist daher in seiner Wirkung auf den einzelnen Mitarbeiter noch unmittelbarer. Durch diese Unmittelbarkeit rückt die Gestaltung des Arbeitsklimas in den Einflussbereich des Einzelnen und ist dadurch leichter veränderbar. Wichtige Einflussfaktoren auf das Arbeitsklima sind Arbeitszeit und Bezahlung. Jedoch spielen Anerkennung und Sinnvermittlung durch die Führungskräfte eine wesentliche Rolle. Besonders gut ist das Arbeitsklima nicht etwa, wenn keine Konflikte mehr existieren, sondern wenn Konflikte nicht mehr zu Eskalation und Wertschöpfungsverlusten führen.

Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur (engl. Organizational Culture) beeinflusst den Umgang, das Auftreten und Benehmen der Mitarbeiter und Führungskräfte untereinander sowie gegenüber Kunden, Lieferanten, Geschäftspartnern und neuen Mitarbeitern und wirkt stark auf das Arbeitsklima der Beteiligten. Diese richten bewusst oder unbewusst ihr Arbeits- und Sozialverhalten daran aus, passen sich an oder widersetzen sich.

Vier Ansätze zur Beeinflussung des Betriebsklimas

Der Autonomieansatz
Der Autonomieansatz geht von der vollkommenen Autonomie der Kultur gegenüber Beeinflussungsmöglichkeiten aus. Demnach sind gezielte Veränderungen z.B. durch das Management gar nicht möglich. Das Betriebsklima ist demzufolge ein zufälliges Ergebnis der Interaktion der Mitarbeiter. Diese Annahme entbehrt jedoch jeglicher empirischer Haltbarkeit, sondern entspricht vielmehr der beliebten eyes-wide-shut-Politik desinteressierter Führungskräfte, die mit weichen Faktoren nichts anzufangen wissen.

Der Krisenansatz
Der Krisenansatz sieht die Unternehmenskultur ebenfalls als unveränderlich an. Nur im Krisenfall wird ihr eine gewisse Veränderlichkeit zugestanden, da in einer Krisensituation die Werte und Normen einer Organisation durch deren Mitglieder in Frage gestellt werden. Denn die Organisation liefert nicht mehr die richtigen Antworten auf bestehende oder sich entwickelnde Probleme. Der Krisen-Ansatz prognostiziert eine Art innerbetriebliche Revolution, in der überkommene Regeln durch neue ersetzt werden, die einen reibungslosen Betriebsalltag mit produktivem Arbeitsklima herstellen.

Der Gärtneransatz
Der Gärtneransatz betrachtet die Kultur als etwas prinzipiell Beeinflussbares. Einem Gärtner gleich kann das Management versuchen, das Betriebsklima zu beeinflussen - allerdings werden unerwünschte Nebenfolgen der Einflussnahme nicht ausgeschlossen. Es wird von einer gewissen „Unbeherrschbarkeit der Natur“ beziehungsweise des Unternehmensklimas ausgegangen. Richtig ist sicherlich, dass es in den meisten Fällen mehr als nur eine Methode gibt, um auf eine Situation zu reagieren. 

Der Macheransatz
Nach dieser Vorstellung ist die Kultur zwar festgelegt, jedoch ist das Betriebsklima immer mit den gewünschten Resultaten innerhalb dieses Rahmens veränderbar. Der Manager kann das Arbeitsklima seiner Mitarbeiter durch gezielte Interventionen ganz nach seinen Vorstellungen verbessern und somit seinem Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Die Entwicklung der Arbeitsklima-Debatte (Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute)

Wissenschaftliche Betriebsführung (Taylorismus)
Der Taylorismus wird auch als Scientific Management (dt. wissenschaftliche Betriebsführung) bezeichnet und geht auf den US-Amerikaner Frederick Winslow Taylor zurück. Taylor war überzeugt, Management, Arbeit und Unternehmen mit einer rein wissenschaftlichen Herangehensweise optimieren zu können. Unternehmerisches Ziel war es, den maximalen Wirkungsgrad menschlicher Arbeit auszunutzen, ohne jedoch die Arbeitskraft zu verschleißen. Dies war zum damaligen Zeitpunkt ein neuer, fast revolutionärer Gedanke. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden Abläufe und Werkzeuge optimiert, bis der „beste“, das heißt effizienteste, „Verrichtungsweg“ ausgeklügelt war. Dieser beruhte zumeist auf extremer Arbeitsteilung (Partialisierung) und war zu 100% vorgeschrieben (Fließbandarbeit im Akkord mit Leistungsprämien). Durch diese Routinen sollte der Mitarbeiter ein Höchstmaß an Sicherheit bekommen und ein Maximum an Leistung bringen. Durch die Einführung des Scientific Management kam es zu einer starken Rationalisierung in den Betrieben. Der Begriff Arbeitsklima wurde als die Summe von Umweltfaktoren aufgefasst, die es zu optimieren galt. Die Arbeiter bekamen eine normgerechte Umgebung mit standardisierter Beleuchtung, Werkzeugen und Betriebsabläufen. Im Gegenzug wurde ihnen Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung mehr und mehr abgesprochen. Der Arbeiter war jetzt nur noch für die Arbeit an sich zuständig, nicht mehr für das Lösen von Problemen. Das dem Taylorismus innewohnende Menschenbild ist das des L’homme machine, der Maschinenmensch. Der Mensch wurde als technisches Gerät, als „Betriebsinventar“ aufgefasst, das es optimal zu nutzen und zu warten galt. Die deutsche Variante des Scientific Managements war übrigens die so genannte Psychotechnik. Sie ist zeitlich zwischen dem Erstem und Zweitem Weltkrieg einzuordnen und wird in Subjekt- und Objektpsychotechnik unterschieden: Die dominante Form war die Subjektpsychotechnik, welche die Anpassung des Arbeitenden durch Auswahl und Ausbildung an Anforderungen der Tätigkeit untersuchte und die ersten Assessment-Center der Geschichte entwickelte. Die weitaus weniger ausgeprägte Form war die Objektpsychotechnik, unter der man die möglichst menschengerechte Strukturierung und Gestaltung der Arbeitsbedingungen verstand.

Heute haftet der Psychotechnik ein eher negatives Image an, da sie vor allem in der deutschen Heerespsychologie während des Zweiten Weltkrieges zur Anwendung kam. Bis in die 1930er Jahre hinein erlebte der Taylorismus eine Hochzeit. Danach ebbte die Begeisterung für diese Art der Betriebsführung durch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse der Hawthorne-Studien (1927–1929) merklich ab. Der pure Taylorismus wird heutzutage häufig im engen Zusammenhang mit einer Mißtrauenskultur gesehen, bei der übermäßig enge Kontrollen, ausufernde Hierarchie, unpersönliche Kommandowirtschaft und überzogene Maßregelungen an der Tagesordnung sind. Modernere Ansätze bauen darauf eine Vertrauenskultur z. B. durch eine weitgehend eigenverantwortliche Gruppenarbeit zu schaffen.

Die Human-Relations-Bewegung
Als der Wissenschaftler Elton Mayo in den tayloristisch geführten Hawthorne-Werken, die Telephone, Kabel und Schaltanlagen herstellten, während der späten 1920er Jahren eine Studie zur Auswirkung der Lichtverhältnisse auf die Arbeitsleistung der Mitarbeiter untersuchte, stellte er fest, dass soziale Situationsbedingungen einen beachtlichen Einfluss auf die Leistung der Mitarbeiter hatten. Daraufhin wurde den sozialen Beziehungen der Mitarbeiter, den human relations in den Arbeitsgruppen mehr Bedeutung beigemessen und ein Gegenbild zum Taylorismus entworfen.

Der Arbeitnehmer bringt Höchstleistungen, wenn er sich an seinem Arbeitsplatz wohl fühlt – und Wohlfühlfaktor Nummer eins sind die sozialen Bindungen unter Kollegen.

Klar erkennbar ist hier das Menschenbild des social man, der Mensch als soziales Wesen. Auch dies war zu damaliger Zeit eine bahnbrechende Erkenntnis. Allerdings suggeriert der Human-Relations-Ansatz, dass den Mitarbeitern weniger an einer Lohnsteigerung, als an einer sozio-emotionalen Umgestaltung der Arbeitsbedingungen gelegen sei. Eine erneute Überprüfung der Daten ergab jedoch, dass der Einfluss von Lohnanreizen auf die Arbeitsleistung größer als der Einfluss von sozialpsychologischen Faktoren ist, als dies die Forscher damals einschätzten. Das wichtigste Ergebnis der Human-Relations-Bewegung war jedoch der von ihr gegebene Startschuss zur Diskussion um den im Taylorismus vorherrschenden direktiven Führungsstil, der bereits damals als wenig sinnvoll und sogar betriebsschädigend kritisiert wurde. 

Arbeit als Selbstverwirklichung
Das Menschenbild der 1960er und 1970er Jahre ist das des self-actualizing, der Autonomie braucht, um sich selbst zu verwirklichen. Die Erbringung von Höchstleistungen versprach man sich durch das Zulassen einer maximalen Freiheit und Eigenverantwortung des Mitarbeiters an seinem Arbeitsplatz. Auch der Arbeitsinhalt rückte verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses. Es wurde angenommen, dass Menschen in ihrer Arbeit Selbstverwirklichung suchen und dies der Hauptgrund für Arbeitsmotivation sei. Zeitgleich gab es eine Bewegung der „industriellen Demokratie“. Partizipationsmöglichkeiten und Arbeitsgestaltungskonzepte (wie zum Beispiel teilautonome Arbeitsgruppen) wurden entwickelt. In den 1970er Jahren wurden im Aktionsprogramm Humanisierung des Arbeitslebens Mindestanforderungen, Richtwerte und Schutzdaten entworfen.

Meine wertvollste Leistung für IBM war meine Fähigkeit, gute und intelligente Mitarbeiter auszuwählen, sie zusammenzuhalten durch Überzeugung, durch Höflichkeit, durch finanziellen Ansporn, durch Reden, durch Plaudern mit ihren Frauen, durch kleine Aufmerksamkeiten und indem ich alles einsetzte, was mir zur Verfügung stand, damit dieses Team mich für einen anständigen Menschen hielt. (Thomas J. Watson jun. (* 1914), Ex-Konzernchef von IBM)

Arbeitsklima heute
Der heutige Arbeitsklimaansatz berücksichtigt, dass es nicht nur auf einen einzelnen Faktor wie „Klarheit der Aufgabe“, „soziale Beziehungen am Arbeitsplatz“ oder „Eigenverantwortung des Mitarbeiters“ ankommt, sondern, dass der Arbeitnehmer eine Vielzahl individueller und situationsspezifischer Ziele, die sich zu einem komplizierten, aber sinnvollen Ganzen zusammensetzen, verfolgt. Davon ausgehend sollten neben den jeweiligen Aufgaben die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter Beachtung finden (z.B. Wohlbefinden, Akzeptanz, Identität). Ferner ist eine Individualisierung der Arbeitsgestaltung zur Leistungssteigerung sinnvoll. Darüber hinaus müssen sich Führungskräfte auch ihrer sozialen Moderatorfunktion bewusst werden und dieser eine erhöhte Priorität einräumen, statt ausschließlich Planungs-, Organisations- und Kontrollfunktionen auszuüben. Starre hierarchische Strukturen, autoritäres, bisweilen gar absolutistisches Führungsverhalten und schlecht kommunizierte Top-Down-Entscheidungen lassen ein Klima des Misstrauens entstehen. Heute geht man davon aus, dass Mitarbeiter ihr volles Potenzial bzw. Leistungsfähigkeit am besten innerhalb einer vertrauensvollen und menschgerechten Unternehmenskultur entfalten können.

Siehe auch: Innere Kündigung, Mobbing

Literatur

  • Ferdinand Eder: Schul- und Klassenklima. Ausprägung, Determinanten und Wirkungen des Klimas an höheren Schulen. StudienVerlag, Innsbruck 1996.
  • Ludwig von Friedeburg: Soziologie des Betriebsklimas. Studien zur Deutung empirischer Untersuchungen in industriellen Großbetrieben. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1963.
  • Maximilian Gontard: Unternehmenskultur und Organisationsklima. Eine empirische Untersuchung, Dissertation, München 2002.
  • Elton Mayo: The social problems of an industrial civilisation, 1933 (dt. „Probleme industrieller Arbeitsbedingungen“, Verlag der Frankfurter Hefte, Frankfurt am Main 1949)
  • Dirk Varbelow: Schulklima und Schulqualität im Kontext abweichender Verhaltensweisen, Tectum-Verlag, Marburg 2003.

Quellen

Betriebsklima in der Wikipedia

Beziehung

Die Beziehung ist:

Allgemein:

  • der Bezug in einem Bezugssystem
  • eine Relation

Physik:

  • der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang; siehe Kausalität

Mathematik:

  • Relation (Mathematik)

Informatik:

  • ein Strukturierungselement eines Entity-Relationship-Modells

Gesellschaft:

  • Soziale Beziehung
  • eine auf gegenseitigem Vertrauen basierende, persönliche, (oft illegitime oder geheim gehaltene) Verbindung mit dem Zweck der Verschaffung gegenseitiger Vorteile gegenüber anderen, denen diese Beziehung fehlt (ironisch Vitamin B (B für Beziehung) genannt).
  • eine Eltern-Kind-Beziehung (Mutter-Kind-Beziehung / Vater-Kind-Beziehung), als Bindungsform, die zunächst auf Bindung, später auf Trennung (Loslassen) angelegt ist.
  • eine Partnerschaft, als verbindliche Gemeinschaft
  • eine Liebesbeziehung, als emotionelle Gemeinschaft
  • eine freundschaftliche Beziehung
  • eine Gemeinschaft zwischen zwei oder mehreren Personen
  • eine Geschäftsbeziehung, Arbeitsbeziehung, Handelsbeziehung
  • Kundenbeziehung, siehe Customer Relationship Management, Lieferantenbeziehung

Beziehungsebene

Eine von vier Ebenen der Kommunikation nach Schulz von Thun. Neben dem Beziehungsaspekt in der Kommunikation finden sich Sachinhalt, Selbstoffenbarung und Appell. Auf der Beziehungsebene ist durch die Art der Kommunikation erkennbar, was Menschen voneinander halten. Im Beratungsprozess ist die Beziehungsebene von entscheidender Bedeutung, da gegenseitige Akzeptanz für die Beratungsbeziehung unumgänglich ist.

Bioenergetik

Grundlagen

Die Bioenergetische Analyse beruht auf Bestandteilen der Psychoanalyse von Sigmund Freud und der Charakteranalyse Wilhelm Reichs sowie auf Lowens eigenen Beobachtungen. Reich geht in seiner "Charakteranalyse" bei der Untersuchung der Differenzierung von Charaktertypen von der Voraussetzung aus, dass der Charakter zwar seiner Grundfunktion nach in jeder Form Panzerungen gegen die Reize der Außenwelt und die inneren verdrängten Triebe darstellt, dass die äußere Form aber, in der diese Panzerung sich darbietet, jeweils historisch bestimmt ist. Laut Lowen sind die körperlichen Analogien seelischer Vorgänge sowohl diagnostisch als auch therapeutisch im Sinne einer Reich'schen ganzheitlichen Betrachtungsweise für die Bioenergetische Analyse nutzbar. Ein psychisches Trauma (Verletzung) findet Ausdruck in einer sogenannten körperlichen Panzerung, deren Beobachtung und Analyse (das body reading) laut Lowen Charakterstrukturen offenbart. Zusammen mit den ebenfalls von Reich ausgebildeten John Pierrakos und William Walling gründete Lowen 1956 das "Institute for Bioenergetic Analysis" in New York City. Diverse Nachahmungen (ohne entsprechende Ausbildung oder institutionelle Verbindung zu A.L.) der Bioenergetischen Analyse sind auch als Osho PulsationPulsationEmotional Release oder des Somatic Experience according Levine bekannt geworden.

Basis der Bioenergetischen Analyse ist das psychoanalytische Widerstands- und Übertragungsmodell (Tiefenpsychologie). Wie in der Psychoanalyse wird ein (begleiteter und unterstützter) Bewusstwerdungsprozess als Voraussetzung für "heilende" Wirkung beschrieben. Dazu werden die körperlichen Phänomene des Widerstands, wie Haltung, muskuläre (Ver-)Spannung, Gefühlsausdruck, Atmungsmuster nach ihrer Prägung in der Kindheit geordnet und in fünf "Charakterstrukturen" unterteilt. Dabei werden (Körper-) Haltung und interaktionelles Verhalten miteinander in Beziehung gesetzt und bewusst gemacht. Die fünf Charakterstrukturen ähneln dabei denen von Wilhelm Reich. Der charakterstrukturelle Ansatz bietet einerseits die Möglichkeit, die verschiedenen Haltungs- und Verhaltensmuster als Verfestigungen und als (bisher) erfolgreiche Überlebens-Fähigkeiten und Fundamente zu akzeptieren und bewusst zu nutzen, andererseits durch Arbeit an den Blockierungen Energien zur persönlichen Weiterentwicklung freizusetzen (Erweiterung der anachronistischen Überlebensstrategien zu Lebensmodellen mit freien Entscheidungsmöglichkeiten zur Lebendigkeit). Im Gegensatz zur Psychoanalyse wird der Begriff der "Energie" (Libido) nicht nur abstrakt, sondern (körperlich) spürbar, als sogenannte Bioenergie erlebbar verstanden.

Von Mitgliedern der DÖK (Österreichische und Deutsche Gesellschaft für körperbezogene Psychotherapie - Bioenergetische Analyse) wurden die Lowenschen Konzepte um gruppendynamische Aspekte erweitert und somit auch als Modell - neben der therapeutischen Arbeit - für die Anwendung in Teams und Organisationen, in der Beratung und Fort- und Weiterbildung eingeführt.

Grounding

Wichtig in der Bioenergetischen Analyse ist das "Erden" oder "Grounding". Die Vorstellung eines willensgesteuerten ICH und das autonome SELBST orientiert sich an der (Um-) Welt, am Stand auf dem Boden (der Tatsachen), dem Bezug zur eigenen Identität als Frau oder Mann. Die Bioenergetische Analyse richtet sich auf körperlich Wahrnehmbares, Erlebbares und entsprechende Körperübungen. Der breitbeinig stehende Patient lehnt sich nach hinten, schiebt das eigene Becken vor und versucht durch tiefes verstärktes Atmen Energie aufzunehmen. Dies soll zu einer Lockerung des Körperpanzers führen und festgehaltene Gefühle sollen einer Katharsis frei werden. Der Patient schreit dabei oft laut und weint oder lacht. Aggressionen werden oft an Kissen oder Matratzen freigesetzt.

Durchführung

Bioenergetische Analytiker versuchen, die Klienten über verbale Kommunikation, Anleitung zu Körperaktionen (Atmung, Bewegung, Haltung) und direkte Interventionen am Körper (Berührung, Druck, Zug) in Kontakt zum Körper zu bringen und über die körperliche Empfindung die Wahrnehmung der Gefühle unter dem Beziehungsaspekt zu verdeutlichen. Die bewusste körperliche Fühlbarkeit von emotional-geistigen Inhalten wird von den Anhängern der bioenergetischen Analyse als wesentlicher Faktor der Integrierbarkeit von Erkenntnissen in den gelebten Alltag angesehen.

Heute arbeiten Bioenergetische Analytiker (CBTs) meist in regelmäßigen therapeutischen Einzel- und/oder Gruppensitzungen, aber auch in Selbsterfahrungs-Workshops oder VHS-Kursen.

Wirkung

Freigesetzte Gefühle verringern die für deren Unterdrückung vorher aufgewendete Energie, die nun vermehrt für die Gestaltung des Lebens zur Verfügung steht. Der gelockerte Körperpanzer macht den Menschen körperlich beweglicher und seelisch und sozial offener.

Körperlesen (body-reading) und Mehrdimensionale Bioenergetische Persönlichkeitsanalyse MBPA

Grundlage der Interventionen der Bioenergetischen AnalytikerInnen ist neben einer Anamnese ein sogenanntes "Körperlesen", das die charakterstrukturelle Diagnose sowie das Erkennen des energetischen Levels und des Identitätsniveaus (Grounding) erleichtern soll. Außer dem "body reading" besteht die Möglichkeit, zur charakterstrukturellen Analyse einen Fragebogen einzusetzen (MBPA Mehrdimensionale Bioenergetische Persönlichkeits-Analyse). Dies Verfahren schlägt eine Brücke zu der in der Persönlichkeitspsychologie üblichen dimensionalen Erfassung der individuellen Ausprägung grundlegender Persönlichkeitsdimensionen durch ein Persönlichkeitsprofil. Ziel der Bioenergetischen AnalytikerInnen ist es, Impulse zu Entwicklungs- und Veränderungsprozessen von Personen, Teams und Organisationen ressourcenorientiert zu setzen und zielorientiert zu begleiten, sowie methodische Kenntnisse zu vermitteln. Diese, im persönlichen Alltag und im Beruf umgesetzt, sollen zu Erleichterungen und mehr Freude im Leben führen.

Charakterstrukturen

Die von Alexander Lowen beschriebenen Charakterstrukturen basieren auf seiner klinisch-phänomenologischen begründeten Typologie und Ansichten Reichs. Sie umfasst folgende Charakterstrukturen der bioenergetischen Analyse, die jedoch nicht kompatibel mit Erkenntnissen der modernen Psychologie sind:

1.„schizoid“

Die schizoide Charakterstruktur ist nach Lowen zum einen durch eine Tendenz zur Spaltung der ganzheitlichen Funktion der Persönlichkeit gekennzeichnet – z.B. durch die Neigung, Denken und Fühlen zu trennen. Was der Schizoide denkt, scheint keinen Zusammenhang damit zu haben, was er fühlt oder wie er sich verhält. Zum anderen fällt beim Schizoiden ein Rückzug nach innen auf, der mit einer Unterbrechung oder einem Verlust des Kontaktes zur Außenwelt oder zur Realität einhergeht. Die schizoide Persönlichkeit verfügt nur über ein begrenztes Selbst-Gefühl, ein schwaches Ich und einen deutlich reduzierten Kontakt zum Körper und dessen Gefühlen. Schizoide haben eine schwache Ich-Abgrenzung, sind dementsprechend überempfindlich und meiden gefühlsbetonte Beziehungen.

2.„oral“

Menschen mit einer oralen Struktur weisen nach Lowen viele Merkmale der oralen Lebensphase (Babyalter) auf: Mangelnde Selbständigkeit; Neigung des Anklammerns an andere; verminderte Aggressivität und die Erwartung, von anderen gehalten, gestützt und behütet zu werden. Orale Menschen leiden unter innerer Leere und haben starke innere Sehnsuchts- und Wunschgefühle. Sie leiden oft unter starken Schwankungen der Stimmungslage zwischen Depression und grundloser Freude. In der kompensierten Form verhalten sich diese Menschen übertrieben selbständig.

3.„psychopathisch“

Lowen beschreibt als typisches Merkmal der psychopathischen Struktur das Leugnen von Gefühlen, insbesondere sexueller Gefühle. Der psychopathische Charakter strebt nach Macht und möchte andere Menschen steuern oder beherrschen. Als Mittel setzt er dabei Druck (Tyrannei) oder Manipulation (Verführung) ein. - Diese Menschen sind auffallend bemüht, „alles im Griff“ und „alles unter Kontrolle“ zu haben. Meist verdrängen, leugnen und kompensieren sie mehr oder weniger erfolgreich ihre ungestillten starken oralen Bedürfnisse sowie ihre Erlebnisse der Machtlosigkeit und Hilflosigkeit, durch die sie sich latent bedroht fühlen.

4.„masochistisch“

Diese Menschen leiden unter erheblichen Minderwertigkeitsgefühlen, geben sich anspruchslos und sind jederzeit unterwürfig um Anpassung und Unterordnung bemüht, zeigen jedoch eine starke latente trotzige und beharrliche passive Abwehr, die sie bei genügend äußerem Druck offenbaren; im Inneren hegt der masochistische Charakter Haß-, Negativismus- und Überlegenheitsgefühle. Die drohende emotionale Explosion wird durch eine starke Muskelstruktur eingedämmt. Selbstdurchsetzung und Aggression sind bei diesem Typ stark gehemmt. Stattdessen beherrschen Klagen und Jammern und die Neigung zu Opferrollen das Bild. Nahrungsaufnahme und Defäkation spielen eine hervorgehobene Rolle.

5."rigide"/„Rigidität“

Rigidität ist nach Lowen gekennzeichnet durch eine steife, stolze Haltung, die Unnahbarkeit signalisieren soll. Der rigide Charakter ist ständig auf der Hut, nicht ausgenutzt oder manipuliert zu werden. Diese Menschen kennzeichnet ein kämpferisches, mitunter aggressiv-verletzendes Verhalten, sie sind kompetitiv, egozentrisch, willensbetont und widerstandsfreudig, lieben das Kräftemessen und wollen sich um jeden Preis durchsetzen. Zu diesem Typus gehören der phallische und der hysterische Charakter.

a.„phallisch“

Dies beschreibt vor allem die aggressiv-verletzende und herausfordernde, rivalisierend-dominante, ungeduldig-erregbare Art des phallischen Typs, bei dem sich viel um die (sexuelle) Potenz dreht.

b.„hysterisch“

Das Seelenleben und Verhalten dieser Menschen ist emotional übertrieben, schauspielernd, aufmerksamkeitsheischend und dramatisch. Dieser Charakter neigt zu übersteigerten gefühlsmäßigen Reaktionen, deren Aufruhr sich im vegetativen Körpergeschehen stark widerspiegelt. Sex wird als Abwehr gegen tiefes Sich-Einlassen benutzt.

Kritik an der Bioenergetischen Analyse nach Lowen

Die Körperpsychotherapie - die in der modernen Psychotherapie soeben ein comeback feiert - ist ohne Wilhelm Reich kaum denkbar, und dessen Vermittlung nach Europa zurück geschah vor allem durch die Bioenergetische Analyse A. Lowens. Wenn diese trotzdem bei manchen als umstritten gilt, dann wohl weniger aus sachlichen Gründen, als wegen ihrer Berufung auf den umstrittenen Wilhelm Reich. Wie jedes tiefgreifende Verfahren der Psychotherapie gehört auch die Bioenergetik in die Hand erfahrener Therapeuten.

Die bioenergetischen Charakterstrukturen nach LOWEN finden sich in den fünf Grunddimensionen der Persönlichkeit Big Five wieder, die in der Persönlichkeitspsychologie als ausreichend erachtet werden, um eine Persönlichkeit zu charakterisieren (Fehr T., 1998, 2000, 2006). Neuere Studien bestätigen die Wirksamkeit der BA basierten Psychotherapie [Koemeda-Lutz et al. 2003]

Die Mitbegründer des Fünf-Faktoren-Modells, Costa und Widiger, widmeten der Übersetzung der wie die Charakterstrukturen der BA vorwiegend klinisch-psychodynamisch basierten Typen von Persönlichkeitsstörungen in das Fünf-Faktoren-Modell einen ganzen Band.

Literatur

  • Costa, P. T., Widiger, T. A., Personality Disorders and the Five Factor Model of Personality. Washington, American Psychological Association, 1994.
  • Fehr, T. Bioenergetische Prozess-Analyse; Screening-Verfahren zur Persönlichkeitsstruktur. Frankfurt: Swets Test Services 1998 (heute: Harcourt Test Services)
  • Geuter, U. Körperpsychotherapie - Teil I. Der körperbezogene Ansatz im neueren wissenschaftlichen Diskurs der Psychotherapie. Psychotherapeutenjournal 2/2006.
  • Geuter, U. Körperpsychotherapie - Teil 2. Psychotherapeutenjournal 3/2006
  • Grawe, K. Die Verhaltenstherapie auf dem Weg zur Neuropsychotherapie - kopernikanische Wende der VT oder alter Wein in neuen Schläuchen ? In: Psychotherapeutenjournal 3/2004, S. 239 - 240.
  • Koemeda-Lutz, M., Kaschke, M., Revenstorf, D., Schermann, T., Weiss, H. & Soeder, U. (2003). Artikel im Psychotherapie Forum, 11, S. 70 - 79.
  • Lowen, A. Bioenergetik.Therapie der Seele durch Arbeit mit dem Körper. rororo 7233.1982.
  • Lowen, A. Körperausdruck und Persönlichkeit. Grundlagen und Praxis der Grundlagen und Praxis der Bioenergetik. München: Kösel 1981
  • Petzold H,Gegen den Missbrauch der Körpertherapie: Risiken und Gefahren bioenergetischer, primärtherapeutischer und thympraktischer Körperarbeit in Die neuen Körpertherapien Paderborn 1977
  • Reich, W. Charakteranalyse. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1989. S.256
  • Thielen, M & Lecher, T. Zur Wirksamkeit von ambulanter Körperpsychotherapie. In: Psychotherapeutenjournal, 3/2004, S. 241 - 242.
  • Whitfield G, Bioenergetik in Rowan, J Neue Entwicklungen der Psychotherapie Oldenburg 1990

Weblinks

Quelle

Bioenergetische Analyse in der Wikipedia 

Burn-out

Ausgebranntsein oder Burn-out-Syndrom (engl. (to) burn out: „ausbrennen“) bezeichnet eine besonders ausgeprägte berufliche und / oder familiäre Erschöpfung.

Ständige Frustration, das Nichterreichen eines Zieles, zu hohe persönliche Erwartungen an eigene Leistungen, Überlastungen etc. können erschöpfen. Das Burn-out-Syndrom ist vielfältig und individuell in Auftreten und Ausmaß: Erschöpfung und Niedergeschlagenheit, aber auch körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magenkrämpfe oder körperliche Dysfunktionen. Typisch sind auch Schuldgefühle oder Versagensängste. Der „Ausgebrannte“ erlebt seine Umwelt im allgemeinen als nicht mehr kontrollierbar und zieht sich eher in sich zurück, ohne eventuelle Hilfe (von Verwandten oder Freunden) anzunehmen. Notwendiger erster Schritt ist die sofortige Verringerung der Belastung.

Burn-out kann nahezu alle sozialen Gruppen treffen – von Schülern über Forscher bis hin zu Arbeitslosen und Rentnern sind alle Fälle bereits nachgewiesen. 

Geschichte

Der Begriff „Burn-out“ wurde 1973 von dem Psychoanalytiker Herbert Freudenberger erstmals verwendet. „Helfende Berufe“ (Ärzte, Pflegeberufe, Rettungsdienstpersonal, Lehrer, Sozialarbeiter, Erzieher) fielen damals auf durch besonders häufige Krankschreibung, Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung. Ursache war eine besonders hohe Arbeitsbelastung, gepaart mit einem besonders hohen persönlichen Engagement, beides führte zum „Ausbrennen“. 

Charakteristische Merkmale und Symptome

Die charakteristischen Merkmale sind eine körperliche und emotionale Erschöpfung, anhaltende physische und psychische Leistungs- und Antriebsschwäche, sowie der Verlust der Fähigkeit, sich zu erholen. Ebenso ist eine zynische, abweisende Grundstimmung gegenüber Kollegen, Klienten und der eigenen Arbeit festzustellen. Burn-out ist nicht nur ein persönliches Problem des Betroffenen, sondern gefährdet aufgrund seiner „ansteckenden“ Natur das berufliche Umfeld. Auch wenn sich die Krankheitshäufigkeit des Burn-out-Syndroms noch nicht feststellen lässt, wird eine allgemeine Steigerung des Burn-out-Risikos aufgrund sich verändernder Lebens- und Arbeitsbedingungen erwartet. Die Symptome können auch bei Unterforderung, etwa Arbeitslosigkeit auftreten.

Matthias Burisch schildert folgende Symptome, die auch in anderer Reihenfolge auftreten können:

Warnsymptome der Anfangsphase

Eine Theorie sagt: „Wer ausbrennt, muss einmal gebrannt haben.“

Auffallende Merkmale der Anfangsphase sind beispielsweise:

  • vermehrtes Engagement für bestimmte Ziele
  • man arbeitet nahezu pausenlos
  • verzichtet auf Erholungs- oder Entspannungsphasen
  • fühlt sich unentbehrlich und vollkommen
  • um das darzustellen, entwerten Betroffene häufig andere Teammitglieder
  • und machen sich so bei Kollegen unbeliebt
  • der Beruf wird zum hauptsächlichen Lebensinhalt
  • Hyperaktivität
  • Nichtbeachten eigener Bedürfnisse
  • Verdrängen von Misserfolgen
  • Beschränkung sozialer Kontakte auf einen Bereich, z. B. die Kunden, Partnervernachlässigung
  • Erschöpfung
  • chronische Müdigkeit
  • Suche von Ablenkung und Trost in Alkohol, Tabak, Internet- und Computeraktivitäten, vielem Essen oder häufigerem Sex
  • Konzentrationsschwäche
  • Schlafstörungen
  • Drehschwindel

Ob auch akute Überbelastung z. B. in Grenzlagen zu Burnout führen kann, ist noch nicht genau erforscht.

Reduziertes Engagement

Die völlige Hinwendung zu einem Bereich, z. B. zum Klienten in der Arbeit, kann nach einiger Zeit genau das Gegenteil hervorrufen, nämlich den Rückzug.

Folgende auffallende Merkmale sind zu beobachten:

  • der Patient verliert die positiven Gefühle gegenüber dem Klienten
  • Stereotypisierung
  • Distanzbedürfnis und Meidung von Kontakten
  • Schuldzuweisungen an andere (aggressives Verhalten) und an sich selber (depressives Verhalten)
  • verstärkte Akzeptanz von Kontrollmitteln, Strafen, Medikamenten, Alkohol
  • negative Einstellung und Vernachlässigung der Arbeit
  • verstärkter Rückzug von Problemen mit anderen, oder von der Familie, den Partnern, Freunden etc., da auch in anderen Bereichen Reden und Zuhören zum Problem wird
  • der Patient stellt erhöhte Ansprüche an sein Umfeld und hat häufig das Gefühl ausgenutzt und nicht genug anerkannt zu werden.

Schuldzuweisungen als emotionale Reaktion

Die mit Burn-out verbundenen Probleme führen besonders zur Desillusionierung und fordern oft das Aufgeben von wichtigen Lebenszielen. Dies ist sehr schmerzlich und muss verarbeitet werden. Um die Aufarbeitung zu vermeiden, kommt es häufig zu Schuldzuweisungen. Diese kann sich als Aggression entweder gegen sich selbst oder gegen andere wenden. Patienten fühlen sich oft hilflos, sie entwickeln Schuldgefühle und mindern ihr Selbstwertgefühl. Oder sie machen der Umwelt Vorwürfe, blockieren in der Arbeit Veränderungen und es kommt häufiger zu Wutausbrüchen.

In diesem Stadium können die Probleme, wenn man sie ernst nimmt, noch erfolgreich gelöst werden.

Abbau des Engagements

Dauern die Probleme über längere Zeit an, führen sie zu einem Abbau des Engagements, der zunächst in der Arbeit durch folgende Symptome sichtbar wird:

  • Desorganisation
  • Unsicherheit
  • Probleme bei komplexen Aufgaben und Entscheidungen, verringerte kognitive Leistungsfähigkeit
  • Verminderte Motivation und Kreativität
  • die Arbeit wird gerne auf den Dienst nach Vorschrift reduziert

Auch das Privatleben wird beeinträchtigt: Die Betroffenen ziehen sich immer mehr zurück, pflegen kaum mehr Freundschaften, trennen sich vom Partner und vereinsamen.

Verflachung

Zudem kommt es nicht nur zum Abbau in der Arbeit, sondern auch generell zur Verflachung des emotionalen, mentalen und sozialen Lebens.

Folgende Symptome treten häufig auf:

  • Gefühle wie Gleichgültigkeit, Einsamkeit und Desinteresse
  • Konzentration auf die eigene Person
  • Probleme bei sozialen Kontakten:
    • Vermeidung von Kontakten
    • übertriebene Bindung an eine bestimmte Person
    • ständige Suche nach interessanteren Kontakten

Psychosomatische Reaktionen

Es kommt zu einer Schwächung des Immunsystems und dadurch häufiger zu Infektionskrankheiten. Weitere psychosomatische Erkrankungen sind oft Verspannungen, Schlafstörungen, Kreislaufprobleme, Verdauungs- und Essstörungen sowie bei fortgeschrittener Erkrankung auch Herzkrankheiten, Geschwüre im Magen-Darm-Trakt, schwerer Tinnitus und Begünstigung der Krebsentwicklung. Auch Alkoholkrankheit und Missbrauch und Abhängigkeit von Medikamenten und anderen Drogen kann Folge sein.

Verzweiflung

Im Endstadium des Burnouts erlebt der Betroffene existenzielle Verzweiflung. Die Einstellung zum Leben ist überwiegend negativ und das Gefühl der Hilflosigkeit und Niedergeschlagenheit verdichtet sich zur Depression. Zuletzt folgt totale Sinnlosigkeit, die teilweise im Suizid endet. 

Diagnose und Fragebögen

Es gibt zwei anerkannte Methoden zur Diagnose des Burn-outs:

  • Das Maslach Burnout Inventory – MBI, bei dem Aussagen aus den Kategorien Emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und Leistungszufriedenheit nach Intensität und Häufigkeit beantwortet werden müssen. Inhaltlich deckt dieser Fragebogen die wichtigsten Aspekte des Burnouts ab. Nachteil des Instruments: Die Fragen sind zu sehr auf helfende Berufe bezogen.
  • Das Tedium Measure – TM in dem Aussagen nur bzgl. ihrer Häufigkeit beantwortet werden.

Quelle

Burn-out in der Wikipedia

Carl Gustav Jung

Carl Gustav Jung (* 26. Juli 1875 in Kesswil, Kanton Thurgau, Schweiz; † 6. Juni 1961 in Küsnacht, Kanton Zürich) war der Begründer der Analytischen Psychologie. 

Change-Management

Systematische Planung, Steuerung und Kontrolle von Veränderungen in Organisationen. Neben formalen Aspekten der Planung berücksichtigen Change-Management-Prozesse zunehmend "weiche" Faktoren der Veränderung (Verbesserung interner Kommunikation, Umgang mit Widerständen, Erhalt der Motivation uvm.).

Coaching

 

Coaching ist ein Sammelbegriff für individuelle Formen personenzentrierter Beratung und Betreuung auf der Prozessebene. Zielgruppe sind Personen mit Führungsverantwortung und/oder Managementaufgaben. Generelles Ziel ist immer die Verbesserung der Selbstregulationsfähigkeiten ("Hilfe zur Selbsthilfe") durch die Förderung von Selbstreflexion und -wahrnehmung, Bewusstsein und Verantwortung.. Coaching arbeitet mit transparenten Interventionen und erlaubt keine manipulativen Techniken, da ein derartiges Vorgehen der Förderung von Bewusstsein und Eigenverantwortung prinzipiell entgegenstehen würde.

Coaching-Varianten
Es gibt heute eine unüberschaubare Fülle von Coachingarten und –formen. Sie sind in der Regel an dem Bindestrich zu erkennen, der das Wort „Coaching“ mit einer Zielgruppe (z.B. Executive-, Führungskräfte-, Meister-, Fachkräfte-Coaching aber auch Unternehmensgründer-, Politiker-, Schauspieler-, Leistungssportler-Coaching), mit einer Thematik bzw. einem Anwendungsfeld (z.B. Führungs-, Verkaufs-, Konflikt-, Karriere-, Outplacement/Newplacement- oder IT-Coaching aber auch Partnerschafts-, Gesundheits- oder Rhetorik-Coaching) oder mit einem bestimmten Setting (z.B. persönliches oder virtuelles Coaching, Einzel-, Partner-, Gruppen-, Team- oder Organisation/Organisationsbereichs-Coaching verbindet. - Weiterhin lassen sich Coaching-Varianten unterscheiden mit Bezug auf verschiedene Merkmale des Coachs (z.B. organisationsinterne oder –externe Coaches oder die Führungskraft als Coach) sowie durch die Verbindung von Coaching mit anderen Personalentwicklungsformen (z.B. coaching-basiertes Training, coaching-basierte Fachberatung, coaching-basierte Workshops) finden.

Kosten
Der Preis für Coaching bestimmt sich mit Bezug auf Stunden- oder (Halb-)Tagessätzen und weist eine extreme Spannweite von 50 bis 1.400 Euro pro Stunde. Das Gros liegt zwischen 100 und 200 Euro. Geht man von einer durchschnittlichen Gesamtdauer von 15 Stunden und einem durchschnittlichen Stundensatz von 150 € aus, kostet das Coaching einer Person (ohne Mwst. und Spesen) durchschnittlich 2.250 €. Wichtigste Faktoren für die Höhe des Preises sind das Marktsegment (Privatzahler oder Organisationen/Unternehmen als Auftraggeber), die Zielgruppe (Topmanager, höhere, mittlere, untere Führungskräfte oder Fachkräfte) und der Ruf bzw. die Qualifikation des Coachs. Durch die zusätzliche Nutzung von virtuellem, d.h. online-gestütztem Selbst-Coaching ist es möglich, das Zeitvolumen personalen Coachings und damit die Kosten für den Gesamtprozess bei gleicher Qualität deutlich zu senken.

Links

Coaching-Konzept

Zu den grundlegenden und teilweise wenig beachteten Charakteristika eines Coachs gehört sein Coaching-Konzept. Dieses Konzept stellt die Basis der Beratungstätigkeit Coaching dar. Dabei kann relativ häufig festgestellt werden, dass der Begriff "Konzept" sehr unterschiedlich aufgefasst und ausgefüllt wird. Dies betrifft nicht nur den Umfang, sondern insbesondere die inhaltliche Tiefe und das nachvollziehbare Zusammenwirken aller Elemente des Konzeptes.

Wenngleich sich für einen individuellen Beratungsansatz wie das Coaching kein allgemeingültiges Konzept vorgeben lässt, gibt es dennoch sehr wohl grundsätzliche Richtlinien und Fragestellungen, welche ein gutes Coaching-Konzept berücksichtigen bzw. beantworten sollte.

Bedeutung für Klienten und Coaches

Für einen (potenziellen) Klienten stellt sich die Frage, ob und ggf. wie das Vorhandensein und die Ausprägung eines Coaching-Konzeptes bei der Auswahl eines Coachs eine Orientierung gebende Hilfestellung leisten kann.

Gleichzeitig richtet sich die Frage nach der Güte eines Coaching-Konzeptes auch an jeden Coach und insbesondere an diejenigen, die die Absicht verfolgen, Coach zu werden.

Inhalte eines Coaching-Konzeptes

Im Folgenden soll nun dargestellt werden, welche Anforderungen an das Konzept eines professionellen Coachs gerichtet werden dürfen und auf welche Fragen ein Klient legitimerweise Antworten erwarten darf.

Das Konzept eines Coachs sollte (mindestens) über fünf Bereiche Auskunft geben:

  1. Die Definition des Coachings / Das Coaching-Verständnis
  2. Die Methoden und Wirkungszusammenhänge im Coaching-Prozess
  3. Die Rahmenbedingungen, die für ein Coaching notwendig sind
  4. Das konkrete Angebot eines Coachs und seine Besonderheiten
  5. Die Haltung und das Menschenbild des Coachs

1. Die Definition des Coachings / Das Coaching-Verständnis

Da mittlerweile nahezu jegliche auch nur annähernd beraterische Dienstleistung ebenfalls unter dem Begriff "Coaching" zu finden ist, kommt der Definition des Coachings die wohl elementarste Bedeutung im Coaching-Konzept zu. Mit der Erklärung des Coaching-Begriffes definiert der Coach seine Arbeit und grenzt sie von anderen Tätigkeiten und Dienstleistungen ab. Es sollte u.a. deutlich werden, dass Coaching eben nicht für jedes Anliegen eine geeignete Maßnahme sein kann und sich der Coaching-Anbieter ggf. auf bestimmte Zielgruppen und Ausgangssituationen spezialisiert hat. 

Kernfragen, die der Coach bzw. sein Konzept beantworten können sollte:

  • Was genau versteht der Anbieter unter dem Begriff "Coaching"?
  • Welche Zielsetzungen können damit realistischerweise abgedeckt werden?
  • Wo liegen sinnvolle Einsatzbereiche im Coaching?
  • Wie unterscheidet sich Coaching von anderen Formen der Beratung?

2. Die Methoden und Wirkungszusammenhänge im Coaching-Prozess

Häufig werden Coaches gefragt, welche Methoden sie im Coaching einsetzen. Dabei wird zuweilen vernachlässigt, dass methodische Kompetenz mehr als das Beherrschen bestimmter Methoden erfordert. Entscheidend ist, ob der Coach in der Lage ist, die zur jeweiligen Situation passenden Methoden ableiten zu können (was zusätzlich diagnostischer Fähigkeiten und Kenntnisse bedarf) und diese Methoden mit einer angemessenen Haltung (s.u.) einsetzt. Letztendlich kann jede Methode missbraucht werden, so dass die methodische Kompetenz alleine wenig über den Erfolg des Coachings aussagt.

Kernfragen, die der Coach bzw. sein Konzept beantworten können sollte:

  • Welches Ursache-Wirkungsverständnis hat der Coach (sofern ein Modell von Ursache und Wirkung seinem Denken entspricht)?
  • Welche Wirkungsprozesse werden im Coaching angestrebt?
  • Wie versucht der Coach Veränderungen zu unterstützen
    Welche Methoden setzt der Coach ein und warum diese und nicht andere
    Welche Ziele/Wirkungen sind mit dem methodischen Modell des Coachs erreichbar?
  • Welchen Nutzen darf der Klient erwarten?
    Welcher Schaden könnte durch den Einsatz von Coaching entstehen?

3. Die Rahmenbedingungen, die für ein Coaching notwendig sind

Zu den Rahmenbedingungen, die ein Coach für seine Arbeit benötigt, gehören neben materiellen Aspekten ebenso ideelle Grundvoraussetzungen, beispielsweise Freiwilligkeit, Vertrauen, gegenseitige Akzeptanz, Lernkultur, Veränderungsbereitschaft, Diskretion in der Beratungsarbeit uvm. Bei genauer Betrachtung stellt sich insbesondere für die Beratungsform Coaching heraus, dass ein Einsatz nur unter bestimmten Rahmenbedingungen überhaupt sinnvoll sein kann. Ein guter Coach sollte daher in der Lage sein, diese Bedingungen zu benennen und auch zu begründen, warum ihr Fehlen ein Coaching nicht bzw. schwer möglich macht.

Kernfragen, die der Coach bzw. sein Konzept beantworten können sollte:

  • Unter welchen Bedingungen kann das Coaching fruchtbar ablaufen?
  • Was sind Ausschlusskriterien für den Einsatz von Coaching?
  • Welche persönlichen und fachlichen Voraussetzungen muss ein Coach erfüllen?
  • Welche Voraussetzungen werden vom Klienten erwartet, wie muss der Beratungskontext aussehen?
  • Wie stellt der Coach sicher, dass die Voraussetzungen gegeben sind?
  • Welche zeitlichen, räumlichen, materiellen, finanziellen, menschlichen Aspekte werden für ein Coaching als sinnvoll bzw. notwendig erachtet?
  • Wie erreicht der Coach normalerweise seine Klienten?

4. Das konkrete Angebot eines Coachs und seine Besonderheiten

Professionelle Coaches sind i.d.R. spezialisiert. Dies kann z.B. in methodischer Hinsicht der Fall sein, aber auch in Bezug auf die Coaching-Varianten, Zielgruppen, Branchen, Anliegen (meist eine Kombination dieser und weiterer Faktoren). Ferner bietet gerade eine individuelle Beratungsdienstleistung wie das Coaching einen Raum dafür, Besonderheiten anzubieten, die einen Coach nicht nur von anderen Beratern, sondern auch von anderen Coaches zu unterscheiden helfen. Gleichzeitig sei einschränkend darauf hingewiesen, dass andererseits genau dieser Freiraum genutzt wird, um Leistungen anzubieten, die einer seriösen Coaching-Praxis entgegenstehen. Dieses Ausnutzen von Gestaltungsfreiräumen sollte aber nicht dazu führen, Coaching "normieren" zu wollen. Vielmehr ist der Freiraum wertzuschätzen; und als bessere Alternative zur Eingrenzung oder Normierung scheint ein jeweils kritisches Hinterfragen angemessener.

Kernfragen, die der Coach bzw. sein Konzept beantworten können sollte:

  • Welche Coaching-Varianten (Einzel-, Gruppen-, Projekt-Coaching...) bietet der Coach an?
  • Über welche Spezialkenntnisse verfügt er?
  • Wer gehört zu der Zielgruppe des Coachs, wer nicht?
  • Wo setzt der Coach Schwerpunkte (inhaltlich, formell, Zielgruppen, Hierarchieebenen)?
  • In welchen Branchen will/kann der Coach arbeiten?
  • Was unterscheidet das Coaching-Angebot von anderen Angeboten, wo sind spezifische Stärken?

5. Die Haltung und das Menschenbild des Coachs

Wie bereits oben dargelegt, reicht auch eine ausgezeichnete Methodenkompetenz des Coachs nicht für erfolgreiche Coaching-Prozesse aus. Entscheidender ist das Zusammenspiel von Haltung und Können. Die Haltung des Coachs ist wiederum abhängig von seinem Menschenbild, z.B. ob diese eher lösungs- oder problemoriertiert ist. Auch beeinflusst das Menschenbild des Coachs natürlich den Aspekt, mit welchen Klienten der Coach zusammenarbeiten kann und will.

Kernfragen, die der Coach bzw. sein Konzept beantworten können sollte:

  • Wie sieht der Coach Menschen und insbesondere seine Klienten?
  • Ist der Coach in seiner Wahrnehmung eher defizit- oder leistungsorientiert?
  • Welche Veränderungen hält der Coach realistischerweise für möglich?
  • Welche Haltung hat der Coach gegenüber seinen Klienten und warum?
  • Welche Haltungen lehnt der Coach mit welcher Begründung ab?
  • Welche methodischen Konsequenzen folgen daraus (Spezialisierungen/Ablehnen bestimmter Methoden)?
  • Welche Haltungen erwartet der Coach vom Klienten?
  • Welche Haltungen akzeptiert der Coach nicht vom Klienten?

Tipp | Hinweis

"Die" Antworten gibt es nicht

Für die dargestellten Kernfragen zum Coaching-Konzept kann es nicht "die" Antworten geben. Wichtig ist primär das Vorhandensein eines individuellen Konzeptes mit individuellen (aber in sich schlüssigen) Antworten, welche den spezifischen Fähigkeiten und Absichten des Coachs und den Anliegen seiner Zielgruppen Rechnung tragen.

Fazit: Grundlage und Selbstverständnis eines Coachs

Das Coaching-Konzept klärt das Selbstverständnis eines Coachs und ist zentrale Grundlage seiner Tätigkeit. Insbesondere bei der Auswahl des "richtigen" Coachs oder dem Aufbau eines Coaching-Pools durchaus hilfreich, neben anderen erfassbaren Faktoren auch zusätzlich die "konzeptionelle Stärke" eines Coachs im Blickpunkt zu behalten. Berufsanfänger sollten ihre Arbeit dahingehend reflektieren, ob sie auf die oben genannten Fragen zum Konzept hinreichend präzise Antworten geben können.

Coaching-Methoden

Methoden, die im Coaching eingesetzt werden können. Typische Methoden sind:

  • Gesprächstechniken (z.B. Aktives Zuhören)
  • Fragetechniken (z.B. Zirkuläre Fragen)
  • Feedback
  • Zielkärungsmethoden
  • Entscheidungefindungen
  • Reflexionsanregungen
  • Rollenanalysen
  • Karriereanalysen
  • Werteanalysen
  • Reflecting Team
  • Rekonstruktionen
  • Systemvisualisierungen
  • Provokationen
  • Humor
  • Konfrontationen
  • Rollenspiele
  • Schattentage (Shadowing)
  • Hausaufgaben
  • Evaluationen
  • Fragebögen

uvm.

Weblinks

Literatur

  • Christopher Rauen, Coaching-Tools, Verlag managerSeminare 2005.
  • Werner Vogelauer, Methoden-ABC im Coaching, Luchterhand Verlag 2004.

Coaching-Partnerschaft

Form des Coachings, in der sich zwei (gleichgestellte) Personen gegenseitig beraten. Dabei werden je nach Anliegen die Rollen von Klient und Coach getauscht.

Coaching-Prozess

Verlauf der gesamten Zusammenarbeit von Coach und Klient(en) von der Herstellung des ersten Kontakts bis zur Beendigung des Coachings. Der Coaching-Prozess kann sich je nach Auftrag über einen Zeitraum von mehreren Tagen bis zu mehreren Jahren erstrecken.

Siehe auch:

Ablauf des Coachings

Coaching-Verbände

Der Coaching-Report bietet Ihnen eine Übersicht über coaching-relevante Verbände in Deutschland, Europa und der Welt.

Bisher sind im deutschsprachigen Raum einige originäre Coaching-Verbände und -Netzwerke aktiv bzw. decken durch weltweite Aktivitäten auch den deutschen Raum mit ab. "Originär" meint in diesem Falle "rein auf das Themenfeld Coaching bezogen". Es gibt demgegenüber eine Vielzahl von Verbänden, die u.a. auch Coaches als Mitglieder haben ("Mischverbände"). Jedoch ist die Zahl der Verbände, die sich explizit auf Coaching fokussieren und eine nennenswerte Anzahl von Mitgliedern vorweisen können, überschaubar.

Coping

Bewältigungsstrategie, mit der Probleme, Herausforderungen, Belastungen usw. gelöst werden sollen. Mögliche Formen des Coping sind z.B. das Sammeln von Informationen über ein Problem, die genaue Vorbereitung auf eine kommende Herausforderung, das Erlernen von Entspannungstechniken, aber auch das Verdrängen von Belastungen. Generell sind die Bewältigungsstrategien sehr unterschiedlich und ihre Auswahl hängt von den persönlichen Lernerfahrungen des Individuums, seinem Umfeld, seiner Art der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung und zahlreichen weiteren Faktoren ab.

Couching

Persiflage des Coaching-Begriffs in Anlehnung auf die Couch des Psychoanalytikers. 

Depression

Die Depression gehört zu den affektiven Störungen.

Typische Symptome:

  • Gedrückte Stimmung
  • Verminderung von Antrieb und Aktivität
  • Fähigkeit zu Freude, Interesse und Konzentration sind vermindert
  • Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten
  • Gestörter Schlaf
  • Verminderter Appetit
  • Beeinträchtigtes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit
  • Gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände
  • "Somatische" Symptome wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust

Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen. Eine Depression kann zwischen Wochen und Monaten, in seltenen Fällen bis zu Jahren andauern. Eine Behandlung mit Medikation und Psychotherapie verkürzt und erleichtert den Ablauf jedoch wesentlich. Rückfälle können durch die entsprechende Medikation mit Antidepressiva mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden. Werden Symptome bereits im Frühstadium wieder behandelt, lässt sich die volle Ausprägung verhindern.

Dilemma

Ein Dilemma (griechisch δί-λημμα: „zweigliedrige Annahme“, Plural: Dilemmas oder Dilemmata), auch Zwickmühle, bezeichnet eine Situation, die zwei Wahlmöglichkeiten bietet, welche beide zu einem unerwünschten Resultat führen. Es wird durch seine Ausweglosigkeit als paradox empfunden. Auch der Zwang zu einer Auswahl zwischen zwei positiven Möglichkeiten kann ein Dilemma sein. Bei mehr als zwei Möglichkeiten spricht man von einem Polylemma.

Typen

Das positive Dilemma (auch konstruktives Dilemma) führt bei jeder gewählten Entscheidung zu demselben Ergebnis. Beispiel: Die Wahl zwischen zwei Situationen mit positivem Ausgang

Das negative Dilemma (auch destruktives Dilemma) zerstört sich durch die Unmöglichkeit einer Entscheidung selbst. Beispiel: Zwei Patienten und nur ein Gegenmittel für deren Krankheit. Jetzt ist die Frage bzw. das Dilemma: Wem gibt man das Gegenmittel und wen tötet man?

Beispiele

Gefangenendilemma

Ein klassisches Beispiel aus der Philosophiegeschichte ist das „Gefangenendilemma“ (Original: Prisoner's dilemma): Ein Staatsanwalt schlägt zwei getrennt voneinander einsitzenden Untersuchungshäftlingen einen Handel vor. Ihnen wurde bereits eine kleinere Straftat nachgewiesen, aber eine weitere wird ihnen vorgeworfen. Schweigen beide, werden sie nur für die nachgewiesene Straftat bestraft (z.B. ein Jahr). Gesteht aber einer die bislang nicht nachweisbare Haupttat, so geht er zur Belohnung straffrei aus, während der andere eine weitaus höhere Strafe erhält (z.B. 10 Jahre). Gestehen beide, dann erhalten beide eine hohe Strafe (z.B. fünf Jahre).

Das Paradoxe ist die Divergenz zwischen individueller und sozialer Rationalität: Es ist sozial rational, wenn beide Gefangene schweigen (und nur je ein Jahr absitzen müssen). Individuell rational ist es dagegen für jeden der beiden Gefangenen, ein Geständnis abzulegen, unabhängig davon, wie der andere sich entscheidet. Wenn der andere gesteht, ist es besser, auch zu gestehen. Wenn der andere schweigt, ist es auch besser, zu gestehen. Aufsummiert erhalten beide zusammen eine Strafe von zehn Jahren. Rational ist diese Strategie aber auch individuell nur scheinbar und bei einmaligem Aufeinandertreffen. Das bewies unter anderem ein Computerturnier, in dem die Strategie „Tit for tat“ (wie du mir, so ich dir) gewann.

Das Gefangenendilemma existiert in einer Vielzahl von Abwandlungen; die zugrundeliegende Systematik hat unter anderem auch in den Wirtschaftswissenschaften Bedeutung erlangt als Erklärungsmodell in der Dyopol- und Spieltheorie. Sie liefert dort einen Beitrag zu Verständnis und Vorhersage des Preissetzungsverhaltens von zwei (konkurrierenden) Anbietern.

Buridans Esel

Ein Dilemma kann sich auch daraus ergeben, dass man bei der Wahl zwischen zwei positiven Möglichkeiten keine wählen kann, weil die Wahlnotwendigkeit ein Ergebnis unmöglich macht. Klassisches Beispiel ist dabei das Dilemma von Buridans Esel, der exakt zwischen den zwei gleichen Heuhaufen stand und verhungerte, da er sich mangels einleuchtenden Grundes, entweder vom linken oder vom rechten zu fressen, für keinen der beiden entscheiden konnte.

Literatur

  • Martin Cohen: 99 moralische Zwickmühlen – Eine unterhaltsame Einführung in die Philosophie des richtigen Handelns. Piper Verlag GmbH, München 2005.
  • William Poundstone: Prisoner's Dilemma: John Von Neumann, Game Theory and the Puzzle of the Bomb. Anchor Books, U.S.; Reprint (Februar 1993).

Quelle

Dilemma in der Wikipedia

Doppelbindungstheorie

Die Doppelbindungstheorie (engl. double-bind theory, franz. double-contrainte) ist eine kommunikationstheoretische Vorstellung zur Entstehung schizophrener Erkrankungen (Arnold, Eysenck, Meili: Lexikon der Psychologie, Double-bind-hypothesis, S. 390, Bechtermünz Verlag, 1996). Die Theorie wurde von einer Gruppe um den Anthropologen und Kommunikationsforscher Gregory Bateson entwickelt. Sie identifizierten (im Gegensatz zu bis dahin geltenden intrapsychischen Hypothesen) Beziehungsstrukturen, die in der Folge zu Verhaltensformen führen können, die als Schizophrenie bezeichnet werden, und prägten für diese den Ausdruck "double bind" (Gerhard Stumm (Hrsg.): Personenlexikon der Psychotherapie. Springer, 2006).

Die Doppelbindungstheorie beschreibt die lähmende, weil doppelte, Bindung eines Menschen an paradoxe Botschaften oder Signale und deren Auswirkungen. Die Signale können den Inhalt der gesprochenen Worte betreffen, oder Tonfall, Gesten und Handlungen sein.

Wird beispielsweise ein Mensch nach seinem Wohlergehen gefragt, kann seine Antwort auf den verschiedenen Ebenen gegensätzliche Botschaften vermitteln. Dies ist der Fall, wenn der Gefragte mit zittriger, unsicherer Stimme und ängstlich geduckter Körperhaltung antwortet "Danke, sehr gut". Sein Gegenüber weiß nun nicht, welche der Botschaften er stärker gewichten soll, welcher Botschaft er Glauben schenken soll. 

Beschreibung

Der Begriff Bindung ist in diesem Modell im Sinne der Etablierung einer Kopplung innerhalb eines behavioristischen Reiz-Reaktions-Musters zu verstehen (Botschaft = Reiz; Verhalten, Wahrnehmen oder bestimmte somatische Reaktionen = Reaktion). Gleichwohl sollten auch bestehende soziale Bindungen zwischen Personen bei der Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden. Diese Botschaften oder Signale richten sich mit widersprechenden Reaktions- oder Handlungsaufforderungen auf unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation (Inhalts- oder Sachebene bzw. Sachaussage, Beziehungsebene bzw. Beziehungsaussage, Appellebene bzw. Appell oder Ich-Aussage) (Friedemann Schulz von Thun]], Miteinander reden, Rowohlt Verlag (rororo) an einen Betroffenen.

Weiter erschwert wird die Auflösung einer solchen Doppelbindungssituation, wenn sich die Botschaften auch auf einer unbewussten Ebene an den Adressaten wenden oder Reaktionen hervorrufen (sollen), die nicht oder nur eingeschränkt der bewussten Kontrolle unterliegen. Der Adressat erlebt eine solche Doppelbindung als unhaltbar, unauflösbar, wenig durchschaubar und existenziell bedrohlich, weil bei analytischer Betrachtungsweise

  1. ihm eine Wahl im Sinne der paradoxen Scheinalternativen tatsächlich nicht möglich ist,
  2. er die der sprachlich korrekten Botschaft innewohnende Paradoxie nicht erkennen kann / darf (z.B. unterstützt durch Verbot einer Metakommunikation),
  3. er sich aber aufgrund eines Abhängigkeitsverhältnisses gezwungen sieht, der Aufforderung dennoch zu entsprechen und
  4. er die Situation nicht verlassen kann.

Der Zwangscharakter und die „Illusion der Alternativen“ in einer Doppelbindung schaffen für ihn eine „Lose/Lose-Situation“ (engl.: to lose = verlieren).

Aufbauend auf der Arbeit von Gregory Bateson formulierte dessen Schüler, der Psychotherapeut Paul Watzlawick, eine „Theorie menschlicher Kommunikation“. Er zeigte, dass die in Doppelbindungen enthaltenen kommunikativen Anomalien tatsächlich ein weitverbreitetes Risiko der Alltagskommunikation von Menschen sind. 

Ingredienzen einer Doppelbindungskonstellation

Das Paradoxon als notwendige Ingredienz

Notwendige Ingredienzen

Die notwendigen Ingredienzen einer Doppelbindungssituation sind:

  1. Kommunikation
    1. Zwei oder mehr Personen, die miteinander kommunizieren
    2. Wiederholte Kommunikationserfahrungen (zum Etablieren bzw. Erlernen eines Reiz-Reaktions-Musters)
  2. Ein primäres negatives Gebot, das
    1. durch Strafen oder Signale (Sanktionen) verstärkt wird, währenddessen die Einhaltung des Gebotes für das Überleben essentiell ist und
    2. mit dem sekundären Gebot auf einer abstrakten Ebene in Konflikt steht.
  3. Ein sekundäres Gebot, das
    1. durch Strafen oder Signale (Sanktionen) verstärkt wird, währenddessen die Einhaltung des Gebotes für das Überleben essentiell ist und
    2. mit dem primären negativen Gebot auf einer abstrakten Ebene in Konflikt steht.
  4. Ein tertiäres Gebot, das
    1. dem Opfer den Versuch der Metakommunikation über die Beziehung oder Kritik und Metakommunikation verbietet und
    2. es dem Opfer unmöglich erscheinen lässt, den Schauplatz zu verlassen bzw. ihm zu entfliehen.

Schließlich ist die gesamte Menge von Ingredienzien nicht länger erforderlich, wenn das Opfer die Reiz-Reaktionsmuster hinreichend internalisiert hat (d.h. hinreichend konditioniert ist), sich die Reaktionsmuster somit einer bewussten Kontrolle und einer bewussten Selbstreflexion mehr oder weniger entzogen haben oder sich sogar im Zuge einer klassischen Konditionierung zunehmend generalisiert haben und das Opfer damit eine Selbststeuerungsmöglichkeit in dieser Hinsicht sukzessive verliert.

Der wichtigste Unterschied zwischen einer widersprüchlichen und einer paradoxen Handlungsvorschrift besteht darin, dass man im Fall der ersteren die Alternativen bewusst wahrnehmen und wählen kann und mit der Wahl einer Option aber die andere verliert und damit den Verlust bewusst auf sich nimmt. Dieses Ergebnis kann höchst unerfreulich sein, aber es bleibt eine logische Wahlmöglichkeit. Die paradoxe Handlungsvorschrift dagegen macht die Wahl (wegen der Unmöglichkeit der Erfüllung; z.B.: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ (= Metapher)) selbst unmöglich.

Exemplarische Darstellung:

  1. Kommunikation (ggf. auch implizit oder nonverbal zum Ausdruck gebracht):
    1. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass
  2. Primäres negatives Gebot:
    1. mach mich nicht nass
    2. Falls du mich nass machst, erfüllst du meine Erwartungen nicht, bzw. wirst sanktioniert.
  3. Sekundäres Gebot:
    1. Wasch mir den Pelz
    2. Falls Du meine Handlungsaufforderung missachtest, erfüllst du meine Erwartungen nicht, bzw. wirst sanktioniert.
  4. Tertiäres Gebot:
    1. Der Sender der Kommunikationsbotschaft verbietet Kritik an ihm/ihr, unterbindet einen Verständigungs- oder Einigungsversuch oder vereitelt eine Metakommunikation.
    2. In einem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis (z.B. Sorgerechts- bzw. Fürsorgepflichtsverhältnisse oder weisungsgebundene, abhängig beschäftigte Arbeitnehmer in Mobbingsituationen bei unzureichendem Ersatz-Arbeitsplatzangebot) erscheint ein Verlassen der Situation aus Sicht der Betroffenen nahezu unmöglich.

Formale Darstellung:

  • Die Person muss sich an das Gebot oder Verbot X halten.
  • Die Person muss sich an das Gebot oder Verbot Y halten.
  • Y widerspricht X.
  • Die Person darf weder X noch Y ignorieren.
  • Jeder Kommentar bezüglich der Absurdität der Situation ist streng verboten.
  • Ein Verlassen der Situation ist oder erscheint unmöglich.

Abhängigkeitsverhältnisse und Unerfüllbarkeit sind Rahmenbedingungen für double bind.

Varianten der Doppelbindung

  • Paradoxe Handlungsaufforderung: Die Person erhält widersprüchliche Handlungsaufforderungen (Appell) auf unterschiedlichen Interaktionsebenen, wobei ein Anteil der Botschaft auf einer vor- oder unbewussten Ebene kommuniziert worden sein kann.
  • Verdeckt widerstreitende Interessen: Auf einer bewussten Ebene wird eine bestehende Harmonie dargestellt, auf einer unbewusste Ebene ist aber eine Disharmonie wahrnehmbar. Diese gegensinningen Wahrnehmungen können nicht in Einklang miteinander gebracht werden.
  • Paradoxe Informationsübermittlung: Eine paradoxe Informationsübermittlung wird umgangssprachlich als Heuchelei bezeichnet. Dabei werden auf unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation sich widersprechende Informationsinhalte übermittelt. Der auf der bewussten Ebene mitgeteilte Informationsanteil deckt sich nicht mit dem objektiv vorhandenen Sachverhalt. Falls dem Empfänger der Botschaft und der Kommunikationssignale der wahre Sachverhalt nicht bekannt ist, er den auf der vor- oder unbewussten Ebene (ggf. durch Körpersprache) kommunizierten Anteil aber bewusst oder unbewusst wahrnimmt, entsteht eine kognitive Dissonanz beim Empfänger, die ggf. mangels weiterer korrekter Sachinformationen nicht aufgelöst werden kann. Für den Fall, dass der Empfänger der Botschaft die auf der unbewussten Ebene kommunizierte Botschaft nicht wahrgenommen hat, entsteht hingegen mehr Irrtum und Täuschung über den wahren Sachverhalt.

dass eine Feindbildprojektion bestraft wird, also gefährlich ist. 

Literatur

Quelle

Doppelbindungstheorie in der Wikipedia

Einzel-Coaching

Coaching-Variante, bei der ein einzelner Klient gecoacht wird. Das populäre Einzel-Coaching wird (fälschlicherweise) oft gleichgesetzt mit dem Coaching eines Managers durch einen externen Berater. Einzel-Coaching kann aber auch durch interne Linien-Coachs und Vorgesetzte praktiziert werden. 

Emotionale Intelligenz

Intelligenter Umgang mit den eigenen Gefühlen. Zeichen einer mit Intelligenz gepaarten Emotionalität sind der angemessene und wirksame Ausdruck der eigenen Gefühle und das relativ reibungslose, soziale Zusammenwirken von Menschen. Zentrale Fähigkeiten emotionaler Intelligenz sind das Erkennen der eigenen Emotionen, der Umgang mit den Emotionen, die Emotionen für Ziele einsetzen zu können, Empathie und der Umgang mit Beziehungen.

Emotionsregulation

Mit dem Begriff Emotionsregulation (oder Affektregulation) werden alle Prozesse bezeichnet, die der mentalen Verarbeitung emotionaler Zustände dienen. Emotionen sind bewertende mentale Reaktionen auf die Situationskontexte, in denen ein Individuum sich befindet. Wie aus dem Alltagsleben bekannt, regulieren Menschen ihre Emotionen unterschiedlich (z.B. aufgrund variierender Persönlichkeitseigenschaften wie Temperament, Introversion/ Extraversion etc.). Auch andere, z.B. unterstützende Personen wie Eltern oder Partner, können in die Regulation von Emotionen einbezogen sein (beispielsweise durch tröstendes Verhalten; provozierendes oder abweisendes Verhalten erschwert die mentale Regulation von Emotionen).

Mechanismen der Emotionsregulation sind beispielsweise die Abwehrmechanismen wie Verdrängung, Verleugnung oder Projektion, die von Sigmund Freud beschrieben und später von seiner Tochter Anna Freud (1936) differenziert wurden. Diese Mechanismen richten sich gegen unangenehme Gefühlszustände, die durch mentale Konflikte zwischen unterschiedlichen inneren Motiven ausgelöst werden (wie z.B. Wünsche bzw. "Triebregungen" einerseits und Bewertungen der Vernunft oder des Gewissens andererseits).

Man kann unterscheiden zwischen auslöserbezogener Regulation (etwa durch Neu- oder Umbewertung) und reaktionsbezogener Regulation (zum Beispiel durch Unterdrückung des Handlungsimpulses).

Moderne Forschungsansätze untersuchen Emotionsregulation auch mit neurowissenschaftlichen Methoden. Sie greifen die Vorstellung mentaler Konflikte und deren Bewältigung u.a. durch Abwehrmechanismen auf, untersuchen aber z.B. auch die Unterdrückung, also das Nichtzeigen oder -ausdrücken von Emotionen (Gross & Levenson, 1993). Dem wird die integrative Form der Emotionsbewältigung gegenübergestellt, bei der Emotionen zugelassen werden, indem das zur Emotion führende Erlebnis bewertet und die Angemessenheit bzw. "Berechtigung" der Emotion auf Grundlage bisheriger Erfahrungen und möglicher Folgen abgeschätzt wird (Gross & John, 2002; Kuhl, 2001).

Prozesse der Emotionsregulation können der jeweiligen Person bewusst sein, aber auch unbewusst stattfinden. Menschen mit einer Tendenz zu integrativer Emotionsregulation haben in der Regel ein höheres Wohlbefinden und eine bessere psychische Gesundheit als solche mit verdrängendem bzw. unterdrückenden Stil oder nur schwach ausgeprägten kognitiven Einflüssen auf die Emotionsregulation.

In der PSI-Theorie von Julius Kuhl (Kuhl, 2001; Kuhl & Quirin, im Druck) spielt neben der Herabregulation negativer Emotionen auch die Fähigkeit zur Heraufregulation positiver Emotion ("Freude") eine wesentliche Rolle, sowohl für die Erleichterung der Umsetzung schwieriger Absichten als auch für das Wohlbefinden einer Person.

Literatur

  • Fonagy, Peter u.a., Affektregulierung, Mentalisierung und die Entwicklung des Selbst, Klett-Cotta, 2004.
  • Freud, Anna (1936/1964). Das Ich und seine Abwehrmechanismen. München: Kindler.
  • Freud, Sigmund (1915/1946). Die Verdrängung. Gesammelte Werke, Bd. X, London.
  • Gross, J. J., & John, O. P. (2002). Wise emotion regulation. In L. F. Barrett & P. Salovey (Eds.), The wisdom in feeling: Psychological processes in emotional intelligence. (pp. 297-319). New York, NY, US: Guilford Press.
  • Gross, J. J., & Levenson, R. W. (1993). Emotional suppression: Physiology, self-report, and expressive behavior. Journal of Personality & Social Psychology, 64(6), 970-986.
  • Kuhl, J. (2001). Motivation und Persönlichkeit. Interaktionen psychischer Systeme [Motivation and personality: Interactions of mental systems]. Göttingen: Hogrefe.
  • Kuhl, J., & Quirin, M. (im Druck). Die Theorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen. In Handbuch der Allgemeinen Psychologie: Motivation und Emotion. Göttingen: Hogrefe.
  • Ochsner, K.N., Gross, J.J., Thinking makes it so: a social cognitive neuroscience approach to emotion regulation, in: Vohs / Baumeister, The handbook of self-regulation, 2004

Empathie

Als Empathie bezeichnet man die Fähigkeit eines Menschen, einen anderen Menschen von außen (ohne persönliche Grenzen zu überschreiten) möglichst ganzheitlich zu erfassen, dessen Gefühle zu verstehen, ohne diese jedoch notwendigerweise auch teilen zu müssen, und sich damit über dessen Verstehen und Handeln klar zu werden. Der Begriff wird im deutschen Sprachraum seit dem Ende der 1960er Jahre von Psychologen bzw. Psychotherapeuten, Pädagogen, Seelsorgern, Ärzten und Soziologen verwendet.

Allerdings deckt sich der Begriff der Empathie mit dem Begriff "Einfühlungsvermögen", den bereits Sigmund Freud definiert hat, besonders deutlich hat jedoch sein Schüler Theodor Lipps (1906, S.198) diesen Begriff bereits 1906 so definiert, dass er mit dem heutigen Begriff Empathie deckungsgleich ist.

„Anzumerken ist..., dass der heute übliche Terminus Empathie, der den Begriff der Einfühlung mittlerweile abgelöst hat und der hinsichtlich seiner Bedeutung mit ihm als synonym zu betrachten ist, indirekt auf Lipps zurückgeht“. (Stefan Liekham, 2004)

„Die spezifische ‚Einfühlung‘ ist kein ‚Sich-Gleichmachen‘ mit dem Patienten, sondern ein ‚Erschließen‘ des immer unerkennbar bleibenden ‚Realen‘. Statt sich mit dem Analysanten zu identifizieren (‚Ich empfinde, was Du meinst‘), sorgt der Psychoanalytiker für genügend Fremdheit, die jenem erst die Begegnung mit dem eigenen unbewussten Begehren ermöglicht.“ (S. Freud: Abriß der Psychoanalyse, Kapitel VIII, in: Gesammelte Werke, 17. Band, S. 127).

Empathie ermöglicht also schon gemäß Freud und Lipps, von Außen unter Beachtung der Grenzen eine andere Person ganzheitlich - also auch unter Einbeziehung derer Emotionalität – zu erfassen, diese im eigenen Bewusstsein als „Alter Ego“ (mit begrenzter Kontingenz, siehe Systemtheorie von Luhmann) zu konstruieren und mit dieser zu kommunizieren.

Veraltet ist die Auffassung, dass Empathie es ermöglicht, Gefühle zu teilen oder gar „in den Anderen einzudringen“. Dieser Vorgang wird mit Gefühlsansteckung (engl.: Emotional Contagion) oder auch "Mitgefühl" bezeichnet oder ist sogar eine Grenzverletzung.

Da Gefühlsansteckung und Empathie oft miteinander verflochten auftreten und das Eine mit dem Anderen dann gleichgesetzt wird, ist eine begriffliche Trennung nicht nur für Therapeuten, sondern auch im Alltag von großer Bedeutung. Gefühlsansteckung (und auch „Mitgefühl“) ist immer eine Überschreitung der persönlichen Grenzen, was das Wort „Ansteckung“ ja auch aussagt. Sie kann als positiv oder negativ empfunden, als Hilfe oder Therapie eingesetzt werden oder eher belastend wirken. Gefühlsansteckung geschieht oft unwillentlich, sie kann aber nur kognitiv beendet werden.

Im Gegensatz dazu bedingt Empathie ganz ausdrücklich den Ausschluss jeglicher Überschreitung oder Vermischung beiderseitiger persönlicher Grenzen – es ist ausschließlich die Fähigkeit, eine Person von Außen ganzheitlich wahrzunehmen unter strikter Respektierung der Individualität dieser Person.

Lipps unterscheidet drei Stufen der Empathie: Die erste Ebene beinhaltet generelle Empathie, wenn die Form eines Objekts eine Aktivität hervorruft. Auf der zweiten Ebene vollzieht sich natürliche Empathie. Auf dieser ruft ein Objekt eine Aktivität hervor, die versucht, es in einen realen Kontext bzw. einen kausalen Zusammenhang einzuordnen. Auf dieser Ebene geschieht es, das Objekte "vermenschlicht" werden. Auf der dritten, der höchsten Ebene der Empathie, reagieren wir auf echten menschlichen Ausdruck wie Gesten, Gesichtsausdrücke und Stimmlagen.

Die außerhalb rein wissenschaftlicher Texte heutzutage wohl häufigste Verwendung des Begriffs Empathie beschreibt das natürliche Verständnis zwischen Mutter und Neugeborenem, eigentlich bei allen Säugetieren vorhanden. Nach Ansicht moderner Erzieher und Psychologen wie Arno Gruen und anderer geht diese Fähigkeit ("natürliche angeborene Empathie") jedoch durch kulturelle Einflüsse ("Erziehung") in den ersten beiden Lebensjahren verloren und wird dann allenfalls durch kognitive Empathie ersetzt. Arno Gruen sieht hierin, in der daraufhin fehlenden individuellen Kommunikationsbereitschaft und der folgenden Erfolgslosigkeit in heutigen Industriegesellschaften die Hauptursache für individuelle Aggression, die verstärkt von Jugendlichen ausgeht.(u.A. Arno Gruen, "Falsche Götter", 1991, S.14 ff).

Gerade bei Kleinstkindern ist aber die Trennung von entweder Gefühlsansteckung oder Empathie beiderseits (Letztere vom Kind aus nonverbal ausgedrückt und oft nicht wahrgenommen, siehe Georg Greif, Wien 2003, Seite 54 f) besonders bedeutsam.

Perspektivenübernahme

Perspektivenübernahme ist eine Technik bzw. Fähigkeit aus der Sozialpsychologie, bei der man sich in die Rolle und Position eines anderen hineinversetzt und versucht, die Welt aus dessen Sicht zu sehen. „in den Mokassins eines anderen gehen“ - (Indianische Redensart, vollständig „Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gegangen bist“ für: sich in seine Rolle, seine Perspektive einfühlen) Außerdem wird darunter die Fähigkeit verstanden, auf andere Werthaltungen und Normen einzugehen, um sie in die Person integrieren und neue soziale Rollen annehmen zu können (vgl. Tausch (Soziologie)).

Wesentlich dabei ist, dass der eigene Affektzustand dem Gefühlszustand einer anderen Person entspricht. Dies wird dadurch ausgelöst, dass man die Perspektive der anderen Person einnimmt – „in ihre Haut schlüpft“ – und so ihre emotionalen und anderen Reaktionen begreifen kann. Dies gelingt teilweise sogar in extremen Situationen.

Die gemeinsame Übernahme einer Perspektive hängt in der Geschichte oft mit demokratischen Tendenzen beziehungsweise mit der Überbrückung von Standesgrenzen zusammen. Das Theater der griechischen Antike war eng mit der Idee der athenischen Demokratie verbunden. Aristoteles prägte in diesem Zusammenhang die Begriffe Mimesis und Katharsis. Diese öffentliche Einfühlung wurde im 18. Jahrhundert mit dem sogenannten Rührstück nachzuahmen versucht. Seit der französischen Revolution entwickelten sich Einfühlungstheorien. Die frühe Psychologie etwa von Sigmund Freud berief sich auf die Theatertheorie („Ödipuskomplex“).

Literatur

  • Ciaramicoli, Arthur P. und Ketcham, Katherine Der Empathiefaktor, dtv, ISBN 3-423-24245-0
  • Lichtenberg, J., Bornstein, M. und Silver, D.: Empathy. 3 Bde. Hillsdale, N.J., 1984.
  • Ornstein, P. und Ornstein, A.: Empathie und therapeutischer Dialog. 1985.

 

Quelle

Empathie in der Wikipedia

Ethnorelativismus

Gegenteil von Ethnozentrismus. Bereitschaft, die eigenen Normen und Auffassungen zu hinterfragen und zu relativieren und die Normen und Auffassungen anderer Gruppen oder Gesellschaften zu akzeptieren und zu verstehen. Der Ethnorelativismus bildet die Basis für interkulturelle Lernprozesse und produktive interkulturelle Zusammenarbeit.

Ethnozentrismus

Gegenteil von Ethnorelativismus. Haltung, die unreflektiert Normen und Auffassungen der eigenen Gruppe oder Gesellschaft auf andere Gruppen oder Gesellschaften überträgt. Für interkulturelle Lernprozesse ist es von Bedeutung, die Interagierenden aus einer Haltung des Ethnozentrismus in eine Haltung des Ethnorelativismus zu führen. 

Eugen Bleuler

Paul Eugen Bleuler (* 30. April 1857 in Zollikon bei Zürich; † 15. Juli 1939 ebenda) war ein schweizerischer Psychiater.

Leistungen

Bekannt geworden ist Bleuler durch seine Beschreibung der Schizophrenie (1911: Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien), mit der er den bisherigen Begriff Dementia praecox von Emil Kraepelin ersetzte. Für Bleuler war die Ambivalenz das Hauptsymptom der Schizophrenie.

Bleuler prägte 1911 auch den Begriff Autismus sowie die Bezeichnung Morbus Bleuler.

Bleuler war zur damaligen Zeit der einzige Ordinarius der Psychiatrie, der sich mit der Psychoanalyse von Sigmund Freud auseinandersetzte. Im Gegensatz zu den meisten Gelehrten seiner Zeit ging Bleuler nicht von einer klaren Trennung zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit aus. Seine Arbeiten beruhen auf einer um Details bemühten Betrachtung jedes einzelnen Falls und der Entwicklung der Person des Kranken. Bemerkenswert ist hier besonders die Beschäftigung mit den Wahnwelten einzelner Kranker und der realitätsbezogenen Auslegung von deren Äußerungen.

Außerdem entwickelte Bleuler die von ihm so benannte „Udenotherapie“. Diese besagt, dass man Krankheiten nicht sofort mit blindem Aktionismus heilen, sondern den natürlichen Ablauf der Krankheit abwarten soll und so oft auch eine Heilung erreicht.

In einer Zeit, in der für die Behandlung der Schizophrenie und anderer Erkrankungen keinerlei medikamentöse Therapie zur Verfügung stand, erreichte Bleuler durch Verbesserung der allgemeingesundheitlichen Voraussetzungen und durch persönliche Zuwendung oft eine Besserung der Symptomatik. Er war auch einer der ersten, die auf diesen Zusammenhang hinwiesen und bewirkte eine Abkehr von dem klassischen Irrenhaus, das nicht viel mehr als eine reine Verwahranstalt gewesen war und nicht selten zu einer seelischen Verwahrlosung der Kranken geführt hatte. Bleuler vertrat allerdings auch – wie sein Vorgänger Auguste Forel – eugenische und rassistische Ansichten.

Leben

Zu seinem Entschluss für die Psychiatrie hat wahrscheinlich unter anderem die geistige Krankheit seiner Schwester beigetragen. Bleuler studierte Medizin in Zürich (Abschluss 1881). Die folgenden Stationen seines Lebens führten ihn als Assistenzarzt an die psychiatrischen Universitätskliniken Waldau (Bern) und Burghölzli sowie zu Studienaufenthalten nach Paris und München. Von 1886 bis 1898 war Bleuler Chefarzt der psychiatrischen Klinik Rheinau, bevor er 1898 in das seinem Heimatort näher liegende Burghölzli wechselte. Dort war er von 1898 bis 1927 Direktor sowie ordentlicher Professor für Psychiatrie an der medizinischen Fakultät der Universität Zürich.

Nach dem Tod von Eugen Bleuler hat sein Sohn Manfred Bleuler (1903-1994) sein Werk weitergeführt. Die Neuauflagen des Standardwerks seines Vaters Lehrbuch der Psychiatrie, das erstmals 1916 erschien und damals schon eugenische Auffassungen enthielt, besorgte er ab 1937. In die Auflagen, welche 1937 und 1943 in Deutschland erschienen, fügte Manfred Bleuler Aufsätze von Rassenhygienikern wie Hans Luxenburger und Friedrich Meggendorf ein. In den Nachkriegsauflagen des jahrzehntelang hoch angesehenen Standardwerks wurden diese Einfügungen wieder getilgt und durch Hinweise auf psychiatrische Methoden wie Lobotomie (Hirnoperationen) und Neuroleptika (Psychopharmaka) ersetzt.

Literatur

  • Urs Aeschbacher: Psychiatrie und "Rassenhygiene". In: Aram Mattioli (Hrsg.) Antisemitismus in der Schweiz 1848 - 1960. Zürich: Orell Füssli 1998.
  • Eugen Bleuler: Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien. Leipzig und Wien: F. Deuticke 1911. - Abb. des Titelblattes in: «Atlas zur Entwicklung der Psychiatrie»
  • Eugen Bleuler: Lehrbuch der Psychiatrie. Berlin: J. Springer 1916. - Abb. von Einband und Titelblatt in: «Atlas zur Entwicklung der Psychiatrie»
  • Daniel Hell, Christian Scharfetter, Arnulf Möller (Hrsg.): Eugen Bleuler — Leben und Werk. Bern, 2001, (Verlag Hans Huber).
  • Willi Wottreng: Hirnriss - Wie die Irrenärzte August Forel & Eugen Bleuler das Menschengeschlecht retten wollten, Weltwoche-ABC-Verlag Zürich.
  • Thomas Huonker: Diagnose 'moralisch defekt'. Kastration, Sterilisation und Rassenhygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie 1890-1970. (Verlag Orell Füssli). Zürich 2003.
  • A. Möller und D. Hell: Das Gesellschaftsbild von Eugen Bleuler - Anschauungen jenseits der psychiatrischen Klinik - The Social Understanding of Eugen Bleuler - His Viewpoint Outside of the Psychiatric Clinic . In: Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie Heft 12, Jahrgang 71, Dezember 2003, S. 661 - 667
  • Bernhard Küchenhoff: Eugen Bleulers Beziehung zu Sigmund Freud. In: Schweizer Monatshefte. Zeitschrift für Politik Wirtschaft Kultur. Heft 01/02, Januar/Februar 2007, S. 45-49

 

Quelle

Eugen Bleuler in der Wikipedia

Evaluation

Überprüfende Beurteilung und Bewertung durchgeführter Maßnahmen. Die wichtigsten Ziele der Evaluation sind die ständige Kontrolle der Zielerreichung (formative Evaluation/Prozessevaluation) und die Schaffung und Sammlung von Grundlagendaten zur Entscheidungshilfe (summative Evaluation). 

Existenzanalyse

siehe Logotherapie. 

Expertenberatung

Inhaltliche Stellungnahme eines Beraters in Form eines konkreten Lösungsvorschlags für vom Klienten delegierte Aufgabenkomplexe (z.B. Entwicklung eines Abrechnungssystems).

Familientherapie

siehe Systemische Therapie.

Feedback

Feedback im Coaching

Im Coaching gibt der Coach dem Klienten Informationen über beobachtetes Verhalten, mit dem Ziel, die Selbstwahrnehmung des Klienten zu fördern, d.h. blinde Flecken und Betriebsblindheit abzubauen und neue Gesichtspunkte zu erkennen. In der Folge ergeben sich im optimalen Falle neue Handlungsmöglichkeiten, die vorher nicht gesehen wurden.

Feedbackregeln

Feedback sollte unmittelbar, direkt und konstruktiv gegeben werden. Dabei sollten Ich-Botschaften formuliert werden: „Auf mich wirkt es so, dass...“, „Ich habe den Eindruck, dass...“, „Meine Wahrnehmung ist, dass...“.

Literatur

  • Rauen, C.(Hrsg., 2005). Handbuch Coaching. Göttingen: Hogrefe
  • Fengler, J. (2004). Feedback geben. Weinheim: Beltz

Frederick Kanfer

Frederick H. Kanfer (* 1925 in Wien; † 18. Oktober 2002 in Champaign, Illinois war zuletzt emeritierter Professor für Psychologie an der University of Illinois. Er entwickelte die Selbstmanagement-Therapie und zusammen mit G.A. Saslow das SORKC-Modell der Verhaltenstherapie.

Leben

Frederick H. Kanfer wuchs in Österreich auf, das er 1938 verließ. 1941 emigrierte er mit 16 Jahren in die USA, interessierte sich zunächst für Ingenieurwissenschaften und Biologie, bevor er sich der Psychologie zuwandte. Nach seinem Militärdienst erwarb er 1953 in Bloomington an der Indiana University den Ph.D. Er wurde zunächst Assistant Professor an der Washington University, danach Professor an der Purdue University, bevor er nach Cincinnati wechselte. Von 1973 bis 1995 war er als Professor an der University of Illinois at Urbana-Champaign tätig.

Leistung

Kanfer leistete mit der Entwicklung der Selbstmanagement-Therapie einen wichtigen Beitrag zur modernen Kognitiven Verhaltenstherapie. Seine Ursprünge lagen in den klassischen behavioristischen Lerntheorien, die er aber von Beginn an um kognitive und humanistische Einflüsse erweiterte. 1965 veröffentlichte er gemeinsam mit G.A. Saslow den einflussreichen Artikel „behavioral Analysis“, in dem er durch Darstellung seines SORKC-Modells die moderne Verhaltensanalyse begründete, die bis heute eine wichtige Grundlage der Verhaltenstherapie darstellt. In den Jahren danach arbeitete er vor allem über Selbstregulation und Selbstkontrolle, und entwickelte die Selbstmanagement-Therapie, durch die sich die zuvor rein behavioristisch orientierte Verhaltenstherapie von der Anwendung der klassischen Lerngesetze zur modernen Verhaltenstherapie weiterentwickelte. Kanfers Interesse ging über die Entwicklung einzelner Methoden und Verfahren hinaus. Durch die Entwicklung seines Modells einer Verhaltensanalyse gelang ihm in der Unterscheidung von 3 Ebenen menschlichen Verhaltens eine differenzierte Analyse des Problemverhaltens. Durch seine Beschreibung des therapeutischen Prozesses in 7 Schritten, die in einer Therapie mit Feedbackschleifen durchlaufen werden, bewirkte er die Berücksichtigung des therapeutischen Prozesses in der Therapieplanung. Auch betonte er aus seinen Erfahrungen in der praktischen therapeutischen Tätigkeit die Bedeutung der therapeutischen Beziehung bzw. der Interaktion zwischen dem Therapeuten und dem Klienten für eine erfolgreiche Verhaltenstherapie und prägte dafür den Begriff der therapeutischen Allianz. In seinen weiteren Arbeiten zum verbalen Konditionieren, zur Motivation, zum Problemlösen, sowie zu einzelnen klinischen Störungsbildern zeigte sich sein breites Interesse, das auf seinem ausgeprägten Verständnis für die Wirkungsweise der Verhaltenstherapie basierte. Nach einer Einladung zu einem Forschungsaufenthalt 1968 an die Ruhr-Universität Bochum war er jedes Jahr mehrere Wochen als Gastprofessor in Europa tätig, leitete Workshops und hielt Vorträge, wodurch er einen großen Einfluss auf die heutigen Verhaltenstherapeuten im deutschsprachigen Raum ausübte. Sein gemeinsam mit H. Reinecker und D. Schmelzer veröffentlichtes Buch Selbstmanagement-Therapie ist bis heute ein Standardwerk in der Ausbildung deutscher Verhaltenstherapeuten. Über Jahrzehnte hinweg war er einflussreicher Berater am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. 1976 begann er in Windach mit der Gründung verhaltensmedizinischer Kliniken in Deutschland. Frederick H. Kanfer erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Er war Fulbright-Professor in Bochum, erhielt den Alexander-von-Humboldt-Senior Scientist Award und die Gold Medal of Honour seiner Geburtsstadt Wien für Verdienste um die Entwicklung der Klinischen Psychologie in Europa. Kurz vor seinem Tode 2002 erhielt er die Ehrung der Deutschen Gesellschaft für Psychologie für sein Lebenswerk. Darüber hinaus war er Ehrenmitglied vieler Verhaltensgesellschaften in Deutschland, in Italien und in Uruguay. Fred Kanfer war Mitglied im Editiorial Board von ca. 12 wissenschaftlichen Zeitschriften, er ist Autor bzw. Koautor von mehr als 150 wissenschaftlichen Beiträgen und von mehr als 10 einflussreichen Buchpublikationen.

Werke

  • The scientist-practitioner connection. Myth or reality. New Ideas in Psychology, 1990, 7; S.147-154
  • Zus. mit G.H. Saslow: Behavioral Analysis. An Alternative to diagnostic classification. Arch Gen Psychiatry, 1965,12: S. 529-538
  • Zus, mit H. Reinecker & D.Schmelzer: Selbstmanagement-Therapie. 2. überarbeitete Auflage. Springer, Berlin 1998.

Führungsstil

Führungsstil ist die Art und Weise, wie ein einzelner Vorgesetzter seine Mitarbeiter führt. Die Führungsstile haben sich im Laufe der Zeit immer weiter entwickelt. Führung ist ein sehr komplexer Vorgang. Der Erfolg durch einen bestimmten Führungsstil hängt von verschiedensten Faktoren ab. Oft ist deshalb nicht genau erklärbar, warum ein bestimmter Führungsstil zum entsprechenden Erfolg geführt hat. 

  • Autoritäre Führung
  • Demokratische Führung
  • Laisser-faire-Führung oder Laissez-faire-Führung (aus dem Französischen: „gewähren lassen“)

Die heutige Betriebswirtschaftslehre tendiert eher zum demokratischen Führungsstil, wobei hier auch das Aufgabengebiet mit in die Betrachtung eingezogen werden muss. Zum Beispiel ist eine demokratische Führung während eines Feuerwehreinsatzes wenig hilfreich. Zwischen autoritärem (hierarchischen) und demokratischem Führungsstil gibt es eine große Zahl von Abstufungen.

Neueren Überlegungen zur Folge ist aber auch ein demokratischer (oder kooperativer) Führungsstil nicht als das Optimum zu bezeichnen. Vielmehr tendiert man heute zur sogenannten situativen Führung, nach der der optimale Führungsstil von der jeweiligen Situation abhängt.

Autoritärer bzw. hierarchischer Führungsstil

Der Vorgesetzte gibt Anweisungen, Aufgaben und Anordnungen weiter, ohne die Mitarbeiter nach ihrer Meinung zu fragen. Die Entscheidung trifft der Chef ganz allein, ohne seine Untergebenen mit einzubeziehen. Von seinen Untergebenen erwartet der Vorgesetzte nahezu bedingungslosen Gehorsam und duldet keinen Widerspruch oder Kritik. Bei Fehlern wird bestraft, statt zu helfen. Ein autoritärer bzw. hierarchischer Führungsstil ist beispielsweise Armeen mit Befehlstaktik vorherrschend.

Der Vorteil des autoritären Führungsstils liegt in der relativ hohen Entscheidungsgeschwindigkeit, in der Übersichtlichkeit der Kompetenzen und in der guten Kontrolle. Daneben hat ein solcher Führungsstil auch, zumindest kurzfristig, einen verbessernden Einfluss auf die Arbeitsleistung innerhalb einer Organisationseinheit. Allerdings ist eine solche Leistungssteigerung nicht über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten.

Als Nachteil sind hingegen die mangelnde Motivation der Mitarbeiter, die Einschränkung der persönlichen Freiheit und die Gefahr von Fehlentscheidungen durch überforderte Vorgesetzte zu nennen. Außerdem kann es zu Rivalitäten zwischen den einzelnen Mitarbeitern kommen und neue Talente werden nicht entdeckt. Ebenso bringt ein streng hierarchischer Führungsstil das Risiko einer Kopflosigkeit, sobald ein wichtiger Entscheidungsträger ausfällt.

Demokratischer Führungsstil oder auch Kooperativer Führungsstil

Der Vorgesetzte bezieht seine Mitarbeiter in das Betriebsgeschehen mit ein. Er erlaubt Diskussionen und erwartet sachliche Unterstützung. Bei Fehlern wird in der Regel nicht bestraft, sondern geholfen.

Die Vorteile des kooperativen Führungsstils liegen vor allem in der hohen Motivation der Mitarbeiter durch Entfaltung der Kreativität, Förderung der Leistungsfähigkeit und höhere Selbstständigkeit. Eine Entlastung des Vorgesetzten und somit auch eine Reduzierung des Risikos einer Fehlentscheidung für das Unternehmen. Es kann eine höhere Identifikation mit dem Unternehmen erfolgen und i.d.R. ist das Arbeitsklima meistens angenehm durch offene Kommunikationsstrukturen.

Ein Nachteil ist, dass die Entscheidungsgeschwindigkeit eventuell verlangsamt bzw. verzögert wird, da Mitarbeiter ausreichend informiert werden müssen, viele Köpfe Ideen produzieren und Mitarbeiter hinreichend qualifiziert sein müssen.

Der Laissez-faire-Führungsstil lässt den Mitarbeitern viele Freiheiten. Sie bestimmen ihre Arbeit, die Aufgaben und die Organisation selbst. Die Informationen fließen mehr oder weniger zufällig. Der Vorgesetzte greift nicht in das Geschehen ein, er hilft oder bestraft auch nicht.

Die Vorteile des Laissez-faire-Führungsstil liegen in der Gewährung von Freiheiten und in der eigenständigen Arbeitsweise der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter können ihre Entscheidungen eigenständig treffen und ihre Individualität wird gewährt. Dieser Führungsstil wird oft in "Kreativ"- Abteilungen genutzt.

Allerdings besteht die Gefahr von mangelnder Disziplin, Kompetenzstreitigkeiten, Rivalitäten sowie von Unordnung und Durcheinander. Außerdem kann es zu Rivalitäten und Streitereien zwischen den Mitarbeitern kommen, so dass sich informelle Gruppen bilden und Außenseiter benachteiligt werden. Auch besteht die Gefahr, dass schlechtere Gruppen auf der Strecke bleiben.

Führungsstile können auch nach der Anzahl der Orientierungsmerkmale des Stils kategorisiert werden:

  1. Eindimensionale Führungsstile (alle oben genannten; autoritär, kooperativ, charismatisch, …)
  2. Zweidimensionale Führungsstile (Managerial-Grid nach Blake/Mouton und Polaritätenprofil nach Bleicher)
  3. Dreidimensionaler Führungsstil (situativer Führungsstil)

Richtungsbezogener Führungsstil nach Robert R. Blake/Jane Mouton

Der richtungsbezogene Führungsstil unterscheidet zwei Arten:

  • Aufgabenorientierter bzw. sachorientierter Führungsstil: Der Vorgesetzte übt Leistungsdruck aus, damit der Mitarbeiter eine höhere Stückzahl erbringt. Er bemüht sich um Termineinhaltung, damit die Aufträge fristgerecht erfüllt werden. Der Chef herrscht „mit eiserner Hand“, damit keine Stockungen im Arbeitsablauf auftreten. Es wird Wert auf eine hohe Arbeitsmenge gelegt, damit das Leistungsziel erreicht wird. Mangelhafte Arbeit wird getadelt, damit bei der Realisierung Fehler vermieden werden.
  • Personenorientierter bzw. beziehungsorientierter Führungsstil: Der Führende behandelt seine Untergebenen als Partner, damit die Arbeit gemeinsam bewältigt werden kann. Er sucht ein gutes Verhältnis zu seinen Mitarbeitern, damit sich diese nicht als Untergebene fühlen. Der Chef ist seinen Mitarbeitern gegenüber zugänglich, damit sie erkennen, dass sie Partner sind. Der Vorgesetzte setzt sich für seine Mitarbeiter ein, damit sie spüren, dass ihr Vorgesetzter loyal ist. Er gibt den Mitarbeitern Anerkennung, damit die Leistungen beibehalten und verbessert werden.

Tradierender Führungsstil (idealtypischer Ansatz nach Max Weber)

Der tradierende Führungsstil findet sich vor allem in Organisationen und Unternehmen der Vergangenheit. In der heutigen Führungspraxis ist er in den genannten Reinformen seltener vertreten. Praktisch existiert ein Kontinuum des Führungsverhaltens mit vielen Zwischenstufen zwischen diesen Reinformen. Weber unterscheidet folgende Formen:

  • Patriarchalischer Führungsstil: Das Leitbild des patriarchalischen Führungsstil ist die Autorität und die Güte des „Vaters in der Familie“. Die Untergebenen haben jederzeit Zugang zum Patriarchen und sind ihm zu Gehorsam verpflichtet. Der Herrschaftsanspruch des Patriarchen wird mit seinem Alters-, Wissens- und Erfahrungsvorsprung begründet, Konkurrenz hat er nicht zu befürchten. Der „Herr-im-Hause“-Standpunkt ist meist nicht mehr zeitgemäß, doch in einigen, meist mittelständischen und Familienunternehmen, durchaus noch anzutreffen.
  • Charismatischer Führungsstil: „Charisma“ bedeutet „Gnadengabe“, d. h., die als göttliche Fügung empfundene Fähigkeit, andere Menschen durch Ausstrahlungskraft zu führen. Von den Geführten kann jedes Opfer verlangt werden, ohne dass der Vorgesetzte ihnen gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet wäre. Die Untergebenen werden somit vom Vorgesetzten abhängig.
  • Autokratischer Führungsstil: Der Autokrat besitzt eine nahezu unbegrenzte Machtfülle und bedient sich eines streng gegliederten Führungsapparates. Der Untergebene ist zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Der Autokratie fehlen die Wärme des Patriarchats und die Begeisterung des Charismas. Dieser Führungsstil wird auch als autoritärer Führungsstil bezeichnet.
  • Bürokratischer Führungsstil: Dieser Führungsstil betont das Reglement bzw. bürokratische Instanzen und Dienststellenbefugnisse. Präzise Beschreibungen der Stellenbefugnisse und Verwaltungsabläufe sind typisch. Eine beherrschende Führungsperson gibt es hier nicht. Vielfach erhalten die Mitarbeiter lebenslange Versorgungsansprüche. Diesem Führungsstil mangelt es an Flexibilität und Effizienz.

 

Gruppenbezogener Führungsstil nach Horst-Joachim Rahn

Dieser Führungsstil richtet sich nach den einzelnen Gruppenmitgliedern bzw. nach der Art der ganzen Gruppe. Jeder Mitarbeiter wird anders behandelt, entsprechend seinem Verhalten und Benehmen und seinem Ansehen in der Gruppe. Auch jede Gruppe ist als Gesamtheit je nach ihrer Gruppenart unterschiedlich zu führen. Es sind folgende gruppenorientierte Führungsstile zu unterscheiden:

  • Integrierend bei Neulingen und Außenseitern, z. B. durch geschicktes Heranführen an die Gruppe und durch Anbieten von Hilfe. Neue Gruppen sind in das Unternehmen bzw. in die Organisation zu integrieren.
  • Anspornend bei Drückebergern, Faulen und Leistungsschwachen, beispielsweise durch gezieltes Aktivieren ihrer Leistungsreserven und klar definierte Ziele. Dies gilt auch für leistungsschwache Gruppen als Ganzes.
  • Fördernd bei Leistungsstarken und Gruppenstars, z. B. durch Übertragung von Kompetenzen und Verantwortung. Auch leistungsstarke Gruppen benötigen angemessene Anreize, z. B. Gruppenlob bei hervortretenden Gruppenleistungen.
  • Wertschätzung ist auch bei Frohnaturen, ausgleichenden und geselligen Gruppenmitgliedern angebracht, z. B. durch Anerkennung ihrer Gruppenbeiträge bzw. durch Würdigung ihrer Gruppenerhaltungsrollen.
  • Bremsend bei Frechen, Rädelsführern, Querulanten, Ehrgeizlingen, Intriganten und Gruppenclowns. Sehr unruhige Gruppen sind z. B. durch gütige Strenge und Autorität bzw. Hinsteuern auf die Leistungsziele zu führen.
  • Ermutigend bei Schüchternen und Problembeladenen, z. B. durch Ermunterung, Verständnis, Anteilnahme und positive Haltung. Stille Gruppen sind als Ganzes ebenfalls ermutigend zu führen, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

Weitere Führungsstile

  • Situativer Führungsstil: abhängig von der Führungssituation zwischen Vorgesetztem, Mitarbeiter und der jeweiligen Situation. Je nach Notwendigkeit wird in der situativen Führung auf die Werkzeuge und Möglichkeiten der bekannten Führungsstile zurückgegriffen. Der situative Führungsstil wird in der Literatur als Führungsstil der Zukunft angesehen.
  • Führungskontinuum von Tannenbaum und Schmidt: 1958 entwickeltes Führungsmodell
  • Kontingenztheorie von Fred Edward Fiedler entwickelter Ansatz, der auf die persönlichen Eigenschaften des Vorgesetzten abstellt
  • Hersey/Blanchard (1976): Führungsstil abhängig vom Reifegrad des zu führenden Mitarbeiters (Reifegradbezogenes Führungsmodell; siehe auch Situatives Führen)
  • Reddin (1967, 1981): Führungsstil abhängig von der Situation und vom Erfolg (3-D Führungsmodell)
  • Blake Mouton: Effektivität der Führung abhängig von der Beobachtung des Menschen und der Beachtung der Arbeitsleistung als Verhaltensgitter

Literatur

  • Jürgen Berthel/Fred G. Becker: Personalmanagement: 7. Aufl., Schäffer-Poechschel Verlag, Stuttgart 2003
  • Hans-Jürgen Drumm: Personalwirtschaft, 5. Aufl., Springer Verlag Berlin/Heidelberg 2004
  • Joachim Hentze/Andrea Graf/Andreas Kammel/Klaus Lindert: Personalführungslehre, 4. Aufl., Haupt Verlag, Bern/Stuttgart/Wien 2005
  • Oswald Neuberger: Führen und führen lassen, 6. Aufl., Lucius & Lucius Verlag, Stuttgart 2002
  • Klaus Olfert: Personalwirtschaft, 13. Aufl., Kiehl-Verlag, Ludwigshafen/Rhein 2008
  • Horst-Joachim Rahn: Unternehmensführung, 7. Aufl., Kiehl-Verlag, Ludwigshafen/Rhein 2008
  • Ders.:Führung von Gruppen, 5. Aufl., Verlag Recht und Wirtschaft, Frankfurt/Main 2006
  • Eberhard Seidel u. a.: Führungsstil und Führungsorganisation, 2 Bände. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1988
  • Wolfgang H. Staehle: Management, 8. Aufl, Vahlen Verlag 1999
  • Rolf Wunderer: Führung und Zusammenarbeit, 5. Aufl., Luchterhand Verlag, München/Neuwied 2003
  • Klaus A. Zimmermann: Kreative Mitarbeiterführung, Falken, Gabler Verlag, Niedernhausen 2000

 

Quelle

Führungsstil in der Wikipedia

Gefühl

Gefühl oder Fühlen bezeichnet:

  • Emotion, einen psychophysiologischen Prozess mit subjektivem Gefühlserleben und Änderung der Verhaltensbereitschaft
  • Sensibilität, in Physiologie und Wahrnehmungspsychologie den „fünften Sinn“, das Fühlen
  • Haptische Wahrnehmung, die Erkundung von Objekteigenschaften wie Oberflächenbeschaffenheit, Konturen, Größe
  • im Sinne von „vager Ahnung“ eine Eingebung bzw. Intuition
  • im Sinne von „ein Gefühl für etwas haben“ eine Fähigkeit bzw. Kompetenz

 

Quelle

Gefühl in der Wikipedia

Gesprächspsychotherapie (GT)

Von Carl Rogers gegen Ende der 40er Jahre begründete Form der Psychotherapie, die auf Echtheit, Wertschätzung und einfühlendem Verstehen beruht. Rogers vertrat die Ansicht, dass der Mensch nach Selbstverwirklichung, Wachstum und Gesundheit strebt, in diesem Streben jedoch gehindert sein kann; daher ist in der Gesprächspsychotherapie (GT) dafür zu sorgen, dass der Klient sich frei entfalten kann. Die GT nach Rogers ist keine Technik, sondern eine Grundhaltung. Nur wenn der Therapeut "echt" ist, kann der Klient in einer angstfreien Atmosphäre des gemeinsamen Gesprächs seine Gedanken und Gefühle formulieren und reflektieren und so letztlich seine Einstellung und seine Verhaltensweisen verändern.

Gestalttherapie

Die Gestalttherapie gehört zu den hermeneutisch-phänomenologisch ausgerichteten erlebnisaktivierenden Psychotherapieverfahren und ist wichtige Vertreterin der humanistischen Psychologie. Als Begründer dieser Schule der Psychotherapie gelten die psychoanalytisch ausgebildeten Fritz Perls und Laura Perls, sowie Paul Goodman, ein Vertreter des philosophischen Anarchismus. Die Gestalttherapie entwickelt sich zu weiten Teilen aus der Psychoanalyse und in Kritik an und in Abgrenzung zu ihr, unter Rückgriff auf die Gestaltpsychologie und das holistische, phänomenologische, sowie existentielle Denken des 20. Jahrhunderts. In Deutschland wurde die Gestalttherapie unter anderem durch Gerhard Heik Portele sowie durch Hilarion Petzold bekannt. Heute wird die Gestalttherapie neben niedergelassenen Therapeuten vor allem auch in Kliniken angewendet und weiterentwickelt. Gestalttherapie gehört derzeit zu den in Deutschland nicht abrechenbaren Therapieformen im Gegensatz zu Österreich und der Schweiz. Das Psychotherapeutengesetz, das im Jahre 2000 wirksam wurde, erkennt ausschließlich die Psychoanalyse, die tiefenpsychologisch fundierte sowie die Verhaltenstherapie an. Die Anerkennung als abrechenbares Verfahren ist allerdings auch ein politischer Prozess, der nicht ausschließlich von der Qualität der Therapieform abhängig ist. Die humanistischen Verfahren wie Gestalt- oder Gesprächstherapie kämpfen seitdem um ihre rechtliche Anerkennung. Ihre Wirksamkeit ist nach Klaus Grawe denen der anderen Therapieformen mit Ausnahme der Verhaltenstherapie ähnlich. Der Gestaltbegriff kommt aus dem deutschen Verb gestalten und meint das Formen eines sinnvollen Ganzen. Eng verbunden sind mit diesem Begriff die Wörter Sinn und Struktur, die beide ebenfalls eine Gesamtheit beschreiben, die in sich kohärent ist. Das Bilden von Gestalten entsteht auf einem sogenannten Hintergrund, von dem sich die eigentliche Gestalt oder Figur abhebt. Diesen Prozess beschreibt die Gestalttherapie analog zu der Erklärung der Bildung von Wahrnehmung innerhalb der Gestaltpsychologie. So kann sich ein weißer Fleck nur auf dem Hintergrund einer farbigen Fläche abheben. Oder Linien werden entsprechend dem Hintergrund vervollständigt.

Grundsätzlich verneint die Gestaltpsychologie und analog eben auch die Gestaltherapie die Wirklichkeit von vereinzelten Sinnesqualitäten, die isoliert wahrgenommen werden können. Vielmehr ist Wahrnehmung, soziales Leben, Eigenexistenz immer Ausdruck einer komplexen Sinngebung. Das „Ganze“ ist mehr bzw. anders, als die Summe seiner Einzelelemente. In diesem Punkt besteht die größte Differenz der Gestalttherapie zu den empiristisch fundierten Therapien. Dieser Punkt kann als der eigentliche Paradigmenwechsel benannt werden.

Die Gestaltpsychologien unterschiedlicher Richtung leiten sich historisch aus einer einzigen Arbeit aus dem Jahre 1890 her, in der der Philosoph Christian von Ehrenfels seine Erkenntnis berichtete, die Wahrnehmung enthalte Qualitäten, die sich nicht aus der Anordnung einfacher Sinnesqualitäten ergeben. So sei die Melodie eine solche Gestaltqualität, denn die Töne als Elemente der Melodie könnten durch ganz andere Töne ersetzt werden, und es wäre dennoch dieselbe Melodie, wenn nur die Anordnungsbeziehung zwischen den Tönen erhalten bliebe.

Den Begriff Gestalt auf die Psychotherapie übertragen zu haben, ist Verdienst der Perls. 

Der Gestaltbegriff und das Konzept der Kontaktstörung

Ein Grundbegriff des Konzeptes ist das der „unabgeschlossenen Gestalt“, was bedeutet, dass der Anpassungsprozess des Organismus/der Psyche an die Umwelt (und umgekehrt) als Kontaktprozess aufgrund möglicher Störungen nicht vollständig geschehen konnte. Ergebnis ist eine Kontaktstörung. Damit konnte sich eine „vollständige (oder ‚geschlossene‘) Gestalt“ im Sinne einer abgeschlossenen Anpassungsleistung nicht ausbilden.

Ursprünglich stammt der Begriff der „Gestalt“ aus der Gestaltpsychologie, einer Psychologie der Wahrnehmung. Fritz und Laura Perls wenden ihn aber auf den ganzen Organismus an und orientieren sich dabei vornehmlich an der Gestalttheorie des Neurologen Kurt Goldstein und seiner ganzheitlichen Theorie des Organismus. Schöne Beispiele für Anpassungsleistungen und somit Schließen von Gestalten finden sich in den Veröffentlichungen von Oliver Sacks. 

Das Konzept des Gewahrseins

Im Mittelpunkt der gestalttherapeutischen Methode steht die Entwicklung und Verfeinerung des Gewahrseins (Bewusstheit; der englische Begriff lautet “awareness”) aller gerade vorhandenen und zugänglichen Gefühle, Empfindungen und Verhaltensweisen des Klienten. Der Klient soll dadurch in die Lage versetzt werden, seine Kontaktstörungen als solche zu erkennen und zu erleben, die ihn daran hindern, mit seiner Umwelt in einen befriedigenden Austausch zu treten. Über die Reaktivierung emotionaler Bedürfnisse und der Wahrnehmung derselben soll es dem Klienten ermöglicht werden, seine Kontaktstörung zu überwinden.

Bewusstheit bzw. Gewahrsein kann sowohl eine absichtslose, aktive, innere Haltung der Aufmerksamkeit/Achtsamkeit, als auch eine mehr gerichtete Form der Aufmerksamkeit/Achtsamkeit bezeichnen, und sich auf alle Phänomene der Wahrnehmung und des Erlebens richten. Daraus folgt eines der wichtigsten Arbeitsprinzipien der Gestalttherapie, das Prinzip des Hier-und-Jetzt: Die gegenwärtige Situation, auch die zwischen Klient und Therapeut, wird als der entscheidende „Ort“ betrachtet, wo Veränderung geschieht. Vergangenheit und Zukunft kommen auch in dieser gegenwärtigen Situation ins Spiel: z. B. als Erinnerung oder als Planung. Methodisch geschieht die Förderung des Gewahrseins u. a. durch die direkte Rückmeldung des Therapeuten oder durch den Einsatz von Übungen, oder von Experimenten, die aus der konkreten Therapiesituation heraus entwickelt werden. 

Das dialogische Prinzip

Durch die direkte und konkrete Arbeit an aktuellen Situationen und an der Beziehung zwischen Klient und Therapeut soll der Kontakt des Patienten zu sich selbst und zu seiner Umwelt gefördert und unterstützt, und bestehende Kontaktstörungen überwunden werden. Auf diese Weise werden die Selbstheilungskräfte des Patienten freigelegt und neue Einsichten, Erfahrungen und Verhaltensmöglichkeiten erschlossen. Die Gestalttherapie betrachtet die Selbstheilungskräfte als Teil der organismischen Selbstregulation, also der Fähigkeit des Organismus, sich in seiner Umgebung zu erhalten. Durch verschiedene Übungen und methodische Grundhaltungen soll die Selbstregulation gefördert werden.

Die therapeutische Beziehung in der Gestalttherapie – verstanden als Dialogische Gestalttherapie – orientiert sich an den Grundsätzen der existentiellen Beziehungsphilosophie Martin Bubers, der ‚dialogischen Haltung‘. Buber unterscheidet zwischen dem Handeln aus einer sog. Ich-Es-Haltung („sachlich“, auf ein Objekt bezogen, auch wenn das Gegenüber ein Mensch ist), und dem Handeln aus einer sog. Ich-Du-Haltung heraus, einer Hinwendung zum anderen Menschen auf gleicher Ebene, bei der die Person in ihrer Einzigartigkeit wertgeschätzt wird, ohne einen Zweck zu verfolgen. Beide Haltungen stehen in einem Wechselverhältnis zueinander, und werden je nach Erfordernis der Situation gewählt. Diese Haltung, in der die Therapiesituation als eine besondere Begegnung im Sinne Bubers verstanden wird, die ein hohes Maß an Authentizität und Wahrhaftigkeit erfordert, ist grundlegend für die Gestalttherapie. 

Kontaktfunktionen

Zu den sogenannten Kontaktfunktionen gehören Projektion, Introjektion, Retroflektion, Konfluenz und Deflektion. Sie werden auch als „Kontaktstörungen“, oder als „Kontaktunterbrechungen“ begriffen. Entgegen einem häufigen Missverständnis haben sie zwei Seiten, eine eher störungsschaffende und eine „normale“, die u. a. zumindest zeitweise Problemlösungscharakter besitzt, oder schlichtweg Teil der organismischen Selbstregulierung ist. Die gegenwärtige Gestalttherapie spricht daher in der Regel von „Kontaktfunktionen“.

Konfluenz („Zusammenfluss“ – manchmal werden auch die Begriffe „Verstrickung“ oder „Verschmelzung“ gebraucht), als ein Beispiel, bezeichnet in der Gestalttherapie die fehlenden Kontaktgrenzen gegenüber der Umwelt. Die Differenz zwischen Subjekt und Objekt werden negiert. Wer sich immer nach den Erwartungen anderer richtet, jeden Konflikt vermeidet, Harmonie und Nähe um jeden Preis herstellen will, ist »konfluent«. Er grenzt sich nicht von anderen ab. Die Kontaktfunktion der Aggression - wie bei der Deflektion - fehlt . Aber das Mittel der Konfliktvermeidung ist Gleichklang mit der Umgebung (also nicht Ausweichen), »Schwimmen mit dem Strom«.

Schwerer zu erkennen ist die gegenteilige Form der Konfluenz, die sich als (scheinbare) Abgrenzung darstellt. Das »Dagegensein um des Dagegenseins Willen« ist nämlich keine wirkliche Grenzziehung im gestalttherapeutischen Sinne. Denn der Handelnde handelt immer in starrer Abhängigkeit von der Umwelt, nur nicht im Gleichklang, sondern im Widerspruch. Damit aber verharrt er in Abhängigkeit und handelt nicht autonom.

Beschreibung bei Perls, Hefferline, G00dman: »Konfluenz ist der Zustand der Kontaktlosigkeit (ohne Grenze des Selbst)« (PHG, Band »Grundlagen«, S. 244).

Erst seit kurzer Zeit wird Konfluenz in der Gestalttherapie auch als positive Erscheinung betrachtet, die die Basis für Empathie (in der Folge auch gemeinschaftliche Kreativität) ist oder sein könnte. Pathologische Konfluenz wird dann als negative Erscheinung eines grundsätzlich positiven Strebens angesehen und behandelt, indem die negativen Auswirkungen von Konfluenz analysiert werden und die gleichen Kräfte zugunsten eines positiven Strebens anzuwenden erlernt wird. 

Ganzheit, Feld, Prozess

Der ganzheitliche Ansatz der Gestalttherapie besteht nicht nur darin, den Menschen (als Organismus) als untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele zu betrachten, sondern er bezieht sich auch auf die Ganzheit des Organismus im Feld; d. h. dass das Individuum nie isoliert von seiner Umgebung gesehen und verstanden werden kann. Die Gestalttherapie spricht hier vom „Organismus-Umwelt-Feld“ als grundlegender Kategorie.

Zwischen Organismus und Umwelt befindet sich die „Kontaktgrenze“, die sowohl trennt als auch verbindet. Genaugenommen bewegt sie sich im konkreten Kontakt des Organismus mit der Umwelt. Kontakt und Kontaktgrenze sind Prozesse, mit denen der Organismus, d. h. der einzelne Mensch, im Austausch mit der Umwelt sich erhält, Neues assimiliert und wächst.

Im Kontakt fließen Bewußtheit/Gewahrsein, Bewegung, Handeln, Denken, Fühlen etc. zusammen zur Orientierung im Feld.

Auch das „Selbst“ wird in der Gestalttherapie als umfassender Prozess verstanden. Perls, Hefferline und G00dman definieren es als „das System der ständig neuen Kontakte“. Das „Ich“ stellt dabei nur eine Teilfunktion des „Selbst“ dar: es unterscheidet zwischen „zu mir gehörend“ und „fremd“. Damit hebt sich die Gestalttherapie grundlegend von der Psychoanalyse ab, die die Psyche eher als einen „Apparat“ begreift, mit dinghaften Einzelteilen. 

Verwandte Richtungen

Neben der Gestalttherapie gibt es zwei zu nennende Therapieformen, die begrifflich oder historisch eng mit dem Ansatz der Perls verbunden sind, allerdings eigenständige Richtungen darstellen. Eine völlig eigenständige Entwicklung stellt die von Hans-Jürgen Walter begründete Gestalttheoretische Psychotherapie dar, die sich unmittelbar auf die Gestaltpsychologie bzw. Gestalttheorie stützt. Ebenfalls zu nennen ist die von Hilarion Petzold begründete Integrative Therapie, die die Gestalttherapie stark miteinbezieht, aber nur als einen von mehreren therapeutischen Ansätzen. 

Literatur

Periodika

  • Gestalttherapie (Zeitschrift) – Forum für Gestaltperspektiven (Hrsg.) DVG – halbjährlich im EHP Verlag
  • Gestaltkritik (Zeitschrift) – Die Zeitschrift für Gestalttherapie (Hrsg.) Gestalt-Institut-Köln – halbjährlich

Gestalttherapie – Einführungen

  • Albrecht Boeckh: Die Gestalttherapie. Eine praktische Orientierungshilfe. Kreuz-Verlag, Stuttgart 2006.
  • Erhard Doubrawa u. Stefan Blankertz: Einladung zur Gestalttherapie. Eine Einführung mit Beispielen. Hammer, Wuppertal (4) 2005.
  • Erhard Doubrawa: Die Seele berühren. Erzählte Gestalttherapie. Hammer, Wuppertal (2) 2004.
  • Frank-Matthias Staemmler u. Werner Bock: Ganzheitliche Veränderung in der Gestalttherapie. Hammer, Wuppertal 2004.
  • Bruno-Paul de Roeck: Gras unter meinen Füßen. Eine ungewöhnliche Einführung in die Gestalttherapie. Rowohlt.

Gestalttherapie – Weiterführende Literatur

  • Stefan Blankertz u. Erhard Doubrawa: Lexikon der Gestalttherapie. Hammer, Wuppertal 2005.
  • Reinhard Fuhr u. a. (Hrsg.): Handbuch der Gestalttherapie. Hogrefe, Göttingen 1999.
  • Hans Peter Dreitzel (u. Mitarb. v. Brigitte Stelzer): Gestalt und Prozess. Eine psychotherapeutische Diagnostik oder: Der gesunde Mensch hat wenig Charakter. EHP, Bergisch Gladbach 2004.
  • Lotte Hartmann-Kottek: Gestalttherapie. Springer, 2. erweiterte Auflage, Berlin 2008.
  • Markus Hochgerner (Hrsg.): Gestalttherapie. Facultas, Wien 2004.
  • Erving und Miriam Polster: Gestalttherapie. Theorie und Praxis der integrativen Gestalttherapie. Hammer, Wuppertal 2001.
  • Portele, Gerhard: Autonomie, Macht, Liebe. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1989.
  • Margherita Spagnuolo Lobb / Nancy Amendt-Lyon: Die Kunst der Gestalttherapie. Eine schöpferische Wechselbeziehung. Springer, Wien 2006.
  • Uwe Strümpfel: Therapie der Gefühle. Forschungsbefunde zur Gestalttherapie. EHP, Köln 2006. 
  • John O. Stevens: Die Kunst der Wahrnehmung. Übungen der Gestalt-Therapie . GTB, Gütersloh (17) 2006.
  • Frank-M. Staemmler: Therapeutische Beziehung und Diagnose. Pfeiffer, München 1993.
  • Jochen Waibel: Ich Stimme. Das Stimmhaus-Konzept für die Balance von Stimme und Persönlichkeit EHP, Köln 2000.
  • Joseph Zinker: Gestalttherapie als kreativer Prozess Junfermann Verlag, Paderborn.

 

Quelle

Gestalttherapie in der Wikipedia

GFK

Gewaltfreie Kommunikation

Marshall B. Rosenberg ist der Begründer der gewaltfreien Kommunikation.

 

GP

Abkürzung für "Gecoachte Person" (auch Coaching-Nehmer, Klient, Gecoachter, Coachee).

Gruppen-Coaching

Coaching-Variante, bei der mehrere Klienten gecoacht werden. Dabei fallen unter den Oberbegriff des Gruppen-Coachings auch die Varianten Team-Coaching bzw. System-Coaching und Projekt-Coaching. Die Gruppengröße übersteigt bei Gruppen-Coaching i.d.R. nicht die Anzahl von 15 Personen.

Größere Gruppen sollten demzufolge aufgeteilt oder von mehreren Coachs beraten werden. Ansonsten besteht die Gefahr der Überforderung des Coachs, was eine Situation, in der Fortschritte erhofft werden, extrem verschärfen kann.

Das Setting des Gruppen-Coachings ermöglicht im Vergleich zum Einzel-Coaching selten die Arbeit an vertraulich-persönlichen Themen, da hier wesentlich größere Hemmschwellen existieren. Auch die Intensität der Beratungsbeziehung zu den einzelnen Gruppenmitgliedern ist geringer; dies schränkt wiederum die Anzahl der Interventionsmöglichkeiten ein.

Vorteile bietet das Gruppen-Coaching jedoch als Instrument der Personalentwicklung, wenn eine Arbeitsatmosphäre herrscht, in der die Gruppenmitglieder ihre unterschiedlichen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen. Dieses umfangreiche Erfahrungswissen kann z.B. bei der Entwicklung von Problemlösungen die Grundlage für Synergieeffekte darstellen.

Zudem besteht beim Gruppen-Coaching weniger die Gefahr, durch die Wahrnehmung nur einer einzigen Person unangemessene Schlussfolgerungen zu ziehen oder einseitige Interessen zu verfolgen.
 

Kritik

Kritiker der Idee eines Gruppen-Coachings ist u.a. der Coaching Pionier Dr. Wolfgang Looss.

Der Unterschied des Gruppen-Coachings zu bereits vorhandenen Formen der gruppenbezogenen Beratungs- bzw. Arbeitsweise, wie z.B. Seminar, Teamsupervision, Gruppentraining, Teamentwicklungsworkshop u.ä., ist nicht ersichtlich.

Wird unter dem Gruppen-Coaching eine über die Teamentwicklung hinausgehende Lern-Maßnahme verstanden, so stellt sich hier nach Looss (1991, 2006) die Frage nach der Notwendigkeit eines derartigen Prozesses, der ein solches intensives Lernen in der Gruppe erfordert. 

Handlungskompetenz

Handlungskompetenz ist ein Schlüsselbegriff in Personalentwicklung, Pädagogik und Psychologie.

Personalentwicklung und Pädagogik

„Handlungskompetenz wird verstanden als die Fähigkeit des Einzelnen sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht, durchdacht, sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“ (Kultusministerkonferenz (KMK), 5. Februar 1999)

Handlungskompetenz wird mit den vier Kompetenzen

  • Fachkompetenz,
  • Methodenkompetenz,
  • Sozialkompetenz,
  • Persönlichkeitskompetenz erreicht.

Im handlungsorientierten Unterricht sollen die Schüler oder Studenten Handlungskompetenz(en) für die außer- und nachschulische Lebenswelt entwickeln. Methodisch wird dieses Ziel über ein aufgaben- und ergebnisorientiertes learning by doing bzw. learning through interaction - oft in Partner- oder Gruppenarbeit - angegangen, das auch die emotionale Seite der Schülerinnen und Schüler anspricht und damit auch ihre sozial-affektiven Kompetenzen fördert (Vgl. Gerhard Bach & Johannes-Peter Timm: "Handlungsorientierung als Ziel und als Methode". In: Gerhard Bach & Johannes-Peter Timm (Hg.): Englischunterricht. Grundlagen und Methoden einer handlungsorientierten Unterrichtspraxis (3., vollst. überarb. und verbess. Aufl.). Tübingen, Basel: A. Francke, 2003, 11-12).

In den „Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz (KMK) für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule...“ vom Stand 15. September 2000 wird die Entwicklung von Handlungskompetenz als Bildungsziel aufgeführt. Handlungskompetenz wird in die Dimensionen: Fachkompetenz, Personalkompetenz und Sozialkompetenz unterteilt. Ein ausgewogenes Zusammenwirken dieser drei Kompetenzdimensionen ergibt die Voraussetzung für zwei weitere Kompetenzbegriffe (Akzentuierungen): Methodenkompetenz und Lernkompetenz. (vgl. KMK-Handreichungen, 15. September 2000, S. 9)

Ziel der beruflichen Ausbildung ist die berufliche Handlungsfähigkeit der Auszubildenden.

Psychologie

Die Verlagerung des Begriffes Handlungskompetenz in die Diskussion um Bildungspolitik verstellt oft die Sicht dafür, dass Handeln und der Erwerb von Handlungskompetenz vor allem ein psychologisch-pädagogischer Begriff ist, dessen konkrete Ausgestaltung eng mit der individuellen Entwicklung des Menschen zusammenhängt. Handlungskompetenz erwirbt der Mensch, wenn er in seiner Entwicklung günstige oder produktive Situationsbedingungen (Sozialisation) vorfindet. Die Möglichkeit, sozial angemessen zu handeln, gründet auf einer entsprechenden Kompetenz als Produkt angemessener Sozialisation eines Individuums. Ganz entscheidend dafür sind die Bedingungen, die das Individuum in seiner frühen Kindheit vorfindet. Das haben schon Untersuchungen von René Spitz gezeigt: Säuglinge, die nicht die Möglichkeit der Interaktion mit erwachsenen Personen hatten, waren später und u. U. ihr Leben lang in ihrem Sozialverhalten (sehr) gestört, je nach Situation und Möglichkeit der Interaktion mit Bezugspersonen. Ähnliches wurde übrigens auch in Tierversuchen nachgewiesen (F. W. Harlow).

Bei der Interaktion des Individuums mit der (Um)Welt entwickelt sich in jedem Individuum so etwas wie eine persönliche Orientierung, in der die Lernergebnisse und ihre strategische Bedeutung für das Handeln des Individuums grundgelegt sind. So hat jeder Mensch in jeder Situation je unterschiedliche Orientierungen von der Situation und ihrer Bedeutung. Danach und auf der Grundlage dieser Hintergründe interpretiert er die (soziale) Situation. Entsprechend daran orientiert sich das Handeln bzw. die konkreten Handlungssequenzen. Die Orientierung findet jedoch fortwährend und beim gesunden Menschen permanent statt - und damit auch die stetig veränderbare Orientierung. Man könnte das die Dynamik der individuellen Orientierung oder der Handlungsplanungen nennen.

Insofern missachtet die bildungspolitische Diskussion, so wichtig sie sein mag, gelegentlich die realen Hintergründe für die Handlungskompetenzen von Kindern und Jugendlichen und verliert aus den Augen, dass Kindern auch angemessene Bedingungen geboten werden müssen, um die o. a. Kompetenzen in ihren gesamten sozialen Umfeld zu entwickeln - (die Schule und der Beruf sind nur Teilbereiche der Sozialisation, die zudem in der Entwicklung des Menschen spät angesiedelt sind, auch wenn sie aus formalen Gründen für die bildungspolitische Diskussion einen höheren Stellenwert haben mögen). Bildungspolitik darf nicht so tun, als gebe es nur einen staatlich-institutionellen Beitrag zur Entstehung von Handlungskompetenz.

Literatur

Monographien:

  • Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz (KMK) für den berufsbezogenen Unterricht. (Stand 5. Februar 1999)
  • Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz (KMK) für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule ... und anerkannte Ausbildungsberufe. (Stand 15. September 2000)
  • Werner G. Faix u.a.: Führung und Persönlichkeit. Personale Entwicklung. Verlag Moderne Industrie, Landsberg/Lech 1995.
  • Werner G. Faix, Angelika Laier: Soziale Kompetenz. Wettbewerbsfaktor der Zukunft. Gabler, Wiesbaden 1996.
  • Johannes Reitinger: Unterricht, Internet, Kompetenz. Empirische Analyse funktionaler und didaktischer Kompetenzen zukünftiger PädagogInnen auf der Basis eines konkretisierten Handlungskompetenzmodells. Varlag Shaker, Aachen 2007 (zugl. Dissertation, Universität Passau, 2007).
  • René A. Spitz: Vom Säugling zum Kleinkind. Naturgeschichte der Mutter-Kind-Beziehung im ersten Lebensjahr. Klett-Cotta, Stuttgart 2005.

 

Aufsätze:

  • Reinhard Bader: Konstruieren von Lernfeldern. In: Peter F. Sloane u.a. (Hrsg.): Lernen in Lernfeldern. Theoretische Analysen und Gestaltungsansätze zum Lernfeldkonzept. Edition Eusl, Markt Schwaben 2000.
  • Harry F. Harlow: Das Wesen der Liebe. In: Otto M. Ewert: Entwicklungspsychologie I. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1972.

 

Quelle

Handlungskompetenz in der Wikipedia

Hypnose

Zustand gerichteter Aufmerksamkeit; in der tiefen Hypnose durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  1. Verminderung der Eigeninitiative,
  2. gesteigerte Zuwendung auf den Hypnotisierer,
  3. verringerter Realitätsbezug bzgl. Raum- und Zeitdimensionen,
  4. gesteigerte Beeinflussbarkeit,
  5. Bereitschaft, unübliche Rollen anzunehmen sowie
  6. Gedächtnisschwund nach der Hypnose (posthypnotische Amnesie), vorwiegend sofern diese Erinnerungslücke suggeriert wurde.

 

Methoden der Hypnose bzw. der Hypnotherapie werden auch im Coaching eingesetzt. 

Hypnotherapie

Hypnotherapie, begrifflich zusammengesetzt aus „Hypnose“ und „Therapie“, ist eine Richtung der Psychotherapie.

Einleitung

In der Regel wird im therapeutischen Kontext zwischen der Hypnose und der eigentlichen therapeutischen Arbeit unterschieden. So kann die Hypnose durch verschiedene Verfahren induziert werden; im therapeutischen Teil kann rein hypnotherapeutisch gearbeitet werden, es können aber auch Elemente aus anderen psychotherapeutischen Verfahren einfließen.

Charakteristisch ist der Einsatz von Suggestion und die Einleitung und Nutzung eines veränderten Bewusstseinszustandes. Dieser Bewusstseinszustand wird Trance genannt.

Mit Hypnotherapie werden heute Therapieformen zusammengefasst, die das vorhandene Wissen über die Wirkung von Trance und Suggestionen therapeutisch nutzen. Um Heilungs-, Such- und Lernprozesse zu fördern, wird entweder Hypnose im mehr formalen Sinn praktiziert (z.B. die Augen auf einen Punkt richten und auf die Stimme des Hypnotiseurs hören), oder es werden alltägliche Tranceprozesse für die therapeutische Arbeit genutzt, etwa wenn eine Geschichte vorgelesen, gemalt oder gespielt wird. Daneben kann Hypnotherapie auch als Selbsthypnosetraining bzw. Erlernen von Entspannungsübungen gestaltet werden.

Der Umfang der Therapie beschränkt sich oft auf wenige Sitzungen. Die Behandlung geschieht auftragsorientiert, das heißt, der Therapeut ermittelt mit den Klienten Ziele, die in der weiteren Beratung verfolgt werden und deren Erreichen am Ende überprüft wird. Voraussetzung für eine gelingende Therapie ist der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung für das Verfolgen der gemeinsam gesetzten Ziele. Dazu ist eine Begegnung „auf gleicher Augenhöhe“, also ein möglichst geringes „Machtgefälle“ zwischen Therapeut und Klient erwünscht.

Die Hypnotherapie wurde vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie im Jahr 2006 als wissenschaftliche Psychotherapiemethode im Sinne des § 11 Psychotherapeutengesetzes für Erwachsene in bestimmten Anwendungsbereichen anerkannt.

Hypnotherapie nach Erickson

Die moderne Hypnotherapie wurde stark durch Milton H. Erickson geprägt. Bei der Hypnose nach Erickson handelt es sich um eine kommunikative Kooperation von Therapeut und Klient, wobei der Hypnotherapeut dem Klienten hilft, in eine hypnotische Trance zu gelangen und diesen Zustand für die Veränderungsarbeit zu nutzen. In diesem Zustand steht die vom Bewusstsein des Klienten ausgeübte Kontrolle mehr im Hintergrund, dadurch treten unbewusste Prozesse dann stärker in den Vordergrund der Aufmerksamkeit. Milton Erickson hatte dabei ein anderes Verständnis vom Unbewussten überhaupt, als es bis dahin in der Psychotherapie üblich war. Er glaubte, dass das Unbewusste ein Quell an Ressourcen und Kreativität birgt, und nicht im Freudschen Sinn der Sitz des abgelehnten und Verdrängten sei. Er sah eher im Bewusstsein einen Störfaktor für Persönlichkeitsveränderungen. Er versuchte mit Tranceinduktionen den analytischen Verstand abzulenken, um dem Unbewussten Raum zu geben für kreative Veränderungen des Klienten. Der Hypnotherapeut nutzt hierfür Metaphern, Sprachbilder, Analogien und Wortspiele, um bei dem Klienten in Trance neue Ideen und Lösungsmöglichkeiten für seine Probleme anzuregen. Die Kontrolle darüber, welche dieser Ideen er annimmt und wie er sie nutzt, bleibt dabei vollkommen beim Klienten. In den späten Lebensjahren von Milton Erickson hat dieser keine klassischen Tranceinduktionen mehr angewendet. Er war ein Meister der Sprache, der durch Geschichten und Metaphern natürliche Trancezustände anregte und nutzte. Ericksons sprachliche Fähigkeiten haben viele seiner Schüler fasziniert.
 

Die Wirksamkeit der „Erickson'schen Hypnotherapie“ ist seit vielen Jahrzehnten erprobt und erwiesen. Bedeutende amerikanische Vertreter der Erickson'schen Hypnotherapie sind Jeff Zeig, Ernest Rossi, Jay Haley und Stephen Gilligan (siehe Milton Erickson Foundation). Heute wird allerdings nur der indirekte Ansatz von Milton H. Erickson anerkannt, während das restliche Spektrum der von ihm eingesetzten Techniken weitgehend ignoriert wird.

Kontraindikation

Absolute Kontraindikation besteht meist bei einer akuten Psychose, psychotischen Zuständen (Manie, schizophrener Schub) und bei paranoiden Vorstellungen. Da eine grundsätzliche Therapiemotivation notwendig ist, können antisoziale Persönlichkeitsstörungen durch Hypnose kaum beeinflusst werden.

Relative Kontraindikation liegt meist dann vor, wenn Rapportverlust während der Hypnose droht, wie bei schweren Borderline- und narzisstischen Störungen. Ursächlich ist die veränderte Realitätsorientierung in der hypnotischen Trance, die nur dann genutzt werden kann, wenn der Rapport aufrecht erhalten bleibt.

Die Anwendung bei histrionischer Persönlichkeitsstörung ist umstritten. Einerseits ist zwar meist eine hohe Suggestibilität bei den Patienten vorhanden, andererseits jedoch wird die Gefahr des „Ausagierens“ vermutet.

Keine direkte Kontraindikation besteht bei traumatisierten Personen, jedoch ist in diesen Fällen ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen erforderlich. Insbesondere bei Missbrauchsopfern kann die Situation der Hypnose mit der meist stark asymmetrischen Rollenverteilung das Gefühl der Ohnmacht des Patienten wecken, das gerade therapeutisch bearbeitet wird. Aufgrund der Problematik von Fehlerinnerungen (sog. False Memory Syndrom) ist eine Wahrheitsfindung bei amnestischen Kindheitserlebnissen kaum möglich.

Weblinks

  1. Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose e.V. - mit Hypnotherapeutenliste


Literatur

  1. Schmidt G.: Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2005.
  • Revenstorf D., Peter B.:Hypnose in Psychotherapie, Psychosomatik und Medizin. Springer-Verlag, Berlin 2001.
  • Revenstorf et al.: Expertise zur wissenschaftlichen Evidenz der Hypnotherapie 2003. Expertise für den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie.
  • Bongartz W., Bongartz B.: Hypnosetherapie. Hogrefe-Verlag, Göttingen 2000.
  • Gilligan S.G.: Therapeutische Trance. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2005.
  • Milzner, Georg: Die Poesie der Psychosen. Zur Hypnotherapie des Verrücktseins. Psychiatrie-Verlag, Bonn 2001.
  • Langen, Dietrich, Die gestufte Aktivhypnose, Eine Anleitung zur Methodik und Klinik, Georg Thieme Verlag Stuttgart 1979.
  • Walker, Wolfgang: Abenteuer Kommunikation - Bateson, Perls, Satir, Erickson und die Anfänge des Neurolinguistischen Programmierens. Stuttgart: Klett-Cotta, 1996.
  • Peter, B.: Einführung in die Hypnotherapie. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2007.


Quelle

Hypnotherapie-Artikel in der Wikipedia

Individualpsychologie (IP)

Teilgebiet der Psychologie (auch "Individuelle Psychologie"), das die Unterschiede zwischen Individuen bzgl. verschiedener Merkmale erforscht.

Von Alfred Adler begründete psychotherapeutische Richtung, die die unteilbare Einheit und Einzigartigkeit eines jeden Menschen hervorhebt. Zentrale Konzepte der Individualpsychologie (IP) sind Minderwertigkeitsgefühle und Geltungsstreben sowie Lebensstil und Lebensplan. Ziel der IP ist das Erreichen eines angstreduzierenden Gemeinschaftsgefühls bei gleichzeitiger Berücksichtigung der individuellen, psychischen Strukturen.

Inhaltsebene

Auf der Inhaltsebene (auch Sachebene) werden in der Kommunikation objektiv überprüfbare Tatsachen rationalen Inhalts wie z.B. Termine, Beschäftigungsdauer etc. übermittelt. Auf der Inhaltsebene bleibt das emotionale Wechselspiel der Kommunikationspartner - im Gegensatz zur Beziehungsebene - außen vor.

Das Eisbergmodell besagt, dass die Beziehungsebenen einen wesentlich grösseren Einfluss auf die Kommunikation ausübt, dass sie aber oft im Verborgenen wirkt.

In vielen bekannten Kommunikationsmodellen, zum Beispiel von Friedemann Schulz von Thun oder Paul Watzlawick, fließt die Untergliederung und Wirkung der Inhalts- und Beziehungsebene ein. Im Modell der vier Seiten einer Nachricht werden zusätzlich die Selbstoffenbarungs- und die Appellebene verwendet. In den meisten Seminaren zum Thema Kommunikation wird dieses und/oder andere Modelle sowie die Einflüsse von Körpersprache und psychologischen Faktoren umfassend behandelt.

Die Bedingungen der Inhalts- und Beziehungsebene beschränken sich nicht nur auf die mündliche Kommunikation, sondern wirken sich auch in der schriftlichen Verständigung aus. So können Stilmittel wie Satzbau und Wortwahl die Aufnahme durch den Leser beeinflussen. Besonders bei schwierigen Themen wie einer Beschwerde oder Kritik muss auch und gerade in der schriftlichen Form der „richtige Ton“ getroffen werden.

Siehe auch

  • Zwischenmenschliche Kommunikation
  • Doppelbindungstheorie (double-bind theory)

 

Literatur

  • Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden. Störungen und Klärungen, Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Reinbek bei Hamburg 2005.
  • Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. Basel 2003.
  • Stefanie Große Boes, Tanja Kaseric: Trainer-Kit: Die wichtigsten Trainer-Theorien, ihre Anwendung im Seminar und Übungen für den Praxistransfer. Bonn 2006.

 

Weblinks

 

Quelle

Inhaltsebene in der Wikipedia

Innere Kündigung

Die innere Kündigung als Begriff der Arbeitswelt ist eine neuere Wortbildung, mit der Personalwirtschaftslehre, Betriebssoziologie und Organisationspsychologie die Phänomene mangelnder Arbeitsmotivation und Minimierung des Arbeitseinsatzes bis zu einem gerade noch vertretbaren Ausmaß begrifflich zu fassen versuchen. Es wird nicht der formale Arbeitsvertrag, sondern der "psychologische Vertrag" gekündigt. Innere Kündigung wird auch als eine Form des verdeckten industriellen Konflikts verstanden, die mit der Protestform Dienst nach Vorschrift Ähnlichkeiten aufweist. Aber während diese sich in der Distanzierung von beruflicher Pflichterfüllung oder - mit Verweis auf den formalen Arbeitsvertrag - im Verweigern konkreter Arbeitsanweisungen manifestiert, findet die innere Kündigung als "stille, mentale Verweigerung engagierter Leistung" (P. Gross: Ein Betrieb ist kein Aquarium! Innere Kündigung als gesellschaftliches Problem, in: M. Hilb (Hrsg.): Innere Kündigung, Ursachen und Lösungsansätze, Zürich 1992, S. 87-97) einen weniger offenen und adressierten Ausdruck.

Der Begriff wird im Sinne einer Distanzierung oder gar Verweigerung inzwischen auch auf das Verhalten von Schülern, Lebenspartnern oder Bürgern, die z.B. nicht mehr an Wahlen teilnehmen, übertragen.

Ursachen der inneren Kündigung

Auslöser dieses bewussten wie unbewussten Prozesses können sein:

  • dass sich berufliche Erwartungen nicht erfüllen (Übergangen-Werden bei Beförderungen, fehlende Anerkennung, mangelnde Aufstiegschancen, schlechte Bezahlung);
  • dass die Tätigkeit als nicht erfüllend und sinnlos erlebt wird (Erstarren in Routinen)
  • Burnout
  • autoritärer und hierarchischer Führungsstil
  • Auseinandersetzungen mit Vorgesetzten, in denen sich der Betroffene als Verlierer erlebt
  • Auseinandersetzungen mit Kollegen (Mobbing)
  • Willkürliche und unberechtigte Eingriffe in den Mitarbeiterkompetenzbereich
  • das Modell der inneren Kündigung bei anderen Mitarbeitern
  • Wandlungsprozesse in Organisationen oder im Arbeitsprofil, die nicht akzeptiert werden können oder als Gefährdung des bisherigen Berufslebens erlebt werden
  • übertriebene und willkürliche Kontrollen, sogenannte Mitarbeiterbespitzelungen;
  • Unzufriedenheit des Arbeitnehmers, die ihre Wurzeln auch in einer Fehleinschätzung der eigenen Person und Leistungsfähigkeit haben kann;
  • bewusste Distanzierung von der beruflichen Tätigkeit und Schwerpunktsetzung auf das Familien- und Freizeitleben (Arbeit als notwendiges Übel zum Geldverdienen)
  • charakteristisches Phänomen in der Phase des Übergangs in den Ruhestand.

Diese Phänomene werden oft als Bruch des psychologischen Vertrags interpretiert.

Eine wirkliche Kündigung der Arbeitsstelle wird aus dem Grund nicht erwogen, dass keine vergleichbare oder bessere Stellung in Aussicht steht, vielmehr Einbußen oder sogar Arbeitslosigkeit in Kauf genommen werden müssten.

Charakteristische Kennzeichen

Von innerer Kündigung Betroffene können die folgenden Charakteristika aufweisen:

  • häufiges krankheitsbedingtes Fehlen am Arbeitsplatz, besonders aufgrund von Bagatellerkrankungen
  • sarkastische Kommentare der beruflichen Situation und Perspektive, Klagen und Jammern
  • mangelnde Initiative, Rückzug, kein Einbringen neuer Ideen
  • Zurückfahren des dienstlichen Einsatzes auf ein unabdingbares Mindestmaß (Dienst nach Vorschrift)
  • Passivität, Wegträumen, „Absitzen” während des Arbeitstages
  • Desinteresse an beruflicher Weiterbildung, keine Planungen beruflicher Weiterentwicklung
  • Durchsetzen des Arbeitsalltages mit privaten Interessen.

Interventionsmöglichkeiten

Die innere Kündigung von Arbeitnehmern zieht hohe Folgekosten für den betroffenen Betrieb oder die betroffene Organisation nach sich. Letztlich sinkt die Produktivität in einem Maße, dass durch den Mitarbeiter nicht mehr das erwirtschaftet wird, was er kostet. Interventionsmöglichkeiten seitens der dienstlichen Vorgesetzten sind:

  • häufige informelle Kontakte und Gespräche
  • Vermeidung unmenschlicher Kommentare; Ehrlichkeit und Offenheit im Umgang
  • bewusste und deutliche Würdigung des Geleisteten
  • Übertragung neuer, anspruchsvollerer Aufgabenbereiche
  • Aufgabenstellungen, in denen eine verantwortungsvolle Kooperation mit anderen Mitarbeitern gefordert ist
  • Stärkung eines Wir-Gefühls, Verdeutlichung gemeinsamer Ziele
  • Verbessern des Arbeitsklimas.

Literatur

  • Brinkmann, R. / Stapf, K.: Innere Kündigung. Wenn der Job zur Fassade wird. C.H. Beck Verlag, München 2005.
  • Faller, M: Innere Kündigung. München 1991.
  • Hilb, M. (Hrsg.): Innere Kündigung, Ursachen und Lösungsansätze. Zürich 1991.
  • Höhn, Reinhard: Die innere Kündigung in der öffentlichen Verwaltung. Ursachen - Folgen - Gegenmaßnahmen. Stuttgart / München 1989.
  • Pippke, Wolfgang: Innere Kündigung. in: Peter Heinrich, Jochen Schulz zur Wiesch (Hrsg.): Wörterbuch zur Mikropolitik. Leske & Budrich, Opladen 1998, S. 114-115.
  • Schmitz, E. / Jehle, P. / Gayler, B.: Innere Kündigung im Lehrerberuf, in: A. Hillert / E. Schmitz (Hrsg.): Psychosomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern. Schattauer, Stuttgart, 2004.
  • Eine ausführliche Literaturliste findet sich in: Rothland, M.: Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, S. 183-184.

 

Weblinks

 

Quelle

Innere Kündigung in der Wikipedia

Interdependenz

Wechselseitige Abhängigkeit. 

Intervention

Im Allgemeinen werden unter den Coaching-Interventionen die Vorgehensweisen verstanden, die im Rahmen der Zielerreichung eingesetzt werden. Dazu gehören z.B. Simulationen, in denen mögliche Lösungsstrategien durchgespielt und zusammen bewertet werden. Auch hier ist es oft notwendig, auf Wahrnehmungsblockaden (Betriebsblindheit) hinzuweisen und alternative Sichtweisen (z.B. durch Reframing) zu eröffnen.

In der überwiegenden Zahl der veröffentlichten Coaching-Ansätze nimmt der Dialog im Coaching eine entscheidende Rolle als Interventionsform ein. Daher finden sich in vielen Konzepten u.a. Anleihen aus der Gesprächspsychotherapie (GT), der Transaktionsanalyse (TA) und der Themenzentrierten Interaktion (TZI). Das Gespräch bildet i.d.R. den Rahmen für weitere Maßnahmen, nicht zuletzt, weil der Gecoachte über die zum Einsatz kommenden Vorgehensweisen aufgeklärt werden sollte. Zudem erlaubt die verbale Kommunikation dem Coach einen diagnostischen Zugang zum Gecoachten, da hier neben inhaltlichen Aspekten auch die Anteile von Selbstoffenbarung, Appell und Beziehung zum Coach deutlich werden.

Da ein seriös agierender Coach auf der Basis eines Konzepts arbeitet, sollten die Interventionen sich ebenfalls an diesem Coaching-Konzept orientieren und ihm nicht entgegenstehen. Hält der Coach es aus einem bestimmten Grund für angemessen, eine entsprechend andersartige Technik dennoch einzusetzen, so sollte er dies dem Gecoachten gegenüber glaubhaft erklären und ggf. sein Konzept entsprechend anpassen. Andernfalls ist damit zu rechnen, dass der Gecoachte mit Unverständnis und Verwirrung reagieren kann.

Das Coaching verlangt vom Berater Einfühlungsvermögen, um sich auf den Gecoachten einzustellen. Daher sollte bereits beim Verhandeln der "Spielregeln" des psychologischen Vertrags dem Coach klar werden, wie weit er gehen kann und welche Interventionen für den individuellen Fall angemessen sind.

Generell sollte die Absicht hinter jeder Interventionsmaßnahme sein, die Wahlmöglichkeiten im Verhalten und Erleben des Gecoachten zu erweitern. Interventionen, die im Endeffekt darauf zielen, Handlungs-, Denk- oder Wahrnehmungsmöglichkeiten einzuschränken, sollten somit nicht eingesetzt werden.

Quellen und Weblinks

  • Rauen, Christopher (Hrsg.). (2004). Coaching-Tools. Erfolgreiche Coaches präsentieren 60 Interventionstechniken aus ihrer Coaching-Praxis. 368 Seiten, 49,90 Euro. www.coaching-tools.de
  • Rauen, Christopher (Hrsg.). (2005). Handbuch Coaching. 3., überarbeitete u. erweiterte Auflage. 559 Seiten, 49,95 Euro. Göttingen: Hogrefe.
  • Rauen, Christopher (2003). Coaching. Innovative Konzepte im Vergleich. 3. Auflage. 231 S., 36,95 Euro. Göttingen: Hogrefe.
  • Rauen, Christopher (2008). Coaching. (2., aktualisierte Auflage). Serie "Praxis der Personalpsychologie" (Band 2). 101 S., 19,95 Euro. Göttingen: Hogrefe.

Intervision

Gemeinsamer Austausch von Wissen und Erfahrung in einer Gruppe von gleichrangigen Personen. 

Klient

Der Klient ist die Person, die gecoacht wird. Teilweise werden in der Literatur auch die Begriffe "Coachee" oder Kunde verwendet.

Da der Begriff "Coachee" jedoch eine Beziehungsgefälle zwischen dem Coach und seinem Gegenüber impliziert, empfehlen Coaching-Pioniere wie Dr. Wolfgang Looss, den Begriff "Coachee" nicht zu verwenden. 

Klientenzentrierte Psychotherapie

Die Klientenzentrierte Psychotherapie ist eine Therapieform der Humanistischen Psychologie und wird auch Gesprächspsychotherapie, non-direktive oder Personzentrierte Psychotherapie genannt. Für die humanistische Kommunikation findet die nondirektive Gesprächsführung auch außerhalb der Psychotherapie Anwendung. 

Geschichte

Die Entwicklung der Gesprächspsychotherapie (auch GT oder Klientenzentrierte Therapie oder Personzentrierte Psychotherapie oder nicht-direktive Beratung]]) und der Klientenzentrierten Gesprächsführung ist eng mit der Person ihres Begründers Carl R. Rogers verbunden. In Deutschland wurde sie hauptsächlich durch Reinhard und Anne-Marie Tausch in den 60er Jahren bekannt (siehe Literaturhinweise). Die international üblichste Bezeichnung lautet "Personzentrierte Psychotherapie".

Carl R. Rogers war 12 Jahre lang als klinischer Psychologe psychotherapeutisch und beratend tätig, bevor er von 1940 bis 1963 an drei amerikanischen Universitäten als Professor für Psychologie und (teilweise) für Psychiatrie lehrte. Dadurch erhielten er und seine MitarbeiterInnen die Möglichkeit zu intensiver wissenschaftlicher Forschungsarbeit. Seine Beobachtungen über den Zusammenhang zwischen personzentrierter Haltung und konstruktiven Persönlichkeitsveränderungen konnten auf diese Weise mit einer Fülle von empirischen Untersuchungen überprüft und in den wesentlichen Punkten bestätigt werden. In den sechziger Jahren wurde Rogers Mitgründer des "Center for Studies of the Person" in La Jolla/Californien, an dem er bis zu seinem Lebensende tätig war. Rogers fühlte sich dem Denken John Deweys verpflichtet und wurde u.a. durch die Theorien von Otto Rank beeinflusst. Später wies er auch auf die geistige Nähe seiner Arbeit zur fernöstlichen Philosophie und zu bestimmten Aspekten des Zen-Denkens hin.

Zwischen 1938 und 1950 ging er in der Therapie von einem non-direktiven zu einem klientenzentrierten Ansatz über und entwickelte in vier Veröffentlichungen dessen theoretischen Hintergrund (Rogers, Counseling and psychotherapy, 1942; Client-centered therapy, 1951; A theory of therapy, personality and interpersonal relationships as developed in the client-centered framework, 1959; Rogers et al., The therapeutic relationship and its impact: A study of psychotherapy with schizophrenics, 1967).

Die GT bzw. die Personzentrierte Psychotherapie hat einen starken Einfluss auf die Bewegung der Encounter-Gruppen genommen und wird als Personzentrierter Ansatz auch in der Beratung und Supervision, als schülerzentriertes Lehren im Bildungsbereich und als gruppenzentrierte Führung im Bereich des Management angewandt. 

Menschenbild

Das Menschenbild der Klientenzentrierten Psychotherapie geht davon aus, dass der Mensch eine angeborene "Selbst-Verwirklichungs-" und "-Vervollkommnungstendenz" (Aktualisierungstendenz) besitze, die, unter günstigen Umständen, für eine Weiterentwicklung und Reifung der Persönlichkeit sorge. Der Hilfesuchende trage alles zu seiner Heilung Notwendige in sich und sei selbst am besten in der Lage, seine persönliche Situation zu analysieren und Lösungen für seine Probleme zu erarbeiten. Ausgehend von diesem humanistischen Menschenbild folgerte Rogers, Psychotherapie müsse ein günstiges Klima für den gestörten Wachstumsprozess schaffen.

Ein zentraler Begriff seines Persönlichkeitsmodells einer "fully functioning person" ist das Selbstkonzept. Aus einer Diskrepanz (Inkongruenz) zwischen dem Erleben (experiencing) des Organismus und dem Selbstkonzept entstehen psychologisch relevante (An-)Spannungen und erscheinen dem Menschen als Konflikte. Ein Beispiel für Inkongruenz (entspricht einer psychischen Fehlfunktion): Eine Mutter lebt allein mit ihrem volljährigen Sohn. Jedesmal, wenn dieser offen Pläne für seinen Auszug macht, wird die Mutter krank (bekommt z.B. Hustenanfälle, Fieber o.ä.). Die Gesprächstherapie nach Rogers erklärte die Situation der Mutter durch eine Inkongruenz zwischen der aktuellen Erfahrung (der Krankheit der Mutter) und dem Selbst (der Angst, das einzige Objekt ihrer Lust - den Sohn - zu verlieren). Therapieziel ist eine reifere emotionale Anpassung, indem Ideal- und Selbstbild in Übereinstimmung gebracht werden.

Philosophisch-anthropologisch gesehen rückte mit der Weiterentwicklung des Personzentrierten Ansatzes während der letzten zwei Jahrzehnte der Begriff "Person" ins Zentrum. Wichtige zeitgenössische Autoren wie Peter F. Schmid haben diese Weiterentwicklung der philosophisch-anthropologischen Grundlagen geprägt. Die Person wird sowohl als substanzial (auf sich bezogen, autonom) wie auch relational (auf die Mitmenschen bezogen) aufgefasst. Die Person lebt in einem unzertrennlichen Wechselverhältnis zwischen Autonomie und Beziehungsangewiesenheit. Diese Verschränktheit von Substanzialität und Relationalität ist ausschlaggebend für das moderne Person-Konzept des Personzentrierten Ansatzes. Philosophisch nimmt der Personzentrierte Ansatz Bezug auf Martin Buber und in seiner Weiterentwicklung auf Emmanuel Lévinas. Auf der praktischen Ebene rückten Konzepte wie jenes der "therapeutischen Präsenz" oder der "personalen Begegnung zwischen Therapeut und Klient" vermehrt ins Zentrum. 

Elemente

Die Psychotherapie-Theorie ruht im Wesentlichen auf zwei Säulen: einer wissenschaftlich überprüften Aussage über wirkungsvolles Eingehen von Psychotherapeuten und Beratern auf ihre Klienten (die sechs notwendigen und hinreichenden Bedingungen zur psychologischen Veränderung) und die Grundannahmen über die Natur des Menschen ("Aktualisierungstendenz" sowie "Bedürfnis nach bedingungsloser positiver Wertschätzung").

Damit eine psychologisch relevante Veränderung des Selbstkonzepts einer Person stattfinden kann, müssen vom Therapeuten die drei Grundhaltungen in der Beziehung zum Klienten gelebt werden:

1. Bedingungslose positive Wertschätzung gegenüber der Person des Ratsuchenden mit ihren Schwierigkeiten und Eigenheiten. Das Bedürfnis nach bedingungsloser positiver Wertschätzung gehört auch zu den personzentrierten Grundannahmen über die Natur des Menschen. Die bedingungslose positive Wertschätzung gegenüber dem Klienten kann verschiedene konkrete Interaktionsformen annehmen. So gehört das vorbehaltslose Annehmen des vom Klienten Ausgedrückten dazu, das Ermutigen der ratsuchenden oder leidenden Person ist ebenso eine Grundform des bedingungslosen Wertschätzens wie das Ausdrücken von Solidarität mit dem Klienten (J. Finke, 2004).

2. Empathie: Einfühlsames Verstehen der Welt und der Probleme aus der Sicht des Klienten, und die Fähigkeit, diese Empathie dem Klienten zu kommunizieren. Bei der Empathie als generativem Prinzip von hilfreichen Therapeut-Klient-Interaktionen können verschiedene Formen unterschieden werden. Grundformen der Empathie sind beispielsweise die Wiederholung des Mitgeteilten, die Empathie als Konkretisierung des Gesagten, die Empathie mit Bezug auf das Selbstkonzept des Klienten sowie auch Empathie mit Bezug auf das organismische (haltungsprägende) Erleben des Klienten (J. Finke, 2004).

3. Kongruenz in seiner Haltung (Echtheit, Wahrhaftigkeit gegenüber dem Klienten): Offenes Wahrnehmen des eigenen Erlebens als Therapeut oder Berater, der mit dem Klienten in Beziehung steht. Dieses Offen-Sein schließt auch Echtheit in dem Sinn ein, dass Psychotherapeuten und Berater nicht nur als Fachpersonen in Erscheinung treten, sondern auch und besonders als Person sich dem Klienten in der Begegnung zu erkennen geben. Bei der Kongruenz als generativem Prinzip von hilfreichen Therapeut-Klient-Interaktionen können zum Beispiel verschiedene grundsätzliche Echtheitsformen des Therapeuten unterschieden werden. Echtheit im Sinne von Konfrontation mit dem Klienten, Echtheit im Sinne von Klärung des Beziehungsgehaltes mit dem Klienten und Echtheit/Kongruenz im Sinne einer Selbstmitteilung des Therapeutenerlebens zuhanden des Klienten (J. Finke, 2004).

Die Wirkung von Personzentrierter Psychotherapie und Beratung wurzelt in erster Linie in der Umsetzung dieser drei Grundhaltungen. Sie prägt die Beziehung zum Klienten, der sich dank dessen seiner eigenen Person zunehmend wertschätzend, empathisch und kongruent zuwenden kann (Persönlichkeitswachstum). Die jeweils konkrete personzentrierte Interaktion, welche von diesen Grundhaltungen geprägt ist, hat stets zum Ziel, die Inkongruenz der ratsuchenden Person zu reduzieren. Die konkrete Umsetzung dieser Haltungen ist jedes Mal auf den Klienten abzustimmen und ergibt zwangsläufig einen je eigenen, personzentrierten Prozess. Die Wirkung liegt nicht im theoretischen und diagnostischen Experten-Wissen über Klienten oder der Anwendung therapeutischer Techniken.

Zusätzlich zu diesen sogenannten therapeutischen Grundhaltungen (im empirisch-positivistischen Jargon auch "Therapeutenvariablen" genannt) stellte Rogers drei weitere Bedingungen für eine erfolgreiche Klienten-Therapeuten-Beziehung auf:

4. Es besteht ein psychologischer Kontakt zwischen Klient und Therapeut.

5. Eine der beiden Personen (der Klient) befindet sich in einem Zustand der Inkongruenz.

6. Das therapeutische Angebot der Grundhaltungen (1 - 3) muss vom Klienten zumindest im Ansatz wahrgenommen werden können.

Wenn alle sechs Bedingungen erfüllt sind, ist psychotherapeutische Veränderung möglich.

Die gesamten sechs Bedingungen können als einer von mehreren schulenüberschreitenden Beiträgen von Rogers gelesen werden, die Psychotherapie wissenschaftlich zu definieren und auch variablenpsychologisch erforschbar zu machen. Zahllose empirisch-wissenschaftliche Studien seit den Anfängen der klientenzentrierten Psychotherapie belegen im Übrigen die Richtigkeit seines theoretischen Psychotherapiemodells. Dennoch: Innerhalb der personzentrierten und experienziellen Gemeinschaft wird es bis heute kontrovers diskutiert, ob die sechs Bedingungen auch tatsächlich allgemein hinreichend für eine wirksame Psychotherapie sind. Deren Notwendigkeit wird hingegen von niemandem bestritten. Der Lackmustest für einen Personzentrierten Psychotherapeuten lautet denn auch, ob er die sechs Bedingungen sowohl als notwendig wie auch hinreichend erachtet oder nur als notwendig, aber noch nicht hinreichend. 

Therapeutische Anwendung

Die hilfesuchende Person mit ihren jeweiligen Gefühlen, Wünschen, Wertvorstellungen und Zielen soll im Mittelpunkt der therapeutischen Interaktion stehen. Die Sichtweise des Therapeuten soll dabei weitgehend in den Hintergrund treten, Ratschläge und Bewertungen sind zu vermeiden (nicht-direktives Verhalten). Eine der Besonderheiten der Methode liegt in der Rückmeldung des vom Klienten ausgedrückten emotionalen Inhaltes seiner Aussagen ohne jede Verfälschung mit anderen Worten (aktives Zuhören; Empathie). Dadurch wird der Klient immer weiter in seine eigene Wahrnehmung geführt, oft bis an die Antworten, die er im Alltag nicht auszusprechen wagt oder derer er sich nicht gewahr werden kann. Durch das Schaffen einer vertrauensvollen Atmosphäre soll der Patient angstfrei und kreativ an der Lösung seiner eigenen Schwierigkeiten arbeiten können (Selbstexploration). Unter Nicht-Direktivität versteht der personzentrierte Psychotherapeut die Ermöglichung für den Klienten, dass er selbstgesteuert die Inhalte sowie den Prozess der psychotherapeutischen Beziehung bestimmt. Subsidiär ist eine Übernahme sowohl der thematischen wie auch der Prozessverantwortung durch den Therapeuten möglich, gegebenenfalls notwendig, sofern dies die Aufrechterhaltung und Entwicklung der psychotherapeutischen Beziehung erleichtert.

Je mehr es gelingt, die personzentrierte Grundhaltung zu verwirklichen, desto größer die Chance, dass bei KlientInnen ein Prozess in Gang kommt, der sich auf Besserung oder Heilung von psychischen und psychosomatischen Störungen zubewegt, auf die Übernahme von Selbstverantwortung und Verantwortung für Andere, auf eine Zunahme von Lern- und Lebensfreude, auf den Abbau von Wachstumsblockierungen. Das Psychotherapie- und Beratungskonzept von Rogers erscheint als theoretisches Modell relativ einfach formuliert, seine Umsetzung in die Praxis stellt jedoch hohe Anforderungen an seine BenutzerInnen: An ihre eigene Erfahrung mit dem Prozess des Sich-Wahrnehmens, -Verstehens und -Annehmens und an die Fähigkeit zur Umsetzung in das jeweilige Berufsfeld.

Kombiniert mit den experienziellen Techniken wie beispielsweise des Focusing (E. Gendlin) ist die personzentrierte oder klientenzentrierte Psychotherapie eine sehr reichhaltige, auf die kreative Begegnung setzende hilfreiche Beziehung, um dem leidenden und/oder ratsuchenden Klienten personal zu begegnen.

Die empirisch wissenschaftliche Erforschung von der Wirksamkeit der Psychotherapie hat in Carl Rogers seinen Begründer und Pionier. Bis heute werden an Universitäten und Fachhochschulen in zahlreichen Ländern Europas, der USA und oder auch in Japan intensiv empirisch-wissenschaftliche Erforschung der Personzentrierten und Experienziellen Psychotherapie betrieben und international in Publikationen rege veröffentlicht. Die Personzentrierte Psychotherapie hat ein sehr breites Indikationsgebiet (die meisten ICD-10-Störungen), die Wirksamkeit ist empirisch-wissenschaftlich sehr gut belegt. In Deutschland gehört sie zu den vom Wissenschaftlichen Beirat anerkannten Verfahren für die vertiefte Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten. In den letzten zehn Jahren sind vor allem die personzentrierte und die experienzielle Psychotherapie (Gendlin, Greenberg, Rice, Elliot etc.) näher zusammengewachsen und bilden einen gemeinsamen Weltverband für Personzentrierte und experienzielle Psychotherapie (WAPCEPC, siehe Link unten). 

Ausbildung und Zulassungsvoraussetzungen

Eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten mit Schwerpunkt Gesprächspsychotherapie wird vom Institut für Psychotherapie der Universität Hamburg angeboten. Die Ausbildung ist strukturell genauso aufgebaut wie jede andere Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten auch.

Eine weitere Ausbildung ist in Deutschland durch die "Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie e.V." (GWG) geregelt und in 2 Stufen möglich. Eine Weiterbildung in Personzentrierter Beratung (früher: Klientenzentrierter Gesprächsführung) dauert 300 Stunden und ist für Menschen möglich, die im psychosozialen, pädagogischen oder medizinischen Bereich tätig sind. Die Ausbildung in Personzentrierter Psychotherapie dauert 1.240 Stunden und ist möglich für Personen, die einen der folgenden Studiengänge an einer wissenschaftlichen Hochschule oder Fachhochschule mit einem berufsqualifizierenden Abschluss (Diplom, Staatsexamen oder äquivalenter Abschluss) absolviert haben: Psychologie, Humanmedizin (Abschluss: Drittes Staatsexamen und Approbation), Pädagogik, Theologie, Sozialarbeit und Sozialpädagogik sowie Heilpädagogik. Die Ausbildung, die mit einer Prüfung mit Zertifikat enden, enthalten einen festgelegten Anteil von Eigentherapie.

Die postgraduierte Weiterbildung in der Schweiz zum Personzentrierten Psychotherapeut resp. Personzentrierten Psychotherapeutin wird von der Schweizerischen Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung (SGGT/SPCP) angeboten (DDeutsch und Französisch). Die SGGT gehört zu den größten Psychotherapie-Schulen im Land. Zulassungsbedingung ist grundsätzlich ein Hochschulabschluss in Psychologie (Universität oder Fachhochschule). Die postgraduierte Weiterbildung in Personzentrierter Psychotherapie umfasst zwischen 1400 und 1800 Stunden (Basistraining in der Gruppe, Selbsterfahrung, Supervision, Seminare in Wissen und Können, eigene praktische Therapietätigkeit und Klinisches Jahr, schriftliche Arbeiten). Die Weiterbildung ist von allen Dachverbänden in Psychologie, Psychotherapie und Medizin der Schweiz anerkannt. Die SGGT bietet ebenso Diplomlehrgänge in Personzentrierter Beratung an (Deutsch und Französisch). 

Abgrenzung

Die gegenteilig orientierte themenzentrierte Gesprächsführung (sachlicher Schwerpunkt) findet innerhalb der Kommunikationswissenschaft keine gesonderte Benennung. Sie kommt vor allem im Bereich der sog. "Technischen Dokumentation" sowie im Verkauf und in anderen Situationen zur Anwendung, in denen eine direktive Beeinflussung des Gesprächspartners gewünscht wird. Wird eine wertschätzende und nachhaltige Kommunikation explizit nicht gewünscht, so spricht man von sog. Asymmetrischer Information.

Literatur

  • Carl R. Rogers: Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. Fischer TB, Frankfurt a. M. 1993.
  • Carl R. Rogers: Die nicht-direktive Beratung. Fischer, Frankfurt a. M. 1994.
  • Carl R. Rogers: Therapeut und Klient. Grundlagen der Gesprächspsychotherapie. Fischer TB, Frankfurt a. M. 1994.
  • Carl R. Rogers: Eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen. GwG, Köln.
  • Carl R. Rogers: Entwicklung der Persönlichkeit. Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten. Klett, Stuttgart 2002.
  • Carl R. Rogers: Der neue Mensch. Klett-Cotta, Stuttgart, 1993, ISBN 3-608-95230-6
  • Eva-Maria Biermann-Ratjen u. a.: Gesprächspsychotherapie. Verändern durch Verstehen. 7. Aufl. Kohlhammer, Stuttgart 1995.
  • Jochen Eckert (Hrsg.): Praxis der Gesprächspsychotherapie. Störungsbezogene Falldarstellungen. Kohlhammer, Stuttgart 1997.
  • Frenzel, P. / Keil, W. / Schmid. P.F. / Stölzl, N. (Hg.): Klienten-/ Personzentrierte Psychotherapie. Kontexte, Konzepte, Konkretisierungen. Facultas 2001.
  • Frenzel, P./Schmid P. F./Winkler M: Handbuch der Personzentrierten Psychotherapie.Ed. Humanistische Psychologie, Köln 1992. (Mit einer Einleitung von Carl R. Rogers).
  • Jobst Finke: Gesprächspsychotherapie. Grundlagen und spezifische Anwendungen. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2004.
  • Tausch, Reinhard, Tausch, Annemarie: Gesprächspsychotherapie. Hilfreiche Gruppen- und Einzelgespräche in Psychotherapie und alltäglichem Leben. 9. erg. Aufl. Hogrefe, Göttingen, 1990.
  • Sabine Weinberger: Klientenzentrierte Gesprächsführung. 9. überarb. Aufl. Juventa, Weinheim 2004.


Weblinks

 

Quelle

Klientenzentrierte Psychotherapie in der Wikipedia

Kognitiv

Die Erkenntnis betreffend, erkennend. 

Kommunikation

Kommunikation in der Psychlogie

In der Psychologie wird der Begriff Kommunikation für den Prozess der Zeichenübermittlung und Verständigung zwischen Menschen (Humankommunikation) verwendet.

Es handelt sich um einen intentionalen und wechselseitigen Prozess des Sendens und Empfangens von Informationen, Nachrichten und Botschaften (siehe Sender-Empfänger-Modell). Kommunikation kann zwischen Personen oder Personengruppen stattfinden; in diesen Fällen spricht man von interpersonaler Kommunikation bzw. von Personalkommunikation.

Gruppenkommunikation verläuft zwischen Organisationen, Institutionen und Verbänden.

Wenn ein Medium oder ein technisches Gerät (Druckpresse, Radiosender und -empfänger, Fernsehgerät, Computer u.ä.) zwischen Sender und Empfänger geschaltet wird, spricht man von medienvermittelter Kommunikation. Diese kann als Massenkommunikation (z.B. beim Fernsehen) oder als Individualkommunikation (z.B. Telefon, E-Mail) stattfinden.

Neben Sender und Empfänger werden im Allgemeinen folgende grundsätzlichen Bestandteile in Kommunikationsabläufen benannt: Code (Sprache, Gestik, Mimik, Stil, u.a.), Kanal (tatsächlicher Übertragungsweg, z.B. Papier, Schallwellen, Licht), Kontext (Zusammenhang, in dem die konkrete Kommunikation stattfindet) und Inhalt (Gegenstand der Kommunikation).

Der Kommunikationsvorgang kann in drei Unterprozesse gegliedert werden: Verschlüsselung (Kodierung), Übermittlung (Signalisierung) und Entschlüsselung (Dekodierung und Interpretation).

Neben dem Informationsaustausch sieht die Psychologie die Funktion von Kommunikation und Interaktion in der wechselseitigen Steuerung und Kontrolle von Verhalten.

Paul Watzlawick und andere formulieren 1969 fünf Axiome, die jeder interpersonalen Kommunikation grundsätzlich innewohnen.

  • Man kann nicht nicht-kommunizieren. So wenig man sich nicht-verhalten kann, kann man nicht-kommunizieren.
  • Jede Kommunikation hat eine Inhaltsebene und eine Beziehungsebene.
  • Die Interpunktion der Kommunikation definiert die Beziehung der Teilnehmer zueinander.
  • Kommunikation verläuft digital und analog.
  • Zwischenmenschliche Kommunikation ist entweder komplementär oder symmetrisch, abhängig davon, ob die Beziehung der Partner auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.

 

Literatur

  • P. Watzlawick, J.H. Beavin: Einige formale Aspekte der Kommunikation. In: P. Watzlawick, J.H. Weakland et al., Interaktion. Bern Stuttgart Wien, 1980, S.98ff
  • B. Fittkau, H.-M. Müller-Wolf und F. Schulz von Thun: Kommunizieren lernen (und umlernen). 3.Auflage, Braunschweig, 1983
  • F. Görgen: Kommunikationspsychologie in der Wirtschaftspraxis, München, 2005.
  • P. Watzlawick, J.H. Beavin und D.D. Jackson: Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien. 8.Aufl., Bern, 1990
  • Alexander Thomas: Interaktion und Kommunikation. In: Grundriß der Sozialpsychologie: Band 1 - Grundlegende Begriffe und Prozesse. Göttingen, 1991, S.54-71
  • Roland Burkhart und Walter Hömberg (Hg.): Kommunikationstheorien. Wien, 1995
  • D. Weimer und M. Galliker (Hg.): Sprachliche Kommunikation: Ansätze und Perspektiven. Heidelberg, Kröning, 2003.
  • Christiane Sautter: Wege aus der Zwickmühle - Doublebinds verstehen und lösen (Paradoxe Kommunikation im Alltag). Verlag für Systemische Konzepte, 2005.
  • Hein Retter: Studienbuch Pädagogische Kommunikation. Bad Heilbrunn, 2. Auflage, Klinkhardt, 2002

 

Siehe auch

  • Kommunikator (Psychologie)
  • 4-Ohren-Modell
  • Kommunikationstheorie von Habermas
  • Kommunikationstheorie
  • Metakommunikation

 

Weblinks

 

Quelle

Kommunikation (Psychologie) in der Wikipedia

Komplexitätsmanagement

Komplexitätsmanagement bezeichnet Managementmethoden, aber auch den Sachverhalt einer bestimmten Art von Management, die auf dem Umgang mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten basieren. (engl.: management by complexity)

Einleitung

Management, das auf den Umgang mit Komplexität abzielt, sieht die eigene Organisation als ein dynamisches System, das den Kontakt zur Umwelt über qualifizierte Instrumente herstellt, die die innersystemische Dynamik durch Ausbilden von Quasi-Objekten (auch: Ordner, Attraktoren, objects of Eigenbehaviour) stabilisieren.

Elemente des Komplexitätsmanagements

Komplexität

Zunächst eine Abgrenzung: Komplexität meint nicht Kompliziertheit.

Komplexität ist ein aus der modernen Systemtheorie entstandener Begriff. Komplexität bedeutet, dass mehr Elemente in einem System vorliegen, als dieses präzise verknüpfen kann. Ein System muss also auswählen, welche Elemente es wie zueinander stellt. Dieser Umstand wird in der Soziologie auch als Kontingenz bezeichnet. Da diese Wahl innerhalb des Systems stattfindet, also auch Elemente des Systems braucht, um überhaupt entstehen zu können, ist ein Anschluss an alte Konzepte der Rationalität untauglich.

Beispielhaft sei die Alltagserfahrung genannt. Jedem Menschen begegnet der Alltag mit einer Unzahl an Elementen, angefangen vom Bett, aus dem ich aufstehen muss und der Kleidung, die ich anziehen sollte, bis hin zu beruflichen und freizeitlichen Tätigkeitsfeldern. Alle diese Elemente miteinander zu koordinieren, dürfte schwerfallen. Menschen müssen also auswählen, wie sie Elemente miteinander kombinieren: Man ordnet dem Chef die Akten und spielt mit dem Freund Tennis und nicht umgekehrt.

Mensch

Das komplexeste Element in Organisationen ist der Mensch. Entsprechend komplexer sind Organisationen, die Menschen zur Lösung komplexer Aufgabenstellungen bilden. Daraus ergibt sich soziale Komplexität. „Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität“ ist Vertrauen (Niklas Luhmann, 1968: Luhmann, Niklas: Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Stuttgart 1968, weswegen beispielsweise die Entwicklung einer Vertrauenskultur zum Konzept von Unternehmensberatungen gehört, die von mit Komplexität kämpfenden Unternehmen um Hilfe gebeten werden.

Ein Beitrag des Menschen sowohl zur Komplexität wie auch als Reaktion auf Komplexität in Organisationen ist Mikropolitik (Jörg Bogumil, Josef Schmidt: Politik in Organisationen, 2001). Der Versuch, Politik in Organisationen zu bekämpfen, ist der häufigste Ansatz zur Bewältigung dieses Komplexitätstreibers. Er bewirkt in der Regel aber genau das Gegenteil des Angestrebten.

Den Wert des Vertrauens (Martin Schweer, Barbara Thies: Vertrauen als Organisationsprinzip. Perspektiven für komplexe soziale Systeme., 2003) kennen die Menschen seit Generationen und Politik in Organisationen wird seit Generationen vergeblich bekämpft. Die Komplexität dieser Sachverhalte sowie das Unterschätzen des Konfliktes zwischen Kooperation (Gemeinschaftsarbeit) und Wettbewerb (Kampf) bei offener Kommunikation ist genau der Grund für das immer wieder zu beobachtende Versagen mechanistischer Lösungsansätze mit vergleichsweise niedriger Komplexität, die den Realitäten des menschlichen Denkens nicht gerecht werden.

(Karl Jaspers: "Das Ineinander zweier heterogener Ursprünge [Notwendigkeit der Gemeinschaftsarbeit, der Kampf zwischen Mensch und Mensch] bleibt der Grundcharakter des Herrschens. Daher wird auch alle irgendwo in Grenzen gelingende wahre Gemeinschaft aus gemeinsamem Zweck doch anderswo als Theorie ein Täuschungsmittel zur Interpretation und Verschleierung der tatsächlichen Gewalt. Immer wieder werden die Dinge durch ihr Gegenteil benannt und verborgen. So wird in dem Schein der Kommunikation - der offenen Aussprache - ausgehorcht und befohlen, im Schein der Freiheit und Freiwilligkeit erzwungen, im Mantel des reinsten Ethos das Böse vollzogen, im Schein der Wahrheit gelogen und betrogen, und alle jeweils gültigen Werte werden je nach Situation in Anspruch genommen oder ignoriert." (Von der Wahrheit, 1948, 2.Teil, 3.Kap., II, B, 3, b))

Ein wirkliches fundiertes Verständnis für menschliches Denken konnte aber erst in der jüngsten Geschichte der Gehirnforschung (Manfred Spitzer: Lernen, 2007) entwickelt werden. Ein zusätzlicher Druck, auch die psychischen Möglichkeiten und der Belastbarkeit des Menschen schon bei der Planung von Arbeitsabläufen ernsthafter zu berücksichtigen, ergibt sich aus den jüngsten Umsetzungen des europäischen Arbeitsschutzes in nationale Arbeitsschutzgesetze.

Hieraus ergeben sich Führungsaufgaben, die angesichts der kurzen Verweildauer durchschnittlich etwa vier Jahre von Spitzenführungskräften in komplexen Organisationen nur schwer zu bewältigen sind.

Umwelt

Komplexität liegt auch dann vor, wenn die Umwelt selber komplexe dynamische Systeme vorweist.

Humberto Maturana und Francisco Varela, zwei chilenische Biologen, haben dafür die entscheidende Grundlage gelegt: Umwelt ist alles, wovon sich ein System abgrenzt und abgrenzen kann.

Die Umwelt wird im System nicht abgebildet, sondern rekonstruiert. Und diese Rekonstruktionen werden dann einem evolutionären Erfolg unterstellt, d. h. das System prüft über die Funktionalität einer Rekonstruktion, ob es sich damit stabilisieren kann.

System

Systeme, die eigendynamisch sind, werden heute massenhaft behandelt und liegen, folgt man der Literatur, auch massenhaft vor. Zellen sind ebenso eigendynamisch wie das Immunsystem, das Nervensystem, bzw. Teile davon, wie z.B. das Gehirn, das Bewusstsein ist eigendynamisch, die Gesellschaft, die Wirtschaft, das Recht, die Kunst, und z.B. Organisationen wie Unternehmen.

Systeme definieren sich dadurch, dass sie fähig sind, ihre Abgrenzung zur Umwelt aufrechtzuerhalten, d.h. den Kontakt zur Umwelt in der Weise abzubrechen, dass sie nicht mehr direkt zusammenwirken.

Das System ordnet sich selber und schafft seine eigenen Kausalitäten.

Die Aufgabe des Managements besteht genau darin, solche Kausalitäten zu schaffen. Werden z.B. Qualitätskriterien eingeführt, dann stecken darin konstruierte Kausalitäten, die behaupten, dass ein bestimmter Sachverhalt, ein bestimmtes Projekt, ein bestimmtes Ziel unter diesen oder jenen Bedingungen Erfolg verspricht.

Quasi-Objekte

Wirkende Kausalitäten sind so genannte Quasi-Objekte. Quasi-Objekte nennt man Rekonstruktionen im System, die anstelle von Gegenständen oder Sachverhalten in der Umwelt genutzt werden.

Ein Beispiel: Bedenkt man, dass Menschen, wenn sie einen schlichten roten Ball wahrnehmen, diesen über das Auge wahrnehmen, dort in neuronale Impulse auflösen und das Zusammensetzen dieses Balls zu einem Gegenstand, den ich ins Tor schießen kann, trotzdem geleistet wird, kommt man zu der Annahme, dass die Rekonstruktion des Gegenstandes „Ball“ geglückt ist. Bedenkt man, dass die gesamte physische Umwelt des Menschen aus solchen Gegenständen besteht, die sich vorübergehend in neuronale Impulse aufgelöst haben, kann man sich (zunächst) nur wundern, wie das Gehirn all dies leistet.

Im Gehirn, wie im Management, bilden sich stabile Objekte aus, die sich über ihre Verwendung auf ihre Plausibilität überprüfen. Quasi-Objekte sind deshalb evolutionär gebildete Wahrscheinlichkeiten, die aus der Umwelt rekonstruiert sind und über ihre Funktionalität aufbewahrt oder verworfen werden.

In Unternehmen sind dies z.B. Planungen wie Projekte, Stellen mit entsprechenden Personen, Akten, Datentabellen, Qualitätskriterien, usw.

Instrumente

Systeme führen sich selbst und geraten damit in Gefahr, im Blindflug an der Umwelt vorbeizuziehen. Wären Systeme unabhängig von der Umwelt, wäre dies nicht tragisch. Systeme partizipieren jedoch an der Umwelt, indem sie daraus nötige Elemente aufnehmen, um diese dann unter ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten zu stellen.

Unternehmen z.B. entnehmen ihrer Umwelt Zahlungen und wandeln diese in Besitz um. Dabei sind Unternehmen so komplex, dass sie der Umwelt sogar Zahlungen entnehmen können, die nicht in Besitz umgewandelt wird: dies leistet z.B. die Marktforschung. Marktforschung hat das Ziel, d.h. die innersystemische Aufgabe, eine bestimmte Umwelt des Unternehmens in Daten umzuwandeln, auf deren Basis dann das Unternehmen selbst Zahlungen umwandeln kann.

Der evolutionäre Erfolg von Marketing kann heute kaum bezweifelt werden. Trotzdem kann das Marketing die Umwelt nur über die entsprechenden Instrumente rekonstruieren, die sich, zeitgleich mit dem Marketing durchgesetzt haben. Solche Instrumente beobachten Unternehmen im Wissenschaftsbetrieb. Dort heißen sie quantitative Datenerfassung, Methoden u.ä.

Während aber die Wissenschaft den rein rechnerischen Umgang mit solchen statistischen Formeln pflegt, will das Unternehmen z.B. Risiken begrenzen, Koordinaten für Entscheidungen herstellen oder (Teil-)Erfolge überprüfen.

Das Unternehmen stellt also auch Instrumente unter ihre eigenen Gesetzlichkeiten und stabilisiert sich darüber.

Entscheidungen

In komplexen Systemen sind Entscheidungen immer mit Risiken behaftet. Man fliegt, wie Luhmann dies einmal sagte, bei geschlossener Wolkendecke und muss sich auf seine Instrumente verlassen.

Entscheidungen sind deshalb nicht mehr als richtig oder falsch zu werten, sondern als günstig oder weniger günstig, wobei sich dies dann nach dem evolutionären Erfolg einer Entscheidung richtet. Das heißt auch, dass Entscheidungen ihre Bedingungen rekonstruieren, ihre Begründung aber erst in der Zukunft erfahren.

Im Management werden solche Entscheidungsunsicherheiten z.B. durch Controlling, durch fortlaufenden Abgleich laufender Prozesse, durch Erfahrung und Wissen absorbiert.

Programme

Eine andere Strategie, mit komplexen Anforderungen umzugehen, sind Programme. Unter Programmen versteht man hinreichend geregelte Abläufe. So sind z.B. bestimmte Akten in bestimmter Weise anzulegen. Prozesse sind unter bestimmten Bedingungen anders zu behandeln als unter anderen Bedingungen. Planungen werden in einer bestimmten Weise angefertigt, in einer anderen Weise aber ausgeführt.

Programme sind zudem in der Lage, eine große Anzahl von Menschen zu koordinieren, und zugleich ihren Kontakt zu minimieren. Dazu dienen Aufgabenbereiche. Die Sekretärin muss gut Schriftsätze verfertigen können, unterschreiben darf sie aber nicht. Controller erstellen Bedingungen von Entscheidungen, entscheiden dürfen sie nicht. Ob sich die Sekretärin noch dazu als hervorragende Kennerin von Goethe hervortut, oder der Controller die asiatische Küche aus dem Eff-eff beherrscht, spielt dabei keine Rolle.

Simulation

Ein immer wichtiger werdender Aspekt im Komplexitätsmanagement ist die Simulation. Dies sind neben Planspielen immer öfter Computerprogramme, die komplexe Unternehmenssituationen simulieren können. Dadurch wird dem Unternehmen ermöglicht, verschiedene Entwicklungen durchzuspielen (Szenario-Technik) und darauf hin zu planen und zu lernen (Organisationales Lernen).

Denkfehler beim Umgang mit komplexen Problemen

  • Probleme sind objektiv und müssen nur noch klar formuliert werden.
  • Jedes Problem ist die direkte Konsequenz einer Ursache (Induktionsproblem).
  • Ein Macher kann jede Problemlösung umsetzen.
  • Um eine Situation zu verstehen, genügt eine Fotografie des Ist-Zustandes.
  • Mit der Einführung einer Lösung ist das Problem erledigt.
  • Verhalten ist prognostizierbar.
  • Problemsituationen lassen sich beherrschen.

Zusammenfassung

Komplexitätsmanagement ist die Koordination von unternehmerischen Aktivitäten unter der Bedingung von relativer Wahrscheinlichkeit und reduzierten Risikoerwartungen. Um dies leisten zu können, bilden Unternehmen (wie alle dynamischen Systeme) Quasi-Objekte aus, mit denen sie ihre Eigendynamik stabilisieren und damit über Erfolg/Nicht-Erfolg entscheiden können.

Literatur

  • Baecker, Dirk: Organisation als System. Frankfurt am Main 1999
  • von Foerster, Heinz: Gegenstände: greifbare Symbole für (Eigen-)Verhalten, in: ders.: Wissen und Gewissen. Frankfurt am Main 1993
  • Ludwig, Björn: Management komplexer Systeme, Edition Sigma, 2001, 152 Seiten.
  • Luhmann, Niklas: Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Stuttgart 1968
  • Malik, Fredmund: Strategie des Managements komplexer Systeme - Ein Beitrag zur Managementkybernetik evolutionärer Systeme. 9. Aufl. 2006.
  • Maturana, Humberto/Varela, Francesco: Der Baum der Erkenntnis. München 1987
  • Pruckner, Maria: Die Komplexitätsfalle, Wie sich Komplexität auf den Menschen auswirkt: vom Informationsmangel bis zum Zusammenbruch, Books on Demand, Norderstedt 2005.
  • Schuh, Günther: Produktkomplexität managen. Strategien - Methoden - Tools. Carl Hanser Verlag, München, August 2001 274 Seiten.
  • Schuh, Günther: Komplexität und Agilität. Springer-Verlag, 1997, 340 Seiten.
  • Bernhard von Mutius (Hrsg.): Die andere Intelligenz. Wie wir morgen denken werden, Klett-Cotta, Stuttgart 2004.
  • Reither, Franz: Komplexitätsmanagement. Denken und Handeln in komplexen Situationen, Gerling Akademie Verlag, München 1997.
  • Vester, Frederic: Die Kunst, vernetzt zu denken. Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität. dtv. 6. Aufl. 2007.

Weblinks

Quelle

Komplexitätsmanagement in der Wikipedia

Konflikt

Ein Konflikt ([lat.: confligere = zusammentreffen, kämpfen; PPP: conflictum) ist dann gegeben, wenn Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Personen, gesellschaftlichen Gruppen, Organisationen oder Staaten unvereinbar sind. Dabei lässt sich zwischen dem Konflikt selbst, der Konfliktattitüde (z.B. Wut) und dem konkreten Konfliktverhalten (z.B. tätliche Aggression) unterscheiden. Die Konfliktforschung untersucht die Entstehung und den Verlauf von Konflikten und entwickelt Lösungsstrategien, um das Handeln in Konflikten zu verändern bzw. die Auswirkungen eines Konfliktes begrenzen zu können.  

Konfliktsituation

Die Situation besteht aus einer Person bzw. aus zwei oder mehreren Konfliktparteien (wer?) und mindestens einer Konfliktursache (warum?). Eine Konfliktsituation ist möglich

  • innerhalb und zwischen Personen (intra- und interpersonell)
  • innerhalb und zwischen Gruppen, Unternehmen, Organisationen
  • innerhalb und zwischen Gesellschaften und Staaten
  • zwischen einzelnen Personen und diesen Zusammenschlüssen
  • innerhalb eines Organismus, klassisches Beispiel: Angriff oder Flucht

Eine weitere wichtige Art von Konflikten sind die innerseelischen Konflikte. Eine Art dieser Konflikte stellt z.B. die Tyrannei des Solls (tyranny of the should) nach Karen Horney (04 Major Concepts 3 « Karen Horney & Humanistic Psychoanalysis) dar. Dabei stellt man an sich Anforderungen, unter deren Erfüllung man auf Dauer leidet.

Bei zwischenmenschlichen, intra- und inter-Gruppen-Konflikten kann nach dem Grad der jeweiligen "Konflikttiefe" unterschieden werden zwischen

  • Verteilungskonflikten (Empfundene Gegensätze in Bezug auf die Nutzung/Realisierung von Ressourcen),
  • Zielkonflikten (Empfundene Gegensätze in Bezug auf Absichten/Interessen),
  • Beziehungskonflikten (Empfundene Gegensätze in Bezug auf Verhaltensdispositionen) bzw.
  • Identitätsbasierten Konflikten (Empfundene Bedrohungen des eigenen Selbstbildes oder dessen, was einen als Person ausmacht)

Bei Systemen (z.B. Familien, Gruppen, Politik, Organisationen, Gesellschaften, Staaten) wurde auch diagnostisch unterschieden zwischen

  • Rollenkonflikten,
  • Machtkonflikten und
  • Informationskonflikten.

 

Ursachen von Konflikten

Die Ursachen von zwischenmenschlichen Konflikten in Organisationen liegen nach L. Mullins (L. Mullins, 1989: Management and Organizational Behaviour 2nd ed., Pitman zitiert in Rosemary Thomson and Eion Farmer, 1999: Managing Relationships, Open University, Milton Keynes, S. 31/32) in:

  • individuellen Wahrnehmungsunterschieden
    Je nach individueller Vorgeschichte, Kenntnisstand, Erfahrungen, Laune und Charakter wird eine Situation unterschiedlich wahrgenommen.
  • seltene oder begrenzte Ressource
    Wenn die Mittel zur Erreichung der jeweiligen Ziele von zwei oder mehr Parteien benötigt werden, wird die Einschränkung der Verfügung durch andere zum Konflikt führen.
  • Zergliederung der Organisation
    Die Zergliederung der Organisation durch Abteilungsnamen, Verantwortlichkeiten, Weisungsbefugnissen usw. trennt die Mitglieder der Organisation. Allein diese Trennung kann zu Konflikten führen, da in einer Stellvertreterfunktion die Interessen dieser organisatorischen Einheit gegenüber anderen vertreten werden.
  • voneinander abhängige Arbeitsumwelt
    Wenn die Ausführung einer Arbeitstätigkeit von der vorherigen Arbeit eines anderen abhängt.
  • Rollenkonflikte
    Ein Mensch übernimmt verschiedene Rollen, deren Ausübung mit den Rollen anderer in Konflikt treten kann, beispielsweise beurteilt ein Qualitätsmitarbeiter die Arbeit eines anderen.
  • unfaire Behandlung
    Unfaire Behandlung aus allen möglichen Gründen, Geschlecht, Sprache, Aussehen, Alter, Gesundheit, Rasse, Religion, Herkunft, Abstammung kann zu Konflikten führen. Dabei ist es wesentlich zu erkennen, dass Fairness und Gleichheit nicht austauschbar sind; ein Gehbehinderter kann nicht gleich wie ein Nichtbehinderter behandelt werden, sehr wohl aber gleich fair.
  • Verletzung des Territoriums
    Jede wahrgenommene Verletzung von tatsächlichem oder ideellem Territorium wird als Konflikt wahrgenommen. Wenn also eine Person in den persönlichen Bereich einer anderen eindringt - zu dicht an diese herangeht - oder sich in dessen ideellen Bereich begibt - "in meinem Artikel wurstelt", dann ist ein Konflikt wahrscheinlich.
  • Veränderung der Umwelt
    Veränderungen der Umwelt führen zu Veränderungen in der Organisation. Abgesehen von vorgenannten Konfliktursachen führt die Veränderung der Umwelt zu Unsicherheit und Stress, der allein die Wahrscheinlichkeit von Konflikten in der Organisation erhöht.

Selten ist eine Ursache allein der Grund für einen ausgetragenen Konflikt. Oft finden sich kumulative Effekte über Zeit, so dass die Analyse der Ursachen für die Konfliktlösung oder das Management des Konfliktes wesentlich sein kann. 

Konfliktlösung

Eine Konfliktlösung kann entweder legalistisch über die Verifikation und Sanktionierung von Fehlverhalten (Prozess, Urteil und Bestrafung) oder strukturell über die Erzielung von Übereinkommen (Konsens) erreicht werden.

Häufig ist ein solcher Weg im persönlichen Bereich schwer zu unterscheiden von Vermeidungsstrategien aus Angst-, Schuld-, Scham- oder Minderwertigkeitsgefühlen gegenüber einer offenen Auseinandersetzung mit dem Konfliktthema oder dem Konfliktpartner (nach Rupert Lay, s.u.). Auch Tabus können dabei im Spiel sein. Die Grenzen zu einer Scheinbeilegung durch Verdrängung sind dann fließend. Ein "reinigendes Gewitter" kann demgegenüber viel konstruktiver sein.

Da Konflikte ihre Ursache in einem Widerspruch haben, wird häufig der Stärkere versuchen, den Widerspruch zugunsten seiner eigenen Sichtweise aufzulösen. Dies kann den Konflikt jedoch nicht beheben, weil der Schwächere mit der scheinbaren Lösung einem erneuten Konflikt ausgesetzt wird.

Entscheidend für den angemessenen Umgang mit einer Konfliktsituation ist die Frage, ob nach der Klärung eine konstruktive Fortsetzung des Kontakts mit dem Anderen erwünscht ist oder nicht:

Es hat keinen Sinn, in eine kooperative Konfliktklärung zu investieren (vielleicht nur, um "Recht" oder "nicht Unrecht" zu behalten), wenn man an der dadurch ermöglichten Kontaktfortsetzung kein Interesse hat. Gleiches gilt - da immer Zwei dazugehören -, wenn der Andere durch sein Verhalten signalisiert, an einer Fortsetzung des Kontakts kein Interesse zu haben. Da kann es friedlicher für alle Beteiligten sein, das Fortbestehen eines Konflikts einfach zu konstatieren, zu akzeptieren und es dabei bewenden zu lassen.

Tatsächliche Konfliktlösungen reichen von Gesprächen zwischen den Beteiligten - wie bei Mediationen oder Tarifverhandlungen - bis zu gewalttätigen Auseinandersetzungen - wie bei zwischenstaatlichen Kriegen oder innerstaatlichen Bürgerkriegen. "Dazwischen" liegen die Varianten der rechtlichen bzw. gerichtlichen Klärung, die keineswegs die Form von Schlammschlachten annehmen müssen, sondern als professionelle Delegation des Problems an Rechtsanwälte gehandhabt werden können, um sich selbst von der zeit- und kräftezehrenden Klärungsprozedur zu entlasten.

Strategien in der Konfliktlösung

Zur Lösung von Konflikten untersuchen Ruble und Thomas (T.L. Ruble and K. Thomas, 1976: Support for a two-dimensional model of conflict behaviour, Organizational Behaviour and Humand Performance, Ch. 16, p. 145 in Rosemary Thomson and Eion Farmer, 1999: Managing Relationships, Open University, Milton Keynes; S. 36/37) in der Anpassung nach Whetten und Cameron (D.A. Whetten and K.S. Cameron, 1984: Contract re-design, Personnel Administrator, October, 34, 10, pp.97-101) die möglichen Strategien im Konfliktfall. Die Strategien basieren auf der relativen Position zwischen zwei Konfliktparteien zueinander, sind also situations- und personenabhängig. Sie stellen den Zusammenhang in einem zweidimensionalen Modell dar:

  • hohes Durchsetzungsvermögen =  Zwang | Zusammenarbeit
  • niedriges Durchsetzungsvermögen = Vermeidung | Nachgeben
  • Zwang | Vermeidung =  Niedriger Wille zur Mitarbeit
  • Zusammenarbeit | Nachgeben = Hoher Wille zur Mitarbeit

 

Zwang drückt den Wunsch aus, seine Position gegen den Widerstand anderer durchzusetzen. Es wird eine "Win-Lose" Strategie verfolgt.

Vermeiden bedeutet, dass der Konflikt nicht ausgetragen wird und die Situation unverändert erhalten bleibt. In dieser Situation ist es wahrscheinlich, dass beide Seiten verlieren ("Lose-Lose")

Nachgeben repräsentiert die Position, wo der Konflikt gelöst wird, aber die Position verloren ("Lose-Win"). Es handelt sich um eine häufige Paarung mit Zwangsstrategien.

Zusammenarbeiten ist die beste Möglichkeit für "Win-Win" Ergebnisse, weil hier beide Seiten ihre Position voll einbringen und ein Ergebnis erarbeiten können.

Im Schnittpunkt der vier Strategien findet sich der Kompromiss. Je nach Wahrnehmung werden Kompromisse daher oft unterschiedlich beurteilt, oft mit dem Gefühl verbunden, nicht das bestmögliche Ergebnis erzielt zu haben.

Die Matrix kann zur Beurteilung von Konfliktsituationen verwendet werden, aber auch zur Strategieentwicklung, indem eine Position des Konflikts in der Ausprägung der Position der Gegenpartei angepasst wird. Das führt oft zu einem Stillstand (Lose-Lose), der dann durch Verhandlung in Richtung einer Zusammenarbeit verändert werden kann.

Konfliktbereiche

Bereiche in denen häufig Konflikte auftreten:

  • in der Familie
  • in der Natur
  • in der Wirtschaft, zwischen Unternehmen, Arbeitgeber und -nehmer; Konfliktmanagement soll hier helfen, Konflikte zu lösen
  • innerhalb oder zwischen Staaten
  • in Weltanschauungs-, Glaubens-, Moral-, Gerechtigkeits- und Erziehungsfragen
  • Konflikte zwischen Generationen
  • Zwischen ethnischen Gruppen

 

Literatur

  • Bonacker, Thorsten: Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien: eine Einführung. Opladen 2005.
  • Buckley-Zistel, Susanne: Ethnographic Research after Violent Conflicts. Journal of Peace, Conflict and Development (10), 2007.
  • Coser, Lewis A.: Theorie sozialer Konflikte. [dt.] 1965 (mehrere Auflagen)
  • Dahrendorf, Ralf: Pfade aus Utopia. München 1974.
  • Dulabaum, Nina, L.: Mediation: Das ABC - die Kunst, in Konflikten erfolgreich zu vermitteln, Beltz Weiterbildung, Weinheim und Basel 1998.
  • Dutschmann, Andreas: Das Konfliktlösungstraining für Eltern und Pädagogen (KLT). Verlag Modernes Lernen, Dortmund 2005.
  • Flemisch, Christiane A.: Streitbeilegung im internationalen Geschäft. Einführung in die Mediation als Methode der Streitbeilegung. In: Außenwirtschaftliche Praxis ( AW-Prax ), 2006, Heft 2.
  • Flemisch, Christiane A.: Wirtschaftsmediation im Zeitalter der Globalisierung – Besonderheiten bei interkulturellen Wirtschaftsmediationen. In: IDR, 2006, Heft 1.
  • Glasl, Friedrich: Konfliktmanagement. Haupt und Freies Geistesleben, Bern und Stuttgart 2004, 8., aktual. u. erg. Auflg.
  • Gordon, Thomas: Lehrer-Schüler-Konferenz - Wie man Konflikte in der Schule löst: Heyne Verlag 2004.
  • Krysmanski, Hans Jürgen: Soziologie des Konflikts. Materialien und Modelle, Reinbek 1971.
  • Kühne, Norbert; Mahlmann, Regina; Wenzel, Peter: Pädagogische Praxis - Konflikte lösen, Bildungsverlag Eins, Troisdorf 2002.
  • Kühne, Norbert: Elternkonfliktgespräch, in: Katrin Zimmermann-Kogel, Norbert Kühne: Praxisbuch Sozialpädagogik - Arbeitsmaterialien und Methoden, Band 1, BILDUNGSVERLAG EINS, Troiedorf 2005.
  • Mahlmann, Regina: Konflikte managen, Beltz Weiterbildung, Weinheim und Basel 2001.
  • Mehring Ludger: Subjektive Theorien der Lehrenden im Unterricht zu erlebten Konflikten im Unterricht, Universitätsverlag Dr. Norbert Brockmeyer Bochum 2009).
  • Lay, Rupert: Krisen und Konflikte. Ursachen, Ablauf, Überwindung. Heyne, München 1985.
  • Messelken, Karlheinz: Politikbegriffe der modernen Soziologie. Eine Kritik der Systemtheorie und Konflikttheorie. (Dissertation). Westdeutscher Verlag, Köln/Opladen 1968.
  • Rössel, Jörg: Die klassische Konflikttheorie im Test: Determinanten der Intensität und Gewaltsamkeit von Konflikten, in: Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 28 (2002): 47 - 68.
  • Rössel, Jörg: Conflict. In: Jens Beckert / Milan Zafirovsky (Hrsg.): International Encyclopedia of Economic Sociology. New York/ London: Routledge, 2006.
  • Winter J./ A. Scharmanski: Gesellschaftskonflikte in Lateinamerika / Andenländer.

 

Siehe auch

  • Asymmetrischer Konflikt, Interessenkonflikt
  • Konfliktmanagement, Mediation, Gewaltfreie Kommunikation
  • Dramadreieck (Spielkonstellation in der Transaktionsanalyse)

 

Quelle

Konflikt in der Wikipedia

Konfliktmanagement

Unter Konfliktmanagement sind Maßnahmen zur Verhinderung einer Eskalation oder einer Ausbreitung eines bestehenden Konfliktes zu verstehen. Dazu zählen insbesondere die Konfliktberatung und die Mediation.

Literatur

  • Glasl, Friedrich: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. 8.,akt.u. erg. Aufl. Bern - Stuttgart 2004.
  • Höher, Peter; Höher, Friederike: Konfliktmanagement. Konflikte kompetent erkennen und lösen. Bergisch Gladbach: EHP 2004.
  • Jiranek, Heinz; Edmüller, Andreas: Konfliktmanagement. München 2007, Haufe Verlag
  • Kühne, Norbert; Mahlmann, Regina; Wenzel, Peter: Pädagogische Praxis - Konflikte lösen; Bildungsverlag Eins, Troisdorf 2002.
  • Mehring Ludger: Subjektive Theorien der Lehrenden im Unterricht zu erlebten Konflikten im Unterricht, Universitätverlag Dr. Norbert Broclmeyer Bochum(2009).
  • Pühl, Harald: Mediation in Organisationen - Neue Wege des Konfliktmanagements. Leutner-Verlag, Berlin 2007 (3. Aufl.)
  • Redlich, Alexander: Konfliktmoderation - Handlungsstrategien für alle, die mit Gruppen arbeiten. Mit vier Fallbeispielen. 6. Aufl., Hamburg: Windmühle Verlag 2004.
  • Schwarz, Gerhard: Konfliktmanagement, 3.Aufl. Wiesbaden 1997, Gabler Verlag
  • Seifert, Josef W.: Moderation & Kommunikation. GABAL Verlag.
  • Stockmayer, Johannes: Nur keinen Streit vermeiden. C&P Verlag.
  • team businessmediation (Hrsg): Konfliktmanagement. Das andere Mediationshandbuch für die unternehmerische Praxis. Linde Verlag 2006.

 

Weblinks

Quelle

Konfliktmanagement in der Wikipedia

Kongruenz / Selbstkongruenz

Echtheit, auch bekannt als "Selbstkongruenz", "Selbstaufrichtigkeit" oder "Stimmigkeit". Kongruenz setzt in der Humanistischen Psychologie eine gereifte Persönlichkeit voraus, welche sich nicht hinter einer Rolle oder Fassade verstecken muss, sondern sich wahrhaftig in eine Situation einbringen kann. Kongruentes Verhalten zeichnet sich z.B. dadurch aus, dass verbale Äußerungen mit Gestik, Mimik, Tonfall usw. übereinstimmen. Im Coaching-Prozess ist die Kongruenz von Klient und Coach von zentraler Bedeutung: Erst kongruentes Verhalten von beiden Seiten ermöglicht Vertrauen und Transparenz als Ausgangspunkte für eine tragfähige Beratungsbeziehung. 

Kultur

Erlerntes Orientierungs- und Ordnungssystem von Werten und kulturellen Praktiken, das von Angehörigen einer bestimmten Gruppe oder Gesellschaft kollektiv geteilt, gelebt und tradiert wird, und sie von Angehörigen anderer Gruppen und Gesellschaften unterscheidet. 

Kulturelle Dimension

Variable bzw. Kategorie, die in bestimmter Kombination auftretende gesellschaftliche Phänomene beschreibt. Kulturelle Dimensionen eignen sich zur vergleichenden Darstellung und Charakterisierung kultureller Systeme. 

Kunde

Der Kunde ist die Person, die gecoacht wird (auch Coachee oder Klient). Im Sinne des 'Kundigen' ist dieser Begriff recht passend, stößt jedoch in manchen Bereichen auf Vorbehalte, da der Kunde im Sinn von Kundschaft zuweilen als Einkäufer verstanden wird.

Lernstil

Bevorzugte und übliche individuelle Art und Weise einer Person, Informationen und Gefühle zu verarbeiten und sie in Wissen und Handeln umzusetzen. 

Life-Coaching

Beim Life-Coaching steht die persönliche Weiterentwicklung des Klienten im Mittelpunkt. Während sich das Business Coaching klar an Personen mit Führungs-/ Steuerungsfunktionen und an Experten in Unternehmen und Organisationen richtet, handelt es sich beim Life Coaching um eine Art Lebensberatung für alle Personen.

Linien-Coach

siehe Vorgesetzten-Coaching. 

Logotherapie

Von Viktor E. Frankl entwickelte, sinnorientierte Psychotherapie. Grundannahme der Logotherapie (Frankl verwendete als alternative Bezeichnung auch den Begriff der "Existenzanalyse") ist, dass der Mensch sein Leben in einen Sinnzusammenhang bringen möchte. Gelingt dies nicht, kommt es zu (psychischen) Erkrankungen (z.B. Neurosen, Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen). Ziel der Logotherapie ist daher, Menschen zu helfen, einen Sinn im Leben zu finden und in der Folge gesunden zu können. Zentrales Wirkelement ist die Herstellung einer inneren und äußeren dialogischen Offenheit. Eine bekannte Methode der Logotherapie ist z.B. die "Paradoxe Intention".

Weblinks

Machtdistanz

Der erwartete und von den weniger mächtigen Mitgliedern einer Organisation akzeptierte Umfang ungleicher Machtverteilung.

Machteingriff

Vom Vorgesetzten ausgeführte Maßnahme zur Eindämmung von gefährlich eskalierenden Konflikten. Machteingriffe können bis zur völligen Verhaltenskontrolle durch verhaltensregulierende Maßnahmen reichen und sind wegen ihres negativen Einflusses auf die Beziehungen daher nur dann sinnvoll, wenn andere Bemühungen des Konfliktmanagements gescheitert sind. 

Mäeutik

Als Mäeutik (auch: Maieutik; „Hebammenkunst“) bezeichnete Sokrates in Anspielung auf den Beruf seiner Mutter seine Kunst der Gesprächsführung. Platon legte seine Philosophie ganz überwiegend in der literarischen Form Sokratischer Gespräche nieder.

Mäeutik als Dialogtechnik des Sokrates

Die Mäeutik beruht auf der Grundannahme, dass die Wahrheit in der angeborenen Vernunft jedes Menschen bereit liegt und nur ans Licht gebracht („entbunden“) werden muss. Die Sokratische Ironie besteht darin, dass Sokrates (oder wer immer dessen Rolle einnimmt) vorgibt, der Unwissende zu sein, aber Fragen stellt, in denen die Antwort schon verborgen liegt. Der Kern des Sokratischen Gesprächs ist es, durch gezielte Fragen - die so genannten sokratischen Fragen - die Beteiligten in den Dialog einzubeziehen, so dass sie selbst zu Erkenntnissen gelangen.

Die Mäeutik verfährt in zwei Schritten:

  • In der Elenktik (griech. „Kunst der Überführung“) erschüttert Sokrates den Standpunkt seines Gesprächspartners und überführt ihn in die Aporie, wodurch beim Schüler die Bereitschaft zum Lernen und zur Suche nach der Erkenntnis geweckt werden soll.
  • In der Protreptik (griech. „Kunst der Hinwendung“) führt Sokrates den Gesprächspartner dann durch weiteres Fragen zu einer richtigen Meinung - allerdings noch nicht zur Erkenntnis, da diese sich nur in der Schau der Ideen zeigt.

Ziel der Mäeutik ist bei Sokrates/Platon eu zen, „richtig/gut/wahr zu leben“.

Mäeutik als Unterrichtsmethode

Die Sokratische Methode der Gesprächsführung wurde seit dem 18. Jahrhundert zum Vorbild einer Unterrichtsmethode genommen, die Erotematik genannt wurde, heute zumeist als Forschend-entwickelnder Unterricht bezeichnet wird und insbesondere den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht nachhaltig geprägt hat. Der Mathematiker Karl Weierstraß schrieb einen Aufsatz über die Sokratische Methode [Mathematische Werke, Berlin, 1903, III, Appendix, 315-329]; der Fachdidaktiker Martin Wagenschein nannte seinen Ansatz sokratisch. Leonard Nelson propagierte die Sokratische Methode als Sokratisches Gespräch (auch neosokratisch genannt) sowohl als Unterrichtsmethode als auch als Ansatz für eine Wiederbelebung der Philosophie.

Mäeutik in der Verhaltenstherapie

In der kognitiven Verhaltenstherapie nach Albert Ellis, der sogenannten Rational-Emotiven Therapie (RET) wird die Technik des sokratischen Dialoges angewendet. Es wird dabei davon ausgegangen, dass irrationale Grundannahmen des Klienten Ursache seiner psychischen Störung sind. Mit Hilfe der sokratischen Gesprächstechnik versucht der Therapeut, diese Grundannahmen zu identifizieren und schrittweise zu verändern. Die sokratische Gesprächstechnik wird in der Verhaltenstherapie inzwischen weit über die Rational-Emotive-Therapie hinaus angewendet.

Poststrukturalistische Kritik

Für die Kritik des Poststrukturalismus an der abendländischen Philosophiegeschichte ist die Mäeutik ein Musterbeispiel für den Logozentrismus. Roland Barthes hält die sokratische Mäeutik allein für ein Prinzip, „den anderen zur äußersten Schande zu treiben: sich zu widersprechen.“

Literatur

  • Dieter Birnbacher, Dieter Krohn (Hrsg.): Das sokratische Gespräch. Stuttgart 2002
  • Detlef Horster: Das Sokratische Gespräch in Theorie und Praxis. Opladen 1994
  • Roland Barthes: Die Lust am Text. (Originaltitel: Le plaisir du texte. Paris 1973)
  • Michael Hanke: Der maieutische Dialog. Aachen 1986
  • Michael Landmann: Elenktik und Maeutik. Drei Abhandlungen zur antiken Psychologie. Bouvier, Bonn 1950.

Weblinks

Quelle

Mäeutik in der Wikipedia

Managementprozess

Der Managementprozess umfasst die Steuerung von Kernprozessen in Organisationen, mit dem Fokus auf der Strukturierung der organisatorischen Rollen und deren Aufgaben. Er stellt eine Sicht auf die Geschäftsprozesse eines Unternehmens dar, deren weitere die der Kernprozesse und der unterstützenden Prozesse sind.

Ein Kernprozess wäre beispielsweise "Autos produzieren". Unterstützende Prozesse wären dabei beispielsweise "Buchhaltung" oder "Personalwesen". Managementprozesse wären beispielsweise die Entwicklung von Visionen und der Strategie, die Bestimmung der Ziele, Personalführung, Qualitätsmanagement, Projektmanagement, Risikomanagement, Finanzmanagement.

Managementprozess

Ein Managementprozess ist ein Ablauf, bei dem Manager in Unternehmen und Organisationen Geschäftsprozesse definieren und beeinflussen. Er wird auch als sachbezogener Führungsprozess bezeichnet und kann sich sowohl auf die Unternehmensführung beziehen als auch auf Teilbereiche wie Projektmanagement oder Risikomanagement.

Über die Elemente des Managementprozesses besteht in der Literatur keine einheitliche Auffassung - vgl. Jung, Staehle, Steinmann/Schreyögg.

Der Prozess des Managements besteht aus folgenden Phasen:

  • Zielsetzung - Beschreibung konkreter und messbarer Ziele.
  • Planung - als gedankliche Vorwegnahme des zukünftigen Geschehens. Sie soll aufzeigen, auf welchen Wegen die Ziele zu erreichen sind.
  • Realisierung - als Umsetzung des Geplanten in die betriebliche Wirklichkeit. Hier sind beispielsweise Organisation, Personaleinsatz und Arbeit notwendig.
  • Kontrolle - die anhand des Soll-Ist-Vergleichs zeigen soll, ob es gelungen ist, die Pläne in die Realität umzusetzen.

Zusätzlich müssen zu jeder Phase spezifische Informationen vorhanden sein. Des Weiteren ist eine umfassende Kommunikation zwischen den Beteiligten aller Phasen notwendig. Da die Entscheidung als Akt der Willensbildung allen diesen Phasen zuordenbar ist, bildet sie keine eigene Phase dieses Prozesses.

Nach ISO/IEC 15504 (SPICE) gehören zu dieser Prozesskategorie die Führungsprozesse, Prozesse im Projektmanagement, Qualitätsmanagement und Risikomanagement.

Die grundlegenden Praktiken des Management-Prozesses umfassen:

  1. Identifiziere die notwendigen Aktivitäten und Aufgaben.
  2. Prüfe die Angemessenheit der beabsichtigten Vorgehensweise.
  3. Plane und beschaffe die notwendigen Ressourcen und Infrastruktur.
  4. Sorge für die vollständige Durchführung der notwendigen Arbeiten.
  5. Überwache den Fortschritt der Arbeiten.
  6. Prüfe die Arbeitsprodukte der Arbeitsschritte und bewerte die Ergebnisse.
  7. Leite bei Abweichungen Korrekturen ein.
  8. Prüfe das Endergebnis.

 

Grundsätze, Aufgaben und Werkzeuge

Der Autor Fredmund Malik unterscheidet zwischen Grundsätzen, Aufgaben und Werkzeugen des Managements:

Im Grundsatz sollte ein Managementprozess ergebnisorientiert, ganzheitlich und konstruktiv sein. Der Manager hat sich dabei auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Konzentration auf die eigenen Stärken sowie das Schaffen von Vertrauen bei den Mitarbeitern führen zusätzlich zu einem positiveren und ehrlicheren Gesamtbild des Prozesses. Die Aufgaben gehen parallel mit den Phase des Managementprozesses einher und orientieren sich daran. Sie können auch als Management-Funktionen bezeichnet werden, beispielsweise Planen, Organisieren, Koordinieren, Diskutieren, Berichten, Einweisen und Kontrollieren. Als Werkzeuge der Manager können die Sitzung, der Bericht, die Arbeitsgestaltung (engl. job design) & Assignment Control, Persönliche Arbeitsmethodik, Budget & Budgetierung, Kostenrechnung, Leistungsbeurteilung und systematisches Aussortieren genannt werden.

Management-by-Konzepte

Alle Managementkonzepte/-techniken gehen als Führungstechniken immer vom kooperativen Führungsstil aus. Hier ist der Vorgesetzte in der Regel Koordinator und gibt Informationen in die Mitarbeitergruppe. Die Gruppe ist beim Entscheidungsfindungsprozess aktiv beteiligt! Es gibt folgende wesentliche Management-by-Konzepte - vgl. Staehle:

  • Management by delegation, bei dem Aufgaben durch den Vorgesetzten an die Mitarbeiter übertragen werden, die diese vollständig hinsichtlich Entscheidungen und Abwicklung verantworten, z. B. Abwicklung eines vollständigen Kundenauftrages durch eine Mitarbeitergruppe.
  • Management by objectives, bei dem Vorgesetzter und Mitarbeiter gemeinsam Ziele vereinbaren. Der Mitarbeiter bestimmt selbständig den Weg der Zielerreichung. Abschließend findet ein Soll-Ist-Vergleich statt, zum Beispiel eine vereinbarte realistische und exakte Zielformulierung: "Umsatzsteigerung von 5%".
  • Management by exception, bei dem Mitarbeiter in Normalsituationen und Routinefällen selbstständig entscheiden und handeln. Vorgesetzte greifen nur in Ausnahmefällen und -situationen ein. Zum Beispiel wird folgender Normalfall definiert: Gewährung von Rabatt bis zu einer Höhe von max. 20 % durch die Mitarbeiter.
  • Management by crisis, bei dem die Führung vom Management durch bewusste Herbeiführung oder Provokation von Krisen im Unternehmen erfolgt, um zu besseren Ergebnissen als bisher zu gelangen.
  • Management by results, bei dem die Führung durch Ergebnisüberwachung ausgeübt wird, indem die erzielten Ergebnisse vom Management einer laufenden und präzisen Kontrolle unterworfen werden.
  • Management by motivation, bei dem die Führung durch gezielte Motivation der Mitarbeiter erfolgt, indem den Unterstellten Anreize gegeben werden, die sie zu weiterer Leistungssteigerung anregen sollen.
  • Das Management by projects als Form Teamarbeit, bei dem die Bewältigung bestimmter Projekte im Vordergrund steht, zum Beispiel die Errichtung eines neuen Werkes oder die Einführung eines effektiveren EDV-Systems - vgl. Burghardt.

Detailliertere Informationen zu den Management-by-Konzepten sind dem unten aufgeführten LINK (Managerlexikon) zu entnehmen.

Weitere Management-Konzepte

  • Das Lean Management als effektiveres und "schlankes Management", das zur Kosteneinsparung einerseits die hierarchischen Ebenen des Unternehmens zu verringern versucht und anderseits die Geschäftsprozesse Nutzen bringender bzw. kostengünstiger zu gestalten versucht - vgl. Vahs.
  • Das Business Process Reengineering-Konzept als Ausdruck des fundamentalen Überdenkens aller betrieblichen Prozesse, die hinsichtlich ihres Beginns, ihrer Elemente und ihres Endes genau zu definieren sind - vgl. Hammer/Champy. Hinzu kommen Erkenntnisse des Customer-Relationship-Managements (CRM), die permanent in die Produktions- und Geschäftsprozessketten des Unternehmens optimierend einzuarbeiten sind.
  • Das Integrierte Management als Qualitätsmanagement, als Umweltmanagement, als Wertorientiertes Management, als Wissensmanagement und als System der Arbeitssicherheit - vgl. Macharzina.
  • Das St. Galler Management-Modell als integriertes Modell zur Führung von Unternehmen, das die Gesamtheit aller Gestaltungs-, Lenkungs- und Entwicklungsprozesse umfasst, die das Unternehmensgeschehen bestimmen. Es ist ein vernetztes Informations-Entscheidungssystem - vgl. Ulrich, Bleicher und Malik.

 

Management-Fehler

Management-Fehler werden im Unternehmen häufig durch die Anwendung ungeeigneter Methoden, Vorgehensweisen und Handlungen (Rituale)von Managern verursacht (Managementvoodoo), wobei die Begründungen für die Anwendung von nutzlosen oder ungeeigneten Verfahren vielfältig sind, zum Beispiel:

  • Fehlende Kenntnisse des oberen Management über Geschäftsprozesse, was zu Fehlentscheidungen mit negativen Folgen führen kann.
  • Hilflosigkeit von Managern, d.h. der Handelnde kennt keine Alternativen, aber es muss etwas passieren.

Die Anwendung ungeeigneter Management-Methoden kann Ressourcen (Arbeit, Kapital, usw.) und Zeit verschwenden sowie auch weitergehenden Schaden anrichten.

Literatur

  • Bleicher, K.: Das Konzept integriertes Management, 7. Aufl., Frankfurt/New York 2004.
  • Drucker, Peter F.: Was ist Management? Econ Verlag.
  • Baecker, Dirk: Organisation und Management, 2003.
  • Malik, Fredmund: Strategie des Managements komplexer Systeme, 2006 (9. Aufl.).
  • Rahn, H.J.: Unternehmensführung, 7. Aufl., Ludwigshafen/Rhein 2008.
  • Simon, W.: Moderne Managementkonzepte von A-Z, Gabal 2002.

 

Quelle

Managementprozess in der Wikipedia

Marshall B. Rosenberg

Dr. Marshall B. Rosenberg wurde am 6. Oktober 1934 in Canton, Ohio geboren. Er ist Gründer und Direktor des gemeinnützigen Center for Nonviolent Communication. Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) hat er entwickelt.

Links:

M. B. Rosenberg in Wikipedia

Mediation

Form der außergerichtlichen Vermittlung in Konflikten. Dabei versuchen die beteiligten Konfliktparteien mit Unterstützung eines oder mehrerer Mediatoren, einvernehmlich eine gemeinsame und tragfähige Lösung des Konflikts zu entwickeln. Wichtige Merkmale des Mediationsverfahrens sind die freiwillige Teilnahme aller, eine zukunftsorientierte Sichtweise, die Übernahme von Verantwortung und Selbstbestimmung durch die Konfliktparteien, das Eingehen auf Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten und die Allparteilichkeit der Mediatoren. 

Meister-Coaching

Coaching-Variante, die sich speziell an die Zielgruppe der Meister und Schichtleiter richtet. Hauptsächlich wird in dieser noch seltenen Variante des Coachings die Zielgruppe in der Form von Einzel-Coaching beraten.

Mentoring

Innerbetriebliche Form der Mitarbeiterbetreuung. Als Mentor fungieren meist ältere Organisationsmitglieder, die im Vergleich zu ihrem Schützling höher positioniert sind und bereits längere Zeit für die Organisation arbeiten. Ziele des Mentoring sind die rasche und problemlose Einführung neuer Mitarbeiter in eine Organisation, um mit den Gegebenheiten der Organisation und deren Kultur vertraut zu machen und mögliche Anfangsprobleme gering zu halten. Zudem kann das Mentoring auch als langfristige, innerbetriebliche Karriereberatung fungieren und dient - durch die Bindung des Mitarbeiters an die Organisation - der Reduzierung der Fluktuationsrate. 

Meta-Ebene

Übergeordnete Position, von der aus Situationen, Verhaltensweisen, Erlebenszustände, Wertungen uvm. mit Abstand betrachtet und analysiert werden können. Durch die Verlagerung der Position auf die Meta-Ebene kann z.B. persönliche Betroffenheit reduziert oder Betriebsblindheit offenbar werden. Daher ist eine Analyse von der Meta-Ebene aus auch ein Standardverfahren der selbstkritischen Reflexion. 

Methodenkompetenz

Methodenkompetenz ist die Fähigkeit zur Anwendung bestimmter Lern- und Arbeitsmethoden, insbesondere zur selbstständigen Erschließung unterschiedlicher Lern- und Wirklichkeitsbereiche.

Methodenkompetenz der Lernenden als Ziel

Der Erwerb bzw. die Vermittlung von Methodenkompetenz gilt in der Pädagogik als Teil der Entwicklung von Handlungskompetenz für die außer- und nachschulische Lebenswelt. Der Begriff wird auch im Zusammenhang mit dem Komplex von Lernen lernen bzw. Lernen lehren gebraucht. Soweit hierdurch Grundvoraussetzungen für die Bewältigung von Anforderungen in Studium und Beruf gelegt werden sollen, wird weithin auch der Begriff Schlüsselqualifikationen verwendet, die selbst kein Fachwissen sind, sondern den kompetenten Umgang mit fachlichem Wissen ermöglichen.

Dabei steht die Methodenkompetenz in der Bildungsplanung aus Sicht Hartmut von Hentigs heute gleichrangig neben der personalen Kompetenz, der Sozialkompetenz sowie der Fach- (oder Sach-)Kompetenz. Damit wurde sie gegenüber der früheren Formulierung von vorrangig inhaltsbezogenen Lehrplänen aufgewertet.

Wichtige Methodenkompetenzen sind beispielsweise die Fähigkeiten:

  • einem Text wichtige Inhalte zu entnehmen, diese zu strukturieren und wiederzugeben,
  • eine eigene Meinung gegenüber einem Sachverhalt zu entwickeln, auszudrücken, zu begründen und in einer kontroversen Diskussion zu vertreten,
  • in gegebenen Sachverhalten mathematische Relationen zu erkennen und ggf. hiervon ausgehend Problemlösungen zu entwickeln,
  • verschiedene Medien zur Informationsbeschaffung zu nutzen.

Der zur Vermittlung von Methodenkompetenz verwendete Unterrichtsstil ist der handlungsorientierte Unterricht. Viele Schulen haben eigene Methodencurricula entwickelt, die den Erwerb von Lern- und Arbeitstechniken im Rahmen besonderer Lerntage, Projekttage o.ä. vorsehen.

Kritik

Kritisch wird gegenüber der starken Betonung der Methodenkompetenz in der Bildungsplanung der letzten Jahre eingewandt, dadurch werde die Vermittlung von Fachinhalten im Unterricht vernachlässigt und fachliches Wissen verliere seinen Wert an sich.

Methodenkompetenz der Lehrenden als Teil der Didaktik

Im Bereich der Didaktik ist Methodenkompetenz die Fähigkeit des Lehrenden, bei der Planung und Organisation eines Lernprozesses diejenigen Unterrichtsmethoden auszuwählen und anzuwenden, die jeweils die optimalen Bedingungen für die Begegnung von Lernenden und "Sache" bzw. Unterrichtsgegenstand herstellen. In diesem Sinne ist Methodenkompetenz eng verbunden mit den zu vermittelnden Inhalten; denn sie besteht gerade darin, die dem jeweiligen Gegenstand angemessene Methode zu wählen und anzuwenden.

Quellen

  • Hartmut von Hentig (2004): Einführung in den Bildungsplan 2004 (Baden-Württemberg).
  • Chott, Peter O.: Lernen lernen - Lernen lehren. Mathetische Förderung von Methodenkompetenz in der Schule. - Weiden: Schuch-Verlag 2001

 

Quelle

Methodenkompetenz in der Wikipedia

Mobbing

Mobbing oder Mobben (von englisch to mob „anpöbeln, angreifen, bedrängen, über jemanden herfallen“ und mob „Meute, Gesindel, Pöbel, Bande“) steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, den Betroffenen aus dem Betrieb hinauszuekeln.“ (Herbert Fussy, Ulrike Steiner (Red.): Österreichisches Wörterbuch. 40. Auflage. öbvhpt, Wien 2006, S. 441) Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, einen Kollegen ständig zu schikanieren, quälen und verletzen (Ursula Kraif (Red.): Duden. Das Fremdwörterbuch. 9. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 2007, S. 667), beispielsweise in der Schule, am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Altersheim oder im Gefängnis (Björn Eriksson: Mobbning. En sociologisk diskussion. In: Sociologisk Forskning. Bd. 2001, Nr. 2, S. 8–43). Typische Mobbinghandlungen sind Verbreitung falscher Tatsachen, Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit (Heinz Leymann. Handanleitung für den LIPT-Fragebogen. Leymann Inventory of Psychological Terror. Dgtv, Tübingen 1996). 

Begriffsgeschichte

1963 hatte der Verhaltensforscher Konrad Lorenz den Begriff „Mobbing“ (Hassen) geprägt: Er bezeichnete damit Gruppenangriffe von Tieren auf einen Fressfeind oder anderen überlegenen Gegner – dort von Gänsen auf einen Fuchs. Der schwedische Arzt Peter-Paul Heinemann verwendete 1969 den Begriff für das Phänomen, dass Gruppen eine sich von der Norm abweichend verhaltende Person attackieren.

Bekannt in der heutigen Bedeutung wurde der Begriff durch den aus Deutschland ausgewanderten schwedischen Arzt und Psychologen Heinz Leymann. Er sprach von „Mobbing“ in Bezug auf das Arbeitsleben. Seine Forschungen über direkte und indirekte Angriffe in der Arbeitswelt begannen gegen Ende der siebziger Jahre. Anfang der neunziger Jahre veröffentlichte er seine erste Arbeit, welche die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammenfasste. Leymanns Berichte weckten zunächst nur Interesse in den nordeuropäischen Staaten. Später fanden sie im mitteleuropäischen Raum Beachtung. Veröffentlichungen, eindringliche Fallschilderungen, öffentliche Diskussionen, Unternehmensberater, die Aufnahme der Thematik durch Gewerkschaften, Arbeitgeber und andere Verbände, sowie in der Medizin, machten das Thema Mobbing zunehmend in der breiteren Öffentlichkeit bekannt.

Anders als in den skandinavischen Ländern und im deutschsprachigen Raum wird in englischsprachigen Ländern üblicherweise die Benennung „bullying“ verwendet. 

Definition

Alltagssprachlich ausgedrückt bedeutet Mobbing, dass jemand zumeist am Arbeitsplatz – aber auch in anderen Organisationen – fortgesetzt geärgert, schikaniert, in passiver Form als Kontaktverweigerung mehrheitlich gemieden oder in sonstiger Weise in seiner Würde verletzt wird. Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht. Die meisten Forscher betonen laut Christoph Seydl folgende Gesichtspunkte:

  • Verhaltensmuster: Mobbing bezieht sich auf ein Verhaltensmuster und nicht auf eine einzelne Handlung. Die Handlungsweisen sind systematisch, das heißt sie wiederholen sich beständig.
  • Negative Handlungen: Mobbingverhalten kann verbal (zum Beispiel Beschimpfung), nonverbal (zum Beispiel Vorenthalten von Informationen) oder physisch (zum Beispiel Verprügeln) sein. Solche Handlungen gelten üblicherweise als feindselig, aggressiv, destruktiv und unethisch.
  • Ungleiche Machtverhältnisse: Die Beteiligten haben unterschiedliche Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Situation. Jemand ist jemand anderem unter- beziehungsweise überlegen. Dazu ist kein Rangunterschied nötig, das kann durch die bloße Anzahl bedingt sein: viele gegen einen.
  • Opfer: Im Handlungsverlauf kristallisiert sich ein Opfer heraus. Aufgrund der ungleichen Machtverteilung hat es Schwierigkeiten, sich zu verteidigen.

Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbinghandlungen

In einer qualitativen Interviewuntersuchung (N=300) stellte Heinz Leymann 45 Mobbinghandlungen fest, die er als relevant ansah. Martin Wolmerath und Axel Esser identifizierten ohne Anspruch auf Vollständigkeit über 100 verschiedene Mobbinghandlungen. Typische Mobbinghandlung betreffen etwa organisationale Maßnahmen (zum Beispiel Kompetenzentzug oder Zuteilung sinnloser Arbeitsaufgaben), soziale Isolierung (zum Beispiel Meiden und Ausgrenzen der Person), Angriffe auf die Person und Ihre Privatsphäre (etwa Lächerlichmachen der Person), verbale Gewalt (zum Beispiel mündliche Drohung oder Demütigung), Androhung oder Ausübung körperlicher Gewalt und Gerüchte.

Messung

In empirischen Untersuchungen ist eine Messbarmachung (Operationalisierung) von Mobbing notwendig. Diese Operationalisierungen leiten sich zumeist von den jeweils verwendeten Definitionen ab. Bekannte Instrumente sind der Negative Acts Questionnaire und das Leymann Inventory of Psychological Terror.

Verlaufsformen und Verbreitung

Am Arbeitsplatz wird zwischen Mobbing seitens Vorgesetzter und solchem, das von Mitarbeitern gleicher oder unterer Rangfolge ausgeht, unterschieden. In der Literatur wird ersteres teilweise als „Bossing“ (englisch bullying) und letzteres als „Staffing“ (englisch upward bullying) bezeichnet. Der Psychoterror, der von in der betrieblichen Hierarchie höher platzierten Personen ausgeübt wird, kommt in Deutschland in 40 Prozent der Fälle vor, während in nur zwei Prozent aller Fälle ein Vorgesetzter von seinen Untergebenen gemobbt wird. Hinzu kommt horizontales Mobbing (englisch horizontal bullying); das heißt, der Betroffene wird von hierarchisch gleichgestellten Kollegen gemobbt. Mehr als 20 Prozent aller Mobbingopfer bezeichnen einen Kollegen als Täter. Etwa gleich viele Betroffene geben an, dass das Mobbing von einer Gruppe von Kollegen ausgeht. Etwas weniger als 15 Prozent aller Mobbingopfer in Deutschland sind davon überzeugt, dass sie sowohl von ihrem Vorgesetzten als auch von Kollegen gemobbt werden. Hinsichtlich der Urheber ist seitens der IG Metall folgende Häufigkeitsverteilung festgestellt worden:

  • 44 %: Kollegen
  • 37 %: Vorgesetzte
  • 10 %: Kollegen und Vorgesetzte gemeinsam
  • 9 %: Untergebene


Die Schätzungen für die momentane Zahl der Mobbingbetroffenen in Deutschland belaufen sich auf über 1.000.000 Erwerbstätige (2,7 %). In der Schweiz sind es knapp 100.000 Erwerbstätige, die sich als Mobbingopfer deklarieren (4,4 %). Für Österreich gibt es keine repräsentativen Zahlen. Bei einer Befragung in oberösterreichischen zufällig ausgewählten Groß- und Mittelbetrieben mit Betriebsrat (30 Betriebe und 249 Arbeitnehmer) fühlten sich 5,3 % der Befragten momentan von Mobbing betroffen. Auf Österreich hochgerechnet wären das über 200.000 Erwerbstätige. Die Zahl der Betroffenen innerhalb eines Jahres oder auf das ganze Erwerbsleben bezogen ist deutlich höher als die tatsächliche Mobbingquote.

Knorz und Zapf zeigten in ihrer Gießener Stichprobe auf, dass bei den Tätern in der Mehrzahl aller Fälle beide Geschlechter vertreten sind. Andere Studien zeigen, dass die Täter hauptsächlich Männer, die Opfer dagegen mehrheitlich Frauen sind. Dies mag an der höheren Erwerbstätigkeitsquote der männlichen Bevölkerung und insbesondere am Vorgesetztenstatus liegen, den Männer häufiger innehaben. Außerdem sind Frauen grundsätzlich eher bereit, über Mobbing zu sprechen, sich psychische und gesundheitliche Probleme einzugestehen und Hilfsangebote wahrzunehmen. Männer betrachten Mobbing eher als zu verschweigendes individuelles Versagen.

Ursachen

Die Mobbingforschung versucht, die Ursachen dieses Phänomens zu ergründen. Es wird allgemein angenommen, dass einerseits situative Faktoren sowie andererseits Persönlichkeitsmerkmale des Opfers und des Täters für das Auftreten von Mobbing verantwortlich sind. Forscher, die Mobbing als komplexen psychosozialen Prozess betrachten, lassen dem Arbeitsumfeld, der Organisation, allen Beteiligten und dem Wesen zwischenmenschlicher Interaktion in Organisationen eine maßgebliche Bedeutung zukommen.

Manche Mobbingforscher bescheinigen, dass Mobbingopfer im Durchschnitt ängstlicher, unterwürfiger und konfliktscheuer sind. Da es sich bei den Studien dazu ausschließlich um Querschnittsuntersuchungen handelt, sind die Befunde stark umstritten. Ohne Längsschnittstudien ist nicht auszuschließen, dass diese Unterschiede in der Persönlichkeit von Opfern nicht die Ursache, sondern die Folge von Mobbing sind.

Als weitere Ursache für Mobbing gilt die Persönlichkeit des Mobbers. Einige gehen davon aus, dass Menschen zu Mobbern werden, um ihr schwaches Selbstvertrauen zu kompensieren. Mobber benutzen demnach die Opfer als Prügelknaben und als Projektionsfläche für ihre eigenen negativen Emotionen. Untersuchungen von Dan Olweus (unter anderem Untersuchung von Stresshormonen und projektive Tests) unterstützen diese Annahme nicht. Seine Forschungsergebnisse weisen auf das Gegenteil hin; das heißt, dass die Täter im Durchschnitt selbstbewusster und weniger ängstlich sind. Leymann beruft sich auf eigene Forschungsergebnisse, wonach grundsätzlich jede Person Täter werden kann, wenn die situationsbezogenen Voraussetzungen passen.

Am weitesten verbreitet ist unter Forschern die Annahme, dass strukturelle Faktoren Mobbing auslösen. So ist Mobbing eine Waffe (soziale Sanktion) im innerbetrieblichen Wettstreit um knappe Ressourcen (Aufstiegspositionen, Arbeitsplatzsicherheit). Bei wachsender volkswirtschaftlicher Konjunktur nimmt das innerbetriebliche Mobbing daher ab, in der Rezession – wenn vor allem die Arbeitslosigkeit bedrohlicher wird – zu.

Äußerst schlechte Arbeitsorganisation und Produktionsmethoden wie etwa unklare Zuständigkeiten, Monotonie, Stress, allgemeine Mängel in der Kommunikations- und Informationsstruktur, ungerechte Arbeitsverteilung, Über- und Unterforderung, widersprüchliche Anweisungen, mangelnder Handlungsspielraum oder Kooperationszwänge gelten als Ursachen für Mobbing. Begünstigende Faktoren, wie etwa „Wasser predigen und Wein trinken“ seitens des Managements, Konkurrenz unter den Mitarbeitern oder eine Organisationskultur, die keine hemmenden Mechanismen gegen Mobbing hat, kommen hinzu. Tief greifende organisatorische Veränderungen gelten ebenfalls als Auslöser für Mobbing. Das Risiko, gemobbt zu werden, ist in Organisationen, in denen technologischer Wandel oder eine Änderung der Eigentümerstruktur stattfinden, deutlich größer.

Gewerkschaften und Forscher berichten, dass einige Unternehmen Mobbing als Strategie verwenden, um ihre Mitarbeiter zur Kündigung zu bewegen. Mittels Mobbing können Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer zur Kündigung bewegen und somit den Kündigungsschutz oder allfällige Abfindungszahlungen bei Arbeitgeberkündigung umgehen.

Auf der theoretischen Betrachtungsebene werden unterschiedliche soziale Phänomene angeführt, welche als Ursache für Mobbing herangezogen werden. Manche Experten nennen Stigmatisierung und Sündenbockphänomene als Ursachen. Heinemann beschreibt Mobbing als ein Ingroup/Outgroup-Phänomen, wo ein Individuum von einer sozialen Gruppe ausgeschlossen wird. Andere Forscher konstatieren, dass ein Konflikt die Ursache für Mobbing ist. Oswald Neubergers Ansicht, dass Mobbing ein eskalierter Konflikt ist, ist unter Mobbingforschern umstritten. Empirische Befunde zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Mobbing und Rollenkonflikt gibt.

Folgen

Mobbing hat weit reichende negative Folgen für die Gesundheit sowie für die berufliche und private Situation des Opfers, wobei insbesondere Neuberger darauf hinweist, dass die Täter-Opfer-Unterscheidung sehr problematisch, weil zu einfach, ist.

Regelmäßige feindselige Angriffe rufen negative Gefühle und starke Verunsicherungen bei den Betroffenen hervor, was zumeist nicht ohne Folgen auf ihr Arbeits- und Leistungsverhalten bleibt. 98,7 % der deutschen Mobbingopfer geben an, dass sich Mobbing darauf auswirkt. Am häufigsten nennen Opfer laut Mobbing-Report Demotivation (71,9 %), starkes Misstrauen (67,9 %), Nervosität (60,9 %), sozialen Rückzug (58,9 %), Ohnmachtsgefühle (57,7 %), innere Kündigung (57,3 %), Leistungs- und Denkblockaden (57,0 %), Selbstzweifel an den eigenen Fähigkeiten (54,3 %), Angstzustände (53,2 %) und Konzentrationsschwächen (51,5 %). Beruflich kann Mobbing zu Kündigung, Versetzung und Erwerbsunfähigkeit des Opfers führen.

Laut Mobbing-Report erkranken 43,9 % der Betroffenen wegen Mobbing, wovon fast die Hälfte davon länger als sechs Wochen krank wird. Posttraumatische Belastungsstörungen gelten beispielsweise als gesundheitliche Mobbingfolgen.

Die privaten und familiären Auswirkungen von Mobbing auf die Betroffenen sind vielschichtig. Zu den häufigsten Folgen gehören laut Mobbing-Report Unausgeglichenheit (23,7 %), soziale Isolation (21,6 %), Streit in der Familie beziehungsweise Partnerschaft (19,7 %), allgemeine Belastung (16,6 %), finanzielle Probleme (15,4 %), Antriebslosigkeit (13,9 %), Aggressivität (9,6 %), Überschattung des Privatlebens (9,6 %) und Depressionen (9,3 %).

Die Folgen von Mobbing gehen ganz erheblich über einen bloßen Verlust von Lebensqualität des Mobbingopfers hinaus. Sie führen oftmals zu massiven gesundheitlichen Schäden. Es ist von entsprechend hohen volks- und betriebswirtschaftlichen Kosten auszugehen: Schätzungen zufolge reichen diese finanziellen Schäden weit in den zweistelligen Milliardenbereich hinein. Sie sind verursacht durch Heilbehandlungen und Rehabilitationskuren oder gar Dauerarbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Frühverrentung der Betroffenen.

Dem einzelnen Unternehmen entstehen nennenswerte finanzielle Belastungen. Dazu gehören Minderleistung, Fluktuation und Fehlzeiten des von Mobbing betroffenen Mitarbeiters. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beziffert die betrieblichen Kosten eines durch Mobbing bedingten Fehltages auf 103 bis 410 Euro. Dazu kommt die wesentlich höheren „indirekten“ Kosten: direkte und indirekte Fehlerkosten, Kosten durch direkten Leistungsverlust der beteiligten Mitarbeiter, Kosten durch Störungen der sozialen Arbeitsgemeinschaft, Motivations- und Kreativitäts- und Imageverlust. Gesicherte Berechnungen zu den durchschnittlichen Kosten von Mobbingfällen gibt es noch nicht.

Prävention und Intervention

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, etwas gegen Mobbing zu unternehmen. In vielen Fällen (laut Mobbing-Report 22,5 %) sehen Mobbingopfer als einzigen Ausweg die eigene Kündigung. Von Seiten der Opfer und des Betriebes können Maßnahmen ergriffen werden, um Mobbing einzudämmen.

Praktiker empfehlen Betroffenen, dem Täter Grenzen zu setzen, soweit es ihnen möglich ist und sie sich in der dazu notwendigen seelischen Verfassung befinden. Es gilt als außerordentlich wichtig, dass das Opfer dem Mobber frühestmöglich ein klares „Stopp!“ signalisiert. Ansonsten kann sich der Täter bestätigt darin fühlen, ruhig weiter mobben zu können. Diese Aktion wirkt nach Esser/Wolmerath zweifach. Zum einen stellt sie eine innere Umkehr beim Betroffenen dar, sich nicht mehr als wehrloses Opfer zu fühlen. Zum anderen signalisiert die Aktion dem oder den Mobbern das Ende des „leichten Spiels“. Dabei sollte es dem Betroffenen klar sein, dass das erste Anzeichen einer Gegenwehr voraussichtlich zu einer Veränderung der Situation führt, bei der eine Eskalation wahrscheinlich ist. Es empfiehlt sich die Unterstützung eines Mobbingberaters zu suchen.

Betroffene, die den Täter nicht selber zur Rede stellen können, können sich Hilfe innerhalb des Betriebes suchen. Erster Ansprechpartner ist immer der Vorgesetzte, oder falls dieser am Mobbing beteiligt ist, dessen Vorgesetzter. Kollegen kommen genauso als Unterstützung in Frage. Gespräche mit dem Täter sollen grundsätzlich zu Dritt geführt werden. Der Dritte dient dabei als Zeuge, Katalysator, Moderator, Coach oder Mediator. Der Betriebsrat beziehungsweise der Personalrat kann als Interessensvertreter des Mitarbeiters als Partner für Mobbingopfer geeignet sein. Ganz besonders, wenn Führungskräfte am Mobbing beteiligt sind. Insbesondere in kleineren Firmen und im öffentlichen Dienst (Personalrat) kann es passieren, dass sich der Betriebsrat mit den Angreifern solidarisiert. Externe Beratungsstellen stellen eine weitere Anlaufstelle für Mobbingopfer dar. Als ein nützliches Hilfsmittel für Opfer gilt ein „Mobbingtagebuch“, in dem das Opfer den Verlauf der Mobbingsituation so genau wie möglich festhalten soll. Dabei hält der Betroffene jedes Mal die Uhrzeit und die jeweilige Situation fest, in der gemobbt wurde, wer welche Handlung begangen hat, wer mit anwesend war und die Situation eventuell mitbekommen hat, und wie er sich dabei gefühlt hat. Eventuelle körperliche oder gesundheitliche Reaktionen als Folge und der zeitliche Abstand, in dem sie aufgetreten sind, werden vermerkt.

Außerdem bietet sich in diesem Tagebuch die Möglichkeit, eventuelle Arztbesuche zu dokumentieren, die aufgrund der Vorfälle nötig sind. Im Falle einer Gerichtsverhandlung dient das Mobbingtagebuch als Hilfe zur Beweissicherung.

Betriebliche Strategien gegen Mobbing lassen sich in Prävention und Intervention einteilen.

Als zentrale Maßnahmen der Mobbingprävention gilt der Aufbau einer Organisations- und Führungskultur, die eine konstruktive Zusammenarbeit garantiert, in der jeder Einzelne von allen wertgeschätzt wird. Sekundäre Maßnahmen sind: Aufklärung (Broschüren, Plakate, Diskussionen, …), Installation einer betriebsinternen Infrastruktur gegen Mobbing am Arbeitsplatz (etwa Betriebsvereinbarung für Fairness am Arbeitsplatz), die systematische Sammlung von Daten über Mobbing im Betrieb oder die Beseitigung von betrieblichen Rollenkonflikten.

Bei der Intervention geht es zuerst darum, den Mobber zu stoppen. Mediation gilt als Möglichkeit in dieser Phase. Mediation bietet ausschließlich Erfolgschancen, wenn der Täter eine Lösung des Konfliktes möchte. Nachdem dem Mobber Einhalt geboten wurde, kommt der Unterstützung des Opfers eine gewichtige Bedeutung zu. Ebenso muss der Täter so unterstützt werden, dass er sein Verhalten nicht nur im aktuellen Fall, sondern grundsätzlich ändert. Psychotherapie, Selbsthilfegruppen und medizinische Therapien gelten als geeignete Unterstützungsmaßnahmen für das Opfer und den Täter.

Verantwortlich für die Gestaltung der Unternehmens- und Führungskultur, für den Arbeitsschutz und für die Intervention in konkreten Mobbing-Fällen ist der Arbeitgeber. Wenn er diese Aufgabe nicht nachweislich erfüllt, kann er vom Opfer arbeits- und zivilrechtlich belangt werden.

Rechtliche Situation

Die Gesetzgebung in Bezug auf Mobbing am Arbeitsplatz in unterschiedlichen Ländern ist stark verschieden. In manchen Ländern (etwa Schweden, Frankreich oder Spanien) gibt es gesetzlich verankerte Bestimmungen zum Schutz gegen Mobbing am Arbeitsplatz. In anderen Ländern besteht kein oder nur kaum Schutz gegen Mobbing, solange nicht einzelne Handlungen rechtliche Tatbestände erfüllen. 

Literatur

Wissenschaftliche Literatur zu Mobbing am Arbeitsplatz

  • Brinkmann, R. (2002): Mobbing.Bullying.Bossing. Treibjagd am Arbeitsplatz. I.H. Sauer Verlag Heidelberg (2. Auflage).
  • Heinz Leymann: Mobbing – Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann. Rowohlt, Hamburg 1993.
  • Oswald Neuberger: Mobbing – Übel mitspielen in Organisationen. Hampp, München 1994.
  • Klaus Niedl: Mobbing/Bullying am Arbeitsplatz – Eine empirische Analyse zum Phänomen sowie zu personalwirtschaftlich relevanten Effekten von systematischen Feindseligkeiten. Hampp, München 1995.

 

Quelle

Mobbing in der Wikipedia

Motivation

Motivation (von lat. motus, „Bewegung“) bezeichnet in den Humanwissenschaften sowie in der Ethologie einen Zustand des Organismus, der die Richtung und die Energetisierung des aktuellen Verhaltens beeinflusst. Mit der Richtung des Verhaltens ist insbesondere die Ausrichtung auf Ziele gemeint. Energetisierung bezeichnet psychische Kräfte, die das Verhalten antreiben. Ein Synonym von Motivation ist „Verhaltensbereitschaft“.  

Motive

Ein Motiv bezeichnet in der Psychologie eine relativ stabile Persönlichkeitseigenschaft, die durch eine Vorliebe für bestimmte Arten von Zielen zum Ausdruck kommt. Synonym wird oft der Begriff Bedürfnis (engl. need) verwendet. Primäre Motive wie das Nahrungs- und das Kältevermeidungsmotiv, die auf physiologischen Vorgängen beruhen, werden von sekundären Motiven unterschieden, die stärker auf psychologische Prozesse zurückgehen.

Die empirisch am besten erforschten sekundären Motive sind das Leistungsmotiv, das Machtmotiv und das Anschlussmotiv. Das Leistungsmotiv ist definiert als Bedürfnis, sich mit einem Gütemaßstab auseinanderzusetzen, das Machtmotiv als ein Bedürfnis, Einfluss auf andere Menschen auszuüben, und das Anschlussmotiv als ein Bedürfnis nach positiven sozialen Beziehungen. Sekundäre Motive werden traditionell mit dem Thematischen Auffassungstest bzw. dem Thematischen Apperzeptionstest (TAT) gemessen.

Nach traditioneller Auffassung wird das Motiv einer Person durch thematisch entsprechende Anreize in der Umwelt „angeregt“. Das Leistungsmotiv wird etwa dann angeregt, wenn die Person die Aussicht hat, sich mit einem Gütemaßstab messen zu können. Dies führt zu einer Motivation, den Anreiz aufzusuchen oder zu meiden. 

Psychologie

Die Motivationspsychologie ist eine Teildisziplin der Psychologie, welche die Richtung, Ausdauer und Wirkungsstärke (Intensivität) von Verhalten erforscht. Obwohl differential- und entwicklungspsychologische Aspekte in der Motivationspsychologie eine große Rolle spielen, wird die Disziplin häufig der Allgemeinen Psychologie zugerechnet.

Die empirische Psychologie erklärt Unterschiede in der Wahl von Zielen, in der Ausdauer und in der Anstrengungsbereitschaft durch das Zusammenspiel von Persönlichkeitseigenschaften, aktuellen Zuständen des Organismus und Situationsmerkmalen. Als Methoden kommen vor allem psychologische Testverfahren und Experimente zum Einsatz.

Nach lerntheoretischer Auffassung ist die Motivation abhängig vom Bedürfniszustand des Organismus in Verbindung mit entsprechenden inneren (intraorganismischen) oder äußeren Reizen. Die äußeren Reize können soziale (interorganismische; beim Menschen: interpersonelle) Signale, aber auch Merkmale unbelebter Objekte sein. 

Zwei Gruppen von Motivationsmodellen

Inhaltsmodelle können von Prozessmodellen unterschieden werden. Während Inhaltsmodelle menschliches Verhalten allein aufgrund bestimmter psychischer Inhalte erklären, führen Prozessmodelle das Verhalten auch auf bestimmte physische Vorgänge zurück.

Inhaltsmodelle

Diese Modelle beschäftigen sich mit Inhalt, Art und Wirkung von Motiven. Eine Taxonomie von Motiven wird geboten und bestimmt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten welche Motive verhaltensbestimmend werden.

  • Bedürfnispyramide von Abraham H. Maslow
  • Die ERG-Theorie von Clayton P. Alderfer (Existence – Relatedness – Growth)
  • Allgemeine Psychologie:
    • Die Leistungsmotivationstheorie / Motivtheorie von David McClelland
    • Das Modell von Steven Reiss
  • Arbeitspsychologie:
    • Die Theorie X und Theorie Y von Douglas McGregor
    • Die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg
    • Die Theorie von Mausner & Snyderman

Prozessmodelle

Diese Modelle versuchen zu erklären, wie Motivation formal und losgelöst von Bedürfnisinhalten entsteht und auf das Verhalten wirkt. Das Ziel des Verhaltens ist unbestimmt, aber das Individuum will den subjektiv erwarteten Nutzen maximieren.

  • Gleichgewichtstheorien (z. B. das Zürcher Modell von Norbert Bischof)
  • Das Zirkulationsmodell Lyman W. Porter und Edward E. Lawler
  • Das Rubikonmodell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer
  • Das Erweiterte Kognitive Motivationsmodell von Heinz Heckhausen
  • Die Equity-Theorie von John Stacey Adams (1965)
  • Die Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie von Victor Harold Vroom
  • Das Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation von Heinz Heckhausen (1972/1975)
  • Die Theorie der Selbstregulation von Bandura (1991)


Einzelne Modelle im Detail

Rubikon-Modell

Ein einfaches eindimensionales Motivationsmodell bezeichnet eine Schwellenmotivation beim Überschreiten einer imaginären Grenze. Diese Rubikon-Motivationsstrategie erhielt ihren Namen vom Angriff Caesars gegen Rom zu Zeiten des Bürgerkrieges. Als er mit seinem Heer den Fluss Rubikon überschritt (Alea iacta est!), gab es für sie kein Zurück mehr. Das war allen Soldaten klar und ging als „Motivationskonzept“ in die Psychologie ein. Das entsprechende Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen teilt den Handlungsstrom in folgende vier Phasen ein:

  1. Abwägen
  2. Planen
  3. Handeln und
  4. Bewerten


Besonderes Gewicht liegt auf der Unterscheidung der Phasen des Abwägens und des Planens, die durch die Intentionsbildung getrennt sind. Während vor der Intentionsbildung Informationen über Erwartung und Wert von Handlungsergebnissen und Handlungsfolgen unvoreingenommen berücksichtigt werden, ist die Informationsverarbeitung nach der Intentionsbildung parteiisch auf die Erhaltung und Realisierung der Intention ausgerichtet. Dies führt Heckhausen auf volitionale Prozesse zurück.

Motivklassifikation von Maslow

Die Maslowsche Bedürfnishierarchie wird oft als Maslowsche Bedürfnispyramide bezeichnet und beruht auf einem vom US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow entwickelten Modell zur Beschreibung der Motivationen von Menschen. Die menschlichen Bedürfnisse bilden die „Stufen“ der Pyramide und bauen dieser eindimensionalen Theorie gemäß aufeinander auf. Der Mensch versucht demnach zuerst, die Bedürfnisse der niedrigen Stufen zu befriedigen, bevor die nächsten Stufen Bedeutung erlangen. Obwohl diese Klassifikation menschlicher Bedürfnisse empirisch kaum belegt ist, ist sie bis heute sehr populär.

Fünf-Grundmotivationen-Modell

Andere, z. B. Werner Correll, nennen folgende fünf Grundmotivationen des Menschen: soziale Anerkennung, Sicherheit und Geborgenheit, Vertrauen, (kompromisslose) Selbstachtung sowie Unabhängigkeit und Verantwortung.

Intrinsische und extrinsische Motivation (Zwei-Faktoren-Modell)

Es wird zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterschieden. Das Konzept beschreibt unterschiedliche psychologische Anreizmodelle für das menschliche Verhalten. In der Pädagogik wird intrinsische Motivation auch als Primärmotivation, extrinsische als Sekundärmotivation bezeichnet.

  • Primärmotivation: Diese ergibt sich aus den Grundbedürfnissen der Menschen. Jeder Mensch hat Hunger und braucht Nahrung. Wenn ein Mensch friert, hat er das natürliche Bedürfnis nach Kleidung und Wärme. Primäre Motivation bezieht sich also auf jenen Bedarf von uns Menschen an Dingen, ohne die wir nicht überleben könnten (siehe auch Defizitbedürfnisse nach Maslow).
  • Sekundärmotivation: Sekundäre Motivation entwickelt sich aus unserem Umfeld, unseren Lebensumständen heraus. So sehnen wir uns nach sozialen Kontakten sowie Sicherheit und Anerkennung in unserer Gesellschaft (siehe auch Wachstumsbedürfnisse nach Maslow).

Hieraus hat sich die etwas differenziertere Betrachtung intrinsischer und extrinsischer Motivation entwickelt (Nach Edward L. Deci und Richard M. Ryan):

Intrinsisch motivierte Verhaltensweisen

  • Intrinsisch motivierte Verhaltensweisen gelten als Prototyp selbstbestimmten Verhaltens. Das Handeln stimmt mit der eigenen Auffassung überein. Man ist bestrebt, eine Sache voll und ganz zu beherrschen.
  • Intrinsische Motivation beinhaltet Neugier, Spontanität, Exploration und Interesse an den unmittelbaren Gegebenheiten der Umwelt.
  • Primär sind interessenbestimmte Handlungen zu erkennen, deren Aufrechterhaltung keine externen oder intrapsychischen Anstöße, wie Versprechungen oder Drohungen, benötigt. Diese Motivation nimmt allerdings ab, wenn man Versuchspersonen extrinsische Belohnungen wie z. B. Geld oder Auszeichnungen für eine ursprünglich intrinsische Aktivität anbietet.

Extrinsisch motivierte Verhaltensweisen

  • Extrinsisch motivierte Verhaltensweisen treten in der Regel nicht spontan auf, sie werden vielmehr durch Aufforderungen in Gang gesetzt, deren Befolgung eine (positive) Bekräftigung erwarten lässt, oder die auf andere Weise instrumentelle Funktion besitzen, wie z. B. Ranglisten oder Noten.
  • Handlungen, die mit instrumenteller Absicht durchgeführt werden, um eine von der Handlung separierbare Konsequenz zu erlangen, zielen auf Sicherheit und Anerkennung in unserer Gesellschaft.
  • Extrinsische Motivatoren, die in den Handlungsablauf einer eigentlich intrinsisch motivierten Tätigkeit eingeführt werden, unterminieren das Gefühl der Selbstbestimmung.

Intrinsische und extrinsische Motivation schließen sich nicht grundsätzlich aus und können zugleich in derselben Tätigkeit wirken. Allerdings sind beide nicht einfach kumulierbar: Extrinsische Motivation, die z. B. durch künstliche Anreize eine vorhandene intrinsische Motivation teilweise oder ganz verdrängt und die Wertigkeit der Handlungsfolgen durch den sog. Korrumpierungseffekt verschiebt, stellt häufig auf lange Sicht das dominante Antriebskonzept für die Psyche des Menschen dar. Die Ursache dafür liegt in den Strukturen unserer Leistungsgesellschaft, welche vorhandene intrinsische Motivation oft durch mitunter schädliche extrinsische Anreize nicht zur Geltung kommen lässt.

Ein anderes Beispiel für eine spezifische Form intrinsischer Motivation ist die Neugiermotivation, welche gerade für die Entwicklungspsychologie eine besondere Rolle spielt. Gelingt es pädagogisch die angeborene Neugier des Menschen bis in das Erwachsenenalter zu halten, ist durch die hierdurch folgende hohe Eigenmotivation des Menschen ein besonderer Erfolg im Leben wahrscheinlich.

Wenn immer möglich, sollte daher versucht werden die Primärmotivation zu fördern. Dies wird zum Beispiel durch gezieltes Nachfragen der inneren Visionen ermöglicht und durch Übertragung von Kompetenzen oder Vorbildern bzw. durch das Schaffen einer geeigneten Lernumgebung (Montessori-Pädagogik). In der Arbeitspsychologie gilt verkürzt: Der richtige Mann am richtigen Platz.

X- und Y-Theorie von McGregor

Nach Douglas McGregor sind Menschen entweder bestrebt Arbeitsaufwand zu vermeiden, grundsätzlich träge und faul und erwarten Belohnung bzw. Bestrafung (Theorie X) oder suchen Verantwortung, haben Interesse an einer sinnvollen Betätigung und Leistungswettbewerb (Theorie Y). Dabei werden den beiden Charakteren gegensätzliche Attribute zugeschrieben:

X-Theorie: Passivität, Antriebsarmut, Desinteresse, Drückebergerei, braucht Kontrolle, Indianer bzw. re-aktiv. Dieser Modell-Typus braucht einen eher autoritären Führungsstil.

Y-Theorie: Engagiert, Fleißig, interessiert, sucht Verantwortung, setzt sich Ziele, Eigenmotiviert, Häuptling bzw. pro-aktiv. Dieser Modell-Typus wird durch ein positives Erleben in der Tätigkeit selber motiviert. Spaß, Freude oder Interesse an der Tätigkeit stehen im Vordergrund und nicht die Belohnung für eine Handlung oder die Vermeidung von Strafe. Er ist entweder bereits Führungskraft oder hat zumindest Führungspotential und braucht einen kooperativen Führungsstil.

Reiss-Modell der Kausalattribution (Reiss Profile)

Die Attributionstheorie hat gezeigt, dass die zugeschriebene Lokation und Stabilität von Erfolg und Misserfolg eigener Handlungen die affektiven Handlungsfolgen sowie die Erwartung zukünftigen Erfolgs beeinflusst. Wird Misserfolg etwa auf mangelnde Fähigkeit zurückgeführt, so sind negative Affekte und die Erwartung weiteren zukünftigen Misserfolgs die Folge.

Neben diesen oben genannten drei Motiven hatte William McDougall 1932 eine Liste von 16 Basismotiven vorgeschlagen. Es folgten weitere Ansätze verschiedener Autoren mit Listen relevanter Motive in der Humanpsychologie. Der US-amerikanische Testanalytiker und Motivationsforscher Steven Reiss, Professor für Psychologie und Psychiatrie an der Ohio State University führte schließlich erneut das menschliche Verhalten auf 16 relevante Lebensmotive zurück. Nach der im Jahr 2000 veröffentlichten Untersuchung mittels empirischer und testanalytischer Befragung von über 20.000 Männern und Frauen aus den USA, Kanada, Japan und Europa entwickelte Reiss eine komplexe, nicht hierarchische Ordnung der intrinsischen Grundmotive des Menschen:

  • Macht (Streben nach Erfolg, Leistung, Führung)
  • Unabhängigkeit, Teamorientierung,(Streben nach Freiheit, Autarkie)
  • Neugier (Streben nach Wissen und Wahrheit)
  • Anerkennung (Streben nach sozialer Akzeptanz, Zugehörigkeit und positivem Selbstwert)
  • Ordnung (Streben nach Stabilität, guter Organisation)
  • Sparen / Sammeln (Streben nach dem Anhäufen materieller Güter)
  • Ehre, Ziel- & Zweckorientierung,(Streben nach Loyalität und charakterlicher Integrität)
  • Idealismus (Streben nach sozialer Gerechtigkeit und Fairness)
  • Beziehungen (Streben nach Freundschaft, Kameradschaft, Humor)
  • Familie (Streben nach eigenen Kindern, Familie)
  • Status (Streben nach Reichtum, sozialer Status)
  • Rache/Wettkampf (Streben nach Konkurrenz, Kampf, Vergeltung)
  • Eros, Schönheit (Streben nach erotischem Leben, Sexualität und Schönheit)
  • Essen (Streben nach Essen und Nahrung)
  • Körperliche Aktivität (Streben nach Fitness und Bewegung)
  • Emotionale Ruhe (Streben nach Entspannung und emotionaler Sicherheit)

Das Reiss Profile wird international kommerziell vermarktet.

PSI-Theorie

Die Persönlichkeits-System-Interaktionens-Theorie („PSI-Theorie“) von Julius Kuhl ist eine Theorie der willentlichen Handlungssteuerung, welche motivationale, volitionale, kognitive, entwicklungs- und persönlichkeitspsychologische Theorien zu integrieren versucht.

Die Theorie nimmt an, dass die Verbindungen zwischen psychologischen Subsystemen durch Veränderungen im positiven und negativen Affekt moduliert werden. Motivationale Intelligenz soll sich nur dann entwickeln können, wenn eine positive Grundstimmung die Grundlage dafür schafft, Affekte zu regulieren und auch schmerzhafte Erfahrungen zu integrieren.

Tests zur Messung dieser motivationalen Intelligenz sind käuflich erhältlich.

Die PSI-Theorie bietet auch eine Erklärung dafür, dass intrinsische Motivation durch materielle Anreize zerstört wird. Wenn ein Verhalten fast nur durch äußere Anreize (Anweisungen, Belohnung) gesteuert wird, sinkt die innere Beteiligung. Dadurch wird die Selbstmotivierungsfunktion, die für das Erlebnis sorgt, dass die Freude der Tätigkeit selbst entspringt (Flow), außer Kraft gesetzt (sog. Korrumpierungs- oder Overjustification-Effekt).

Erwartungs-mal-Wert-Modelle

Seit der sog. Kognitiven Wende wird Motivation oft als eine multiplikative Verknüpfung von Erwartung und Wert konzipiert (zum Beispiel von John William Atkinson 1957, ausgeprägter 1964). Gemäß diesen Erwartungs-mal-Wert-Modellen geht Motivation auf die Erwartung bestimmter Handlungsergebnisse und Handlungsfolgen sowie auf deren (positive oder negative) Bewertung zurück. Diese Modelle werden auch als Erwartungs-Valenz-Modelle bezeichnet.

Erwartung: Wahrscheinlichkeit des Eintritts

Valenz: Attraktivität eines Ziels

Integriertes Motivationsmodell von Heinz Schuler

Schuler (1991) und Schuler & Prochaska (2000) stellen ein Motivationsmodell vor, welches die bisherigen Ansätze in einer Theorie integriert. Insbesondere wird in diesem neuen Modell die klassische Trennung von reinen Motivationsbedürfnissen (sensu "nAch" von Murray) und Machtmotiven aufgegeben und das soziale Machtmotiv (Dominanz, Wettbewerbs- sowie Statusorientierung) mit klassischen Elementen der Motivationsvorschung kombiniert (z.B. Engagement, Anstrengungsberitschaft, Beharrlichkeit oder Zielsetzung als nicht-soziale Motive). Dieses wegen seiner Untergliederung in Kernfacetten und Randfacetten der Leistungsmotivation auch als "Zwiebelringmodell der Leistungsmotivation" bezeichnete Verständnis findet seine Praxisentsprechung in dem Leistungsmotivationsinventar (LMI) (Schuler & Prochaska, 2000) resp. dem englischsprachigen Achievement Motivation Inventory (AMI) von Schuler, Thornton, Frintrup & Mueller-Hanson, 2003). Beide Verfahren unterscheiden die nachfolgenden Messbereiche:

  • Beharrlichkeit
  • Dominanz
  • Engagement
  • Erfolgszuversicht
  • Flexibilität
  • Flow
  • Furchtlosigkeit
  • Internalität
  • Kompensatorische Anstrengung
  • Leistungsstolz
  • Lernbereitschaft
  • Schwierigkeitspräferenz
  • Selbstständigkeit
  • Selbstkontrolle
  • Statusorientierung
  • Wettbewerbsorientierung
  • Zielsetzung

Motivation und Gefühl

Dass ein rein kognitiv orientierter Motivationsbegriff zu kurz greife ist in jüngster Zeit nicht nur in der phänomenologisch-sprachanalytisch ausgerichteten Philosophie, sondern auch in der Psychologie geltend gemacht worden. Vielmehr sei auch der gesamte Bereich des Fühlens als Motivationsfaktor einzubeziehen. Dies legen auch viele alltagssprachliche Formulierungen nahe: Wir gehen z. B. ins Kino, weil wir „Lust“ dazu haben. Wir meiden Menschen und Situationen, die wir „nicht leiden“ können. Wir geben als Grund für ein Verhalten oder Interesse an, es mache „Spaß“, „Freude“. Wir essen, weil es schmeckt, suchen nach Wohlbehagen, Schönheit, Entspannung, Schmerzfreiheit, weniger Leiden usw.

Nicht kognitiv sind viele Gefühle deshalb, weil beim Erleben eines angenehmen, bzw. unangenehmen Gefühls nicht notwendig gedanklich erfasst werden muss, worum es sich handelt. Lust oder Wohlbehagen beispielsweise werden auch dann noch gefühlt, wenn weder der Grund bzw. die Ursache bekannt ist, noch überhaupt ein Verständnis vorausgeht oder folgt. Bei solchen Gefühlserfahrungen ist demgemäß auch keine Verbalisierung notwendig. Die mögliche kognitive Komponente ist dann sekundär. Analoges gilt für negative Gefühle, die ebenfalls einen nicht-kognitiven Motivationsfaktor abgeben können, wie z. B. Angst, Schmerz oder Depression.

Eine Präzisierung erfuhr diese Auffassung in einer nochmaligen Erweiterung des „Erweiterten Kognitiven Motivationsmodells“ von Heckhausen durch Falko Rheinberg (vgl. Rheinberg, 2004). Darin werden die Anreize zu einer Handlung nicht nur in den eigentlich erwünschten Folgen der Handlung gesehen, sondern auch in den positiven Zuständen, die mit der Handlung selbst verbunden sind (vgl. hierzu auch das Flow-Konzept). In ähnlicher Form finden sich Emotionen auch in anderen aktuellen Motivationsmodellen, beispielsweise als „intrinsischer Aufgabenwert“ in der „Theory of Achievement-Related Choices“ von Jackie Eccles oder als die über semantische Differentiale erhobenen Einstellung im Rahmen der Theorie des geplanten Verhaltens „Theory of Planned Behavior“ von Icek Ajzen. 

Typische Motivationsmuster

Sind in einer Motivation sowohl kognitive wie auch emotionale Komponenten wirksam und stehen diese im Widerspruch, dann kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass die emotionale Komponente dahin tendiert, zu dominieren und die kognitive Komponente zu verdrängen.

Beispiel: Vertrete ich die Überzeugung, dass man im Krieg als Soldat tapfer sein sollte (Wert der „Tapferkeit“ als kognitive Motivation), habe ich aber dabei starke Angstgefühle (Angst als „emotionale“ Motivation), dann behält in vielen, wenn nicht sogar in den meisten Fällen der emotionale Motivationsfaktor die Oberhand. Oft geschieht dies unbewusst oder indem ein anderer als der tatsächliche Grund geltend gemacht wird, z. B. indem man argumentiert, der Kriegsgrund sei nicht plausibel oder unmoralisch und daher abzulehnen („Rationalisierung“).

Ein anderes typisches Reaktionsmuster innerhalb von Motivationen betrifft die zeitliche Hierarchie handlungsauslösender Faktoren. Erlebt man eine Reihe von negativen Erfahrungen, aufgrund derer eigentlich davon auszugehen wäre, dass sie demotivierend wirken, erfährt man aber danach eine positive Motivation in Bezug auf dieselbe Sache oder Situation, jedoch aus anderen Gründen, dann tendiert die letztere Erfahrung dahin, in der Motivation zu dominieren. Beispiel: In einer Ehe gibt es viel Streit und Meinungsverschiedenheiten, in der Folge aber besseres Verständnis oder befriedigenderen Sex. In diesem Fall erweist sich meist die letzte Erfahrung in der Motivation als stärker (z. B. zusammen zu bleiben oder sich zu trennen.) Auffallend ist dabei, dass keine zahlenmäßige oder qualitative Aufrechnung vollzogen wird, sondern die letzte Erfahrung dominiert. 

Anwendungen der Motivationspsychologie

Die Erkenntnisse der Motivationspsychologie spielen in folgenden angewandten Bereichen eine Rolle:

  • Soziale Beziehungen: Generell bilden die individuellen Motivationsstrategien der Menschen eine wesentliche Grundlage für das subjektive Empfinden von Sympathie und Antipathie. Liegen ähnliche Bedürfnislagen vor, finden sich leicht Partnerschaften.
  • Konsumforschung: Die Frage, auf welcher Basis Menschen Konsumentscheidungen treffen, ist eng mit der Frage nach Konsummotiven (wie Statusdemonstration oder Gruppenzugehörigkeit) verknüpft.
  • Verkaufspsychologie: Die Bedürfniserfassung des Kunden zur gezielten Gestaltung von Kaufanreizen als Abwandlung der allgemeinen Handlungsanreize aus der Motivationsforschung.
  • Arbeits- und Organisationspsychologie: Die Motivation der Mitarbeiter ist häufig ein entscheidender Faktor für die Produktivität eines Unternehmens oder Behörde.
  • Gesundheitspsychologie: Motivationale Faktoren haben Einfluss auf präventives Gesundheitsverhalten und auf die Compliance.
  • Klinische Psychologie: Motivationale Faktoren werden zur Erklärung psychischer Störungen, z. B. der Depression, herangezogen.
  • Pädagogische Psychologie: Die Motivation von Schülern und Lehrern hat Auswirkungen auf den Schulerfolg.
  • Sportpsychologie: Die Motivation von Sportlern hat Auswirkungen auf die Leistung.
  • Lernen durch Lehren (LdL): Bedürfnistheoretisch begründete Unterrichtsmethoden

Feststellung von Motivation

Neben Beobachtung und recht unzuverlässigen Interviewmethoden bietet die Eignungsdiagnostik aus dem Bereich der Personalwirtschaft einige verlässliche Verfahren an, um die Motivationslage des Menschen festzustellen. Von zentraler Bedeutung hierbei ist die grundlegende Tatsache, dass dem weit verbreiteten Missverständnis begegnet werden sollte, es sei wichtig, dass ein Mensch motiviert ist.

Vielmehr darf prinzipiell festgestellt werden, dass jeder Mensch eine ihm eigene Motivationslage bzw. ein Geflecht von Antrieben und Handlungsstrategien besitzt, das ihn bei seiner Wahl der jeweils als für ihn selbst optimal empfundenen Handlungsweise zumeist unbewusst leitet. Es stellt sich also nie die Frage ob ein Mensch motiviert ist, sondern wie er motiviert ist.

Mit dieser Erkenntnis darf nicht verwechselt werden, dass sog. pro-aktiv motivierte Menschen, welche über einen höheren Reflektionsgrad darüber verfügen, was sie antreibt und wie sie diese Bedürfnisse gezielt einsetzen können, um sich selbst zu motivieren, zumindest im Arbeits- und Leistungsprozess höher angesehen werden als Menschen, denen ihre Motivationskonzepte nicht so bewusst sind und die daher als re-aktiv bezeichnet werden. Letztgenannte Menschen brauchen häufig ein externes Anreizkonzept, das sich ihrer persönlichen Präferenzen und Erfahrungen bedient, sind aber vom Prinzip her nicht weniger stark motiviert, z. B. Strafe zu vermeiden oder einen unangenehmen Kontext zu verlassen.

Einen derart sekundär motivierten Menschen als nicht motiviert zu bezeichnen, darf als fachlich unhaltbare Verkürzung gelten. Auch kann die Pauschalisierung möglicher Handlungsmotive nach Mc Gregor auf faule und träge Menschen bzw. fleißige und selbstmotivierte Akteure nicht überzeugen. Dieses Menschenbild entspricht in keiner Weise mehr den heutigen Erkenntnissen zur Handlungsmotivation und den Aussagen der modernen Psychologie, die für jede Vermeidungsstrategie auch ein Motiv sucht und in der Zielkonflikte, insbesondere innerer und oft unbewusster Ziele sich in keinem Fall nur durch die Beschreibung von Leistungsverweigerung erfassen lassen.

Die breite Masse der Menschen, weil sie nicht in Leitungsfunktion stehen, empfindet ihre Arbeit allerdings tatsächlich eher als unbequeme Notwendigkeit und entwickelt demnach mehr oder weniger offen erkennbare Strategien zur Leistungsvermeidung und sind extrinsisch, also aufgrund der Bezahlung und nicht durch die Arbeit als solche motiviert. Viele Menschen sehen die Belohnung für ihre Handlungen und die damit mögliche Anerkennung im sozialen Kontext (Partnerwahl, Machterhalt, Statusgewinn) als Hauptantrieb für ihre Tätigkeit an und müssen nach Mc Gregor tatsächlich auch eher streng geführt werden.

Die Motivationslage eines intrinsisch motivierten Menschen korrespondiert hierbei mit einem höheren Status der tatsächlichen Bedürfnislage des Betreffenden, der seine Grund- und Existenzbedürfnisse (Defizitbedürfnisse) hier häufig als gesichert betrachtet und seine höheren Wachstumsbedürfnisse, insbesondere das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (siehe Maslowsche Bedürfnispyramide) im Vordergrund sieht. Auch das Flow-Erleben kann intrinsischer Motivation zu Grunde liegen. 

Neurobiologie der Motivation

Motivation veranlasst einen Organismus zu zielgerichtetem Verhalten. Unser Wissen über die Neurobiologie der Motivation ist noch sehr beschränkt. Es entstammt im Wesentlichen der Suchtforschung, der Untersuchung hirngeschädigter Menschen und Tierversuchen.

Zielgerichtetes Verhalten ist beim Menschen und bei Versuchstieren nur beobachtbar, wenn bestimmte Teile des Gehirnes intakt sind. Dabei handelt es sich um

  • Vorderes Cingulum (ein Teil des Frontalhirns)
  • Ventrales Tegmentum (VTA, Teile des Mittelhirns)
  • Nucleus accumbens
  • Ventrales Pallidum (Teil der Basalganglien)
  • Nucleus medialis dorsalis thalami (Teil des Thalamus)

Sind diese Regionen geschädigt, können, je nach Schweregrad, folgende Störungen der Motivation auftreten

  • Apathie
  • Abulie
  • Akinetischer Mutismus

Auch Schäden anderer Hirnareale, die Teile des Belohnungssystems sind, können zu Motivationsstörungen führen. 

Motivation in der Wirtschaft

Oft wird der Begriff heute im Zusammenhang mit: Identifikation mit der eigenen Firma gebraucht. Nach vielen neuen Untersuchungen leidet diese in Deutschland zusehends. Dies kann u. a. zu abnehmender Motivation und Arbeitsmoral sowie zur Zunahme von für die Firma schädigenden Vermögensdelikten führen. Im Jahr 2002 hat beispielsweise das Gallup erstmals belegt, dass deutsche Arbeitnehmer im europäischen Vergleich unverändert schlecht motiviert sind. Nur 15 Prozent der Mitarbeiter seien demnach engagiert im Job. In beinahe jedem Unternehmen, für das Gallup Beratungsarbeit geleistet hat, stellte sich das Verhältnis von „engagierten“ zu „aktiv unengagierten“ Mitarbeitern im Verhältnis 1:1 dar. Gallup konnte zudem feststellen, dass gutes, mitarbeiterfokussiertes Management den Schlüssel zum Anheben des Engagementlevels darstellt.

Wird hingegen ein Mitarbeiter entlassen, so empfinden das Arbeitnehmerkollegen in den meisten Fällen als ungerecht. Sowohl Entlassungen als auch Einkommenskürzungen sind allerdings regelmäßiger Bestandteil von Rationalisierungsprogrammen und gehören zum Berufsalltag (unabhängig davon ob es dem Unternehmen wirtschaftlich schlecht oder gut geht). Dies erschwert nach einer Untersuchung von Struck und Stephan (2006) die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen zusätzlich. Über 40 Prozent der Befragten erlebten in ihrem Unternehmen während der letzten fünf Jahre betriebsbedingte Entlassungen und 25 Prozent berichten von Einkommenskürzungen mit entsprechenden Identifikations- und Motivationseinbrüchen. 

Motivation im Sport

Sportliche Leistungsmotivation ist eine zentrale Erklärungsvariable sportlicher Leistungen (Frintrup & Schuler, 2007). Sie kann ergänzend zu physiologischen Parametern Varianz sportlicher Leistungen aufklären. Zur Messung sportbezogener Motivation liegen im deutschsprachigen Raum drei Verfahren vor: AMS Sport (Elbe, 2002), SOQ Sport Orientation Questionnaire (deutsche Übersetzung von Elbe, 2004) und der Sportbezogene Leistungsmotivationstest SMT (Frintrup & Schuler, 2007). Zu letzteren Verfahren liegen sportpsychologische Validierungsuntersuchungen vor, die inkrementelle Validität über AMS Sport und SOQ ausweisen (die inkrementelle Validität des SMT beträgt je nach Kriterium und Sportart bis zu ?R².17 resp. ?R².16). Die Kriterienbezogene Validität der Einzelverfahren betragen (jeweils unkorrigiert) R=.55 (SMT), R=.24 (AMS) und R=.41 (SOQ) (vgl. Olofsson, A., Frintrup, A. & Schuler, H., 2008). Hierdurch wird der nachhaltige Nutzen einer sportpsychologischen Motivationsdiagnostik jenseits der Verwendung rein physiologischer Leistungsprädiktoren dokumentiert. 

Literatur

Fachliteratur

  • Deckers, L. (2005): Motivation – Biological, Psychological, and Environmental, 2. Auflage. Boston: Pearson.
  • Heckhausen, H. & Heckhausen, J. (2006): Motivation und Handeln. Berlin: Springer.
  • Kehr, H. (2004): Motivation und Volition. Göttingen: Hogrefe.
  • Kuhl, J. (2001): Motivation und Persönlichkeit. Interaktionen psychischer Systeme. Göttingen: Hogrefe.
  • McClelland, D.C. (1985): Human Motivation. Cambridge, MA: Cambridge University.
  • Olofsson, A., Frintrup, A. & Schuler, H. (2008): Konstrukt- und Kriterienvalidierung des Sportbezogenen Leistungsmotivationstests SMT. In: Zeitschrift für Sportpsychologie. 15, 2, S. 33-44.
  • Schuler, H. (1991) Beurteilung und Förderung beruflicher Leistung. Verlag für Angewandte Psychologie, Göttingen 1991.
  • Prochaska, M. (1998): Leistungsmotivation – Methoden, soziale Erwünschtheit und das Konstrukt. Lang, Frankfurt 1998.
  • Schuler, H. & Prochaska, M. (2000): Entwicklung und Konstruktvalidierung eines berufsbezogenen Leistungsmotivationstests. In: Diagnostica. 46, 2, 2000, S. 61–72.
  • Rheinberg, F. (2006): Motivation, 6. Auflage. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Lahninger, P. (2005): Widerstand als Motivation, Münster: Ökotopia.

Motivationstechniken

  • Martens, J.U. & Kuhl, J. (2005): Die Kunst der Selbstmotivierung. Neue Erkenntnisse der Motivationsforschung praktisch nutzen. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Scheffer, D. & Kuhl, J. (2006): Erfolgreich motivieren. Mitarbeiterpersönlichkeit und Motivationstechniken. Göttingen: Hogrefe.

Quelle

Motivation in der Wikipedia

Neurolinguistisches Programmieren (NLP)

Kommunikationsmodell, das von Richard Bandler und John Grinder in den 70er Jahren in den USA entwickelt wurde. Die Interventionsmethoden des Neurolinguistischen Programmierens (NLP) wurden aus den Vorgehensweisen populärer Vertreter therapeutischer Ansätze entwickelt. Dazu wurde des Verhalten von Milton H. Erickson (Hypnotherapie), Virginia Satir (Familientherapie), Frederick S. Perls (Gestalttherapie) und Gregory Bateson (systemische Ansätze) von Bandler und Grinder analysiert. Ergebnis war das Kommunikationsmodell des NLP, das das erfolgreiche Verhalten der analysierten Therapeuten durch beobachtbare Muster verständlich und somit für andere Personen nachvollziehbar und nutzbar machen soll. NLP wird bis heute u.a. von Robert Dilts (USA) und Thies Stahl (Deutschland) weiterentwickelt. 

Selbstverständnis als „Methodenbündel/Werkzeugkasten“

NLP befasst sich im weitesten Sinn mit menschlicher Kommunikation. NLP kann als eine auf stetige Weiterentwicklung angelegte Methodensammlung angesehen werden. Anhänger dieser Sichtweise betrachten NLP als eine Vielzahl einzelner, von einander abgegrenzter Handlungsanweisungen (sogenannter NLP-Formate) für die Arbeit mit Menschen in Veränderungssituationen. Andere NLP Anwender sehen allerdings weniger die Methoden und die Formate im Vordergrund, sondern die konstruktivistische Sicht auf Kommunikation und die lösungsorientierte Herangehensweise des NLPs. NLP beansprucht nicht, wissenschaftlich begründet zu sein.

Seit Bandler und Grinder untersuchen NLP-Anwender die Verhaltensweisen von Persönlichkeiten (Therapeuten, Unternehmern, Künstlern, Wissenschaftlern), die auf ihrem Gebiet herausragende Leistungen zeigten, auf mögliche Muster und Gemeinsamkeiten. Sie beobachten, dass die untersuchten Personen tatsächlich sprachliche (verbale und nonverbale) Verhaltensmuster aufweisen, die sich ähneln.

Wie bei anderen psychologischen Ansätzen geht man auch im NLP davon aus, dass menschliches Verhalten (äußerlich wahrnehmbar) durch innere Prozesse ausgelöst und strukturiert wird. Innere Prozesse und äußere Wahrnehmungen stehen in einem gegenseitigen Zusammenhang.

Als Grundannahme dient dabei die Auffassung, dass der sprachliche oder gedachte sprachliche Ausdruck (sogenannter „innerer Dialog“), die bildlichen Gedanken oder auch das Körpergefühl eines Menschen das subjektive Wahrheitsempfinden einer Person bestimmen. Dieses Empfinden stellt nach Auffassung der NLP einen Ausdruck innerer Modelle dar, mit deren Hilfe ein Mensch gedankliche Abbilder seiner Umwelt entwirft (sogenannte innere Landkarten), um sich sozial zu orientieren. Sie bestimmen das Weltbild eines Menschen.

Ein fundamentales Instrument zu jedem nur denkbaren Arbeiten mit NLP sind zwei bewusst erlernbare Fähigkeiten, um zum Gegenüber Rapport („einen Draht“) herzustellen: Intuitives oder bewusstes Anpassen und Führen.

Pacing (Anpassen, Mitgehen) spiegelt den Kommunikationspartner und basiert auf der Annahme, dass sich Menschen, die sich gut verstehen, einander angleichen (unter anderem in Tonfall, Lautstärke, Sprechtempo, Körperhaltung, Distanz, Direktheit des Auftretens).

Leading (Führen) hingegen eröffnet neue körpersprachliche oder tonale Signale, um im Gespräch die Führung zu übernehmen. Dies muss nicht im selben Augenblick wie beim Gegenüber geschehen, sondern kann auch zeitversetzt ablaufen und sollte sich im Gespräch mit Pacing abwechseln. Priorität hat hierbei nicht die Manipulation des Gegenübers, sondern der bewusste emotionale Kontakt. 

Gegenpositionen

Fortschritte und Erkenntnisse der modernen psychologischen Grundlagenforschung und insbesondere der Neuropsychologie blieben bei der NLP historisch bedingt weitgehend unberücksichtigt. Die zugrundeliegenden Modelle und Konzepte sind allesamt qualitativ geisteswissenschaftlicher Natur und werden der hochkomplexen Realität nur teilweise gerecht. Die NLP kann derzeit nicht auf gesicherte naturwissenschaftliche Grundlagen zurückgreifen, da weite Teile der Neurowissenschaften bisher nur unzureichend erforscht sind.

Einige Kritiker aus dem Bereich der Psychologie sehen in NLP eine klassische Pseudowissenschaft, da zwar Elemente etablierter Theorien übernommen werden, die Lehre selbst jedoch auf scharfe Tests der Behauptungen verzichte. NLP erwecke so den Anschein der Wissenschaftlichkeit, ohne ihn einzulösen. NLP-Kritiker weisen ferner darauf hin, dass NLP im akademischen Betrieb praktisch keine Rolle spielt. Dadurch werde deutlich, dass es sich bei NLP im universitären Sinne nicht um eine ernstzunehmende psychologische/psychotherapeutische Schule handelt und NLP auch nicht der Kontrolle durch andere Wissenschaftler unterliegt. Dieser Argumentation kann entgegen gehalten werden, dass NLP zumindest punktuell im Rahmen einzelner Lehrveranstaltungen an einigen Fachhochschulen und Universitäten angeboten wird und insoweit auch Berücksichtigung im akademischen Lehrbetrieb findet.

Es existieren einige Studien zur Wirksamkeit von NLP bzw. Teilbereichen der NLP, mit eher uneinheitlichen Ergebnissen. Kritiker bemängeln, dass die meisten dieser Studien den Minimalanforderungen an einen Wirksamkeitsnachweis nicht genügen. Kriterien, wie sie üblicherweise an Evaluationsstudien gestellt werden (Kontrolliertheit, Randomisierung, Manualisierung, ansatzweise Verblindung u.ä.), werden oft nicht erfüllt. Insgesamt gesehen steht der Nachweis der Wirksamkeit von NLP oder einzelner NLP-Methoden (soweit diese nicht einfach aus anderen Verfahren übernommen wurden) daher aus.

NLP-Praktiker wenden ein, dass NLP keine neue wissenschaftliche Theorie begründe, sondern eher eine Sammlung heuristischer Verfahren effektiver Kommunikation sei. Dennoch müssten, so die Kritiker, aus wissenschaftlicher Sicht auch Aussagen der NLP bestätigt oder widerlegt werden können, wie etwa im Fall der „Augenbewegungshypothese“. Dort konnten die vom NLP postulierten Zusammenhänge nicht nachgewiesen werden.

Kritiker der NLP weisen nicht zuletzt darauf hin, dass zahlreiche Anbieter NLP mit esoterischen Lehren kombinieren, was zu einer Vermischung mit offensichtlich pseudowissenschaftlichen Lehren führe. Für den Ratsuchenden sei es kaum möglich, zwischen NLP-Techniken und esoterischen Elementen zu unterscheiden, da die Grenzen fließend seien. 

Theoretische und historische Hintergründe des NLP

Walker, Wolfgang: Abenteuer Kommunikation - Bateson, Perls, Satir, Erickson und die Anfänge des Neurolinguistischen Programmierens. Stuttgart: Klett-Cotta, 1996.

Literatur

  • Andreas, Steve und Connirae: Mit Herz und Verstand. Paderborn: Junfermann, 4. Aufl. 2004. 
  • Andreas, Steve und Faulkner, Charles: Praxiskurs NLP. Paderborn: Junfermann, 6. Aufl. 2006.
  • Bachmann, Winfried: NLP - Wie geht denn das? Paderborn: Junfermann, 5. Auflage, 2002.
  • Bandler, Richard: Bitte verändern Sie sich … jetzt! Transkripte meisterhafter NLP-Sitzungen. Paderborn: Junfermann, 4. Auflage, 2003.
  • Bandler, Richard: Die Schatztruhe. NLP im Verkauf. Paderborn: Junfermann, 3. Auflage, 2004.
  • Bandler, Richard & Grinder, John: Die Struktur der Magie: Metasprache und Psychotherapie: Bd I, Paderborn: Junfermann, 11. Auflage, 2005.
  • Bandler, Richard & Grinder, John: Struktur der Magie: Kommunikation und Veränderung: Bd II, Paderborn: Junfermann, 8. Auflage, 2003.
  • Bandler, Richard & Grinder, John: Neue Wege der Kurzzeit-Therapie: Neurolinguistische Programme. Paderborn: Junfermann, 13. Auflage, 2002.
  • Blickhan, Claus und Daniela: Denken, Fühlen, Leben. Vom bewussten Wahrnehmen zum kreativen Handeln mit NLP. mvg-Verlag Landsberg, 6. Auflage, 2001.
  • Boerdlein, Christoph: Gefärbtes Wasser in neuen Schläuchen - Das „Neurolinguistische Programmieren (NLP). In: Skeptiker, Heft 3, S. 99 - 104.2002
  • Boerdlein, Christoph: Das „Neurolinguistische Programmieren“ (NLP) - Hochwirksame Techniken oder haltlose Behauptungen? In: Schulheft, 103, 117-129.2001
  • Dilts, Robert: Die Magie der Sprache. Paderborn: Junfermann, 2. Auflage, 2005.
  • Dilts, Robert: Die Veränderung von Glaubenssystemen. Paderborn: Junfermann, 4. Auflage, 2006.
  • Dilts, Robert: Strukturen subjektiver Erfahrung. Ihre Erforschung und Veränderung durch NLP. Paderborn: Junfermann, 5. Aufl. 1994. 
  • Mohl, Alexa: Der große Zauberlehrling. Paderborn: Junfermann, 2. Auflage, 2008.
  • Mohl, Alexa: Das Metaphern-Lernbuch. Paderborn: Junfermann, 4. Auflage, 2007.
  • Mohl, Alexa: Die Wirklichkeit des NLP. Paderborn: Junfermann, 2000.
  • O'Connor,Joseph und Seymour, John: Neurolinguistisches Programmieren. Gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung. VAK: Freiburg im Breisgau, 2. Aufl. 1992.
  • O'Connor, Joseph: NLP - das WorkBook. VAK: Freiburg im Breisgau, 2005.
  • Schmidt-Tanger, Martina, Tomas, Jens und Tschepp, Christian: MILTON! Sprachliche Brillanz für professionelle Kommunikatoren. Paderborn: Junfermann, 2005.
  • Schmidt-Tanger, Martina und Kreische, Jörn: NLP-Modelle - Fluff & Facts. VAK-Verlag, 4. Aufl. 2005.
  • Shervington, Martin: Denk nicht an Orangen mit lila Punkten. Paderborn: Junfermann, 2. Auflage, 2005.
  • Trageser, Waltraud und v. Münchhausen, Marco: Die NLP-Kartei. Paderborn: Junfermann, 2005.

 

Weblinks

 

Quelle

NLP in der Wikipedia

Neutralität

Unabhängigkeit des Beraters von Zielen jenseits der im Coaching mit dem Klienten klar definierten Absichten. Als Beratung dient das Coaching nicht zur Beeinflussung des Klienten zum Nutzen Dritter oder zum Nutzen des Coachs.

Nutzen von Coaching

Was den Nutzen von Coaching angeht, finden sich im Internet immer wieder kaum erfüllbare Versprechungen, aber auch teilweise unrealistische Erwartungen von Kunden. Bei genauer Betrachtung erweisen sich aber bereits die "normalen" Effekte von Coaching als durchaus attraktiv. 

In einer vergleichenden Zusammenfassung von 22 empirischen Forschungsarbeiten – hauptsächlich aus Deutschland und dem angelsächsischen Sprachraum – kommt Künzli (2005, S. 240) zu dem Ergebnis, dass Coaching unabhängig von der Untersuchungsperspektive, der gewählten Methodik oder der Abstraktionsebene Wirkungen erzielt. Diese reichen von emotionaler Entlastung, Stressabbau, Perspektivenwechsel und erhöhter Selbstreflexionsfähigkeit bis hin zu verbesserter Führungskompetenz und Kommunikation sowie einem besseren Beziehungsverhalten und effektiverem Handeln. Ziele werden leichter erreicht, Konflikte gelöst und das Coaching wird weiterempfohlen, weil ein konkreter Nutzen und eine nachhaltige Zufriedenheit daraus resultiert.

Dieses Fazit ist nicht nur für den angelsächsischen, sondern auch für den deutschen Sprachraum gültig, da die Wirkungen und der Erfolgsgrad von Coaching-Maßnahmen in Deutschland relativ gut beschrieben sind: „Wird die Erreichung des wichtigsten Ziels als Kriterium zur Beurteilung der Wirksamkeit angelegt, so beträgt die Erfolgsquote von Coaching nach Aussage der Klienten sogar 90%“ (Jansen, Mäthner & Bachmann, 2004, S. 141).

Die "Studie zum deutschen Coaching-Markt 2008/09" der Philips-Universität Marburg kommt auf der Basis der Befragung von Coaching-Kunden zu folgendem Ergebnis: "Unabhängig von den Angaben zur Zufriedenheit zeigt die Einschätzung von Kunden zum Nutzen von Coaching, dass der Einsatz von Coaching in Unternehmen immer mit Erfolg verbunden ist. In den meisten Fällen profitiert der Coachee persönlich mit hohem Erfolg (63%) sogar noch mehr als das Unternehmen (bei hohem Erfolg 42%). Die Sinnhaftigkeit und der generelle Nutzen von Coaching stehen nach diesen Angaben also absolut außer Frage." (Gross & Stephan, 2009, S. 42–43).

Weitere Informationen:

OE

Abkürzung für Organisationsentwicklung. 

Organisationspsychologie

Die Organisationspsychologie ist das Teilgebiet der Psychologie, das sich mit der Wechselwirkung von Individuen und Organisation befasst. Es beinhaltet die Beschreibung und Veränderung von Erleben, Verhalten und Einstellungen von Menschen in Organisationen, sowie mit den Bedingungen, die diese Zustände und Veränderungen beeinflussen.

Die Analyse bezieht sich sowohl auf Menschen in profitorientierten Unternehmen (Industrie, Handwerk), als auch in Non-profit-Organisationen (Krankenhäuser, Hochschulen usw.)

Themenbereiche

Inhaltlich werden in der Organisationspsychologie u.a. folgende Themenbereiche behandelt:

  • Organisationswahl durch das Individuum
  • Personalauswahl
  • Kommunikation in Organisationen
  • Lernen in Organisationen
  • Aspekte der Arbeitsanalyse, Personalentwicklung, Coaching
  • Gruppen und Gruppenarbeit
  • Konflikte und Konfliktmanagement
  • Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit
  • Anwesenheitsmotivation
  • Zeitmanagement
  • Mobbing, Innere Kündigung
  • Arbeitsschutz: Stress, Burnout, psychische Belastung, Arbeitszeit
  • Führungspsychologie
  • Interkulturelles Management, Diversität, Gleichbehandlung
  • Organisationsklima, Organisationskultur
  • Verlassen der Organisation

 

ABO

Wegen enger sachlogischer Zusammenhänge mit zwei angrenzenden Bereichen wird die Organisationspsychologie in Deutschland im Rahmen der sogenannten ABO (Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie) gelehrt. Die Arbeitspsychologie umfasst jedoch -neben den organisatorischen Aspekten vor allem die Analyse, Bewertung und Gestaltung menschlicher Arbeitstätigkeiten sowie die Interaktion von Mensch und Maschine (Ingenieurpsychologie). Letzteres beispielsweise mit der Analyse psychologischer Bedingungen für sicheres Arbeiten. Weiters sind die Leistungsmöglichkeiten der Organisationspsychologie auch im Zusammenhang mit dem pragmatisch orientierten fachlichen Inventar der Betriebspsychologie zu diskutieren.

Literatur

  • Christian Bourion: La logique emotionnelle, 2. Ausgabe 2001, ISBN 978-2-7472-0236-7 (Emotional Logic and Decision Making: The Interface Between Professional Upheaval and Personal Evolution, 2004.
  • Christian Bourion: Les abus de pouvoir : le degré zéro du management, 2001, ISBN.
  • Christine Doyle: Work and Organizational Psychology. An Introduction with Attitude., 2003.
  • D.S. Pugh: Modern organizations theory: A psychological and sociological study. Psychological Bulletin. 1966
  • L. von Rosenstiel: Grundlagen der Organisationspsychologie (6. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 2007.
  • W. Sarges: Management-Diagnostik (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe, 2000.
  • H. Schuler: Lehrbuch Organisationspsychologie (3. vollst. erw. und überarb. Aufl.). Bern: Huber, 2004
  • A.B. Weinert: Organisationspsychologie: Ein Lehrbuch (5., vollst. überarb. Aufl.). Weinheim: Beltz, 2004

 

Quelle

Organisationspsychologie in der Wikipedia

Paradoxe Intention / Symptomverschreibung

Von Viktor E. Frankl (siehe Logotherapie) entwickelte Interventionstechnik zur Behandlung von Angst- und Zwangsneurosen. Im Rahmen der paradoxen Intention wird der Patient vorzugsweise humorvoll angewiesen, seine am meisten gefürchteten Symptome herbeizuwünschen bzw. selbst in die Tat umzusetzen.

In ausgewähltem therapeutischen Setting und nach genauer Anamnese wird der angst- oder zwangsneurotische Patient angewiesen, sich genau das zu wünschen, wovor er sich fürchtet. Dieser Wunsch muss durch therapeutische Anleitung mittels Einsatz von Humor bis zur Unwirklichkeit verstärkt werden. Durch das zunehmende "Belächeln" der Ängste oder Zwänge durch den Patienten gewinnt dieser eine Distanz, die die Objektivierung der Lage ermöglicht und durch Absurdität zu einer Lösung von der Angst oder vom Zwang führt. Gute Ausbildung und schauspielerisches Talent eines humorvollen Therapeuten ist notwendig. Meist ist wegen der Laienausbildung in moderner Zeit die Dereflexion, also eine gezielte Ablenkung vom Symptom als Voraussetzung für den Einsatz der Paradoxen Intention durchzuführen. Zudem ist eine begleitende Psychotherapie für Begleitsymptome empfehlenswert.

Die paradoxe Intention wird als "Symptomverschreibung" auch in anderen Therapien (z.B. Verhaltenstherapie, Familientherapie) eingesetzt.

Entgegen der weit verbreiteten Meinung, heißt es tatsächlich "Paradoxe Intention" (nicht "Paradoxe Intervention"). Leider wird dies aus der Sekundärliteratur oftmals falsch zitiert.

Paradoxe Intervention

Die Paradoxe Intervention ist eine Methode, die in den 1970er Jahren besonders in der systemischen Therapie als Mittel eingeführt wurde, um paradoxe Kommunikation aufzulösen.

Diese Methode lässt sich als Symptomverschreibung bezeichnen, also wird das als problematisch verstandene Verhalten gefördert. So kann z. B. die therapeutische Verschreibung in einer Paartherapie, in dem sie ihm vorwirft im Haushalt nichts zu machen, in folgender Anweisung an ihn bestehen: Bis zu unserer Sitzung unterlassen Sie jede Tätigkeit im Haushalt.

Dabei ist der Ausgangsgedanke, dass jedes Verhalten seine soziale Funktion in dem System hat. Problematische Verhaltensweisen sind eine Reaktion auf paradoxe Kommunikation und dienen als Beitrag zum Bestehen des Systems, auch wenn die Mitglieder darunter leiden. Ziel dieser Strategie ist es, durch die Verschreibung die Funktion des problematischen Verhaltens den Systemmitgliedern in seiner Paradoxie bewusst zu machen. Zudem soll deutlich werden, dass dieses Verhalten keineswegs spontan oder unkontrollierbar ist, sondern durchaus gesteuert werden kann.

Das mit der paradoxen Intervention ausgedrückte Verständnis besagt, dass das menschliche Verhalten berechenbar ist. Die Maßnahme dient der Manipulation der Klienten und ist schwer zu kontrollieren. Entsprechend wird sie inzwischen nur noch selten eingesetzt.

Literatur

  • M. Selvini Palazzoli, L. Boscolo, G. Cecchin, G. Prata: Paradoxon und Gegenparadoxon. Ein neues Therapiemodell für die Familie mit schizophrener Störung, 2. Auflage, Stuttgart: Klett-Cotta, 1978.
  • P. Watzlawick, J. H. Beawin, D. D. Jackson: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien, 6. Auflage, Bern, Stuttgart, Wien: Huber, 1982.

 

Quelle

Paradoxe Intervention in der Wikipedia

Person

Der Begriff Person hat mehrere Bedeutungen.

Person' im alltäglichen Sinn bezeichnet einen bestimmten Menschen, dem soziologisch eine bestimmte Rolle (Frau, Vater), ein Amt (z.B. Richter), ein Beruf (z.B. Krankenschwester) oder eine Herkunft (z.B. Europäer) zukommt, und dem juristisch ein bestimmtes verfassungsrechtlich festgelegtes Subjektsein (mit Rechten und Pflichten) bestätigt wird. Dieser Person-Begriff ist also ein Sammelbegriff für die Erscheinung eines Menschen.

Person im philosophischen Sinn wird von manchen als das Wesen des Menschseins auf dem Hintergrund des griechisch-römisch-christlichen Denkhorizonts gesehen: Dem Menschen als Person wird eine gewisse Freiheit der Entscheidung und Verantwortlichkeit für sein Handeln zugeschrieben. Mit dieser Zuschreibung sind gewisse Rechte (Menschenrechte) und Pflichten verbunden. Andere philosophische Strömungen sehen den Personenbegriff nicht beschränkt auf Menschen.

„Person“ darf in diesem Sinn weder mit „Persönlichkeit“ noch mit Individualität verwechselt werden.     

Wortherleitung

Die Herkunft des Wortes Person ist nicht vollständig geklärt; es existieren hierzu zwei verschiedene Theorien. Fest steht lediglich, dass es im 13. Jahrhundert als person, persone aus lat. persona „Maske des Schauspielers“ ins Deutsche übernommen wurde. Der Ursprung des lateinischen Begriffes ist jedoch umstritten.

Am bekanntesten ist die Ableitung von lat. per-sonare (kurzes o), „durchtönen“ (nämlich die Stimme durch die Maske). Ein vergleichbarer Erklärungsversuch nimmt die Abstammung von per-sônare, per-zônare (langes o), „verkleiden“, sein (zu gr. zônê, „Gürtel“) an. Diese Ad-hoc-Herleitungen werden jedoch stark angezweifelt.

Manche Wissenschaftler halten den Begriff für eine Entlehnung aus gr. prosôpon, „Maske“, „Rolle“, „Mensch“. Einer anderen (und von den meisten Etymologen heute für wahrscheinlicher gehaltenen) Theorie zufolge stammt er jedoch vom etruskischen Wort phersu „Maske“. Die Ableitung aus dem Etruskischen wird bereits seit Jahren als einzige Version von der Duden-Redaktion vertreten.     

Philosophie

In der klassischen Philosophie ist die Definition des Boethius der Ausgangspunkt des Verständnisses vom Menschen als Person: Persona est rationalis naturae individua substantia, d. h. Person ist die unteilbare („individuelle“) Substanz rationaler (vernünftiger) Natur. Dies meint, dass der Erscheinung des Menschen als denkendem Lebewesen ein sinnlich nicht wahrnehmbarer, d. h. metaphysischer Wesenskern zugrunde liegt.

„Person“ in diesem Sinne wurde in der mittelalterlichen Philosophie dann öfter mit dem Begriff „unsterbliche Seele“ identifiziert. In der Philosophie der Neuzeit (Aufklärung) wurde der Begriff Person als einer substanziellen Realität vielfältig kritisiert und seine metaphysische Dimension argumentativ bestritten. Seit dem 20. Jahrhundert ist nicht mehr von einer Substanz die Rede, sondern von Personalität im Sinne eines Existenzials.

Kant unterscheidet deutlich zwischen dem Begriff der Person als Vernunftwesen (Lebewesen, das nach vernünftigen Prinzipien denken kann und von daher seine Würde als Person erhält, die Tieren nicht zukommt, weil sie ein solches Vermögen nicht besitzen) und der „unsterblichen Seele“ als reiner Vernunftbegriff (in der Vernunft vorkommende Idee, auf die man zwingend stößt, wenn man den Begriff der Vernunft als moralischer Vernunft konsequent durchdenkt.

In modernen philosophischen Strömungen sind Personen die Subjekte der Ethik. Manche Ethiker, so Peter Singer, unterscheiden zwischen Mensch und Person. Diskursethisch lasse sich dies so begründen, dass nur der Mensch als Person gelten kann, der in der Lage ist, sich im Diskurs zu äußern. Kritiker wie Robert Spaemann stellen Singers Unterscheidung zwischen Mensch und Person in Frage, besonders wegen der Graduierungsunmöglichkeit zwischen ‚etwas‘ und ‚jemandem‘; ihnen gilt die biologische Zugehörigkeit zur Gattung Mensch als alleiniges Kriterium für Personalität. Auch Vertreter des Naturrechts argumentieren, dass dem Menschen – durch seinen Geist – von Anfang an und in allen Situationen (also etwa auch im Koma) das Personsein und damit seine besondere Würde zukomme.

In besonderem Maße hat die Philosophie des Personalismus den Begriff Person definiert, nämlich nicht als Bewusstsein des Individuums von sich selbst, sondern als „aktive Subjektivität“ des Einzelnen, durch die er sich selbst hervorbringt. Dieser Status wird prinzipiell jedem Menschen zugesprochen; da es ein ethisch-moralisches Prinzip ist, kann es nicht veräußert werden: Der Mensch ist an sich immer Person und soll es zugleich werden, indem er immer mehr von seiner Freiheit Gebrauch macht und sich selbst bestimmt. Die Unterscheidung zwischen Person als Wesensbegriff und Persönlichkeit als Individuation ist unbedingt zu beachten; die Person des Menschen steht in der Hierarchie der Werte über allen anderen Werten, sei es die Persönlichkeit, die soziale Rolle, die Gemeinschaft oder das biologische Individuum.

Die Christliche Soziallehre sieht in der Personalität neben der Solidarität, Subsidiarität sowie dem Gemeinwohl und der Gerechtigkeit eines der Prinzipien für ein gelingendes menschliches Zusammenleben in Gesellschaft und Staat.

Der Person-Status des Menschen ist die Grundlage der Erklärung der Menschenrechte.     

Psychologie

In der Psychologie wird Person synonym zu dem Begriff Individuum verwendet und ist somit Gegenstand jeglicher psychologischer Forschung (Differentielle Psychologie, Persönlichkeit).     

Rechtswissenschaft

In der Rechtswissenschaft ist Person jeder, der fähig ist, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (Rechtssubjekt). Dies ist in erster Linie ein lebender Mensch, der als natürliche Person (manchmal auch Privatperson) bezeichnet wird. Seine Rechtsfähigkeit beginnt nach deutschem Recht mit der Vollendung der Geburt, § 1 BGB. Daneben existiert aber auch der in Anlehnung an die natürliche Person entstandene Begriff der juristischen Person, die Kraft gesetzlicher Anerkennung Rechtsfähigkeit erlangt. Hierzu werden z.B. Körperschaften oder Vereinigungen wie der eingetragener Verein|eingetragene Verein, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder die Aktiengesellschaft gezählt.     

Soziologie

In der klassischen Studie Ferdinand Tönnies' von 1887 „Gemeinschaft und Gesellschaft“ (3. Buch, §§ 27) ist „Person“ der Träger sozialer Rollen, insofern dieser die „Gesellschaft“ mit anderen zu eigenem Vorteil willentlich sucht; der Begriff nähert sich damit Marx' „Charaktermaske“ an. Tönnies (ebda., Darmstadt 2005, S. 151): Zum Begriff der Person kann von keinen anderen empirischen Subjekten abgezogen werden, außer von den einzelnen Menschen, welche begriffen werden, insofern als jeder ein [...] in Gedanken wollender ist, folglich gibt es insoweit wirkliche und natürliche Personen, als Menschen vorhanden sind, welche sich als solche vorstellen, diese „Rolle“ übernehmen und spielen, oder den „Charakter“ einer Person wie eine Maske vor ihr Antlitz halten.

Der Begriff „Person“ steht bei Tönnies dem Begriff „Selbst“ gegenüber: Letzteres benennt das Selbstbild des Einzelnen, insofern er die „Gemeinschaft“ mit anderen sucht, um sich ihr willentlich einzuordnen.     

Literatur

  • Martin Brasser: Person. Philosophische Texte von der Antike bis zur Gegenwart. Reclam, Ditzingen 1999.
  • Clemens Breuer: Person von Anfang an? Der Mensch aus der Retorte und die Frage nach dem Beginn des menschlichen Lebens. 2. Auflage, Schöningh, Paderborn/Wien/München/Zürich 2003.
  • Klaus Robra: Und weil der Mensch Person ist … Person-Begriff und Personalismus im Zeitalter der (Welt-)Krisen. Die Blaue Eule, Essen 2003.
  • Dieter Sturma (Hg.): Person. Philosophiegeschichte – Theoretische Philosophie – Praktische Philosophie. Mentis, Paderborn 2001.
  • Roland Kipke: Mensch und Person. Der Begriff der Person in der Bioethik und die Frage nach dem Lebensrecht aller Menschen. Logos, Berlin 2001.

Quelle

Person in der Wikipedia

Personalentwicklung (PE)

Aufbau, Erhalt oder Wiederherstellung eines leistungsfähigen Personals durch Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die Personalentwicklung (PE) orientiert sich zur Vermittlung einer stellenbezogenen Qualifikation an der Stellenbeschreibung. Ziel ist eine Deckung des Personalbedarfs durch Qualifikation bzw. die Angleichung der Fähigkeits- und Anforderungsprofile. Daneben leistet die PE wesentliche Beiträge zur Motivation der Mitarbeiter.

Personzentrierter Ansatz

Der Personzentrierte Ansatz, der auf den amerikanischen Psychologen Carl Rogers (1902 -1987) zurückgeht, ist eine Weiterentwicklung aus einer spezifischen Form der Psychotherapie, nämlich der Gesprächspsychotherapie. Dieser weltweit verbreitete Psychotherapieansatz ist in erster Linie eine klinisch-psychologische Behandlungsmethode für psychisch beeinträchtigte Menschen und gilt heute als eines der klassischen Psychotherapieverfahren der humanistischen Psychologie. Der Ansatz wurde in Abgrenzung zu direktiven und interpretativen Vorgangsweisen und dem medizinischen Modell in Beratung und Psychotherapie entwickelt.

Es wird von der Überzeugung ausgegangen, dass der Mensch über ein ihm innewohnendes Potenzial zur Persönlichkeitsentwicklung und konstruktiven Gestaltung seines Lebens verfügt, welches sich in Begegnung von Person zu Person entfalten und verwirklichen kann (sog. Aktualisierungstendenz).

Die Personenzentrierte Psychotherapie und Beratung geht konsequent von den Erfahrungen und der Welt der Person aus, die als Experte für ihr Erleben gesehen wird. Die professionelle Hilfe durch Personenzentrierte Psychotherapeuten oder Berater wird in einem Klima von Freiheit und Offenheit angeboten und durch Grundhaltungen begünstigt, die von persönlicher Wertschätzung, Einfühlung und Echtheit (auch "Kongruenz") getragen sind. So kann die persönliche Entwicklung der Person fördernd begleitet werden. Der psychische Wachstumsprozess, der sich in und durch die Beziehungen zur Mitwelt vollzieht, ermöglicht es, mehr Vertrauen zu sich selbst zu gewinnen und sich zunehmend eigenverantwortlich entscheiden zu können.

Medium der Therapie oder Beratung ist das Gespräch und andere (körperliche, spielerische, kreative, künstlerische) Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeiten, die nur im Hinblick darauf zur Anwendung kommen, den Kontakt des Klienten zu sich selbst und zum Psychotherapeuten zu fördern und existenzielle Begegnung zu ermöglichen; die Wahl der Mittel bleibt dem Klienten überlassen.

Personenzentrierte Psychotherapie findet in Form von Einzeltherapie für Erwachsene und Kinder sowie als Paar-, Familien- und Gruppentherapie statt. Der Personzentrierte Ansatz in der Supervision wurde für alle typischen Settings (Einzelsupervision, Gruppensupervision, Teamsupervision, ...) entwickelt.

Literatur

  • Kriz, Jürgen (2008): Aktualisierungstendenz – die notwendige systemische Grundlage des personzentrierten Ansatzes. In: Doris Kimbacher, Nora Nemeskeri, Gerhard Stumm, Monika Tuczai (Hrsg.:) Offenheit und Vielfalt. Personzentrierte Psychotherapie: Grundlagen, Ansätze und Anwendungen. Wien: Krammer, S. 135-154
  • Kriz, Jürgen (2004): Personzentrierte Systemtheorie. Grundfragen und Kernaspekte. In: Schlippe, A.v. & Kriz, W.C. (Hrsg): Personzentrierung und Systemtheorie. Perspektiven für psychotherapeutisches Handeln. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 13 - 67

 

Quelle

Personzentrierter Ansatz in der Wikipedia

Polylemma

Ein Polylemma ist - in Anlehnung an das Dilemma - eine Situation, in der zwischen mehr als 2 Möglichkeiten gewählt werden kann, von denen aber keine eindeutig zu bevorzugen ist, weil alle gleich (oder ähnlich) schlecht bzw. gut sind.

Das „Polylemma“ von Vater, Sohn und einem Esel

Von Hodscha Nasreddin wird folgende Geschichte überliefert: Hodscha geht mit seinem Sohn auf einen Viehmarkt, um dort einen Esel zu kaufen. Nachdem sie nach langer Suche einen Esel gekauft haben, machen sie sich auf den Weg nach Hause. Zunächst gehen sowohl Hodscha als auch sein Sohn zu Fuß neben dem Esel her, bis sie ein entgegenkommender Wanderer auslacht und fragt: „Ihr habt einen Esel, aber warum reitet keiner auf ihm?“ Nach kurzer Überlegung setzt sich nun der Sohn auf den Esel, und so setzen sie ihren Heimweg fort, bis ihnen der nächste Wanderer entgegenkommt und zu dem Sohn sagt: „Junger Mann, du solltest dich schämen. Du hast junge Beine und reitest auf dem Esel, während dein Vater laufen muss!“ So setzt sich nun der Vater auf den Esel, und der Sohn geht zu Fuß. Nun treffen sie einen weiteren Wanderer, der zu dem Vater sagt: „Du solltest dich schämen, du mit deinen starken Beinen reitest auf dem Esel, während der zarte Junge zu Fuß gehen muss!“ – Also setzen sich beide auf den Esel, und setzen so den Heimweg fort, bis ihnen abermals ein Wanderer entgegenkommt, der sie beschimpft: „Ihr solltet euch schämen! Ihr beide sitzt faul auf dem Esel, und das arme Tier muss die ganze Strecke die schwere Last von euer beider Gewicht tragen!“ Daraufhin entschließen sich Vater und Sohn, den Esel an eine Stange zu binden, und tragen nun den Esel bis nach Hause. Als sie dort ziemlich spät und völlig erschöpft ankommen, sagt die Frau des Vaters: „Ihr seid vielleicht zwei Dummköpfe! Warum lasst ihr den Esel nicht selber zu seinem neuen Stall laufen?“

Bei dieser in verschiedenen Versionen überlieferten humoristischen Erzählung handelt es sich um ein typisches Polylemma, da Vater und Sohn zwischen folgenden fünf Möglichkeiten entscheiden müssen, von denen - unter Berücksichtigung aller möglichen Einwände - keine eindeutig zu bevorzugen ist:

  • 1. Möglichkeit: Keine Person reitet auf dem Esel
  • 2. Möglichkeit: Der Sohn reitet auf dem Esel
  • 3. Möglichkeit: Der Vater reitet auf dem Esel
  • 4. Möglichkeit: Der Vater und der Sohn reiten gemeinsam auf dem Esel
  • 5. Möglichkeit: Der Vater und der Sohn tragen den Esel

 

Quelle

Polylemma in der Wikipedia

Projekt-Coaching

Diese Coaching-Variante ist eine Spezialform des Team-Coachings, bei der ein Projekt-Team gecoacht wird. Das Projekt-Team besteht dabei i.d.R. aus Personen mehrerer Abteilungen und Hierarchieebenen, die zeitlich begrenzt und nur für eine spezielle Aufgabe stark leistungs- und zielorientiert zusammenarbeiten. Im Projekt-Coaching werden neben den fachlichen Themen des Projektmanagement-Prozesses auch Themen der Zusammenarbeit, der temporären Projektrollen und den Hierachieproblemen gecoacht.

Prozessberatung

Unter einer Prozessberatung versteht man die beratende Unterstützung eines Klienten mit der Absicht, dass der Klient seine Aufgabenkomplexe zukünftig wieder eigenständig(er) bewältigen kann. Der Berater liefert daher in einer Prozessberatung keine direkten Lösungsvorschläge, sondern begleitet den Klienten in dem Prozess und regt dabei an, wie eigene Lösungen entwickelt werden können und welche Faktoren dabei zu berücksichtigen sind. Eine Form der Prozessberatung ist z.B. das Coaching.

Herkunft und Entwicklung

Der Begriff der Prozessberatung ist eng mit dem Namen Edgar H. Schein verbunden, der diese Beratungsform entwickelt und seit 1969 in diversen Veröffentlichungen geprägt hat.

Im Gegensatz zu einer Fachberatung, in welcher der Berater dem Klienten genau vorgibt, was zu tun ist (und ggf. dem Klienten die dazugehörigen Aufgaben sogar abnimmt), liefert die Prozessberatung keine vorgefertigte Lösungsvorschläge. Bei der Prozessberatung wird der Klient vielmehr als Experte in eigener Sache gesehen, der mit Hilfe der Prozessberatung in die Lage versetzt wird, seine Anliegen eigenständig zu bewältigen.

Der Prozessberater fragt mehr, als Antworten zu geben, er regt an, eigene Lösungen zu entwickeln und er begleitet den Klienten, ohne ihm Verantwortung abzunehmen.

Quelle

Edgar H. Schein (2000). Prozessberatung für die Organisation der Zukunft. Der Aufbau einer helfenden Beziehung. Köln: Edition Humanistische Psychologie - EHP, 320 Seiten.

Psychische Störung

Der Begriff Psychische Störungen wurde anstelle des Begriffs Psychische Erkrankung eingeführt, um eine Stigmatisierung zu vermeiden. Störung ist nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation|WHO hier gleichzusetzen mit Krankheit. Man versteht unter Psychischer Störung erhebliche, krankheitswertige Abweichungen vom Erleben oder Verhalten; konkret betroffen sind die Bereiche des Denkens, Fühlens und Handelns. Als weiteres Kriterium für eine Diagnose psychischer Störungen wird heute neben der Abweichung von der Norm häufig auch psychisches Leid auf Seiten der Betroffenen vorausgesetzt. Die Wissenschaften, die sich primär mit Störungen der Psyche beschäftigen, sind die Klinische Psychologie und die Psychiatrie. 

Begriffsabgrenzung

Grundsätzlich ist der Krankheitsbegriff in der Medizin problematisch: Neben der objektiv feststellbaren Abweichung von einer zuvor definierten (also an den Grenzen auch willkürlich festgelegten) Norm kann das individuelle und nur subjektiv erlebte Leid im Verständnis des Begriffs nie ganz übergangen werden. So ist die Schwelle von der Gesundheit zur Krankheit letztlich immer (auch hinsichtlich objektiver Befunde) zumindest an ihren unterschwelligen Grenzen (etwa im Krankheitsbeginn) fließend.

Gerade für die Beurteilung psychischer Störungen sind die erwähnten Begriffe Norm, Objektivität und Subjektivität besonders problematisch. Am Beispiel der Norm wird die Gefahr der Stigmatisierung eines objektivierbaren Befundes (z. B. im Sinne eines speziellen ungewöhnlichen Verhaltens) deutlicher, als es durch einen ebenso objektiven Befund in der Organmedizin impliziert wäre. – Psychisches Verhalten mag oberflächlich gesehen noch einer echten Objektivierung zugänglich sein. Jedoch resultiert es häufig aus einem inneren (also subjektiven) Erleben, über das wir nur durch die Auskunft des Betroffenen Kenntnis haben können. Diese Kenntnis ist nie wirklich Objekt, sondern allenfalls im Ansatz eine Art Übereinkunft zwischen Untersucher und Betroffenen (Interrater-Reliabilität). Dessen ungeachtet gibt es jedoch recht charakteristische Symptome, die von Untersuchern in hoher Übereinstimmung festgestellt, objektiviert und psychopathologisch zugeordnet werden können, insbesondere aus dem Bereich der inhaltlichen Denkstörungen, der Störungen des Ich-Erlebens und der Wahrnehmungsstörungen. In der traditionellen Psychiatrie, deren Wurzeln seit Wilhelm Griesinger (1817–1868) vorwiegend biologischer Natur sind, steht der Versuch einer Objektivierung psychischer Symptome im Sinne des Abweichens von der Norm und der Vergleich zu bereits bekannten Hirnerkrankungen im Vordergrund der Klassifikationsversuche. Hier werden die psychischen Störungen im Sinne eines triadischen Systems verstanden: Einerseits kann (1) eine psychische Störung Ausdruck einer nachweisbaren körperlichen Störung sein (z. B. toxisch bedingte Halluzinationen). Andererseits kann (2) eine Störung von der Symptomatik her sehr an eine körperliche Störung erinnern, ohne dass dies jedoch bisher nachzuweisen wäre: endogene, z. B. schizophrene Psychosen (s.a. Schizophrenie). Hinzu kommen (3) psychische Störungen, die nur in der Intensität des Erlebens von der Norm“abweichen, die also wahrscheinlich kein organisches Korrelat haben und als überdurchschnittlich stark abweichende Variationen des menschlichen Seelenlebens zu verstehen sind.

An diesem System ist viel Kritik geäußert worden. Nicht zuletzt durch die Beobachtung, dass einigen bisher der letzten Säule zugeordneten Störungen durchaus biologisch zu verstehende Risikofaktoren zugrundeliegen, umgekehrt aber auch scheinbar biologisch anmutende Störungen erheblich durch äußere Einflüsse modifizierbar sind, musste das triadische System revidiert werden. Das heutige Verständnis psychischer Störungen weist in die Richtung, psychischen Einzelsymptomen oder Syndromen keine spezifische Ursache zuzuschreiben, sondern Syndrome zu beschreiben, deren Ursachengefüge meist multifaktoriell ist. Dieser Ansatz entspricht auch am ehesten den neueren biologischen Erkenntnissen zum Aufbau und der Funktion des Gehirns, welches offensichtlich stärker als früher angenommen auch auf äußere Faktoren noch im höheren Lebensalter sensibel reagieren kann und dadurch Veränderungen bis hin zum Krankheitswert erfahren kann (Plastizität des Gehirns). Diese Sichtweise wird bestätigt durch Beobachtungen, dass einerseits biologische Behandlungsmethoden wie Psychopharmaka auch bei scheinbar primär psychogen bedingten Störungen helfen können, andererseits verbale Techniken wie die Psychotherapie auch bei primär biologisch bedingten Störungen noch eine Wirkung entfalten können. Die Grenze zwischen biologisch und nicht-biologisch wird also durch die Funktionsweise des Gehirns selbst als Brücke von der Innen- zur Außenwelt relativiert. Heute wird der Begriff der Störung von den meisten Autoren gegenüber dem der psychischen Krankheit bevorzugt, um eine Sigtigmatisierung zu erschweren: Störung ist neutraler und entzieht sich eher einer – in diesen Fällen regelhaft negativen – Bewertung, als …Krankheit. Kostenträger (Krankenkassen, Rentenversicherungen), die in ihrem Leistungskatalog den Krankheitsbegriff als elementare Voraussetzung eines Leistungsanspruches haben, führen die Bezeichnung Krankheit durch die Hintertüre allerdings wieder ein, indem sie von Störung mit Krankheitswert sprechen. Gerade bei psychischen Störungen als vorübergehenden Beeinträchtigungen mag diese Unterscheidung sinnvoll sein, um übermäßige und ungerechtfertigte Leistungsforderungen abzuwehren. Letztlich dient die Verwendung des Begriffs Störung somit dem Zweck, den Paradigmenwechsel in der Beurteilung psychischer Probleme aus ärztlicher/therapeutischer Sicht auch im Sprachgebrauch zu dokumentieren. 

Klassifikation

Da das Verständnis psychischer Störungen mit einer hohen Bandbreite an ursächlichen oder assoziativen Erklärungsansätzen einhergeht, sind die Versuche einer Ordnung dieser Störungen immer auch Abbild der vorherrschenden Vorstellungen gewesen. Bis heute sind daher die gängigen Klassifikationssysteme Ausdruck geistiger Strömungen der jeweiligen Zeit, von denen die Forschung maßgeblich geprägt wird.

Die Klassifikation psychischer Störungen war lange Zeit länderspezifisch sehr unterschiedlich und hing auch von psychologischen oder medizinischen Schulen ab. Bis heute werden einzelne Aspekte der Klassifikationsansätze kontrovers diskutiert. Die vorhandenen Systeme werden immer als vorläufiger gemeinsamer Nenner verstanden und stellen kaum endgültige Abgrenzungen im Sinne echter nosologischer Entitäten dar. Im Wesentlichen spielen heute zwei Diagnose- und Klassifikationsschemata eine Rolle in der klinischen Anwendung:

  • das weltweit in der Anwendung verbreitete ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation|WHO
  • das besonders in der psychiatrischen und psychologischen Forschung gebräuchliche DSM IV der American Psychiatric Association.

Während in früheren Fassungen der Klassifikationssysteme noch eine Einteilung der psychischen Störungen in neurotische und psychotische Störungen üblich war, wird in den aktuellen Fassungen auf diese Begriffe eher verzichtet. Das hängt u. a. mit den damit verbundenen auch eingangs angedeuteten Grundbegriffen zusammen, nach denen psychotische Störungen ursächlich als primär biologisch interpretiert wurden, neurotische Störungen demgegenüber für psychogen gehalten wurden.

Dennoch klingen diese Begriffe und ihre Implikationen aber noch an einigen Stellen durch. Damit sind aber heute keine ätiologischen Zuordnungen (ohne empirischen Beleg) mehr verbunden. Vielmehr dienen die Bezeichnungen einem gemeinsamen Verständnis im Sinne traditioneller Krankheitsdefinitionen (i.S.v. Begrifflichkeiten).

Insbesondere das DSM hat durch sein multiaxiales System der Beschaffenheit gestörter persönlicher Grundmerkmale (Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderungen) sowie den sozialen Rahmenbedingungen, den körperlichen Einschränkungen und den mit der psychischen Störung einhergehenden individuellen Einschränkungen mehr Raum im Sinne eines komplexeren Gesundheits- oder Krankheitsverständnisses gegeben. 

Verbreitung

Psychische Störungen sind weit verbreitet. Nach einer Studie der WHO leidet weltweit jeder vierte Arztbesucher daran. Deutsche Studien sprechen von ca. 8 Millionen Deutschen mit behandlungsbedürftigen psychischen Störungen. Die meisten würden jedoch nach einiger Zeit abklingen. Psychische Störungen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in allgemeinmedizinischen Praxen (Nach W. Fink, G. Haidinger: Die Häufigkeit von Gesundheitsstörungen in 10 Jahren Allgemeinpraxis. Z. Allg. Med. 83 (200) 102–108. Zitiert nach Womit sich Hausärzte hauptsächlich beschäftigen, MMW-Fortschr. Med. Nr. 16 / 2007 (149. Jg.).

Psychische Störungen sind derzeit die vierthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Rahmen der GKV. Seit 1991 stieg die Zahl der Krankheitstage durch psychische Störungen um etwa 33 Prozent. Dieser ansteigende Trend zu psychischen Erkrankungen ist in der Arbeitsunfähigkeitsstatistik seit deren Einführung im Jahre 1976 zu beobachten (Stand: 2006). Das spiegelt sich auch im stationären Bereich (Krankenhaus) wider: Seit 1986 stieg die Zahl der Krankenhausfälle von 3,8 Fällen je 1000 GKV-Versicherte auf 9,3 Fälle im Jahr 2005, was dem 2,5-fachen entspricht. Zitiert nach Mehr Fehltage durch psychische Leiden, Süddeutsche Zeitung, 3. Januar 2007, S. 20

Behandlung

Der Begriff psychische Störung und eine (positive) Diagnose ängstigen die Betroffenen oft. Deshalb sollte man als Therapeut mit dem Begriff vorsichtig umgehen und seine Bedeutung genau erklären. Andererseits ist die Heilung psychischer Erkrankungen ein Glücksspiel, wenn sie nicht erkannt und behandelt werden. Eine wichtige Aufgabe für Therapeuten besteht darin, dem Patienten das Gefühl der Stigmatisierung zu nehmen. Bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen muss man beachten, dass sie teilweise eine wichtige Schutz- und Signalfunktion haben, d. h., nicht verschwinden können, ohne dass „sich etwas ändert“. Außerdem ergeben sich einige psychische Erkrankungen aus einem Wechselspiel zwischen dem Kranken und seiner Umwelt, so dass bei einer Behandlung die Umwelt des Kranken mit einbezogen werden sollte (Diathese-Stress-Modell der Ätiologie)

Viele psychische Erkrankungen sind heutzutage gut behandelbar. Abgesehen von den Spontanheilungen können sich Psychotherapie und Psychopharmaka ergänzen.

Mit der Ätiologie und den spezifischen Krankheitsbildern beschäftigen sich vor allem aus medizinischer Sicht die Psychiatrie, die medizinische Psychotherapie und die Psychosomatische Medizin sowie aus psychologischer Sicht die Klinische Psychologie. Es haben sich verschiedene Schulen entwickelt, deren Forschungsanstrengungen sich auf bestimmte Grundannahmen beziehen. Die traditionsreichsten Therapierichtungen sind die auf Sigmund Freud zurückgehende Psychoanalyse und ihre konzeptuellen Weiterentwicklungen (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie). Gemeinsame Grundannahme dieser Verfahren ist die Auffassung, dass unbewusste Prozesse das psychische Erleben prägen und im Laufe einer Therapie dem Bewusstsein zugängig gemacht werden können. Das stellt dann die Basis für eine Besserung der Beschwerden dar. Demgegenüber bemüht sich die auf die klassischen Lerntheorien zurückgehende kognitive und Verhaltenstherapie um Erklärungen und therapeutische Ansätze, die sich mit vorwiegend bewusstseinsfähigen Prozessen beschäftigt. Neben Konditionierungsmethoden finden hier mittlerweile eine ganze Reihe anderer Therapieansätze Anwendung, deren Anwendbarkeit regelmäßig durch psychologische Testungen überprüft wird. Zusätzlich gibt es auch ganzheitlich und systemisch orientierte Ansätze wie etwa die Gestalttherapie. Körperliche Ursachen werden vor allem in der klassischen Psychiatrie, der Neurologie und der Neurobiologie erforscht.

Zwangsbehandlung

Menschen mit psychischen Störungen und einer fehlenden Einsicht über die eigene Behandlungsnotwendigkeit können auch gegen ihren Willen einer Behandlung zugeführt werden, wenn sie aufgrund der Erkrankung andere oder sich selbst gefährden. Die Behandlung erfolgt in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung. Die Regelungen zur Akuteinweisung sind landesrechtlich festgelegt. Ohne zusätzliche richterliche Anordnung darf eine solche Zwangsunterbringung längstens 24 Stunden betragen.

Zu längerdauernden Zwangsbehandlungen kann es in folgenden Zusammenhängen kommen:

  • Nach einer Straftat als Maßregel der Besserung und Sicherung (Maßregelvollzug, auch strafrechtliche Unterbringung genannt).
  • Als Unterbringung nach dem jeweiligen Unterbringungsgesetz (Psychisch-Kranken-Gesetz), das je nach Bundesland unterschiedlich gestaltet ist (sog. öffentlich-rechtliche Unterbringung).
  • Auf Anordnung eines rechtlichen Betreuers oder Bevollmächtigten nach § 1906 BGB (mit Genehmigung des Vormundschaftsgericht es). Die Zwangsbehandlung während einer genehmigten (zivilrechtlichen) Unterbringung ist nach Beschluss des BGH vom 1. Februar 2006 (BGH XII ZB 236/05) nur in sehr eingeschränktem Maße zulässig.


Psychische Behinderung

Eine psychische Krankheit ist nicht immer eine psychische Behinderung, da es gelegentlich vorkommt, dass die Krankheit einmalig auftritt und – mit oder ohne Behandlung – wieder verschwindet.

  • Wenn eine psychische Krankheit immer wieder einsetzt, zum Beispiel in Schüben wie bei der Schizophrenie, oder in Phasen, wie bei der bipolaren Störung, so kann man sagen, dass eine Behinderung vorliegt. Dasselbe gilt, wenn die Krankheit chronisch ist.


www.ibrp-online.de unterscheidet, angelehnt an das Konzept der Weltgesundheitsorganisation, grob zusammengefasst, 3 Wirkfaktoren:

  1. Störung von psychischen Funktionen, wie Antrieb, Emotionale Stabilität, Denken, Wahrnehmung
  2. Störung der Aktivität wie Selbstversorgung, Kommunikation, Bewältigung von Ausbildungs- oder Arbeitsanforderungen
  3. Folgen der Störung von Beziehungen mit der Umwelt, Unterversorgungslagen, wie z. B. Verlust der Arbeit
    1. Durch die verordneten Medikamente (meist Antidepressiva und Neuroleptika) werden zwar die Symptome der psychischen Störung weitgehend unterdrückt, aber der Patient kann durch die Nebenwirkungen, dies vor allem bei Neuroleptikum|Neuroleptika zusätzlich behindert werden:
      Es kann auftreten: Übergewicht, Einschränkung der Fähigkeit zu geistiger Arbeit, Behinderung der Motorik, Behinderung der Fähigkeit, sexuelle Befriedigung zu erlangen (dies zusätzlich etwa zu einer depressiven Phase, wo das ohnehin eingeschränkt ist)
    2. Darüber hinaus liegt auch bei Autismus eine Behinderung vor, die nicht körperlich ist, und – bei High Functioning Autism sowie Asperger-Syndrom auch nicht geistig – es ist demzufolge eine Psychische Behinderung. Der Autist funktioniert nämlich in den Emotionen und im Sozialverhalten nicht normal, wodurch es unter Umständen unmöglich sein kann, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen und aus dem Elternhaus auszuziehen.


Literatur

  • WHO/Dilling H. et al: Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 V (F). Klinisch-diagnostische Leitlinien., 6. Auflage, Hans Huber, Bern 2008.
  • H.Saß, H-U. Wittchen,M. Zaudig Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen. (DSM-IV-TR): Textrevision Hogrefe, Göttingen 2003.
  • Comer, Klinische Psychologie, 6. Auflage, Spektrum, Heidelberg 2008.
  • Eckhard Rohrmann: Mythen und Realitäten des Anders-Seins. Gesellschaftliche Konstruktionen seit der frühen Neuzeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007.

 

Quelle

Psychische Störung in der Wikipedia

Podcast Business Coaching and more

Psychoanalyse

Von Sigmund Freud begründete Lehre der Dynamik des (unbewussten) Seelenlebens bzw. die auf diesen Annahmen basierende Methode zur Behandlung psychischer Krankheiten.

Durch Methoden wie z.B. freie Assoziation, Traumdeutung, Übertragung und Gegenübertragung soll es den Patienten ermöglicht werden, ins Unbewusste verdrängte Erlebnisse wieder bewusst zu machen und durchzuarbeiten.

Dadurch soll eine Kartharsis - eine "Reinigung" der Seele - erreicht werden.

Psychoanalytisch orientierte Therapien können einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassen. 

Psychodrama

Von Jakob Levy Moreno entwickelte Methode der Gruppentherapie, in der Probleme, Konflikte und traumatische Erlebnisse in Form eines Schauspiels dargestellt werden. Der Klient wird zum Hauptdarsteller, der zwischen den als Bezugspersonen fungierenden Mitspielern ("Hilfs-Ichs") agiert und seine Probleme szenisch aufarbeitet. Der Therapeut wird zum Regisseur und leitet das weitgehend improvisierte Schauspiel. Durch die Arbeit in verteilten und vertauschten Rollen und das Verändern von Szenen werden Situationen und Erlebnisse so wiederholt und schauspielerisch dargestellt, dass sich neue Handlungsmöglichkeiten ergeben können. 

Psychologie

Psychologie (aus griech. ψυχολογία, psychología wörtlich „Seelenkunde“; engl. „study of the mind“) ist die empirische Wissenschaft zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Erlebens und Verhaltens von Lebewesen, insbesondere des Menschen, deren Entwicklung in der Lebensspanne sowie deren inneren und äußeren Ursachen und Bedingungen. Die Psychologie ist eine bereichsübergreifende Wissenschaft. Sie lässt sich nicht allein den Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften oder den Naturwissenschaften zuordnen. Eine moderne Einteilung begreift Psychologie allerdings eher gleichermaßen als Verhaltenswissenschaft (im Sinne der engl. Behavioural sciences), Kognitionswissenschaft und Neurowissenschaft. 

Psychologischer Vertrag

Psychologischer Vertrag im Coaching

Neben dem formalen Vertrag existiert zwischen dem Coach und Gecoachten ein mündlich ausgehandelter psychologischer Vertrag. Hier werden die individuellen Spielregeln in dem gemeinsamen Arbeitsbündnis festgelegt. Sofern es im Verlauf des Coachings angemessen erscheint, kann der psychologische Vertrag den jeweiligen Gegebenheiten flexibel angepasst werden.

Für die Klärung der Bedingungen des psychologischen Vertrags ist es unbedingt notwendig, dass der Gecoachte seine Erwartungen und Wünsche deutlich macht; dazu gehört insbesondere, welche Themen im Coaching bearbeitet werden sollen und welche Bereiche außen vor bleiben. Auch der Coach muss seine Bedingungen nennen und den Rahmen seiner Möglichkeiten deutlich machen.

Falsche Erwartungen des Gecoachten sollten an dieser Stelle geklärt werden z.B., dass der Gecoachte nicht geheilt werden kann, indem eine Behandlung an ihm vollzogen wird; vielmehr sollte sich der Gecoachte im Laufe des Prozesses selber kurieren und der Coach dabei als Prozessbegleiter und Auslöser von Veränderungen agieren.

Dabei ist die Aushandlung des psychologischen Vertrags auch für den Coach nicht ein Routinevorgang. Da die Personen und Situationen in jedem Coaching variieren, muss auch die Beziehung zum Gecoachten immer wieder neu und individuell definiert werden.

Die Themen und Bedingungen, die im Rahmen des psychologischen Vertrags zu klären sind:

  • Die ideologische Orientierung von Coach und Gecoachten sollte harmonieren.
  • Die Bereitschaft zum selbstkritischen Hinterfragen der eigenen Werte muss gegeben sein.
  • Die Bereitschaft, das Ausmaß persönlicher Probleme anzuerkennen muss gegeben sein; insbesondere betrifft dies die Bereitschaft
    • zur objektiven Auseinandersetzung mit der eigenen Person und Situation,
    • selbstverschuldete Probleme anzuerkennen und die Verantwortung dafür zu übernehmen,
    • das eigene Verhalten zu ändern,
    • die Beratung als sinnvoll anzuerkennen
    • und den Coach und die Beratung zu akzeptieren.
  • Die konkreten Erwartungen an das Coaching (Vorannahmen, Befürchtungen, Ziele).
  • Die im Coaching einzusetzenden Techniken und Vorgehensweisen und der Umfang der angestrebten Veränderung.
  • Die Grenzen im Coaching: Zum einen sollte der Coach erläutern, was mit einem Coaching erreicht werden kann; zum anderen sollte der Gecoachte klarstellen, wie weit das Coaching gehen darf und welche Bereiche nicht thematisiert werden sollen (Tabuzonen).

 

Psychologischer Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Der Begriff psychologischer Vertrag (auch: psychologischer Arbeitsvertrag) bezeichnet gegenseitige Erwartungen und Angebote von Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Bestandteil der Arbeitsbeziehung (Schein, 1970, zitiert nach: Simone Kirpal ITB-Forschungsberichte 25/2007, März 2007 sowie Schein, 1970, zitiert nach: Gudela Grothe). Es handelt sich dabei um mehr oder weniger implizite Erwartungen und Angebote (Schein, 1970) die über den Arbeitsvertrag hinausgehen.

Bestandteile und Ausprägungen psychologischer Verträge

Als mögliche Bestandteile eines psychologischen Vertrags aus Sicht des Arbeitnehmers werden beispielsweise Vorstellungen über die Arbeitsbedingungen, über eigene Einflussmöglichkeiten auf die Organisation, Unterstützung durch den Arbeitgeber (etwa im Hinblick auf Personalentwicklung), Schutz vor Über- und Unterforderung und Berechenbarkeit des Arbeitgeberverhaltens genannt (Ralf D. Brinkmann und Kurt H. Stapf, 2005, zitiert nach: Sven Max Litzcke, Horst Schuh: Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz, 2007).

Nach traditioneller Auffassung erhält der Mitarbeiter in einem Unternehmen gegen seine Loyalität eine Art Beschäftigungsgarantie.

Gemäß einer neuen, auf Beschäftigungsfähigkeit (Employability) ausgerichteten Auffassung zeigt der Mitarbeiter Loyalität in der Bereitschaft, Problemstellungen im Unternehmen durch Bereitschaft zu lebenslangem Lernen zu lösen. Der Mitarbeiter bleibt dadurch auf dem Arbeitsmarkt langfristig attraktiv. Der Unternehmer profitiert von der Problemlösungskompetenz der Mitarbeiter. Das Beschäftigungsrisiko wird dabei vom Unternehmen auf den Mitarbeiter übertragen. Das Unternehmen erleidet einen Verlust, wenn Mitarbeiter abgeworben werden, die es langfristig ausgebildet hat.

Im Zusammenhang mit dem Konzept der Beschäftigungsfähigkeit wird von einem Wandel des psychologischen Vertrags gesprochen. Infolge von Globalisierung, höherer Dynamik auf den Märkten und sich ständig ändernden Strukturen in den Unternehmen werde der traditionelle psychologische Vertrag von den Unternehmern und den Mitarbeitern in Frage gestellt und verliere seine Glaubwürdigkeit. Es entstehe im Zuge der Flexibilisierung eine Änderung im psychologischen Vertrags, ein Wandel von der Erwartung einer Einstellung auf Lebenszeit hin zur Erwartung eines Ausbaus der Beschäftigungsfähigkeit.

Bruch des psychologischen Vertrages

Als mögliche Konsequenzen, wenn Änderungen vom Arbeitnehmer als Bruch im psychologischen Vertrag wahrgenommen werden, werden der Beschluss, die Organisation zu verlassen, der Versuch, die Einhaltung impliziter Versprechen nachträglich zu sichern oder aber eine Rücknahme von Loyalität und Einsatzbereitschaft bis hin zur inneren Kündigung auf Seiten der Arbeitnehmer genannt (Simone Kirpal u.a. Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz, aber keinen Job. Veränderung psychologischer Arbeitsverträge unter Bedingung von Arbeitsmarktflexibilisierung und organisationaler Transformation ITB-Forschungsberichte 25/2007, März 2007, S. 24).

Literatur

  • Rauen, Christopher (Hrsg.). (2005). Handbuch Coaching. 3., überarbeitete u. erweiterte Auflage. 559 Seiten, 49,95 Euro. Göttingen: Hogrefe.
  • Rauen, Christopher (2003). Coaching. Innovative Konzepte im Vergleich. 3. Auflage. 231 S., 36,95 Euro. Göttingen: Hogrefe.
  • Rauen, Christopher (2008). Coaching. (2., aktualisierte Auflage). Serie "Praxis der Personalpsychologie" (Band 2). 101 S., 19,95 Euro. Göttingen: Hogrefe.
  • Dietmar Krafft, Claudia Wiepcke: Employability; in: Goethe Institut (Hg.): Beilage zur Zeitschrift Markt, Nr. 35, München, 2005
  • Michael Kres: Integriertes Employability-Management, Arbeitsmarktfähigkeit als Führungsaufgabe, Haupt Verlag, Bern 2007.
  • Jutta Rump, Thomas Sattelberger, Heinz Fischer (Hrsg.): Employability Management, Verlag Gabler, Wiesbaden 2006.
  • Edgar H. Schein: Organizational Psychology. Englewood Cliffs, N.J.: 1970
  • Claudia Wiepcke, Ewald Mittelstädt: Employability als Zukunftsstrategie der sozialen Sicherung. In: Seeber, G. (Hg.): Die Zukunft der sozialen Sicherung - Herausforderungen für die ökonomische Bildung, Bergisch Gladbach, 2006, S. 169-185.

Quelle

Psychologischer Vertrag in der Wikipedia

Psychosynthese

Ziele

Im Gegensatz zu anderen tiefenpsychologischen Schulen zielt die Psychosynthese weniger auf Analyse als auf Synthese; sie ist weniger problem- als potenzialorientiert; und sie arbeitet mit der Kraft des Höheren Bewußtseins/Höheren Selbst und des Willens. In Beratung, Coaching und Therapie führt der Weg über die Identifikation unterschiedlicher Persönlichkeitsanteile/Teilpersönlichkeiten und Potenziale eines Menschen. Prozesse des Verstehens und Akzeptierens unterstützen sodann die Integration widerstreitender Persönlichkeitsanteile unter die Führung des Personalen Selbst (personale Psychosynthese) bzw. des Höheren Selbst (transpersonale Psychosynthese).

Methoden

Die Psychosynthese arbeitet insbesondere mit Teilpersönlichkeiten und Imaginationen. Sie nutzt außerdem die Methoden zahlreicher therapeutischer Schulen und psychologischer Modelle (u.a. Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie, Logotherapie, Psychodrama), aber auch Visualisierungen, freie Assoziationen, Meditation oder freies Malen. Weitere Methoden sind u.a. Traumarbeit, Assoziationsverfahren, Humor, Symbolarbeit, Techniken zur Entwicklung des Willens, Focusing, Disidentifikation, Selbstidentifikation und kreative Ausdruckstechniken.

Anwendungsfelder

Psychosynthese findet in vielen Bereichen Anwendung und es werden kontinuierlich neue Felder erschlossen. Erprobte Bereiche sind:

  • Pädagogik: Kindergärten, Schulen, Erwachsenenbildung
  • Gesundheit: Prävention, Psychotherapie, Psychosomatische Erkrankungen, Chronische Krankheiten, Krebsnachsorge
  • Betrieblicher Kontext: Managementtraining, Coaching, Personalentwicklung und Teamentwicklung
  • Politik: Begleitung globaler Gruppenprozesse

 

Weblinks

Psychotherapeut

Psychotherapeuten sind Personen, die heilkundliche Psychotherapie ausüben.

Deutschland

Die Bezeichnung Psychotherapeut oder Psychotherapeutin ist in Deutschland seit dem 1. Januar 1999 durch das Psychotherapeutengesetz geschützt und darf nur von Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie ärztlichen Psychotherapeuten geführt werden.

Heilpraktiker mit Erlaubnis zur Ausübung der Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz dürfen also die Berufsbezeichnung Psychotherapeut nicht führen.

Zugang zur Berufsbezeichnung

Die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" setzt ein mit Diplom abgeschlossenes Hochschulstudium voraus und eine anschließende Ausbildung in einem „wissenschaftlich anerkannten“ psychotherapeutischen Verfahren. In Deutschland sind drei Therapieverfahren anerkannt, Verhaltenstherapie als Verfahren, sowie die tiefenpsychologischen Verfahren: Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Analytische Psychotherapie.

  • Psychologischer Psychotherapeut
    Ein Psychologischer Psychotherapeut ist ein Diplom-Psychologe mit einer mehrjährigen, in Vollzeit drei-, berufsbegleitend fünf jährigen, eigenständig finanzierten psychotherapeutischen Zusatzausbildung.
  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
    Bei der Zusatz-Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut werden neben Diplom-Psychologen und Ärzten auch Diplom-Pädagogen und Diplom-Sozialpädagogen zugelassen.
  • Ärztlicher Psychotherapeut
    Ärztlicher Pychotherapeut ist ein Arzt mit Psychotherapie-Weiterbildung, der den Zusatztitel Psychotherapie trägt. Der „Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie“ oder „Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“ hat zusätzlich zum Medizinstudium eine fünf jährige Weiterbildung zum Psychotherapeuten, bevorzugt im Rahmen eines dafür zugelassenen Krankenhauses absolviert.


Tätigkeitssfelder

Psychotherapeuten arbeiten therapeutisch und diagnostisch in unterschiedlichen Bereichen. Tätigkeitsfelder innerhalb der ambulanten Versorgung sind in eigener Praxis-Niederlassung, unterschiedlichsten Beratungsstellen, aber auch in stationären oder teilstationären Einrichtungen und Kliniken, sowie in Forschung und Lehre.

Österreich

Die Ausübung der Psychotherapie ist in Österreich im Bundesgesetz vom 7. Juni 1990 über die Ausübung der Psychotherapie (Psychotherapiegesetz) geregelt. Die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ ist gesetzlich geschützt, eine unbefugte Führung bedeutet eine Verwaltungsübertretung.

Die Ausbildung besteht aus dem Propädeutikum, der gemeinsamen Grundlage für alle Psychotherapeuten, und dem Fachspezifikum, der konkreten Ausbildung in einer von 22 anerkannten Psychotherapiemethoden (Stand vom Januar 2007). Abgeschlossenes Studium oder Berufsausbildung bestimmter Richtungen ersetzen das Propädeutikum teilweise.

Weblinks

 

Quellen

Psychotherapeut in der Wikipedia

Psychotherapie

Der Begriff "Psychotherapie" ist eine Sammelbezeichnung für die Behandlungsmethoden der klinischen Psychologie. Ziel der Methoden ist eine Hilfestellung bei der Bewältigung oder Heilung von psychischen Erkrankungen. Ursprünglich wurde der Begriff "Psychotherapie" von Sigmund Freud entwickelt und bezeichnete die therapeutische Arbeit der Psychoanalyse.

Die heute existierenden Psychotherapien können in folgende Ansätze eingeteilt werden:

Tiefenpsychologische Ansätze:

  • Psychoanalyse (Siegmund Freud)
  • Individualpsychologie (Alfred Adler)
  • Analytische Psychologie (Carl Gustav Jung)
  • Vegetotherapie (Wilhelm Reich)
  • Bioenergetik (Alexander Lowen)
  • Transaktionsanalyse (Eric Berne)

Verhaltenstherapeutsche Ansätze:

  • Verhaltenstherapie
  • Rational-Emotive Therapie (Albert Ellis)

Humanistische Ansätze:

  • Gestalttherapie (Frederick Salomon Perls)
  • Gesprächspsychotherapie (Carl Rogers)
  • Logotherapie (Viktor E. Frankl)
  • Psychodrama (Jakob Levy Moreno)
  • Psychosynthese

Systemische Ansätze:

  • Systemische Therapie
  • Familientherapie

Qualität

Grad, in dem die zusammengehörigen Merkmale eines Produktes oder einer Dienstleistung vorab definiert Anforderungen gerecht werden.

Verschiedene Coaching-Verbände engagieren sich für die Qualitätskriterien im Coaching. 

Qualitätskontrolle

siehe Evaluation. 

Qualitätskriterien

Einleitung

Bisher haben sich Qualitätsbemühungen im Coaching fast ausschließlich auf das Ergebnis des Coachings bezogen. Dies ist jedoch nicht ausreichend, um die Wirkfaktoren im Coaching verstehen zu können. Daher soll in folgend eine breitere Perspektive dargestellt werden.

Heß & Roth (2001, S. 63) unterscheiden auf der Basis ihrer Untersuchung zwischen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität im Coaching als gleichberechtigte Qualitätsdimensionen:

  • Die Strukturqualität umfasst die Ausstattung (personell, materiell, räumlich) des Coachings und ist dabei unterteilt auf den Coach, den Klienten, ihre Beziehung zueinander und die Rolle des Unternehmens des Klienten.

Grundfrage für diese Qualitätsdimension ist: WAS brauchen wir für das Coaching?

  • Die Prozessqualität bezieht sich auf alle Handlungen, die notwendig erscheinen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Grundfrage: WIE machen wir es?

  • Die Ergebnisqualität bezieht sich auf den Grad des erreichten Erfolges einer Coaching-Maßnahme, z.B. anhand eines Vorher-Nachher-Vergleichs.

Grundfrage: WAS soll dabei herauskommen?

Die drei Qualitätsdimensionen sind unabhängig voneinander bedeutsam. Im Coaching ist daher eine mehrdimensionale Qualitätsperspektive für den jeweiligen Fall auszuhandeln. Dies ist sehr wohl auch ohne übertriebenen Entwicklungs-, Durchführungs- und Evaluationsaufwand bewältigbar.

Insgesamt weisen Heß & Roth (2001) den drei Qualitätsdimensionen über 50 Kriterien zu.     

Strukturqualität

Generell bezieht sich die Strukturqualität auf die vier Bereiche "Personelle Strukturqualität", "Klient", "Beziehung" und "Unternehmen":

Personelle Strukturqualität (Coach)

  • Fachliche Qualifikation (Wirtschaftliches/ psychologisches Wissen; Coaching-Erfahrung/ Spezialisierung; Betriebs-, Führungserfahrung; Feldkompetenzen; Philosophische Kenntnisse)
  • Methodenkompetenz (Methodenvielfalt; Transparenz und Erklärbarkeit der Methoden; Handlungskonzept; Diagnostische Kompetenz; Fähigkeit, Organisationsmuster zu erkennen; Kommunikationsfähigkeiten; Selbstreflexion; Kognitive Fähigkeiten)
  • Beziehungsgestaltungskompetenzen
  • Persönliche Qualifikationen
  • Supervision, Intervision
  • Fortbildung
  • Ausbildungsweg
  • Professionsgemeinschaft/Kooperation
  • Referenzen
  • Praxis

Klient

  • Freiwilligkeit
  • Veränderungsbereitschaft
  • Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit u. zeitl. Aufwand
  • Selbstregulationsfähigkeit/Wohlbefinden
  • Problembewusstsein
  • Bereitschaft, Emotionen zuzulassen
  • Verantwortungsübernahme

Beziehung

  • Passung (persönliche, berufliche)
  • Vertrauen
  • Akzeptanz
  • Sympathie
  • Solitär-Beziehung
  • Offenheit
  • Gleichwertigkeit
  • Ehrlichkeit

Unternehmen

  • Transfermöglichkeiten
  • Bereitschaft zur Auseinandersetzung (keine Funktionalisierung)
  • Ziel verhandeln (keine Zielvorgaben)
  • Passung zwischen Coach und Unternehmen (keine Diskrepanz)

Diese Qualitätskriterien können im Coaching-Prozess berücksichtigt werden, indem vom (potenziellen) Klienten (oder seinem Unternehmen) eine Checkliste erstellt wird, um die genannten Kriterien der Strukturqualität eines Coachs abzufragen.

Aus Sicht des Coachs ist es - neben dem Erwerb und der Aufrechterhaltung seiner Coaching-Kompetenz - besonders wichtig, den Klienten, die Beziehung und ggf. das Unternehmen des Klienten zu berücksichtigten. Eine gute Strukturqualität ist dann möglich, wenn der Klient freiwillig das Coaching wünscht und veränderungsbereit ist. Als Prozessberater ist es die Aufgabe des Coachs, dies möglichst vor dem Coaching zu klären und ggf. anderslautende Aufträge (Manipulation, Funktionalierung nach dem Motto "Bringen Sie uns Herrn X mal wieder in Ordnung.") klar begründet abzulehnen. Wer sich nicht beraten lassen will oder unter Zwang beraten werden soll, kann nicht beraten werden. Anderslautende Aufträge von Personal(entwicklungs)abteilungen sind deswegen zurückzuweisen, weil weder für den Klienten noch für den Coach ein fruchtbarer (d.h. qualitativ guter) Prozess entstehen dürfte. Entsprechendes gilt für viele andere genannte Kriterien.

Natürlich können nicht alle oben aufgeführten Kriterien stets 100%ig erfüllt sein. Vielmehr sind diese Kriterien als Ideale anzusehen, deren Sinn darin besteht, einen falschen Kompromiss von einem tragfähigen Kompromiss zu unterscheiden. Und dies ist in jedem Einzelfall neu abzuschätzen. Beziehungskriterien wie Vertrauen, Akzeptanz und Offenheit können sich z.B. erst während des Prozesses aufbauen. Ist dies jedoch letztlich nicht möglich, hat der professionelle und an Qualität orientierte Coach daraus die Konsequenzen zu ziehen.     

Prozessqualität

Kernfrage: Wie läuft ein fundiertes Coaching ab?

  • Inhalte des Erstgesprächs: Klärung des Anliegens/Problems, Situationsschilderung, Zielformulierung, Zielkonkretisierung, Erwartungsklärung, Tabuzonen
  • Problempräzision (keine vorschnellen Lösungen)
  • Coach sollte klären, ob Coaching die geeignete Maßnahme ist und er der geeignete Coach (Beachtung von Art des Anliegens, Klientenvoraussetzungen, eigene Kompetenzen, mögliche Beziehungsetablierung, Unternehmensbedingungen)
  • Transparenz bzgl. professioneller Orientierung (Menschenbild, theoretische Basis, Werte, Coaching-Definition)
  • Transparenz der Vorgehensweise (Information über Arbeitsintensität, Anforderungen an den Klienten durch z.B. Falldarstellung)
  • Formaler und psychologischer Vertrag (Spielregeln der Zusammenarbeit, Schweigepflicht, Honorar)
  • Regelungen bei Absage, Abbruch
  • Klärung von Interessenvertretung/Berichterstattung
  • Information/Verhandlung über Dauer des Prozesses, Anzahl, Häufigkeit und Dauer der Sitzungen
  • Festlegung eines Zeitrahmens
  • Begleitung an den Arbeitsplatz
  • Aufzeigen der Grenzen von Coaching
  • Dauer von Coaching, Anzahl der Sitzungen, Zeit zum Transfer zwischen den Sitzungen
  • Mitbestimmung des Klienten
  • Methoden transparent machen und erklären
  • Interventionen wählen, die zur Erlebenswelt der Zielgruppe passen
  • Flexibilität der Vorgehensweise
  • Methoden klienten- (Persönlichkeit, Abneigungen, Bevorzugungen bestimmter Methoden), situations-, zeit-, problem-, ziel-, wirkungsbezogen einsetzen
  • Zwischenresümees (prozessbegleitende Evaluation)
  • Abschlussresümee (summative Evaluation)

Die meisten der dargestellten Kriterien können problemlos in einem Vorgespräch, das ca. 1-2 Stunden in Anspruch nehmen sollte, mit dem Interessenten geklärt werden. Professionell organisierte Prozessqualität ist somit (auch zeitlich) problemlos in ein Coaching integrierbar.     

Ergebnisqualität

Kernfrage: Was hat es genutzt?

Die Qualitätsdimension "Ergebnisqualität" - sie wurde bisher fast ausschließlich bei Fragen der Qualität beachtet - bietet im Vergleich zur Struktur- und Prozessqualität relativ wenig Kriterien. Dennoch ist sie deswegen nicht unwichtiger (aber auch nicht wichtiger) als die anderen beiden Qualitätsdimensionen. Subjektiv gesehen mag sie für den Klienten sogar am wichtigsten sein, da dieser i.d.R. als Laie die Fragen der Struktur- und Prozessqualität gar nicht beurteilen kann. Diese Unwissenheit nutzend beschränken sich auch viele "Coachs" auf die Ergebnisqualität - und selbst dabei begnügen sie sich mit der Frage "Wie es denn war". Heß & Roth (2001) nennen mehr Kriterien:

  • Zielerreichung
  • Zufriedenheit
  • Emotionale Entlastung
  • Erweiterung und Flexibilisierung des Handlungsrepertoires (erhöhte Problembewältigungskompetenz)
  • Zunahme an Bewusstheit/Verantwortung
  • Einstellungsveränderung (z.B. kognitive Umstrukturierung, wenn Probleme über Handlungsebene nicht lösbar)

Grundsätzlich scheint die Ergebnisqualität von der Zielerreichung abhängig. Dies ist richtig und falsch zugleich. Denn immer wieder zeigt sich in Coaching-Prozessen, dass ein (ursprünglich gesetztes) Ziel erreicht sein mag, der Klient aber trotzdem "nicht richtig" zufrieden ist. Eine mögliche Ursache kann sein, dass sich die Ziele des Klienten während des Coachings verändert haben und dieser Entwicklung vom Coach nicht genügend Rechnung getragen wurde (hier zeigt sich auch die Bedeutsamkeit der Prozessqualität und die Tatsache, dass alle drei Qualitätsdimensionen miteinander verwoben sind). Zufriedenheit und Zielerreichung müssen also nicht zwangsläufig zusammenhängen.

Zudem verfolgt ein fundiertes Coaching als implizites Ziel immer die Förderung von Bewusstsein, Selbstreflexion und Verantwortung des Klienten. Auch diese Punkte muss der Coach - zumindest für sich - klären.

Da Coachings oftmals erst in Belastungssituationen in Anspruch genommen werden, ist ggf. auch der Aspekt der emotionalen Entlastung zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für Verhaltensflexibilisierung und Einstellungsänderung.

Als taugliches und einfach zu handhabendes Instrument der Erfolgskontrolle kann ein Vorher-Nachher-Vergleich eingesetzt werden. Durch die teilweise schleichende Veränderung im Coaching-Prozess ist dem Klienten zuweilen seine Entwicklung gar nicht bewusst. Damit ihm dennoch bewusst wird, was das Coaching ihm genutzt haben mag, ist es hilfreich, am Ende des Coachings die ursprüngliche Ausgangslage zu rekapitulieren. Hier bewährt es sich dann, wenn auf die schriftliche Dokumentation des Coaching-Prozesses zurückgegriffen werden kann (kurze Ergebnisprotokolle sind vollkommen ausreichend, der Aufwand dafür ist vergleichsweise gering).

Zweck der Qualitätskriterien ist es, mögliche Punkte aufzuzeigen, deren konkrete Inhalte für jeden einzelnen Coaching-Prozess individuell ausgehandelt werden sollten - jedenfalls, wenn der Coach einen entsprechenden Qualitätsanspruch an seine Arbeit stellt. Sofern dies in einem offenen und für den Klienten transparenten Prozess geschieht, sind sehr individuelle Lösungen möglich, die den Coaching-Freiraum nicht beschneiden, sondern seine Qualität sichern und fördern.     

Quelle

Tatjana Heß & Wolfgang L. Roth (2001). Professionelles Coaching. Eine Expertenbefragung zur Qualitätseinschätzung und entwicklung. Heidelberg: Asanger. ISBN: 3-89334-365-2]     

Rapport

Durch gegenseitige Anerkennung und Vertrauen gekennzeichnete Beziehung zwischen mindestens zwei Personen. Als Kennzeichen eines guten Rapports kann die stabile Tragfähigkeit einer Beziehung angesehen werden. Rapport kann somit als notwendige Grundlage einer Beratungsbeziehung angesehen werden. 

Rational-Emotive Therapie (RET / REVT)

Die Rational-Emotive Therapie (RET) bzw. Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) gehört zu den psychologischen Verfahren und ist sowohl gesprächs- als auch verhaltensorientiert. Sie gehört nach einem langen Entwicklungsprozess heutzutage zu der Gruppe der Verhaltenstherapien und speziell zu den kognitiven Verhaltenstherapien. Mittelpunkt ist der Mensch als zielorientiertes und soziales Wesen, das daran leidet, von blockierenden Einstellungen und Gefühlen an der Erreichung von Zielen gehindert zu werden. Dabei wird durch Veranschaulichung veränderter Attributionen aufgezeigt, dass man diesem Leiden nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern dass mit Hilfe der eigenen geistigen Kräfte gelernt werden kann Gefühle und Verhalten aktiv zu verändern. Die Therapie setzt an (gegenwärtigen und vergangenen) Konflikten auf der Einstellungs-, Gefühls- und Verhaltensebene an. 

Hintergrund / Theorie

Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT, vormals RET) ist die älteste und erste der heutigen Kognitiven Verhaltenstherapien, begründet 1955 von Albert Ellis. Die RET entwickelte sich zwar unabhängig von der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), ihre Ideen wurden jedoch etwa zehn Jahre später nach der kognitiven Wende von der Verhaltenstherapie aufgenommen. Die RE(V)T-Methoden stellen heute neben [[Aaron Beck|Aaron Becks] Kognitiver Therapieeine wichtige Grundlage der KVT dar. Weitere Wurzeln der KVT liegen in Meichenbaums Kognitiver Verhaltensmodifikation, Mahoneys entwicklungsorientierter Kognitiver Therapie u. a. Darüber hinaus verfügt die REVT aber in besonders ausgeprägtem Maße über einen explizit formulierten philosophischen Hintergrund. Auch das originäre REVT-Konzept der Selbst- und Fremdakzeptanz unterscheidet sie von anderen Formen der Kognitiven Verhaltenstherapie (z. B. Multimodale Therapie nach Arnold A. Lazarus oder Self-Management Therapie nach Frederick Kanfer), wenngleich diese Grundhaltung der REVT auch von einigen Vertretern neuerer Entwicklungen der KVT rezipiert wurde, so z. B. in der Acceptance and Commitment Therapy (ACT) nach Hayes oder der sog. Dialektisch- behavioralen Therapie nach Marsha Linehan. REVT ist ein ganzheitlicher handlungsorientierter humanistischer Psychotherapieansatz mit dem Ziel emotionalen Wachstums: Wir werden ermutigt, unsere Gefühle bewusst zu erleben und auszudrücken, wobei der Zusammenhang von Denken, Fühlen und Handeln betont wird. 

Geschichte / Herkunft

Die RET bzw. REVT (Umbenennung durch Albert Ellis selbst) wurde 1955 von dem in Pittsburgh, Pennsylvania geborenen amerikanischen Psychologen Albert Ellis entwickelt. Er arbeitete zuvor psychoanalytisch, war jedoch mit deren Ergebnissen unzufrieden. In Deutschland wird die nach ihm benannte Ellis-Methode (vgl. Schwartz, 2004) seit etwa 1980 mit zunehmender Verwendung ausgeübt. Die ersten in Deutschland hierzu veröffentlichten Bücher (RE-Therapie, Rational-emotive Therapie in der Klinischen Praxis) von D. Schwartz bzw. Keßler und Hoellen sind 1981 bzw. 1982 erschienen und haben zu einer weitgehenden Verbreitung des Verfahrens in Deutschland beigetragen. Die REVT ist ein humanistischer Psychotherapieansatz und wurde auf dem Hintergrund eines lernpsychologisch-erfahrungswissenschaftlichen Modells entwickelt. 

Grundlagen

Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie baut auf dem sogenannten ABC-Modell auf. Ein auslösendes äußeres oder innerpsychisches Ereignis (A=activating event), wie z. B. der Tod eines Familienangehörigen, wird aufgrund bestimmter bewusster oder unbewusster Überzeugungen, Bewertungsmuster, Einstellungen oder Lebensregeln (B=beliefs oder belief systems), die in der auslösenden Situation aktiviert werden, bewertet. Diese Bewertung der Ereignisse ruft als Konsequenz (C=consequences) dann emotionale Reaktionen und Verhaltensweisen (z. B. Trauer, Sorge, Angst) hervor. D.h., dass die Bewertung eines Ereignisses die emotionalen Reaktionen und Verhaltensweisen bestimmt. Wenn ein Ereignis als irrelevant bewertet wird, führt dies zu keiner emotionalen Reaktion. Die Bewertung eines Ereignisses als günstig führt zu positiven Emotionen und die Bewertung als ungünstig zu negativen Emotionen Nach Ellis werden psychische Störungen durch irrationale Überzeugungen bzw. Bewertungsmuster bedingt. Als „irrational“ bezeichnet man Überzeugungen, wenn sie subjektiv belastend sind und die Verwirklichung der eigenen Lebensziele behindern. Rationale Überzeugungen hingegen sind im Hinblick auf Emotionen und Verhaltensweisen hilfreich und zielführend. Die von Ellis beschriebenen irrationalen Überzeugungen werden in vier Grundkategorien zusammengefasst:

1. Absolute Forderungen: Wünsche werden zu absoluten Forderungen (ich muss …, die anderen müssen …)

2. Globale negative Selbst- und Fremdbewertungen: statt einzelner Eigenschaften, wird die ganze Person als minderwertig bewertet (ich bin wertlos/ein Versager …, der andere taugt nichts …)

3. Katastrophisieren: negative Ereignisse werden überbewertet (es wäre absolut schrecklich, wenn …)

4. Niedrige Frustrationstoleranz: Glaube, negative Ereignisse nicht aushalten zu können (ich könnte es nicht ertragen, wenn …)

Viele irrationale Überzeugungen stellen eine Verknüpfung von absoluten Forderungen (Kategorie 1) und Bewertungen der Kategorien 2 bis 4 dar. Die Forderung alles schaffen zu müssen, führt bei Nichterfüllung z.B. zu der Schlussfolgerung wertlos zu sein oder es nicht aushalten zu können. 

Ziele

Dabei können eine Vielzahl von Störungen im psychischen und psychosomatischen Bereich, z. B. Depressionen und Ängste behandelt werden. Ziel des Verfahrens ist es, die irrationalen (selbstschädigende, nicht zielführende) Bewertungen zu erkennen und zu verändern. Dies soll dem Patienten idealerweise zu einer rationaleren Lebensanschauung verhelfen und ihn in die Lage versetzen mit zukünftigen Problemen angemessen umgehen zu können.

Dabei werden Selbst- und Fremdwahrnehmung in den Mittelpunkt gestellt und überprüft, inwieweit eigene Überzeugungen selbstwertdienlich oder -schädlich sind, so dass Patienten bzw. Klienten lernen können, sich selbst und ihre Lebensweise zu akzeptieren und die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Dabei wird der Fokus auf die Möglichkeit gesetzt, dass aus eigener Kraft bestimmte Veränderungen vorgenommen werden können und die Klienten den Problemen oder Konflikten nicht hilflos ausgeliefert sind.

Dabei entstanden ist der Begriff der Negativen Triade: Der Patient hat negative Ansichten und kognitive Fehleinstellungen (wie z. B. willkürliche Schlüsse, selektive Abstraktion, Übergeneralisierungen, Über- und Untertreibungen sowie dysfunktionale Bewertungsmodi wie Katastrophisieren, Muss-Denken und pauschale Personenbeurteilung) über sich selbst, die Umwelt und die Zukunft. Betrachtete man diese Triade aus der Sicht der Attributionstheorie, so würde das auf eine interne, globale und stabile Einstellung den Dingen gegenüber hindeuten. Ziel ist es wie oben bereits beschrieben, diese Attributionen zu ändern.

Die Altersgruppe der Klienten ist nicht festgelegt. Kinder, Jugendliche und auch junge und ältere Erwachsene können behandelt werden, so dass keine Altersbeschränkungen vorliegen, solange der Klient noch versteht, worauf die Psychotherapie abzielt. 

Anwendung / Vorgehensweise

Es gibt eine Unterteilung in Einzel- und Gruppentherapie. In der Therapie werden irrationale Überzeugungen bewusst gemacht, in Frage gestellt (Disputation) und im Sinne einer kognitiven Umstrukturierung verändert. Diese aus den Überzeugungen und Einstellungen resultierenden Gefühle sollen gleichzeitig intensiv(er) erlebt und verändert werden.

Die Veränderung der Einstellungen erfolgt u. a. durch den sokratischen Dialog. Dadurch werden die aktuellen Überzeugungen und Lebensphilosophien kritisch durch eine Auseinandersetzung mit ihrer Zweckmäßigkeit, ihrer Logik oder ihrer empirischen Belegbarkeit hinterfragt (Disputation). Dazu stellt der Therapeut offene Fragen und versucht damit den Klienten anzuleiten, eigene Widersprüche zu erkennen. Dies geschieht mittels Vorstellungsübungen (emotive Disputation),in denen negative Gefühle evoziert und verändert werden, Verhaltensübungen (behaviorale Disputation, bei denen sich Klienten einer peinlichen Situation aussetzen um zu erfahren, dass ihre Befürchtungen nicht eintreten, mittels Identifikation automatischer Gedanken, Einschätzung kognitiver Verzerrungen und Veränderung der dysfunktionalen Kognitionen. Es wird erarbeitet, welche Gedanken unmittelbar mit dem Auftreten der gegenwärtigen belastenden Gefühle verknüpft sind, welche kognitiven Verzerrungen speziell dem Teufelskreis der Sorgen, Zweifel, Spannungen, Befürchtungen, körperlichen Angst und Vermeidungsverhalten zugrunde liegen und wie diese selbstschädigenden dsyfunktionalen kognitiven Schemata verändert bzw. durch hilfreichere ersetzt werden können. Hausaufgaben zwischen den verschiedenen Sitzungen dienen dazu, neue Einsichten in die Praxis umzusetzen (behaviorale Disputation). Dies ist ein wichtiger Abschnitt des sog. Working-through-Prozesses (um intellektuelle Einsicht in emotionale Einsicht zu verwandeln). Eine Kombination mit weiteren Techniken aus dem emotiven, kognitiven und verhaltensbezogenem Bereich, auch aus anderen Therapieschulen, ist möglich und sinnvoll. 

Literatur

  • Baumann, U., Perrez, M. (Hrsg.) (1998). Lehrbuch Klinische Psychologie – Psychotherapie. Göttingen: Huber.
  • Dorsch, F., Häcker, H., Stapf, K.H. (1998). Dorsch Psychologisches Wörterbuch (13. Auflage). Bern: Huber Verlag.
  • Ellis, Albert. (1993). Grundlagen der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie. München: Pfeiffer
  • Ellis, A., Schwartz, D. & Jacobi, P. (2004). Coach dich. Würzburg: hemmer/wüst
  • Forster, T., Hoffmann, W., Eschenröder, C. T., Zimmermann, H. (1984, 2. Aufl.). Verhaltenstherapeutische Verfahren: München (Heyne)
  • Gebhardt, H.-J., Wutka, B. (1987). Verhaltenstherapie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
  • Keßler, B.H. & Hoellen, B. (1982). Rational-emotive Therapie in der Klinischen Praxis. Weinheim: Beltz.
  • Schwartz, D. (2006). Gefühle verstehen und positiv verändern. Ein Lebenshilfebuch zur Rational-Emotiven Verhaltenstherapie. München: cip medien
  • Schwartz, D. (2007). Vernunft und Emotion. Die Ellis-Methode. Dortmund: borgmann
  • Waters, V., Schwartz, D. u. a. (2004) Fritzchen Flunder und Nora Nachtigall. Rational-Emotive Geschichten für Kinder. Göttingen: Hans Huber Verlag
  • Schwartz, D. (2008). Gefühle im Gespräch. Wie Emotionen unsere Kommunikation beeinflussen. München: mvgVerlag
  • Wilken, Beate (1998). Methoden der kognitiven Umstrukturierung. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Zeitschrift für Rational-Emotive & Kognitive Verhaltenstherapie (erscheint jährlich, seit 1990). Bezug: DIREKT e. V. Müllersweg 14, 97249 Eisingen

Quelle

Rational-Emotive Therapie in der Wikipedia

Reflecting Team

Die Methode „Reflecting Team“ kommt aus der systemischen Therapie. Ziel ist es, einen Freiraum für die Entwicklung vielfältiger Perspektiven und Lösungsmöglichkeiten zu schaffen.

Dazu nehmen einige Mitglieder eines pädagogischen/therapeutischen/beratenden oder Coaching-Teams eine reflektierende Position ein. Sie verfolgen das Coaching-Gespräch normalerweise, indem sie direkt mit im Raum sitzen, sich jedoch nicht aktiv beteiligen. Das Reflecting Team führt zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Gespräch über das Coaching-Gespräch und berichtet über seine Wahrnehmungen bzgl. des Klienten (oder im Falle eines Team-Coachings: bzgl. der Klienten).

Einige Regeln des Reflecting Teams

  • Das Reflecting Team achtet darauf, Aussagen wertschätzend zu formulieren.
  • Beobachtungen oder Erklärungen für Verhaltensweisen sind Konstrukte des Beobachters – der Beobachter gibt aus diesem Grund relativierende Erklärungen wie "Ich habe wahrgenommen...".
  • Beobachtungen werden als Angebot verstanden, um neue Lösungen zu finden.

Reflexion

Prüfendes und vergleichendes Nachdenken. Im engeren Sinn das "Zurückbeugen" des Denkens als (kritisches) Denken des Gedachten.

Reframing

Der Begriff Umdeutung von englisch Reframing, seltener auch Neurahmung oder Referenztransformation, bezeichnet eine Technik, die aus der Systemischen Therapie stammt, und von Virginia Satir eingeführt wurde. Dem Reframing wird besonders in der Hypnotherapie nach Milton H. Erickson und in der Neurolinguistischen Programmierung ein hoher Stellenwert gegeben. Aber auch die Provokative Therapie deutet mit Humor vieles um/neu.

Durch Umdeutung wird einer Situation oder einem Geschehen eine andere Bedeutung oder ein anderer Sinn zugewiesen, und zwar dadurch, dass man versucht, die Situation in einem anderen Kontext (oder "Rahmen") zu sehen. Die Metapher hinter dem Ausdruck geht darauf zurück, dass ein Bilderrahmen entscheidend dafür sein kann, ob ein Kunstwerk dem Betrachter unscheinbarer oder schöner erscheint. Rahmen bedeutet auch ein Konzept, was unsere Sicht eingrenzt. Verlassen wir diese geistige Festlegung, können neue Vorstellungen und Deutungsmöglichkeiten entstehen.

Einem in der Umdeutung geschulten Menschen ist es durch Kommunikation möglich, Szenen in einem anderen Blickwinkel (Rahmen) erscheinen zu lassen, sodass er es Beteiligten erleichtert, mit der Situation umzugehen.

Ein Beispiel hierfür ist die Umdeutung der Rolle als Opfer ("Die Sucht überkommt mich einfach") in eine aktive Rolle, aus der heraus andere Entscheidungen als bisher getroffen werden können ("Wie sehen die Situationen aus, in denen Sie sich dazu entscheiden, nun die Droge einzunehmen?"). Andere Beispiele sind die Umdeutung eines als negativ wahrgenommenen Verhaltens ("Meine Mutter mischt sich ständig in mein Leben ein.") in ein positives ("Ihre Mutter möchte Sie also beschützen"), oder eine Sensibilisierung dahingehend, dass ein "gut gemeintes" Verhalten beim Zielobjekt negative Effekte auslöst.

Quelle

Umdeutung in der Wikipedia

Relativismus

Die Fähigkeit und Bereitschaft, Verhaltensweisen, Auffassungen, Gedankenmodelle und Werte anderer Personen, Gruppen und Gesellschaften als genauso vernünftig zu erachten, wie die eigenen. 

Ressource

Ressourcen sind innere Potenziale von Personen, z. B. Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse, Geschicke, Erfahrungen, Talente, Neigungen und Stärken, die oftmals nicht bewusst sind. Im Coaching können diese Kraftquellen und Potenziale für die Zielerreichung genutzt werden. Das Coaching kann insgesamt ressourcenorientiert angelegt sein oder ganz gezielt bestimmte Ressourcen hervorheben und festigen.

Quelle

Ressource in der Wikipedia

Rhetorik-Coaching

Rhetorik-Coaching ist die individuelle Vorbereitung eines Menschen auf eine Rede.

In der Wortbedeutung wie es am häufigsten benutzt wird, liesse es sich am Besten mit dem Ausdruck "Individuelle Rede-Vorbereitung" umschreiben. Das heisst, ein Rhetorik-Coach bereitet mit einem Kunden eine ihm wichtige Rede gemeinsam vor. Der Kunde kommt mit einem Redeentwurf zum Coach ins Büro und sie feilen, planen und konzeptionieren so lange daran herum, bis sichergestellt ist, dass die Rede auch wirklich die Handlung bei den Zuhören auslöst, die der Redner haben will. Dabei geht es nicht nur um den Text, sondern auch um Dramaturgie, Betonung, Demonstrationsobjekte, Körpersprache...u.s.w. Sie gestalten die "komplette Show".

Zum Beispiel kam eine Firmeninhaberin zu einem Rede-Coach, die sich mit ihrer Firma für einen Innovationspreis beworben hatte. Von 147 Kandidaten kamen 12 in die Endrunde und die sollten ihr Projekt vor einer Jury präsentieren. Eine gute Idee oder eine gute Erfindung müssen Sie rhetorisch appetitlich verpacken, damit sie "gekauft" wird. Das war der Firmeninhaberin bewusst und so kam sie zur "Individuellen Rede-Vorbereitung". Dank dem Coach konnte die Firmeninhaberin den Innovationspreis gewinnen.

Weblinks zum Rhetorik Coaching

Richard Sennett

Richard Sennett (* 1. Januar 1943 in Chicago, Illinois), Sohn russischer, kommunistischer Einwanderer, lehrt Soziologie und Geschichte an New York University und der London School of Economics. Seine Hauptforschungsgebiete sind Städte, Arbeit und Kultursoziologie.

Berühmt wurde Sennett mit seinem Buch Verfall und Ende des öffentlichen Lebens (1977). Sennett ist verheiratet mit der Stadtsoziologin Saskia Sassen. 

Biographie

Sennett wuchs in Cabrini Green, einem Armenviertel von Chicago, auf. Er versuchte den sozialen Aufstieg aus dieser von ihm später als eng und bedrohlich beschriebenen Welt zunächst über die Musik. In jungen Jahren lernte er Cello, komponierte und hatte Erfolge bei öffentlichen Auftritten. Das Studium der Musikwissenschaften und des Violoncello in New York musste er 1962 aufgrund einer fehlgeschlagenen Operation an seiner linken Hand aufgeben. Daraufhin studierte er zunächst bei David Riesman in Chicago, dann bei Talcott Parsons in Harvard University Soziologie und später Geschichte, u.a. bei Hannah Arendt.

Nach der Promotion (Doktor) 1964 forschte und lehrte er unter anderem in Harvard, Yale, Rom und Washington (D.C.).

1998 erhielt Sennett den Premio Amalfi, 2006 wurde er mit dem Hegel-Preis ausgezeichnet. 

Werk

Sennetts Hauptthemen sind die Vereinzelung, Orientierungslosigkeit und Ohnmacht moderner Individuen, die Oberflächlichkeit und Instabilität zwischenmenschlicher Beziehungen sowie die Ausübung von Herrschaft. Vor allem in seinen Frühwerken bleibt er der Stadt seiner Kindheit und den in ihr gemachten Erfahrungen stark verhaftet. Die hohe Aktualität seiner Themen und sein eingängiger, essayistischer Stil ließen seine Bücher zu Bestsellern avancieren.

Der flexible Mensch

In seinem Werk Der flexible Mensch (The Corrosion of Character), 1998, beschreibt Sennett die Auswirkungen des neuen Flexiblen Kapitalismus auf den Charakter. Durch die Flexibilisierung der Arbeitswelt verlieren Wertvorstellungen und Tugenden, wie Treue, Verantwortungsbewusstsein und Arbeitsethos, ebenso wie die Fähigkeit auf sofortige Befriedigung von Wünschen zu verzichten und Ziele langfristig zu verfolgen, an Bedeutung. Gründe für diese Entwicklung sind die Beschleunigung der Arbeitsorganisation, die stetig wachsenden Leistungsanforderungen, die zunehmende Unsicherheit der Arbeitsverhältnisse sowie die Notwendigkeit, jederzeit aus beruflichen Gründen den Wohnort zu wechseln.

Auch auf der Makroebene konstatiert Sennett einen tiefgehenden Wandel. Er untersucht, nachdem er sich mit der Geschichte der Industriearbeit auseinandergesetzt hat, den Übergang vom ausgebildeten Kapitalismus, dem Fordismus, zu einem System der Flexiblen Spezialisierung. Beispielsweise wurde in der Automobilindustrie die Fließbandproduktion in einer Fabrik abgelöst von spezialisierten Produktions- und Zuliefererbetrieben, die ihren Standort und ihre Arbeitsabläufe ständig flexibel den Notwendigkeiten der Globalisierung anpassen. Strenge Hierarchien sind teilweise durch kleine ‚selbstverantwortliche Gruppen’ mit hohem Risiko abgelöst worden. Der Druck auf den Einzelnen, der sich auch in einem gewandelten Verständnis des Zeitbegriffs zeigt, steigt immens. Hinzu kommt eine engmaschige Überwachung der gesamten Produktionsprozesse - einschließlich der Arbeitenden - durch den Einsatz moderner Kommunikationsmittel.

All dies trägt zu einer Atmosphäre von Angst, Hilflosigkeit, Instabilität und Verunsicherung in weiten Teilen der Gesellschaft bei. Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer. Die Sozialstruktur werden ausgedünnt. Dort ist eine Polarisierung zwischen einer kleineren Gruppe von Profiteuren und einer großen Anzahl von Verlierern des neuen Systems zu beobachten.

Die Kultur des neuen Kapitalismus

Die Kultur des neuen Kapitalismus (The Culture of the New Capitalism), 2005, ist die Fortsetzung seines Bestsellers Der flexible Mensch. Sennett geht es einmal mehr darum aufzuweisen, wie die neue Kultur, die von der New Economy der 1990er Jahre ausgeht, zu tiefgreifenden Veränderungen auf gesellschaftlicher, organisationaler und individueller Ebene führt. Seitdem übt, so Sennett, eine Globalisierung, ökonomische Elite moralischen und Norm sowohl auf den Rest der Wirtschaft als auch auf die Politik und die gesamte Gesellschaft aus.

Im Mittelpunkt seiner Analyse stehen die Auswirkungen des „Neuen Kapitalismus“ auf die Struktur großer Unternehmen und auf die Anforderungen an Arbeitskräfte. Er konstatiert eine zunehmende Ähnlichkeit von Konsumverhalten und politischem Handeln.

Im ersten Kapitel beschreibt Sennett die Phase des „Sozialen Kapitalismus“. In dieser Phase, die etwa von 1870 bis 1970 dauerte, glichen Unternehmen mehr oder weniger militärischen Organisationen. Die Hierarchien und Anweisungsketten in diesen pyramidenförmigen Gebäuden waren klar. Der einzelne Mitarbeiter kannte seinen Platz in dieser Bürokratie, konnte aber kaum aus diesem „stahlharten Gehäuse“ (iron gripe) ausbrechen. Zu dem Zeitpunkt als diese Unternehmungen anfingen, sich für neue Management-Methoden, Fremdkapital und „ungeduldiges Kapital“ zu öffnen und neuartige Produktionstechnologien anzuwenden, hörte das stahlharte Gehäuse auf zu existieren. An seine Stelle traten Multinationale Konzerne mit flachen Hierarchien, die von ihren Mitarbeitern vor allem eines verlangen: Flexibilität.

Sennett spricht anschließend vom Einzug des „mp3-capitalism“, der Beliebigkeit und Schnelligkeit als Maxime habe. Es komme nicht mehr so sehr darauf an, dass ein Mensch ein Handwerk erlernt und schließlich gut beherrscht. Vielmehr erfordere der Neue Kapitalismus die Fähigkeit, sich ständig auf neue Gegebenheiten einstellen zu können.

Das Erziehungssystem produziert nach Ansicht Sennetts zu viele hochqualifizierte potenzielle Arbeitskräfte. Tatsächlich könnte nämlich die Wirtschaft mit einer kleinen Elite und der zunehmenden Automatisierung funktionieren. Etwa 30 Prozent der gesamten Arbeitskraft eines Industrielandes würden ausreichen, um die Ökonomie aufrechtzuerhalten. Bei den übrigen 70 Prozent stellt sich daher ein Bewusstsein über ihre Nutzlosigkeit ein. Der un- und unterbeschäftigte Teil der Bevölkerung, der in der Kultur des Neuen Kapitalismus marginalisiert wird, müsste laut Sennett, durch neuartige Beschäftigungsverhältnisse, vor allem im sozialen Bereich wieder „nützlich“ gemacht werden. „Talent und das Gespenst der Nutzlosigkeit“ sind die Themen des zweiten Kapitels.

Im dritten Kapitel zeigt Sennett auf, wie Politik sowohl auf Angebotsseite als auf Nachfrageseite zu einem Geschäft, zu einer Ware wird. Das Politik-Geschäft und seine Produkte (Wahlprogramme, Gesetze, Entscheidungen etc.) sind demzufolge von der Kultur des Neuen Kapitalismus durchdrungen. Auch hier geht es mehr um schnelle Entscheidungen als um Information und ausführliche Debatten. Die Bürger werden zu Politik-Konsumenten. Wie Markenartikel geben sich Parteien ein Image und machen Marketing, um prinzipielle Austauschbarkeit untereinander zu verschleiern. 

Werke (Auswahl)

  • HandWerk, Berlin: Berlin-Verlag, 2008.
  • Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin: Berlin-Verlag, 2005, ISBN 3-8270-0600-7
  • Respekt im Zeitalter der Ungleichheit, Berlin: Berliner Taschenbuch-Verlag 2004, englisch: Respect: The Welfare State, Inequality, and the City, 2003
  • Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus,Berlin: Berlin-Verlag, 1998.
  • Fleisch und Stein, Berlin: Berlin-Verlag, 1995, englisch: Flesh and Stone: The Body and the City, 1994
  • Civitas, Die Großstadt und die Kultur des Unterschieds, Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1994.
  • Autorität, Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1990, englisch: Authority, 1980
  • Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität, Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1986.
  • Ein Abend mit Brahms, Zürich: Benziger, 1985.


englische Titel:

  • The Corrosion of Character: The Transformation of Work in Modern Capitalism, 1998
  • The Conscience of the Eye: Urban Design and the Social Life of Cities, 1990
  • Palais-Royal, 1987
  • The Fall of Public Man, 1977
  • The Hidden Injuries of Class
  • The Uses of Disorder, 1970
  • Families against the City, 1970


Interviews

  • Sennett, Richard (2005): In Wahrheit sind sie Kinder. In: Die Zeit, 15. September 2005, Nr.38.
  • Sennett, Richard (2006): "An der Schwelle zum Verfall" - Die US-Gesellschaft in der Passivitätskrise. Gespräch mit Ingar Solty. In: Das Argument 264, 1/2006 (Schwerpunktheft "Aussichten auf Amerika"), S.27-35
  • Sennett, Richard (2008): "Ich bin eben unmodisch. Leider!" In: taz, 5./6. Januar 2008.


Sekundärliteratur

  • Sven Opitz: Richard Sennett. In: Stephan Moebius & Dirk Quadflieg (Hg.): Kultur. Theorien der Gegenwart. Wiesbaden: VS- Verlag für Sozialwissenschaften, 750 S., 2006.
  • Jürgen Raab: Richard Sennett. In: Bernd Lutz (Hg.): Philosophen-Lexikon. Von den Vorsokratikern zu den Neuen Philosophen. Stuttgart & Weimar: Metzler, S. 667-669, 2003.


Weblinks

Quelle

Richard Sennett in der Wikipedia

Rollenerwartungen

Rollenerwartung ist ein soziologischer Begriff aus den Theorien zur sozialen Rolle, der sich einerseits auf das Rollenverhalten, andererseits die Rollenattribute bezieht. Konkret bedeutet dies, dass an den Träger einer sozialen Rolle einerseits Ansprüche an sein Handeln, andererseits aber auch Ansprüche an seine Erscheinung und seine Persönlichkeit gestellt werden.

Der Ansatz von Dahrendorf

Nach Ralf Dahrendorf sind diese Erwartungen objektiv, d.h. sie sind unabhängig vom Akteur und beziehen sich auf die Position und das damit einhergehende Rollenfeld. Der Inhalt, d.h. die einer Rolle zugeordneten Rollenattribute und -handlungsweisen sind ebenfalls unabhängig vom einzelnen und werden gesellschaftlich festgelegt. In der Konsequenz bedeutet dies, dass sie nur durch die Gesellschaft, nicht aber durch den Einzelnen verändert werden können. Deswegen sind die Rollenerwartungen für den Akteur in gewisser Weise verbindlich.

Arten

Dahrendorf hat verschiedene Arten von Erwartungen mit juristischer Terminologie charakterisiert.

Kann-Erwartung

Als "Kann-Erwartung" bezeichnet er die Erwartung, etwas zu tun, was über das Notwendige hinausgeht. Kann-Erwartungen sind somit die schwächste Form der Erwartung. Man muss sie nicht unbedingt erfüllen, wenn man es aber tut, steigert man sein eigenes Ansehen und erfährt positive soziale Sanktionen.

Soll-Erwartung

Soll-Erwartungen sind nach ihm Pflichten eines Rollenträgers, die nicht unbedingt rechtlich festgelegt sind, aber den "härteren Kern" der Pflichten bezeichnen. Erfüllt man sie nicht, drohen mit Sicherheit negative soziale Sanktionen.

Muss-Erwartung

Muss-Erwartungen sind bei ihm Pflichten eines Rollenträgers, die rechtlich und somit verbindlich festgelegt sind, bei Nichterfüllung droht nicht irgendeine negative soziale Sanktion, sondern Strafe.

Erwartungs-Erwartung

Zu den vorigen Arten kann noch - als "reflexiver Mechanismus", und nicht mehr von Dahrendorf heraus gehoben - das Erwarten des Erwartens gezählt werden: die Annahme eines Handelnden über die Erwartungen, die ein anderer Handelnder über das Tun des ersten hegt oder hegen könnte. Zutreffende Erwartungs-Erwartungen stabilisieren somit eine soziale Beziehung.

Kritik

Dahrendorfs deterministische Sichtweise wurde verschiedentlich kritisiert: Ein Akteur könne sehr wohl mit einem gewissen Grad frei entscheiden, auf welche Weise er eine bestimmte Position ausfüllen möchte, und damit auch die Erwartungen an seine Rolle verändern (siehe dazu auch Rollendistanz. Dahrendorf hielt dem entgegen, dass er nicht vom (ggf. 'freien') Menschen schlechthin ausgehe - für den die Gesellschaft allerdings eine "ärgerliche Tatsache" sei - , sondern mit Hilfe seines Modells des 'Homo sociologicus theoretisiere.

Literatur

  • Dahrendorf, Ralf: Homo Sociologicus. Köln und Opladen, Westdeutscher Verlag, 1966.

Quelle

Rollenerwartung in der Wikipedia

Ruth C. Cohn

Begründerin der Themenzentrierten Interaktion. 

Schlüsselqualifikation 

Schlüsselqualifikationen sind überfachliche Qualifikationen, die zum Handeln befähigen sollen. Innerhalb der Personalwirtschaft sind diese neben der Fachkompetenz der zweite zentrale Bereich der Personalentwicklung. Sie sind daher kein Fachwissen, sondern ermöglichen den kompetenten Umgang mit fachlichem Wissen. Dabei setzen sich Schlüsselqualifikationen aus einem breiten Spektrum übergreifender Fähigkeiten zusammen, die sowohl aus dem kognitiven, als auch aus dem affektiven Bereich stammen. Diese Kompetenzen können in verschiedenen Situationen und Funktionen flexibel und innovatorisch eingesetzt und übertragen werden.  

Begriffsfindung

Der Begriff wurde zunächst in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Dieter Mertens geprägt. Er verstand unter Schlüsselqualifikationen die Qualifikationen, die als "Schlüssel" zur Erschließung von sich schnell änderndem Fachwissen dienen können. Treffender als der Begriff der Qualifikation wäre der Begriff Kompetenz, da eine Qualifikation etwas Objektives ist, unter Kompetenz aber eine individuelle Eigenschaft verstanden wird. Hierbei wird deutlich, dass bereits früh mit dem Begriff der Schlüsselqualifikation nicht die Fachkompetenz selbst, sondern die Fähigkeit zur Adaption und zum Transfer von Fachkompetenzen gemeint war.

Nach Definition der Bildungskommission NRW (1995) sind Schlüsselqualifikationen

" erwerbbare allgemeine Fähigkeiten, Einstellungen und Strategien, die bei der Lösung von Problemen und beim Erwerb neuer Kompetenzen in möglichst vielen Inhaltsbereichen von Nutzen sind."

Schlüsselqualifikationen sollen und können das Fachwissen nicht ersetzen, sondern in Anbetracht der sich ständig wandelnden Anforderungen im Berufsleben erschließen helfen. Sie sind daher zunächst inhaltsneutral und finden Anwendung im tätigen Berufsleben und in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Schlüsselqualifikationen lassen sich als Fähigkeiten (in einer möglichen Kategorisierung) in fünf Kompetenzbereiche einordnen:

  1. Sozialkompetenz
  2. Methodenkompetenz
  3. Selbstkompetenz
  4. Handlungskompetenz
  5. Medienkompetenz

Bedingt durch den immer größeren Einzug der digitalen Medien in die Gesellschaft müssen die Schlüsselqualifikationen um die Medienkompetenz erweitert werden. Dieses ist sowohl die Forderung der ständigen Kultusministerkonferenz auch als der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK). 

Gliederung

Die einzelnen Bestandteile von Schlüsselqualifikationen lassen sich wie folgt definieren:

Sozialkompetenz

Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die dazu befähigen, in den Beziehungen zu Menschen situationsadäquat zu handeln

  • Kommunikationsfähigkeit
  • Kooperationsfähigkeit
  • Konfliktfähigkeit
  • Einfühlungsvermögen (Empathie)
  • Emotionale Intelligenz

Methodenkompetenz

Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die es ermöglichen, Aufgaben und Probleme zu bewältigen, indem sie die Auswahl, Planung und Umsetzung sinnvoller Lösungsstrategien ermöglichen

  • Analysefähigkeit
  • Kreativität
  • Lernbereitschaft
  • Denken in Zusammenhängen
  • Abstraktes und vernetztes Denken
  • Rhetorik

Individualkompetenz/Selbstkompetenz/Personenkompetenz/Humankompetenz

Fähigkeiten und Einstellungen, in denen sich die individuelle Haltung zur Welt und insbesondere zur Arbeit ausdrückt. Persönlichkeitseigenschaften, die nicht nur im Arbeitsprozess Bedeutung haben

  • Leistungsbereitschaft
  • Engagement
  • Motivation
  • Flexibilität
  • Kreativität
  • Ausdauer
  • Zuverlässigkeit
  • Selbstständigkeit
  • Mobilität
  • Anpassungsfähigkeit
  • Belastbarkeit

Handlungskompetenz

Die Schnittmenge dieser 3 Kompetenzbereiche ist die individuelle Handlungskompetenz einer Person. Kompetenz bedeutet in diesem Zusammenhang die Befähigung eines Menschen, sich situativ angemessen zu verhalten, selbstverantwortlich Probleme zu lösen, bestimmte Leistungen zu erbringen und mit anderen Menschen angemessen umzugehen, auf der Basis eines erfolgreichen Lernprozesses. Kompetenz ist immer individuell und wird durch den Erwerb und auf die eigenen Werte und Ziele bezogene Reflexion einzelner, sich gegenseitig beeinflussender Fähigkeiten erworben.

  • das kognitive Regelsystem, mit dem Handlungen generiert werden können
  • die Disposition zum Erwerb aller Fähigkeiten
  • stabile, universell angelegte und empirisch nicht wahrnehmbare Tiefenstruktur

Medienkompetenz

Bei der Medienkompetenz geht es darum, dass sich Personen in der heutigen Wissensgesellschaft als mündige und reflektierte Bürger einbringen können. Digitale Medien müssen unter der Betrachtung von

  • Nutzung
  • Auswahl
  • Gestaltung
  • Analyse
  • Bewertung

Quellen

BLK [Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung]. Medienerziehung in der Schule. Orientierungsrahmen. Heft 44. Bonn: BLK-Geschäftsstelle 

Schlüsselqualifikation in der Wikipedia

Selbst

Selbst ist ein uneinheitlich verwendeter Begriff. In der Persönlichkeits-System-Interaktions-Theorie von Prof. Dr. Julius Kuhl wird das Selbst als System beschrieben, das ganzheitlich, d.h. simultan und in einer immensen Ausdehnung, verfügbares Wissen aus dem autobiografischen Gedächtnis verfügbar macht und für die jeweilige Situation zahlreiche Handlungsoptionen, Bedeutungsalternativen und sinnvermittelnde Bezüge zu Bedürfnissen, Zielen und persönlichen Werten anbietet. Es handelt sich also um ein System, das einen Überblick über eine große Zahl von Lebenserfahrungen simultan zur Verfügung stellt, so dass die „selbst-bestimmte“ Handlungsbahnung eine große Zahl von Bedürfnissen, Gefühlen, Werten, Handlungsmöglichkeiten, antizipierten Folgen usw. berücksichtigt. Diese gleichzeitige Berücksichtigung vieler entscheidungsrelevanter Gesichtspunkte ist mit demanalytischen Bewusstsein nicht zu leisten, weil sich das menschliche Gehirn immer nur einzelne Dinge bewusst machen kann.

Der Theorie zufolge ist das Selbst Bestandteil des Extensionsgedächtnisses. Dies ist ein hochinferentes System, das besonders stark durch den rechten präfrontalen Cortex unterstützt wird. Es ist ein ganzheitliches Netzwerk impliziten Erfahrungswissens, repräsentiert eigene Interessen, Werte, Bedürfnisse durch implizite, assoziative Netzwerke und stellt damit den funktionalen Ort des Selbst dar. Durch seine parallele und ganzheitliche Verarbeitungsform wird die simultane Integration vieler Einzelaspekte und Randbedingungen ermöglicht, so dass kontextualisierte Selbsterfahrungen und ausgedehnte Netzwerke selbstrelevanter Erfahrungen abstrahiert gespeichert werden können. Die rechte Hemisphäre ist darüber hinaus stärker mit der Wahrnehmung und Kontrolle emotionaler Reaktionen und mit Körperempfindungen vernetzt, weshalb das Extensionsgedächtnis in der Lage ist, positive und negative Gefühle zu integrieren.

Literatur

  • Kuhl, J. (2001). Motivation und Persönlichkeit: Interaktion psychischer Systeme. Göttingen: Hogrefe
  • Kuhl, J. (2005a). Individuelle Unterschiede in der Selbststeuerung. In J. Heckhausen & H. Heckhausen (Hrsg.). Motivation und Handeln (3. Aufl., S. 303-329). Heidelberg: Springer
  • Kuhl, J. & Kaschel, R. (2004). Entfremdung als Krankheitsursache: Selbstregulation von Affekten und integrative Kompetenz. Psychologische Rundschau, 55, 61-71.

Selbst-Coaching

Im Rahmen des Selbst-Coaching werden dem Klienten Coaching-Unterlagen zur Verfügung gestellt, die die Selbstreflexion anregen. Der Coach gibt dabei keine Unterstützung bei der inhaltlichen Bearbeitung des Anliegens.

Eine evaluative Pilotstudie von Dr. Martina Offermanns zeigte, dass der Coach wichtige Funktionen im Coaching-prozess übernimmt, die bei eienem angeleiteten Selbst-Coaching zu kurz kommen. Trotzdem können auch durch das Selbst-Coaching positive Effekte erzielt werden.

Kritische Stimmen bemerken, dass ein Coaching auf Impulse von außen angewiesen ist und insofern die Interaktion mit einem Gegenüber notwendiger Bestandteil ist. Die Außensicht verhindert eine permanente Selbstbespiegelung, die sich ohne neue Anstöße im Kreise dreht.

Quellen

  • Rauen, C.(Hrsg., 2005). Handbuch Coaching. Göttingen: Hogrefe
  • Offermanns, M. (2004). Braucht Coaching einen Coach? Eine evaluative Pilotstudie. Stuttgart: Ibidem.

Selbstkonzept

Das Selbstkonzept umfasst die Wahrnehmung und das Wissen um die eigene Person. Dazu gehört das Wissen über persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten, Vorlieben, Gefühle und Verhalten.

George Herbert Mead hat in Anlehnung an William James eine Einteilung des Selbst in I und Me vorgenommen. I ist the knower - der wissende, handelnde, aktive Teil des Selbst. Me ist the known - das Gewusste, das Fundament unserer Persönlichkeit. Das Selbstkonzept stellt dabei den dispositionalen, also zeitlich überdauernden Teil des Me dar.

In der aktuellen pädagogisch-psychologischen Forschung sind Herbert Marsh und Richard J. Shavelson wichtige Vertreter der Selbstkonzept-Forschung. Sie haben wesentlich an der Erforschung schulischer Selbstkonzepte gearbeitet, worunter man Personenmerkmale versteht, die Lernen und schulisches Wahlverhalten beeinflussen (vgl. Köller, Trautwein, Lüdtke & Baumert, 2006). 

Entstehung und sozialer Einfluss

Bei der Entstehung des Selbstkonzept interagieren genetische (dispositionale) und umweltbedingte, soziale Faktoren miteinander. Zu den vererbten Faktoren gehören Temperament, gewisse Persönlichkeitsdispositionen usw. (der Anteil des genetischen Einflusses ist in der Forschung umstritten).

Zu den sozialen Faktoren, die bestimmend für das Selbstkonzept sind, gehören u. a. folgende:

  • Soziale Identität: Die soziale Identität ist dadurch gekennzeichnet, dass man sich bestimmten sozialen Gruppen zugehörig fühlt, beispielsweise der Gruppe 'Deutsche', 'Studenten', 'Vegetarier' usw. Insbesondere, wenn die Gruppe eine Minderheit darstellt, sind sich Personen ihrer sozialen Identität stärker bewusst.
  • Soziale Rolle: Die Rollen, die wir im täglichen Leben mehr oder weniger freiwillig übernehmen, bestimmen auch unser Selbstbild. An bestimmte Rollen sind bestimmte soziale Anforderungen geknüpft, nach denen wir uns meistens unbewusst verhalten und uns so der Rolle anpassen. Z. B. verhalten sich Lehrer gegenüber ihren Schülern anders als gegenüber dem eigenen Ehepartner. Oder wenn Personen Kinder bekommen und nun die Elternrolle übernehmen, ändern sich oft ihre Verhaltensweisen hin zu einer stärkeren `Vorbildfunktion´.


Ein berühmtes Experiment, das die Übernahme rollenspezifischen Verhaltens auch entgegen der ursprünglichen Einstellung zeigt, ist das Stanford-Prison-Experiment von Philip Zimbardo. Versuchspersonen sollten mehrere Wochen in einem Gefängnis verbringen und waren zufällig entweder der Wärter- oder der Gefangenenrolle zugewiesen worden. Obwohl die Personen vor dem Experiment meinten, sie würden nur in geringem Ausmaß auf diese Rollenverteilung Rücksicht nehmen und niemals Gewalt oder andere harte Maßnahmen einsetzen, identifizierten sich beide Gruppen dermaßen stark mit ihren Rollen, dass die Situation eskalierte und das Experiment abgebrochen wurde.

  • Sozialer Vergleich: Nach der Theorie des sozialen Vergleichs von Festinger beurteilen wir unsere eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften durch den Vergleich mit anderen. So fand man z. B., dass Schüler, in deren Klasse nur wenig gute Mitschüler waren, ihre Leistung als besser einschätzten als Schüler mit vielen guten anderen in ihrer Klasse.
  • Erfolge und Misserfolge: Die Konsequenzen unseres Verhaltens und unserer Äußerungen beeinflussen ebenfalls die Bildung unseres Selbstbildes. Erfährt man viele Misserfolge, schätzt man die eigenen Fähigkeiten eher als gering und weniger wertvoll ein.
  • Kultur: Kollektivistische Kulturen (v. a. im asiatischen Bereich) legen mehr Wert auf Gruppenzugehörigkeit, auf die Meinung und die Ansichten anderer und das Wohl der Gemeinschaft. Hier entsteht ein eher interdependentes Selbstkonzept. Dieses schließt andere Personen und Gruppen in das eigene Selbstkonzept mit ein. Sagt sich z. B. eine Gruppe, der sich eine Person zugehörig fühlt, von dieser los, so geht auch ein wichtiger Bestandteil des Selbstkonzeptes der Person verloren.


Individualistische Kulturen legen mehr Wert auf Leistung und Persönlichkeitsmerkmale des Einzelnen. Hier entsteht ein eher intradependentes Selbstkonzept. Dieses umfasst kaum andere Personen und gründet sich mehr auf eigenen Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen und Fertigkeiten. 

Interaktion mit der sozialen Umwelt

Unser Selbstkonzept interagiert durch seine Äußerung in unserer Person mit unserer sozialen Umwelt. Dafür seien einige Phänomene als Beispiel angeführt: der Spotlight-Effekt, der Self-Reference-Effekt. 

Gefühle vorhersagen

Die Fähigkeit von Personen, ihre eigenen Gefühle in bestimmen Situation vorherzusagen, schwankt stark zwischen Menschen und Situationen. Einige Beispiele für Fehlvorhersagen der eigenen Gefühle seien im Folgenden dargestellt:

  • In einer Untersuchung befragte man Frauen, wie sie sich fühlen würden, wenn sie bei einem Bewerbungsgespräch sexuell belästigt würden. Die Frauen gaben an, sie wären wütend und würden sich dagegen wehren. Als man sie anschließend jedoch einer solchen Situation aussetzte, fühlten die meisten Frauen Angst und Bedrohung statt Zorn.
  • Vor einem HIV-Test wurden Personen befragt, wie sie sich nach dem Ergebnis fühlen würden. Tatsächlich fühlten sich Personen mit einem positiven Test eine Woche danach weniger elend und Personen mit einem negativen Ergebnis weniger glücklich, als sie es vorhergesagt hatten.
  • Mehrere Untersuchungen zeigen, dass Personen ihre positiven bzw. negativen Emotionen nach Lebensereignissen wie einem Lottogewinn oder einer schweren Krankheit überschätzen.


Verhalten vorhersagen

Auch die Fähigkeit von Personen, das eigene Verhalten in bestimmten Situationen vorherzusagen, schwankt stark.

  • Man befragte Personen, ob sie einem Unfall- oder Überfallopfer helfen würden. Der Großteil gab an, in einer solchen Situation Hilfe zu leisten. Als man diese Personen jedoch nachher einer solchen Situation scheinbar zufällig aussetzte, half nur ein kleiner Teil von ihnen.
  • Personen wurden vor einem Experiment, in dem sie einer anderen Person für falsche Antworten auf Wissensfragen Elektroschocks geben sollten, befragt, welche Schockstärke sie maximal verabreichen würden. Als die Personen das Schockexperiment später durchführten, verabreichte die Mehrheit jedoch deutlich stärkere Schocks, als sie vorher angegeben hatte.


Verhalten erklären

Menschen versuchen oft, ihr Verhalten später "schön zu reden". Nach der Dissonanztheorie von Leon Festinger versuchen Menschen, ihre kognitive Dissonanz zwischen persönlichen Überzeugungen, Einstellungen und Normen und ihrem Verhalten zu reduzieren. Dafür gibt es verschiedene Wege, z. B. Rationalisierung ("Ich rauche eigentlich nur, um meinen niedrigen Blutdruck zu erhöhen!"), sozialen Vergleich ("Andere rauchen doch viel mehr als ich!"), Herabsetzen von anderen Optionen ("Meine Kaufentscheidung ist die beste - die anderen Autos waren doch total hässlich und viel zu teuer!"). 

Literatur

  • Annemarie Laskowski (2000): Was den Menschen antreibt, Entstehung und Beeinflussung des Selbstkonzepts'', Campus.
  • Hans Dieter Mummendey (1995): Kapitel 4: Selbst, Selbstkonzept und Selbstkonzeptforschung in Psychologie der Selbstdarstellung, Göttingen: Hogrefe-Verlag.
  • Bettina Hannover (2002): Das dynamische Selbst. Die Kontextabhängigkeit selbstbezogenen Wissens, Bern: Huber.
  • Helga Schachinger, Das Selbst, die Selbsterkenntnis und das Gefühl für den eigenen Wert. 2005.
  • Köller, O., Trautwein, U., Lüdtke O. & Baumert, J. (2006). Zum Zusammenspiel von schulischer Leistung, Selbstkonzept und Interesse in der gymnasialen Oberstufe. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 20, 27-39.
  • Ghin, M. (2005): What a Self Could Be. In: Psyche, (11)5, 1-10.


Quelle

Selbstkonzept in der Wikipedia

Selbstmanagement-Therapie

Die Selbstmanagement-Therapie ist eine Methode der Verhaltenstherapie, begründet von Frederick Kanfer. Im amerikanischen Sprachraum wird der Begriff self-management benutzt, der allerdings eher einen Sammelbegriff darstellt, der neben dem Ansatz von Kanfer auch weitere Therapieansätze beinhaltet. Allen gemeinsam ist, dass Klienten zu besserer Selbststeuerung angeleitet und möglichst aktiv zu einer eigenständigen Problembewältigung befähigt werden, die auf externe professionelle Hilfe verzichten kann.

Die dahinter stehende Sichtweise ist eng verknüpft mit Ansätzen der sozialen Lerntheorie, der Selbstkontrolle und Selbstregulation und der kognitiven Verhaltenstherapie bzw. mit den Namen Albert Bandura, Frederick Kanfer oder Donald Meichenbaum. Seit Kanfers Versterben ist der wichtigste Vertreter des therapeutischen Ansatzes der in Bamberg tätige Hans Reinecker. Dieser hat in seiner 1995 erschienenen deutschen Ausgabe des Kanfer-Buches "Selbstmanagement-Therapie" auch genau beschrieben, was die spezieller verstandene Bedeutung des Begriffes im Sinne Kanfers ausmacht. Er betont dabei, dass es v.a. um ein bestimmtes Verständnis des gesamten diagnostisch-therapeutischen Prozesses geht, der weniger im Anwenden bestimmter Selbstregulationsmethoden besteht, sondern eine generelle Therapeutenhaltung und ein 7-phasiges Prozessmodell für die systematische Umsetzung von Veränderungen in die Praxis beinhaltet. Sie besitzt eine spezielle Behandlungsphilosophie, ein spezielles Menschenbild, eigene theoretische Grundannahmen, sowie einen eigenen Bezug auf Befunde der psychologischen Grundlagenforschung, aus denen sich eigene praktische Umsetzungen ergeben. Selbstmanagementtherapie ist keine Anleitung zu Egoismus oder rücksichtsloser Selbstdurchsetzung, keine Verhaltensmodifikation mit anderem Namen in humanistischer Verkleidung und hat nichts mit "Management" oder dem Wirtschafts-und Geschäftsleben zu tun. Es ist kein Allheilmittel, keine neue Therapieschule, bedeutet weder für den Therapeuten noch für den Klienten Verantwortungslosigkeit, hat feste Grenzen und ist weder offen noch für alles wertfrei. Unter Therapie wird die Umsetzung eines systematischen Veränderungsprozesses verstanden, der an den Problemen des Patienten ansetzt, deren jeweilige Bedingungen analysiert, Therapieziele zu klären versucht und sich im weiteren Verlauf an diesen orientiert, sich dabei anhand der jeweils eintretenden Ergebnisse selbst steuert, bis ein Optimum erreicht ist. Dabei besitzt der Patient immer ein hohes Maß an Selbstverantwortung, Prozessorientierung, Ziel- und Motivationsklärung, bis er endlich auch durch die strukturierte Anleitung zur Selbststeuerung wieder ohne therapeutische Unterstützung leben kann.

Selbstmanagement-Fertigkeiten sind z.B. Selbstbeobachtung, Selbstinstruktionen, Zielklärung und -setzung, Selbstverstärkung, Selbstkontrolle. Selbstmanagement-Strategien können in einer Psychotherapie oder eigenständig mit Hilfe von Selbsthilfe-Manualen und Ratgeberbüchern erlernt werden. Voraussetzung dafür ist das Erkennen von Defiziten und die Bereitschaft, an sich zu arbeiten. Wichtig sind - ein konkretes Ziel - ein realistisches Ziel - ein Ziel, das der Betroffene selbst kontrollieren kann - eine Belohnung bei Zielerreichung.

Philosophische und praktische Basisannahmen

Langfristige Oberziele der Therapie sind Autonomie und Selbstregulation, da davon ausgegangen wird, dass das menschliche Streben nach Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, Selbtregulation und Selbstständigkeit Ziele darstellt, die im Rahmen der SM-Therapie angestrebt werden. Dabei wird von einer aktiven Rolle des Menschen ausgegangen, in deren Rahmen an einer Maximierung der persönlichen Freiheit gearbeitet wird. Dabei wird von einer ganzheitlichen Konzeption des Person-Modells mit einem prinzipiellen Pluralismus der Werte, Anschauungen und Lebensstile ausgegangen, bei der Raum bleibt für die Entwicklung individueller Ziele und Lebensvorstellungen, die sich dynamisch ändern können. Diese Fähigkeit ist nicht angeboren, sondern prinzipiell lernbar. Praktisch bedeutet das den Versuch, die Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung des Patienten zu maximieren und das Prinzip der minimalen Intervention zu befolgen. Der Therapeut schreibt dem Patienten nicht vor, was Probleme oder Therapieziele sein könnten, sondern entwickelt diese gemeinsam mit diesem.

Literatur

  • Kanfer, F.H., Reinecker, H & Schmelzer, D., Selbstmanagement-Therapie, Ein Lehrbuch für die klinische Praxis, Springer, 2006.
  • Borg-Laufs, M. & Hungerige, H., Selbstmanagementtherapie mit Kindern, Ein Praxishandbuch, Pfeiffer, 2005.
  • Sadowski, P. "Der mündige Trinker", Selbstmanagement-Therapie für Alkoholkranke, dgvt-verlag, 2007.


Quelle

Selbstreflexion

Prüfendes und vergleichendes Nachdenken über sich selbst, das eigene Verhalten und Erleben (s.a. Reflexion). 

Selbstregulation

In der Psychologie bezeichnet man mit dem Begriff Selbstregulation diejenigen bewussten und unbewussten psychischen Vorgänge, mit denen Menschen ihre Aufmerksamkeit, Emotionen, Impulse und Handlungen steuern. Selbstregulation umfasst u. a. den mentalen Umgang mit Gefühlen und Stimmungen (s. Emotionsregulation) und die Fähigkeiten, Absichten durch zielgerichtetes und realitätsgerechtes Handeln zu verwirklichen (z.B. Selbstwirksamkeit) sowie kurzfristige Befriedigungswünsche längerfristigen Zielen unterzuordnen (s. Selbstdisziplin, Selbstkontrolle). Gut ausgeprägte Fähigkeiten zur Selbstregulation setzen (im neuropsychologischen Sprachgebrauch) intakte Exekutive Funktionen voraus.

Ein wesentliches Entwicklungsziel im Erziehungs- und Sozialisationsprozess von Kindern ist die Fähigkeit, sich zunehmend selbstständig, also ohne die Unterstützung von Bezugs- bzw. Betreuungspersonen, zu steuern. Einer der frühesten Sozialisationsvorgänge in dieser Hinsicht ist die Sauberkeitserziehung. Je älter Kinder werden, desto mehr wird von ihnen erwartet, in ihrem Verhalten soziale Normen und Rollenanforderungen zu beachten, Aufgaben zu übernehmen und ihr Handeln zielorientiert steuern zu können. Dazu ist die Entwicklung gewisser psychischer Kompetenzen wie z. B. Frustrationstoleranz und Impulskontrolle erforderlich.

Sigmund Freud prägte in diesem Zusammenhang die Begriffe Lustprinzip und Realitätsprinzip. Er bezeichnete Kleinkinder als „Lustsucher“, also vorwiegend von der Befriedigung ihrer aktuellen Wünsche und Bedürfnisse geleitet, während von psychisch gesunden Erwachsenen die Orientierung ihres Handelns an längerfristigen Zielen und an den Bedingungen der materiellen und sozialen Wirklichkeit erwartet wird.

Menschen unterscheiden sich in den Fähigkeiten und im „Stil“ der Selbststeuerung. Bei verschiedenen psychischen Störungen wie Abhängigkeit (Sucht), Zwangsstörungen, der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung oder der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind die Selbstregulationskompetenzen eingeschränkt, mit der Folge, dass eine autonome Lebensführung z. T. erheblich beeinträchtigt wird.

Theorien zur psychologischen Selbstregulation

  • Das Belohnungsaufschubs-Paradigma von Walter Mischel
  • Theorie der Selbstregulation nach Albert Bandura
  • PSI-Theorie nach Julius Kuhl
  • In Fritz Heiders Balancetheorie besagt das homöostatische Prinzip, dass Personen ihre Einstellungen je nach Zuneigung/Abneigung an ihren Kommunikationspartner angleichen bzw. nicht.

Literatur

  • Baumeister, Roy F. und Vohs, Kathleen D. (Hrsg.), Handbook of Self-Regulation, Guilford Press, 2004
  • Grossarth-Maticek, Ronald: Selbstregulation, Autonomie und Gesundheit. Krankheitsfaktoren und soziale Gesundheitsressourcen im sozio-psycho-biologischen System, Walter de Gruyter, 2003.
  • Reinecker, H. und Schmelzer, D. (Hrsg.), Verhaltenstherapie, Selbstregulation, Selbstmanagement, 1996.
  • Bernhard Schmitz (TU Darmstadt), Self-Monitoring zur Unterstützung des Transfers einer Schulung in Selbstregulation für Studierende, 2001

Quelle

Selbstregulation in der Wikipedia

Selbstwert

Unter Selbstwert (auch: Eigenwert, Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Selbstkonzept) versteht die Psychologie den Eindruck oder die Bewertung, die man von sich selbst hat. Das kann sich auf den Charakter und die Fähigkeiten des Individuums, die Erinnerungen an die Vergangenheit und das Ich-Empfinden oder auf das Selbstempfinden beziehen.

Äußere Faktoren können das Selbstvertrauen prägen, wenn bei bestimmten Anforderungen hinreichend objektive Gründe gegeben sind, wie zum Beispiel Methodenkompetenz, ausreichende Kenntnisse oder Erfahrungen, wiederholte Tätigkeiten in ähnlichen Situationen oder ähnliches.

Selbstwert ist darüber hinaus auch eine politisch-moralische Kategorie, die beispielsweise die Gewissheit begründet, in einer bestimmten Situation „im Recht“ zu sein, bzw. ein zustehendes Recht wahrzunehmen, einzufordern oder zu erstreiten. 

Theorie

Selbstwertgefühl resultiert aus dem Vergleich der vermeintlichen subjektiven Fähigkeiten mit den Anforderungen, mit denen sich die Persönlichkeit konfrontiert sieht. Es lässt sich an ganz konkreten und zunehmend verallgemeinerten Anforderungssituationen bestimmen, zum Beispiel auch in psychologischen Tests. Ein hohes Selbstvertrauen gegenüber Anforderungen zeigt sich, wenn vorausschauend eingeschätzt wird, dass diese Situation gut gemeistert werden kann.

Der Grad des Selbstvertrauens hängt im Normalfall von der unterschiedlichen Befähigung für bestimmte Tätigkeiten ab und ist zeitlichen Änderungen (etwa durch Emotionen oder Müdigkeit) unterworfen.

Personen können situativ oder ständig ein inadäquates Selbstvertrauen haben, indem sie ihre Leistungsmöglichkeiten über- oder unterschätzen. Derartige Fehleinschätzungen entstehen auf der Grundlage individueller Besonderheiten, Einstellungen und anderer Eigenschaften. Ein zu hohes Selbstwertgefühl muss jedoch keineswegs günstig sein und kann sich zu Überheblichkeit entwickeln, was bei anderen Abneigung hervorruft.

Der beste Zustand ist ein Gleichgewicht zwischen den vier psychischen Säulen oder Grundbedürfnissen, insbesondere zwischen den jeweils ersten und letzten beiden:

  • Eigenständigkeit und Freiheit
  • zwischenmenschliche Beziehungen und das Bewusstsein gewisser Abhängigkeit
  • Wechsel in manchen Lebenssituationen
  • Dauer bei wichtigen Lebensgrundlagen

Hintergrund

Die Basis für einen sicheren Umgang mit sich und der Umwelt hängt eng mit dem Selbstvertrauen und dem Selbstwertgefühl zusammen. Die Selbstsicherheit bildet sich im Laufe der kindlichen Entwicklung aus:

  1. über das Erzielen von Wirkungen – insbesondere von jenen, die beim Kind zu angenehmen, positiv erlebten Gefühlen führen;
  2. das Erhalten von Wertschätzung und Anerkennung (als besondere Form sozialer Wirkung);
  3. dem Identifizieren mit wichtigen Bezugspersonen, die selbst die nötige Selbstsicherheit haben und auf das Kind positiv reagieren;
  4. in der späteren Entwicklung durch eine Balance zwischen erlebter Freiheit und der Verbundenheit zu Bezugspersonen.

 

Theorien für gesundes Selbstwertgefühl im Heranwachsen

Die Basis eines gesunden Selbstwertgefühls wird nach gängigen Theorien in der Kindheit gelegt – vor allem durch das Ausmaß an Zuneigung und Anerkennung, also Urvertrauen, die ein Mensch insbesondere von den Eltern (oder besonders später von anderen Bezugspersonen) erfährt.

In späteren Lebensphasen kann das Individuum den Eigenwert umso eher positiv beeinflussen, je unabhängiger es von der Meinung der es umgebenden Gruppen ist. Naturgemäß ist hier die Pubertät eine kritische Zeitspanne.

Als Erwachsener beziehen die meisten von uns den Großteil der positiven und negativen Einflüsse auf den Selbstwert aus dem Beruf. Dies kann im Falle von Arbeitslosigkeit für den Betroffenen zum Problem werden. Das bei steigendem Leistungsdruck immer häufiger werdende Mobbing kann verheerende Auswirkungen auf das seelische Gleichgewicht haben und bis zu tiefer Depression führen. 

Studien zum Zusammenhang mit dem restlichen Leben

Der Einfluss des Selbstwertgefühls auf die übrigen Lebensbereiche sei geringer als allgemein vermutet, legen empirische Studien nahe: Die schulischen Leistungen, das Aussehen, die Beliebtheit bei anderen, die Konfliktfähigkeit und die Selbstbehauptung gegenüber den Gemeinheiten anderer würden nicht mit dem Selbstwertgefühl korrelieren. Es wurde auch kein Zusammenhang zwischen dem Selbstwertgefühl von 9- bis 13-jährigen und ihrem späteren Alkoholkonsum im Alter von 15 Jahren festgestellt. Dagegen zeigte sich, dass Menschen mit hohem Selbstwertgefühl kontaktfreudiger und glücklicher als andere Menschen sind. Auch neigen Kinder mit hohem Selbstwertgefühl eher zum Herumkommandieren als andere (Roy F. Baumeister, Jennifer D. Campbell, Joachim I. Krueger und Kathleen D. Vohs: Mythos Selbstbewusstsein. In: Spektrum der Wissenschaft, August 2005, S. 24). 

Arbeitslosigkeit und Selbstwert

Langzeitarbeitslose, vor allem jene, die vorher in jahrelangem, festem Arbeitsverhältnis standen, tendieren dazu, ihr durch ihren Beruf definiertes Selbstverständnis in Frage zu stellen. In der Regel tritt nach sechsmonatiger bis einjähriger Arbeitslosigkeit ein Gefühl der Nutzlosigkeit auf, das in manchen Fällen zur Entfremdung von der Familie und/oder anderen sozialen Milieus führen kann, bis hin zur Selbstaufgabe und zum Suizid. Es besteht anscheinend, gemäß Jeremy Rifkins „Das Ende der Arbeit“ (Seiten 156 ff.), ein deutlicher Zusammenhang zwischen anwachsender Arbeitslosigkeit und der Zunahme von Depression und psychotischen Erkrankungen.

Hier wird berichtet, dass der Soziologe und Psychologe Dr. Thomas T. Cottle, der die psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit über fünfzehn Jahre hinweg untersuchte, bei Langzeitarbeitslosen in Amerika, die durch die US-Regierung als „entmutigt“ eingestuft wurden, pathologische Symptome feststellte, die denen Sterbender ähnelten.

Organisatoren von Motivationsseminaren scheinen die Bedeutung von Langzeitarbeitslosigkeit als potenzielle Einnahmequelle erkannt zu haben. Mit teilweise dubiosen Praktiken versuchen sie, das Selbstwertgefühl gedemütigter Langzeitarbeitsloser zu steigern. Die Effektivität solcher „Motivationsseminare“ bleibt - trotz teilweiser Förderung durch Arbeitsämter – jedoch fraglich. Ohnehin entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage, dass eine Steigerung des Selbstwertgefühls unmittelbar Einsetzbarkeit und Erfolg auf dem Arbeitsmarkt steigerte. Vielmehr scheint es eher ein Versuch zu sein, die Eigenverantwortung des Einzelnen für sein Schicksal ins Gewissen zu rufen, anstelle externe Faktoren für Arbeitslosigkeit, wie zum Beispiel Rationalisierung, Outsourcing oder Automatisierung heranzuziehen.

Denkbar ist ebenfalls eine besänftigende Wirkung auf den leidenden Einzelnen wie auch auf die Gemeinschaft gedemütigter Menschen mit dem Ziel, potentiellen Gesellschaftskrisen zuvor zu kommen, z.B. Ausführen unkontrollierter Gewalt gegen Einrichtungen und Personen öffentlicher und politischer Art sowie andere Zielobjekte. Aus der Deutschen Geschichte heraus ist als Gegenbeispiel die weitgehende, stillschweigende Annahme breiter Bevölkerungsschichten des Volkes der Juden (auch der Sinti und Roma und zahlreicher Randgruppen - Schwule, „entartete“ Künstler) als „pauschalen Sündenbock“ für viele erlittene individuelle wie auch generelle Leidensumstände zu nennen - z.B. der Notstand der Bevölkerung aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Krisen in den Vorjahren -, wodurch sich gerichtete Entladungen von Aggression gegen diese künstlich geschaffene Zielgruppe auslösen ließen.

Diese künstlich verstärkte, kollektive Selbstwertsteigerung eines Volkes auf Kosten anderer Volksgruppen ist aus noch früherer Geschichte bekannt (Sklaverei), wurde vielfach in anderen Ländern und Regionen kopiert (Hutu und Tutsi in Ruanda und Burundi) und findet in heutiger Zeit offenbar auch in Deutschland wieder Nährboden aufgrund aktuell wachsender Nöte in den unteren Bevölkerungsschichten, die man „zeitgeistig“ Prekariat zu nennen begonnen hat: Eine persönlich als Selbstwertsteigerung empfundene Assimilierung in rechtsradikalen Gruppierungen führt wie in den oben genannten Motivationsseminaren zu empfundener Ausübung von mehr Eigenverantwortung des Mitläufers im Sinne der Verbreitung klarer Überzeugungen durch repressive oder präsentative Aktivitäten in der Öffentlichkeit. Fehlende oder mangelnde Selbstreflexion erschwert hierbei das Erkennen der eigenen falschen Auffassungen und damit die persönliche Integration in das eigentliche Lösungskonzept.

Ob weitere – zum Teil öffentlich geförderte – Maßnahmen zur Steigerung des Selbstwertgefühls, wie beispielsweise Autogenes Training oder Yoga, die Lage von Langzeitarbeitslosen verbessern, lässt sich nicht allgemein feststellen. 

Psychologie

Der Selbstwert ist auch ein Konzept in der wissenschaftlichen Psychologie, insbesondere in der Persönlichkeits- und der Differentiellen Psychologie.

Begriffsklärung

In der psychologischen Forschung beschreibt der Selbstwert eine der drei Komponenten des Selbst. Selbstwert oder synonym die Selbstwertschätzung entspricht der affektiven Komponente. Hierbei handelt es sich um die Bewertung des Bildes von der eigenen Person. Die kognitive Komponente ist das Selbstkonzept, also das Bild, das Personen von sich selbst haben. Unter der konativen oder handlungsbezogenen Komponente können Begriffe wie Selbstwirksamkeitserwartung oder Selbstdarstellung subsumiert werden. Der Begriff Selbstwertschätzung entspricht am ehesten dem englischen Begriff „self-esteem“ und umfasst positive wie auch negative Bewertungen der eigenen Person. Der Begriff Selbstwertgefühl hingegen ist weniger angemessen, weil es sich dabei nicht um ein Gefühl oder eine Emotion im engeren Sinne handelt.

Theoretische Einbettung

Menschen gelangen über drei verschiedene Quellen zu selbstbezogener Information. Mittels Selbstbeobachtung kann derzeitiges Verhalten und Erleben zu früheren Ereignissen in Beziehung gesetzt werden und sich so eine positive oder eher negative Selbsteinschätzung herauskristallisieren. Je nachdem, wie der soziale Vergleich mit anderen Personen ausfällt, erleben sich Personen unterschiedlich. Rückmeldungen stellen die dritte Quelle selbstbezogenen Wissens dar. Die Beurteilung dieses Wissens wirkt sich wiederum auf die Selbstwertschätzung aus. Unter „Selbstwertquellen“ hingegen versteht man Bereiche des Lebens, aus denen man seinen Selbstwert zieht. Vergängliche Selbstwertquellen wie zum Beispiel Schönheit sind insofern problematisch, als sie mit dem Älterwerden zu Schwankungen oder gar Einbrüchen im Selbstwert führen.

Erfassungsmethoden

Selbstwertschätzung wird am häufigsten mit Selbstbeschreibungsfragebogen erfasst. Als ein eindimensionales Verfahren ist die Rosenberg-Self-Esteem-Skala (Rosenberg, 1965: Morris J. Rosenberg: Society and the adolescent self-image. Princeton University Press, Princeton 1965, Taschenbuch 1989) zu nennen. Sie ist die international am weitesten verbreitete Skala, die mit zehn Items sehr ökonomisch die globale Selbstwertschätzung ermittelt. Selbstwerttheorien gehen zusätzlich davon aus, dass Selbstwertschätzung hierarchisch strukturiert ist, sich also unter der globalen Selbstwertschätzung mehrere Facetten des Selbstwerts wie Leistungsselbstwert oder sozialer Selbstwert gliedern. Mehrdimensionale Selbstwertskalen wie die Feelings of Inadequacy Scale (FIS, Janis & Field, 1959: I. L. Janis und P. B. Field: Sex differences and factors related to persuability. In: C. I. Hovland und I. L. Janis (Eds), Personality and persuability (pp. 55–68). Yale University Press, New Haven 1959) oder die Multidimensionale Selbstwertskala (MSWS, Schütz & Sellin, 2006: Astrid Schütz und Ina Sellin: Multidimensionale Selbstwertskala, Hogrefe Verlag, Göttingen 2006) tragen dieser hierarchischen Struktur Rechnung.

Entwicklung von Selbstwertschätzung

Studien zeigen, dass eine gewisse genetische Komponente die Ausprägung des Selbstwerts beeinflusst (M. B. Neiss, C. Sedikides und J. Stevenson: Self-esteem: A behavioural genetic perspective. In: European Journal of Personality, Band 16, 2002, S. 351–368). Letztlich muss jedoch von einem Zusammenwirken aus Anlage (Vererbung) und Umwelt gesprochen werden. Die Selbsteinschätzungen von Kleinkindern basieren noch auf Bewertungen wie gut oder schlecht. Im Verlauf der kindlichen Entwicklung gewinnt der soziale Vergleich mehr an Einfluss, so dass insbesondere bei Übergängen in neue Lebensphasen (zum Beispiel Einschulung) die Selbstwertschätzung Umbrüchen unterliegt. Die Pubertät ist durch die Suche nach Identität und häufig durch Selbstzweifel gekennzeichnet. Insbesondere bei Mädchen ist ein Absinken des Selbstwerts zu verzeichnen, da die vorherrschenden Schönheitsideale meist entgegen ihrer pubertären Entwicklung stehen. Obwohl häufig davon ausgegangen wird, dass sich Persönlichkeitseigenschaften im Erwachsenenalter nicht mehr verändern, stellten Studien fest, dass die Selbstwertschätzung in dieser Lebensphase besonders durch familiäre und berufliche Erfolge oder Misserfolge beeinflusst wird.

Aktuelle Forschung

Neben Untersuchungen zum expliziten Selbstwert, den meist Selbstbeschreibungsfragebögen ermitteln sollen, versucht ein Teil der psychologischen Forschung heute, die implizite Selbstwertschätzung zu erfassen. Sie ist definiert als die spontane, nicht bewusste Bewertung der eigenen Person. Indirekte Verfahren wie beispielsweise der implizite Assoziationstest (IAT; Greenwald, McGhee & Schwartz, 1998) sollen anhand von Reaktionszeiten auf diese Form der Selbstwertschätzung schließen lassen. Hervorzuheben ist, dass explizite und implizite Selbstwertschätzung in „Selbstwertdiskrepanzen“ auseinander klaffen können. 

Literatur

  • Nathaniel Branden: Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls, Piper Verlag München Zürich 1995, Taschenbuchausgabe: 2003.
  • Roy F. Baumeister, Jennifer D. Campbell, Joachim I. Krueger und Kathleen D. Vohs: Does High Self-Esteem Cause Better Performance, Interpersonal Success, Happiness, or Healthier Lifestyles?. In: Psychological Science in the Public Interest, Band 4, Nummer 1, May 2003, S. 1–44.
  • David D. Burns: In zehn Tagen das Selbstwertgefühl stärken, Junfermann Verlag Paderborn 2005.
  • Helmut Martinetz, „Sprache und Sprechen, die Brückenbauer des Alltags“, Der Glaube an die eigenen Fähigkeiten, Litverlag 2006.
  • Matthew Mc Kay et al.: Selbstwert - Die beste Investition Ihres Lebens, Junfermann Verlag Paderborn, 3. Auflage 2008.
  • Matthew Mc Kay et al.: Selbstachtung - Das Herz einer gesunden Persönlichkeit, Junfermann Verlag Paderborn, 2. Auflage 2007.
  • Jeremy Rifkin: Das Ende der Arbeit (und ihre Zukunft), 1995 Putnam, New York, 2004 Campus Verlag, S.Fischer Verlag Frankfurt a.M., 2005.
  • Virginia Satir: Kommunikation - Selbstwert - Kongruenz, Junfermann Verlag Paderborn, 7. Auflage 2004.
  • Helga Schachinger, Das Selbst, die Selbsterkenntnis und das Gefühl für den eigenen Wert. 2005.
  • Astrid Schütz: Je selbstsicherer, desto besser? Licht und Schatten positiver Selbstbewertung. Beltz, Weinheim 2005.


Quelle

Selbstwert in der Wikipedia

Selbstwirksamkeit

Das psychologische Konstrukt der Selbstwirksamkeit geht auf die theoretischen und praktischen Forschungsarbeiten Albert Banduras in den 1980er Jahren zurück und beschreibt die subjektive Überzeugung, neue oder herausfordernde Anforderungssituationen aufgrund eigener Kompetenzen bewältigen zu können. Selbstwirksamkeitseinschätzungen steuern handlungsleitende motivationale, kognitive und affektive Prozesse und bilden unabhängig vom tatsächlichen Fähigkeitsniveau eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung komplexer Anforderungen. 

Sender-Empfänger-Modell

Das Sender-Empfänger-Modell der Kommunikation definiert Kommunikation als Übertragung einer Nachricht von einem Sender zu einem Empfänger. Dazu wird die Nachricht kodiert und als Signal über einen Übertragungskanal übermittelt. Dabei kann die Nachricht durch Störungen verfälscht werden. Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Kommunikation ist, dass Sender und Empfänger die gleiche Kodierung für die Nachricht verwenden.

Kommunikationspsychologie

In der Kommunikationspsychologie (Paul Watzlawick) und in der Gruppendynamik wird das Modell zunehmend erweitert und verfeinert.

Der Sender hat eine Idee und will diese mitteilen und damit etwas erreichen. Aber zwischen Sender und Empfänger lauern viele Kommunikationsstörungen:

„gedacht” ist nicht gesagt...

„gesagt” ist nicht gehört...

„gehört” ist nicht verstanden...

„verstanden” ist nicht gewollt...

„gewollt” ist nicht gekonnt...

„gekonnt und gewollt” ist nicht getan...

„getan” ist nicht beibehalten...

(in anl. Konrad Lorenz (1903-89), österreichischer Verhaltensforscher, 1973 Nobelpreis)

Störungen können auch bei der Kodierung]] und bei der Dekodierung auftreten: unterschiedliche Sprache und Übersetzungsfehler, Mehrdeutigkeit, kulturelle Unterschiede, mangelnde Aufmerksamkeit, eingegrenzte Wahrnehmung, Selektion begrenzter Merkmale, etc.

Auf dem Übertragungsweg entstehen weitere Störungen: verfälschende oder verfremdende Stille Post, übertönender Lärm, unterschiedliche Wahrnehmungskanäle, und andere Filter- oder Veränderungseinflüsse.

Deshalb ist es wichtig, dass der Empfänger eine Rückmeldung (Feedback) an den Sender gibt, wieweit er die Botschaft verstanden hat, was er damit zu tun gedenkt, welche Bedingung er daran knüpft oder welche Unterstützung er dafür braucht.

Quelle

Sender-Empfänger-Modell in der Wikipedia

Shadowing

Unter Shadowing – auf deutsch auch Schattentage genannt – versteht man die mehrstündige, teilweise auch mehrtätige Begleitung eines Klienten durch seinen Coach. Dabei agiert der Coach möglichst unauffällig. Ziel des Shadowing ist es, den Klienten in seinem verhaltensrelevaten Umfeld zu erleben und ihm anschließend Feedback geben zu können.

Quelle

Mahlmann, Regina (2002). Schattentage. ManagerSeminare, Februar 2002, Heft 53, S. 71–80. 

Sigmund Freud

Sigmund Freud (* 6. Mai 1856 in Freiberg (Mähren); † 23. September 1939 in London; ursprünglich Sigismund Schlomo Freud) war ein bedeutender österreichischer Arzt und Tiefenpsychologe, der als Begründer der Psychoanalyse und als Religionskritiker Bekanntheit erlangte. Seine Theorien und Methoden werden noch heute kontrovers diskutiert. Freud gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.

Weblinks

Institutionen


Darstellungen von Freud und der Psychoanalyse

 

Sokratische Methode

Die Sokratische Methode ist im philosophischen Kontext bei Sokrates eine Methode zur Gewinnung von Erkenntnis, wobei die Mäeutik als Teil dieser Methode die Technik der Gesprächsführung darstellt.

Die Heraushebung des Wissens, der Theorie, findet in der griechischen Antike bei Sokrates ihre erste prägnante Form. Der Begriff episteme (Wissenschaft) verkörpert diesen Prozess in seiner sprachlichen Verfassung. Die Theorie wird damit selbst zum Betrachtungsgegenstand der Philosophie und mit der Theorie auch derjenige, der sie hervorbringt: der Mensch. Sokrates orientiert das Philosophieren auf den Menschen, auf das Subjekt. Die Lebensführung des Menschen soll nicht instinktiv sein, d.h. nicht fatalistische Züge tragen, sondern auf eigene Vernunftseinsicht begründet werden: theoretische Einsicht und praktische Tüchtigkeit. Die Tugend ist lehrbar und besteht im Wissen vom richtigen Handeln. Sokrates philosophisches Erziehungsideal besteht aus der Einheit der sittlichen und wissenschaftlichen Bildung. Die Mittel dazu sah er in der Erkenntnis der Wahrheit. Gerade diese Forderung führte ihn weit über die Sophisten hinaus, hatten diese doch die Möglichkeit zur Gewinnung wahrer Erkenntnisse dem Skeptizismus preisgegeben.

Die Sokratische Methode ergibt sich aus drei Stufen:

  • Die erste Stufe ist die Selbsterkenntnis gemäß der delphischen Forderung: Erkenne dich selbst (Denn wenn ich weiß, was ich bin, weiß ich auch, was ich soll).
  • Die zweite Stufe besteht im Resultat der Selbsterkenntnis, wovon man zum Bewusstsein dessen gelangt, dass man nicht weiß. Diesen Zustand des Bewusstseins des Nichtwissens erklärt Sokrates als seine einzige Weisheit.
  • Die dritte Stufe besteht bei Sokrates darin, dass er sich zu dieser Erkenntnis aktiv verhält, denn die Stufe der Erkenntnis eigener Unwissenheit ist bei ihm der Ausgangspunkt, das Motiv zum Suchen des wahren Wissens.

Die Realisierung dieser Forderungen ist nach Sokrates nur im dialogischen Philosophieren möglich, denn

  • 1. ist die Gesprächsführung die günstigste Form, auf Menschen erziehend und bildend einzuwirken, sie zum Selbstdenken anzuregen, ihr Verständnis gegenüber sittlichen Mängeln und Aufgaben zu erwecken und zu leiten,
  • 2. ist der Dialog eine unentbehrliche Bedingung der Gedankenentwicklung für alle Teilnehmer und somit auch ein Erkenntnisprozess für alle Beteiligten.

Diese Philosophie realisiert sich eben erst im Dialog. Eine Philosophie, die in der Bewegung des Dialogs existiert. Die Sokratische Methode verselbständigt gerade den Gedanken, d.h. der Gedanke wird zum Gegenstand der Analyse und Kritik. Da der hauptsächliche Gedankengegenstand aus ethischen und moralischen Problemen besteht, berührt die philosophische Analyse unmittelbar die Geschehnisse der Gemeinschaft. Bei den drei Stufen der Sokratischen Methode ist zu bemerken, dass der Dialog und die damit verbundenen Bestandteile nur in der dritten Stufe angesiedelt werden können, denn hier erscheint der Kern der Forderungen: die Suche nach wahrem Wissen. Nach Sokrates ist wahres Wissen nur auf der Grundlage fest umgrenzter Begriffe möglich.

Das Verfahren der Sokratischen Methode besteht u.a. in den logischen Mitteln, die zur Begriffsbestimmung führen. Dies soll an zwei Beispielen des Dialogs gezeigt werden.

  • Beispiel 1: Bestimmung des Begriffes Gottesfurcht
    Was ist wohl Euthydemos, die Gottesfurcht? - Das Allerschönste bei Gott? - Kannst du mir sagen, was ein gottesfürchtiger Mann ist? - Ich denke, einer, der die Götter ehrt - Darf man aber die Götter ehren wie man will? - Nein, es gibt Gesetze, nach denen man sich richten muss - Wer also die Gesetze kennt, muss doch auch wohl wissen, wie man die Götter ehren soll? - Ich denke - Und wer dies weiß, der glaubt doch auch gewiss, er dürfe die Götter auf keine andere Weise ehren, als wie er es weiß? - Ohne Zweifel - Ehrt man also die Götter, wenn man es anders tut, als man glaubt, dass es recht ist? - Doch wohl nicht - 'Wer also weiß, was bezüglich der Götter gesetzlich ist, der wird sie wohl auch in gesetzlicher Weise ehren? - Sicherlich - Und wer sie in gesetzlicher Weise ehrt, ehrt sie doch, wie er soll? - Natürlich - Wer sie ehrt, wie er soll, der ist doch gottesfürchtig? - Zweifellos - Wir werden also den Begriff gottesfürchtig richtig bestimmen, wenn wir sagen: gottesfürchtig ist, wer weiß, was hinsichtlich der Götter gesetzlich ist? - So scheint es wenigstens.
    Der Dialog beginnt damit, dass Sokrates eine Definition vom Gesprächspartner verlangt, damit erst einmal eine Art Begriffsbestimmung erreicht ist. Doch diese erweist sich als ungenügend, und er verlangt eine Korrektur. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis ein positives Resultat vorliegt. Das Verfahren wird im entgegengesetzten Fall abgebrochen. Sokrates verwendet zur Erlangung einer solchen Definition die Induktion (eigentlich: induktiv-definitorische Methode, wenn das ganze Verfahren einbezogen wird). Die Ausgangspunkte der Induktion sind in den meisten Fällen Beispiele aus dem Leben, allgemein anerkannte Sätze und Vorstellungen. Mittels einer Induktion soll aus der Mannigfaltigkeit der Auffassungen und Meinungen über einen bestimmten Sachverhalt das Gemeinsame herausgefunden werden in der Form des Dialogs.
  • Beispiel 2: Klarstellung der Art einer Beweisführung, die Sokrates in einem Gespräch mit dem Bildhauer Kleiton zeigen will
    'Dass du die Läufer, Ringer, Faustkämpfer und Ringfaustkämpfer charakteristisch darstellst, sehe und begreife ich; aber sag' einmal, wie bringst du das, was beim Anblick am meisten bewegt, den Ausdruck der Lebendigkeit, in die Bildsäule hinein?' . Kleiton geriet in Verlegenheit und wusste nicht gleich zu antworten; da fragte Sokrates weiter:' Gelingt es dir nicht dadurch, dass du dir lebendige Menschen als Modell nimmst?' - 'Ja', antwortete Kleiton. 'Bildest du also nicht die bei den verschiedenen Bewegungen sich hebenden und senkenden, zusammengepressten und auseinandergezogenen, angespannten und gelockerten Muskeln nach und bringst so die Täuschung lebenswahrer Körper hervor?' - 'So mach ich das allerdings' - 'Ist es für den Beschauer aber nicht ein eigener Genuss, wenn auch die Gemütsbewegungen des tätigen Menschen dargestellt werden?' - 'Natürlich' - 'Also wird man dem Blick eines Kämpfers einen drohenden, dem des Siegers dagegen einen freudigen Ausdruck verleihen müssen?' - 'Sehr richtig' - 'Es wird also des Bildhauers Aufgabe sein, das Leben der Seele zur äußeren Darstellung zu bringen'.

In diesen Dialog wird eine Art der Beweisführung gezeigt, deren Aufgabe es ist, die Notwendigkeit einer Handlungsweise zu untersuchen. Wie aus dem Dialog ersichtlich ist, geht Sokrates auf den Begriff der Sache, um die es sich handelt, zurück und weist nach, was daraus für den gegebenen Fall folgt (S. 129). Bei Sokrates gibt es allerdings keine nähere Bestimmung eines Beweises, sondern nur das hier typisch gezeigte Verfahrensprinzip.

Xenophon zeigt in seinen Memorabilien die vielseitige Anwendung dieses besprochenen Sokratischen Verfahrens auf. Als den eigentlichen Gegenstand seiner Untersuchungen betrachtete er aber das Leben und Tun des Menschen, alles andere dagegen nur, inwiefern es auf die Zustände und die Aufgaben des Menschen Einfluss hat: seine Philosophie, ihrer allgemein wissenschaftlichen Form nach Dialektik, wird in ihrer konkreten Anwendung zur Ethik (S. 132).

Allgemein kann das Verfahren bei Sokrates so umrissen werden: dem Handelnden, dem tätigen Menschen soll die Art seiner Tätigkeit bewusst gemacht werden, d.h., sie sollen wissen, warum sie etwas so und so tun, warum sie z.B. fromm oder patriotisch sind. Mit anderen Worten: Sokrates will erreichen, dass der Handelnde ein bewusst Handelnder wird, der die Regeln seiner Tätigkeit kennt und der sein eigenes Handeln begreift.

Literatur

  • (1) Eduard Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, II. Teil, 1. Abteilung, 1922, S. 120
  • (2) Xenophon, Memorabilien, IV, 1-4
  • (3) ebenda, III, 10, 6-8

 

Quelle

Sokratische Methode in der Wikipedia

Sokratisches Gespräch

Das (Neo-)Sokratische Gespräch ist eine ursprünglich philosophische Unterrichtsmethode, die zu eigenverantwortlichem Denken, Reflexion und Selbstbesinnung anleitet. Sokratische Gespräche gehen auf die Philosophen und Lehrer Leonard Nelson (1882-1927) und Gustav Heckmann (1898-1996) zurück und unterscheiden sich von der Sokratischen Methode unter anderem darin, dass sie nicht dialogisch sondern als moderierte Gruppengespräche stattfinden, wobei der Moderator sich jedweder Meinungsäußerung zum Gesprächsgegenstand enthält und auch nicht manipulativ fragt. Als Gesprächsmethode werden sie heute auch in der Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften in Seminaren und Workshops angeboten, um z.B. zu untersuchen, was die Prinzipien von Führung und Management sind.

Ausgehend von konkreten Erfahrungen der Gesprächsteilnehmer wird in klar definierten Abstraktionsschritten eine Begriffsdefinition, die Lösung einer Frage oder eine Entscheidung gesucht, die im Konsens aller getroffen wird.

Hartmut Spiegel fasst - mit Blick auf Mathematikunterricht und Mathematiklehrerausbildung - Nelsons Ansatz für das sokratische Gespräch einer Kleingruppe in die folgenden einfachen Regeln zusammen:

  • Sprich klar und kurz und versuche Dich allen Teilnehmern verständlich zu machen!
  • Halte an der gerade erörterten Frage fest und schweife nicht ab!
  • Nimm jede Äußerung jedes anderen Teilnehmers in gleicher Weise ernst!
  • Prüfe Äußerungen anderer Teilnehmer daraufhin, ob Du sie vollständig aufgefasst und verstanden hast und sie auf den Gang der Argumentation beziehen kannst!
  • Sprich vorhandene Fragen und Zweifel aus, aber spiele nicht den advocatus diaboli!
  • Arbeite auf einen Konsens hin!


Der Leiter soll darauf achten, dass

  • die Teilnehmer die Regeln einhalten,
  • sie sich untereinander wirklich verstehen,
  • sie an der gerade erörterten Frage festhalten,
  • fruchtbare Ansätze nicht verloren gehen.


Besonders wichtig ist, dass der Leiter die Teilnehmer auf ihr eigenes Urteilsvermögen verweist, indem er seine eigene Meinung über die erörterte Sache nicht zu erkennen gibt.

In diesem letzten Punkt geht Nelson ganz entscheidend über Sokrates hinaus: Der Leiter soll keine Fragen stellen, die ein Urteil enthalten oder seinen eigenen Standpunkt verraten, denn dadurch würde er dem eigenen Urteil der Teilnehmer durch Anbieten eines Vorurteils zuvorkommen.

Sokrates beschrieb den Prozess des kritischen Hinterfragens von Argumenten als Mäeutik, als Hebammenkunst: Der Gesprächsleiter Sokratischer Gespräche hilft seinen Gesprächspartnern, ihre Ideen und Gedanken zu "gebären". So werden Strukturen und Verhaltensmuster sichtbar, das eigene Denken und Handeln verstehbar und damit auch veränderbar.

Vom Sokratischen Gespräch zu unterscheiden ist der Sokratische Dialog als Fragetechnik, derer sich Psychotherapeuten, Lebensberater und Seelsorger bedienen, wenn es im therapeutisch-beratenden Gespräch um Begriffsklärung und Entscheidungsfindung geht.

Literatur

  • Dieter Birnbacher und Dieter Krohn: Das sokratische Gespräch, Stuttgart 2002.
  • Horster, Detlef: Das Sokratische Gespräch in Theorie und Praxis, Opladen 1994.
  • Krohn, Dieter, Barbara Neißer und Nora Walter (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch im Unterricht, Frankfurt am Main 2000. [=Sokratisches Philosophieren, Band VII]
  • Krohn, Dieter, Barbara Neißer und Nora Walter (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch - Möglichkeiten in philosophischer und pädagogischer Praxis, Frankfurt am Main 1999. [=Sokratisches Philosophieren, Band VI]
  • Loska, Rainer: Lehren ohne Belehrung. Leonard Nelsons neosokratische Methode der Gesprächsführung, Bad Heilbrunn 1995
  • Stavemann, Harlich, H.: Sokratische Gesprächsführung in Therapie und Beratung, Weinheim ; Basel 2007

Quelle

Sokratisches Gepräch in der Wikipedia

Soziale Kompetenz

Soziale Kompetenz, häufig auch Soft Skills genannt, bezeichnet den Komplex all der persönlichen Fähigkeiten und Einstellungen, die dazu beitragen, das eigene Handeln von einer individuellen auf eine gemeinsame Handlungsorientierung hin auszurichten. „Sozial kompetentes“ Verhalten verknüpft die individuellen Handlungsziele von Personen mit den Einstellungen und Werten einer Gruppe, entweder indem sich jemand in eine Gruppenstruktur auf akzeptierte Weise einordnet oder indem jemand Personen zu einer oder als eine erfolgreiche Gruppe organisiert.

Bei dem Begriff der sozialen Kompetenz handelt es sich um einen schwammig definierten Begriff, denn es gibt keine Methode, um die soziale Kompetenz einer Person eindeutig festzustellen. 

Allgemeines

Im Arbeitsleben versteht man darunter unter anderem die Fähigkeit, positiv das Verhalten und die Einstellungen von Mitarbeitern zu beeinflussen (Stichwort Teamfähigkeit und Motivation).

Das Konzept sozialer Kompetenz wird vielfach positiv gesehen, ist aber tatsächlich wertneutral im moralischen Sinne. Auch Anführer mafiöser Organisationen oder Diktatoren wie z.B. Adolf Hitler haben es de facto geschafft, die Bestrebungen vieler Individuen auf ein gemeinsames Ziel auszurichten, indem sie die faktischen Wertvorstellungen von Menschen ansprachen, um Menschen zu koordinierten Handlungen zu motivieren. 

Psychologie

In der Psychologie bezeichnet „Soziale Kompetenz“ eine nur schwer definierbare Gesamtheit von Fertigkeiten, die für die soziale Interaktion nützlich oder notwendig sein können.

Soziale Kompetenz (adaptive behavior) war, als psychologischer Begriff, bis Mitte des vorigen Jahrhunderts ein Kriterium zur Beurteilung darüber, ob eine geistige Behinderung vorliegt oder nicht, gleichrangig zur Intelligenz (im Sinne der Erfassung durch Intelligenztests). Der Intelligenzquotient (oder IQ) hat sich bekanntlich stärker durchgesetzt.

Heute steht die Forderung nach der Berücksichtigung sozialer Merkmale, nach der Erfassung und Förderung des sozialen Teils der Intelligenz wieder verstärkt im Vordergrund. So wird in der Erwachsenenbildung der Erwerb sozialer Kompetenzen als wichtiges Lernziel angesehen, insbesondere deswegen, weil zum einen die Anforderungen beruflicher Tätigkeit heutzutage mehr denn je von Kommunikationsfähigkeiten geprägt sind und zum anderen in Berufsausbildungen gerade dieser Bereich ausgespart bleibt. Mittlerweile gibt es allerdings auch berufsbegleitende Studiengänge, die sich dieser Problematik annehmen (z.B. Weiterbildungsstudiengang Sozialkompetenz).

Eine brauchbare Definition des Begriffes „soziale Kompetenz“ zu entwickeln, wird nach Zimmer (1978a,1978b) durch den Umstand erschwert, dass er nicht nur vom Individuum her, sondern von sozialen Anforderungen und Situationsmerkmalen her bestimmt werden muss. Im Gegensatz zu Begriffen wie seelische Gesundheit oder Krankheit, besitzt der Begriff der sozialen Kompetenz nicht nur eine Beziehung zum Funktionieren eines Individuums, sondern parallel dazu auch eine Beziehung zu den situativen Anforderungen. In unterschiedlichen Kulturkreisen, aber auch in unterschiedlichen Milieus innerhalb eines Kulturkreises, können daher bei vergleichbaren situativen Anforderungen differierende Verhaltensweisen vom Individuum erwartet und somit als kompetent interpretiert werden. Dies bedeutet, dass ein Verhalten, das innerhalb eines Milieus eine Person als sozial kompetent darstellt, innerhalb eines anderen Milieus, bei vergleichbaren situativen Anforderungen, als sozial inkompetent angesehen werden kann. Eine genaue Festlegung von Verhaltensweisen, die in sozialen Situationen als sozial kompetent angesehen werden können, kann es nach Zimmer deshalb grundsätzlich nicht geben (vgl. Stangl 2004). Daher gibt es in vielen Beiträgen zu diesem Thema Kataloge von Fertigkeiten (s.u.), die zumindet teilweise eine gemeinsame Schnittmenge besitzen.

Ein erster einigermaßen überzeugender Ansatz zur Messung von Teilbereichen des Konstrukts bzw. zu dessen Operationalisierung liegt bei Rathus (1973) innerhalb seines „Rathus Assertiveness Schedule“ vor. Sie ist aber wie auch der Ansatz von Saronson (1981) am trait-Modell orientiert und bleibt daher letztlich hinter den älteren Ansätzen von Rampus, Taijfel und anderen zurück, die eine wesentlich dynamischere Sichtweise auf dieses Konstrukt hatten. Vermutlich hat es deshalb innerhalb der wissenschaftlichen Psychologie keine größere Verbreitung gefunden, da es wohl kaum angemessen operationalisiert werden kann. So bliebe eine eventuell über Fragebögen oder ähnliche Verfahren versuchte Erfassung eines solchen Konstruktes, weit hinter dem in der Psychologie schon seit vielen Jahren erreichten Kenntnisstand zur Erklärung menschlichen Verhaltens zurück. Der Einsatz projektiver oder situativer Verfahren ist aufgrund der Messproblematik und des damit verbundenen Aufwandes für eine zufriedenstellende Quantifizierung vermutlich nicht zielführend. Der sich aus diesen Gründen innerhalb der wissenschaftlichen Psychologie ergebende weitestgehende Verzicht auf das Konstrukt der sozialen Kompetenz ist daher verständlich und nachvollziehbar (vgl. Stangl 2004).

Soziale Kompetenzen

Allgemein zählen zur Sozialen Kompetenz folgende Kenntnisse und Fähigkeiten:

Im Umgang mit sich selbst:

  • Selbstwertgefühl
  • Selbstvertrauen
  • Urvertrauen
  • Wertschätzung
  • Selbstwirksamkeit
  • Selbstbeobachtung
  • Eigenverantwortung


Im Umgang mit Anderen:

  • Achtung
  • Anerkennung
  • Empathie (Mitgefühl bzw. Einfühlungsvermögen)
  • Menschenkenntnis
  • Kritikfähigkeit
  • Wahrnehmung
  • Selbstdisziplin
  • Toleranz
  • Respekt
  • Sprachkompetenz
  • Interkulturelle Kompetenz
  • Perspektivenübernahme


In Bezug auf Zusammenarbeit:

  • Teamfähigkeit
  • Kooperation
  • Motivation
  • Konfliktfähigkeit
  • Kommunikationsfähigkeit


Führungsqualitäten:

  • Verantwortung
  • Flexibilität
  • Konsequenz
  • Vertrauen
  • Vorbildfunktion


Im Allgemeinen:

  • Emotionale Intelligenz
  • Engagement


Pädagogik

Die Erziehung zur sozialen Kompetenz muss möglichst frühzeitig beginnen, wenn sie erfolgreich sein will. Nur durch Konsequenz und Toleranz, sowie dem Lernen anhand selbst erlebter authentischer Beispiele (=prägendes Lernen) können sich Erfolge einstellen. Wie schwierig es ist, nachhaltig Erfolge zu erzielen, erkennt man beispielsweise bei der Bekämpfung von Vorurteilen.

Der primäre Ort zum Erlernen sozialer Kompetenz ist traditionell die Familie. Inwieweit die Familie zunehmend damit überfordert ist, und welche Maßnahmen seitens der Gesellschaft Abhilfe schaffen könnten, wird kontrovers diskutiert. In Deutschland wird in Bildungsreformplänen beschrieben, dass soziale Kompetenz ein wesentliches Bildungs- und Erziehungsziel sein soll.

Schulische Methoden, die das Erlernen sozialer Kompetenz erleichtern, sind das autonome Lernen, das offene Lernen, der kommunikative Unterricht. Sozialkompetenz im Rahmen eines Gesamtkonzepts wird beim handlungsorientierten Unterricht vermittelt.

Der andragogische Bereich (Erwachsenenbildung) dieses Lernkonzeptes erfolgt über Civic Education, einer Weiterentwicklung der Politischen Bildung. 

Wirtschaftsleben

„Soziale Kompetenz“ wird in Unternehmen häufig synonym mit den sogenannten „soft skills“ verwendet. Der Begriff der sozialen Kompetenz ist allerdings umfassender und umgreift z.B. auch Kritikfähigkeit.

Diese Art der Kompetenz gilt auf dem Arbeitsmarkt für das mittlere Management als eine Schlüsselqualifikation und beschreibt in diesem Zusammenhang die Fähigkeit, 'Teamgeist' und Motivation in die Zusammenarbeit mit anderen (Kollegen, Kunden, Vorgesetzten, Mitarbeitern) einzubringen und für gemeinsame Ziele zu nutzen. Als „soziale Kompetenz“ gilt auch die erfolgreiche Einwirkung von Vorgesetzten auf die Arbeitsleistung von Mitarbeitern.

Der Begriff der sozialen Kompetenz wird insbesondere in der Personalwirtschaft, etwa im Zusammenhang mit Personalauswahl, Coaching, Supervision, Organisationsberatung oder Peer-Leader-Ausbildung verwendet. Es gibt keine genormte Gruppe von Persönlichkeitseigenschaften, die der Sozialen Kompetenz zugeordnet werden. Die verwendeten Konstrukte und Testverfahren werden subjektiv gewählt, teilweise auch unterschiedlich in verschiedenen Branchen. 

Kritik

Der Begriff Soziale Kompetenz wird in einer Vielzahl von Bedeutungen verwendet, was die Brauchbarkeit des Begriffs einschränkt.

Eine alternative Definition Sozialer Kompetenz ist bei Jens B. Asendorpf, Lehrbuch der Persönlichkeitspsychologie, nachzulesen: Demnach setzt sich die Soziale Kompetenz aus zwei Komponenten zusammen: Konfliktfähigkeit und Kooperationsbereitschaft. Sozial kompetente Menschen verfügen demnach über die seltene Gabe, diese zwei eher gegensätzlichen Verhaltensweisen situativ so einzusetzen, dass es Ihnen möglich wird, eigene Ziele innerhalb sozialer Beziehungen zu erreichen, ohne die Beziehung zu gefährden. 

Literatur

  • Faix, Werner G. & Laier, Angelika (1996). Soziale Kompetenz. 2. Auflage, Gabler, Wiesbaden
  • Jabornegg Altenfels, Markus (Hrsg.:) Soziale Kompetenz. Theoretische Fundierung und Analyse des Status Quo in der oberösterreichischen Bildungs- und Wirtschaftslandschaft.
  • Hinsch, R. & Pfingsten, U. (2007). Das Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK). Grundlagen, Durchführung, Materialien. 5. Auflage. Weinheim: PVU
  • Hinsch, R. & Wittmann, S. (2003). Soziale Kompetenz kann man lernen. Weinheim: PVU.
  • Arnold, R. (1997): Von der Weiterbildung zur Kompetenzentwicklung: Neue Denkmodelle und Gestaltungsansätze in einem in sich verändernden Handlungsfeld. In: Kompetenzentwicklung 1997, Arbeitsgemeinschaft Qualifikations-Entwicklungs-Management. Waxmann, Berlin.
  • Deutscher Manager-Verband e. V. (2003): Handbuch Soft Skills 1. Soziale Kompetenz. vdf Hochschulverlag, Zürich.
  • Carnegie, Dale (1937): How to Win Friends and Influence People. A book about interpersonal relations, dt.: Wie man Freunde gewinnt. Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden. Scherz-Verlag.
  • Kanning, Uwe Peter (2002): Soziale Kompetenz – Definition, Strukturen und Prozesse. In: Zeitschrift für Psychologie, 210 (4), 154-163.
  • Neubauer, Annette (2003): Mut zum eigenen Ich. Unterrichtsmaterialien zur Persönlichkeitsentwicklung und Sozialkompetenz. Auer Verlag.
  • Roth, Wolfgang (2006): Sozialkompetenz fördern - in Grund- und Sekundarschulen auf humanistisch-psychologischer Basis. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Sarason, B. R. (1981). The dimensions of social competence: Contributions from a variety of research areas. In J. D. Wine & M. D. Smye (Hrsg.), Social competence. New York: Guilford Press.
  • Sarges, W. (2006). Competencies statt Anforderungen – nur alter Wein in neuen Schläuchen? In H.-C. Riekhof (Hrsg.), Strategien der Personalentwicklung (6. Aufl.; S. 133-148). Wiesbaden: Gabler.


Quelle

Soziale Kompetenz in der Wikipedia

Soziogramm

Ein Soziogramm ist die graphische Darstellung der Beziehungen in einer Gruppe, etwa in einer Schulklasse oder in einem Unternehmen. Ausgehend von Daten einer Befragung werden in der Darstellung Beziehungen beispielsweise durch Pfeile symbolisiert. Ein häufiges Anwendungsgebiet stellt die Analyse der Beziehungen zwischen den Abteilungen und den Individuen in einem Unternehmen dar, um Arbeitsabläufe zu optimieren.

Als Aktionssoziogramm kann ein Gruppenprozess bezeichnet werden, in dessen Verlauf die Mitglieder der Gruppe durch ihre Handlungen bestimmte Aussagen kenntlich machen. Beispielsweise kann die eine Ecke eines Raumes als Ort zum Repräsentieren einer negativen, die diagonal gegenüber liegende Ecke zum Repräsentieren einer positiven Aussage definiert werden. Wird nun eine Frage gestellt, die mit ja oder nein beantwortet werden kann, begeben sich die Personen in die entsprechende Ecke des Raumes oder, im Falle der Unentschiedenheit, an eine Position dazwischen.

Mit Hilfe des Soziogramms können unterschiedliche "Seilschaften" und deren Auswirkungen auf das Unternehmen visualisiert und begreiflich gemacht werden.

Quelle

Soziogramm in der Wikipedia

Stabs-Coaching

Organisationsinternes Coaching durch für diese Aufgabe fest angestellte Stäbe. Diese interne Prozessberatung ergänzt bzw. unterstützt vorhandene Personalentwicklungsmaßnahmen. Stabs-Coaching kann in der Form von Einzel- und von Gruppen-Coaching stattfinden, da die Stabs-Coachs ihrer Tätigkeit meist hauptberuflich nachgehen und entsprechend qualifiziert sind. Stabs-Coaching empfiehlt sich vor allem dann, wenn ein Vorgesetzten-Coaching nicht in Frage kommt und kein externer Berater gewünscht ist. Die Zielgruppe des Stabs-Coachings beschränkt sich i.d.R. auf Organisationsmitglieder, die aus dem mittleren und unteren Management stammen. Die Statushöhe des Stabs-Coachs ist meist nicht für höhere Managementebenen ausreichend.

Supervision

Supervision begleitet Einzelne, Teams, Gruppen und Organisationen bei der Reflexion und Verbesserung ihres privaten, beruflichen oder ehrenamtlichen Handelns. Fokus ist je nach Zielvereinbarung die Arbeitspraxis, die Rollen- und Beziehungsdynamik zwischen Supervisand und Klient, die Zusammenarbeit im Team bzw. in der Organisation des Supervisanden usw. 

Definitionen

Supervision ist Interaktion, deren Aktoren die Rollen Supervisor, Supervisand und Auftraggeber spielen. Die Aktoren legen in einem Kontrakt die Spielregeln ihrer Zusammenarbeit fest. Aktoren können Einzelpersonen oder soziale Systeme sein. Die Rollen Auftraggeber und Supervisand können in Personalunion gespielt werden. Die zu reflektierende Praxis umfasst problematische Szenen, die der Supervisand im Beruf, in der Freiwilligenarbeit oder in Bildungssituationen erlebt hat oder auf die er sich vorbereiten will. Die Reflexion fokussiert die Szenen auf das Verhalten und Innenleben der Beteiligten und Betroffenen; auf ihr Miteinander; auf ihre Aufgaben und Vorhaben und/oder auf das Verhältnis des supervidierten Systems zu über-, neben- oder untergeordneten Systemen. Auf der Basis der Reflexion kann der Supervisand Lernziele formulieren, die inner- oder außerhalb der Supervision verfolgt werden können. (Quelle: David Keel, 2003: Qualität von Supervision.

Rollen

Der Supervisor

  • leitet die Kontrakt-, Supervisions- und Auswertungssitzungen mit dem Ziel, das Lernen des Supervisanden zu unterstützen (muss)
  • interagiert selektiv authentisch und empathisch mit dem Supervisanden (muss)
  • agiert nicht stellvertretend für den Supervisanden außerhalb des Supervisionssystems (muss)
  • gewährleistet Datenschutz (muss)
  • stellt Rechnung (soll)

Der Supervisand

  • nimmt an Kontrakt-, Supervisions- und Auswertungssitzungen teil (muss)
  • sucht die Interaktion mit dem Supervisor und gegebenenfalls Mitsupervisanden (muss)
  • reflektiert in der Interaktion seine Praxis (muss)
  • mit der Absicht, sich zu entlasten und/oder zu lernen (kann).

Der Auftraggeber

  • verhandelt oder stellt Bedingungen über Umfang, Frequenz, Preis, Zielsetzungen (kann)
  • nimmt an der Kontraktsitzung oder an Auswertungssitzungen teil (kann)

(Quelle: David Keel, 2003: Qualität von Supervision.)

Als Lücke der Definition von Keel mag gesehen werden, dass die Klienten und Patienten, mit welchen Supervisanden aus Beziehungsberufen (Therapie, Soziale Arbeit, Seelsorge usw.) arbeiten, nicht abgebildet werden.

Gliedert man Supervision am Kriterium Supervisor, unterscheidet man die Supervision von der Intervision oder Peer-Supervision. Diese stellte eine Art Gruppensupervision ohne Supervisor dar, das heißt, dass die Supervisanden sich gegenseitig supervidieren. Die Teilnahme an Intervisionsgruppen wird von den meisten Supervisions-Berufsverbänden für ihre Mitglieder als Qualitätssicherungs-Maßnahme vorgeschrieben. 

Inhalt

Je nach Zielvereinbarung liegt der Fokus auf: Methodenkompetenz, Werte und Normen, Persönlichkeitsmerkmale, Gefühle, Gedanken und Verhalten, persönliche Entwicklung, Spiritualität, Ziele und Strategien, Beziehung zwischen Supervisand und Klient, Zusammenarbeit im Team bzw. in der Organisation, Schnittstellen und Synergien, Rollenerwartungen und Rollenverhalten, Diagnose von Klienten (Fallsupervision), Aufbau- und Ablauforganisation, Macht und Verantwortung, Entscheidungsprozesse, Information und Dokumentation, Qualitätsmanagement, (Sozial-)Politik, Rolle von Berufsanfängern, Einführung und Integration neuer Mitarbeiter, Führung, Nachbarschaftliche Beziehungen, Beziehungen zu Interessengruppen, Zusammenarbeit mit dem Träger. Nicht zuletzt ist die Beziehung zwischen Supervisor und Supervisand(en) existenziell und auch oft modellhaft Thema.

Fokus und Inhalt sind eng mit dem Setting verknüpft: In der Einzelsupervision und der Gruppensupervision stehen eher persönliches Verhalten und die zugrundeliegenden Werte, Erfahrungen, Gedanken und Gefühle im Vordergrund. Jeder Teilnehmende erhält abwechselnd Raum, sich einzubringen und für sich zu lernen. Fallsupervision findet ebenfalls oft in der Gruppe statt. Die Gruppe dient jeweils als Spiegel und als Sparringpartner. Die Teamsupervision befasst sich eher mit dem Miteinander, der Zusammenarbeit, gemeinsamen Zielen, Prozessen, Strukturen und Kultur. Ziel ist ein gemeinsames Lernen, Synergie und Lösungen. Persönliche Themen werden nur soweit behandelt, als sie den gemeinsamen Prozess in besonderem Maße hindern oder fördern. Ausbildungssupervision (Lehrsupervision) ist ein Zwitter: In ihr reflektieren Berufsanfänger ihre individuellen Praxissituationen und die Zusammenarbeit in der Ausbildungsgruppe und als solche die Rolle in der Organisation. 

Methoden, Setting

Je nach historischer Wurzel und Schule wird eher tiefenpsychologisch, social-group-work, klientzentriert oder systemisch gedacht. Je nach Schule werden entsprechend unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt: analytische Reflexion, Hier-und-jetzt, Lösungsorientierung, etc. Allen gemeinsam ist die Vereinbarung von Zielen für einen bestimmten Zeitraum und die regelmäßige Erfolgskontrolle. Es geht also immer um Ziele, eine Bestandsaufnahme, die Reflexion von Erfahrungen - und dann um die Umsetzung von Fähigkeiten in Richtung auf das vereinbarte Ziel.

In der Praxis steht schulenübergreifend ein breites Methodeninventar zur Verfügung und wird situationsspezifisch eingesetzt: was wirkt ist gut. Dazu gehören u.a. Psychodrama, Gruppendynamik, Gestalttherapie, NLP, Themenzentrierte Interaktion, Erlebnispädagogik, systemische Therapie, Grupo Operativo, Rollenspiel, Videoanalyse, Hausaufgaben und vieles mehr.

Es bestehen auch ausdifferenzierte Settings:

  • In der Einzelsupervision bespricht ein Supervisand seine beruflichen Problemlagen mit einem erfahrenden Supervisor.
  • In der Gruppensupervision treffen sich Supervisanden aus unterschiedlichen Institutionen und oft auch aus unterschiedlichen Berufsfeldern und tauschen sich über ihre Probleme aus, unter Anleitung eines Supervisors.
  • In der Teamsupervision steht der Umgang der Teammitglieder untereinander im Vordergrund.
  • In der Fallsupervision treffen sich Vertreter verschiedener Professionen oder Mitglieder eines Teams, um den Umgang mit einem bestimmten Patienten zu besprechen. Ziele sind Entlastung der Betreuenden und Verbesserung der Betreuung.
  • In der Lehrsupervision, die teils einzeln, teils in Gruppen zu absolvieren ist, werden Probleme der Studierenden im Umgang mit ihren Fällen besprochen. Angehende Supervisoren lernen und üben dabei die Methode der Supervision.
  • In analytischen Balint-Gruppen besprechen Ärzte, Pfleger, Sanitäter, Therapeuten (oder Vertreter anderer Professionen mit Belastungssituationen) anhand eigener Fallgeschichten ihre Beziehung zu Patienten (und lernen dabei auch über sich selbst).


Zur Geschichte

Ursprünglich verstand man als Supervision die Praxisberatung in der sozialen Arbeit. Insbesondere in den USA war Supervision die Aufsicht und Anleitung durch einen Vorgesetzten. Dabei handelte es sich zunächst um freiwillige Sozialhelfer, die von professionellen Sozialarbeitern supervidiert wurden. Supervision diente hier dem Vorgesetzten dazu, professionelles Handeln in seinem Sinne mit dem ausführenden Mitarbeiter durchzusprechen und zu bestimmtem Verhalten anzuleiten. Supervisor war oft der direkte Vorgesetzte. Das heutige Mentoring hat diesen Ansatz übernommen. Manchmal wird auch Coaching so verstanden und eingesetzt. Supervision wird heute in der Regel von externen und unabhängigen Supervisoren geleistet und etliche Berufsverbände schließen eine hierarchische Supervision aus.

Michael Balint, ein ungarischer Psychoanalytiker, entwickelte in den 50er Jahren in Großbritannien eine Reflexions-Gruppe für Ärzte, bei dem der Supervisor in Gruppen die Beziehung der Ärzte zu ihren Patienten thematisierte und Spiegelungsphänomene in der Gruppe ansprach. Balintgruppen werden auch in anderen Berufsgruppen, wie zum Beispiel bei Krankenpflegern, Seelsorgern, Lehrern und Führungskräften genutzt. Die Deutsche Balint-Gesellschaft e.V. hat sich auf die Supervision von Ärzten beschränkt.

Im letzten Jahrzehnt ist die Supervision um die Tradition der Organisationssoziologie und -psychologie bereichert worden: Arbeit wird nicht vom Individuum im luftleeren Raum vollzogen, sondern geschieht immer in einer Rolle (das Gesamt der Erwartungen an den eingenommenen Status), die eingebunden ist in einen organisationalen Kontext. Sowohl strukturelle Hierarchien als auch individuelle Arbeitsvollzüge prägen das Rollenverhalten und damit auch das innere Erleben des Betreffenden. Nur wenn diese Schnittstelle von inneren Bedürfnissen und äußeren Anforderungen von den Menschen bewältigt wird, äußert sich dies z.B. in Form von Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Konzeptionell müssen dabei die Denkkategorien: Normen, Geschäftsprozesse, Interaktion und Emotion beachtet werden, da Organisation als offenes System zu behandeln sind. 

Bezüge und Abgrenzung zu Coaching

In den letzten Jahren wird diskutiert, in welchem Verhältnis Supervision und Coaching zueinander stehen. Dabei gibt es folgende Positionen:

Supervision = Coaching
Supervision und Coaching sind lediglich unterschiedliche Namen für gleichartige Verfahren. Supervision stammt aus dem psychosozialen Bereich (nonprofit bzw. socialprofit) und wird dort und zunehmend auch in der Wirtschaft (profit) angewendet, dort aber oft unter der neudeutschen Bezeichnung Coaching. Führungskräfte im psychosozialen Bereich nennen die Methode eher Supervision (insbesondere, wenn sie klientennah arbeiten oder eine niedrige Führungsposition ausfüllen). Führungskräfte mit höheren Positionen und solche in der Wirtschaft lassen sich eher coachen.

Supervision für Mitarbeiter, Coaching für Führungskräfte
Supervision zielt auf das Verhalten gegenüber Klienten, Kunden, Patienten, und Coaching zielt auf das Verhalten von Führungskräften gegenüber Mitarbeitern. Diese Sichtweise unterscheidet nach der formellen Funktion der Teilnehmer.

Supervision ist reflektiv, Coaching ist lösungsorientiert
Inhalt von Supervision ist arbeitsbezogenen Reflexion des beruflichen Handelns, also innerseelische und zwischenmenschliche Wirkfaktoren und Potenziale. Inhalt von Coaching ist arbeitsbezogenes Finden von konkreten anlassbezogenen (pragmatischen) Lösungen.

Unter letzterem Gesichtspunkt ist allerdings jede Supervision auch Coaching, da es nicht bloß um Selbst- bzw. Beziehungserfahrung geht, sondern immer auch um fallbezogene oder generelle Handlungs- und Entwicklungspotenziale und deren Umsetzung. Supervision enthält mehr an Coachingelementen, als dass Coaching Supervisionselemente enthalten würde. 

Forschungsstand

Supervision ist eine junge Disziplin und noch nicht lange an Universitäten und Forschungseinrichtungen verankert (z. B. FU Amsterdam, Kassel, Würzburg, Krems, Salzburg, EAG Hückeswagen, zak Basel), so steht die Forschung, aber auch die Theorieentwicklung noch in den Anfängen. Eine fundierte, eigenständige und allgemein anerkannte Supervisionstheorie liegt nicht vor. Eine übergreifende Praxeologie fehlt. Beides behindert zuverlässige und objektive empirische Forschung. Nach einer Dokumentation der internationalen Forschungslage (Supervision auf dem Prüfstand) gibt es bislang nur wenige kontrollierte Studien. Von einer generellen Wirksamkeit aller Supervisionsverfahren ist – ähnlich wie in der Psychotherapie – nicht auszugehen, und schulenspezifische Wirksamkeitsstudien gibt es bislang nur vereinzelt. Wirkungen auf der Ebene des Supervisandensystems sind (unspezifisch) nachgewiesen: die Supervidierten geben an, von Supervision zu profitieren, Teamkommunikation verbessert sich, Problembewusstsein wächst. Nachgewiesen wurden positive Veränderungen der Kommunikationsstrukturen in einer Supervisionsgruppe, was eine neue Forschungsperspektive auf Supervisionsprozesse eröffnet (Diskursanalyse) und die Annäherung von Methoden der Wirkungsforschung schulischer und supervisorischer Lernprozesse nahe legt. Burnoutprophylaktische Wirkung und Wirkungen auf der Ebene des Klienten/Patientensystems sind bislang, anders als vielfach angenommen, noch nicht nachgewiesen worden. Zahlreiche Studien zeigen: die Akzeptanz in den verschiedenen Feldern ist sehr unterschiedlich, in sozialpädagischen Bereichen ist sie gut, in klinischen und gerontologischen Bereichen ist sie nicht sehr hoch. So werden in drei Multcenterstudien (AU, D, Ch) von den befragten Schwestern, Pflegern, Altenhelfern bei ihren Supervisoren mangelnde Feldkompetenz (z. B. Institutionswissen) und Fachkompetenz (pflege- und gerontowissenschaftliche Kenntnisse) beklagt (nur knapp 30% der Supervisoren wurden in diesem Bereich als feld/fachkompetent attribuiert!). Es besteht also ein großer Forschungsbedarf, um Supervision als Instrument der Qualitätssicherung zu bestätigen. Initiativen wurden hierzu in jüngster Zeit unternommen. 

Literatur

  • Belardi, Nando (2002): Supervision. Grundlagen, Techniken, Perspektiven. München: C.H.Beck.
  • Boeckh, Albrecht (2008): Methodenintegrative Supervision-ein Leitfaden für Ausbildung und Praxis. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Buer, Ferdinand (Hrsg. 2001): Praxis der psychodramatischen Supervision - ein Handbuch. Opladen: Leske & Budrich
  • Denner, Liselotte (2000): Gruppenberatung für Lehrer und Lehrerinnen. Eine empirische Untersuchung zur Wirkung schulinterner Supervision und Fallbesprechung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Eck, Claus D. (1990): Rollencoaching als Supervision - Arbeit an und mit Rollen in Organisationen; in: Gerhard Fatzer & Claus D. Eck (Hrsg.), Supervision und Beratung. Ein Handbuch (S. 209-248), Köln: Edition Humanistische Psychologie
  • Eichert, Hans-Christoph, Petzold, Hilarion G. (2003a): Supervision und innerinstitutionelle Schweigepflicht. In: Vrije Universiteit Amsterdam Faculteit der Bewegingswetenschappen - Postgradualer Studiengang Supervision Amsterdam. Bei - SUPERVISION: Theorie – Praxis – Forschung. Eine interdisziplinäre Internet-Zeitschrift - 11/2003
  • Eichert, Hans-Christoph (2005 c): Supervision und beruflicher Stress im psychiatrischen Bereich. Ressourcenentwicklung durch Supervision. In: SUPERVISION: Theorie – Praxis – Forschung. Eine interdisziplinäre Internet-Zeitschrift - 10/2005.
  • Erbring, Saskia (2007): Pädagogisch professionelle Kommunikation. Eine empirische Studie zur Professionalisierung von Lehrpersonen unter Supervision. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren
  • Fatzer, Gerhard (Hrsg.)(2005): Supervision und Beratung, (11. Aufl.). Köln: EHP
  • Fatzer, Gerhard (Hrsg.)(2005): Gute Beratung von Organisationen - Auf dem Weg zu einer Beratungswissenschaft. Supervision und Beratung 2. Köln: EHP
  • Fatzer, Gerhard; Rappe-Giesecke, Kornelia; Looss, Wolfgang (1999, 2002): Qualität und Leistung von Beratung. Supervision, Coaching und Organisationsentwicklung. Köln: EHP
  • Heuring, Monika, Petzold, Hilarion G. (2004): Rollentheorien, Rollenkonflikte, Identität, Attributionen - Integrative und differentielle Perspektiven zur Bedeutung sozialpsychologischer Konzepte für die Praxis der Supervision
  • Keel, David. (2003): Qualität von Supervision, St. Gallen: K-Kommunikation, ISBN 978-3-906792-00-2
  • Petzold, Hilarion G. (1998): Integrative Supervision, Meta-Consulting & Organisationsentwicklung. Modelle und Methoden reflexiver Praxis. Ein Handbuch. Band I. Paderborn: Junfermann. 2. erw. Aufl. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften 2006 in Vorber.
  • Petzold, Hilarion G. (2005): Über die Unsensibilität von Supervisoren für die Historizität des Namens ihrer Profession - Mythen und einige Fakten zu Herkommen und Hintergrund des Wortes Supervision. SUPERVISION: Theorie – Praxis – Forschung. Eine interdisziplinäre Internet-Zeitschrift - 1/2005.
  • Petzold, Hilarion.G., Müller, Lotti (2005): Supervision in der Altenarbeit, Pflege, Gerontotherapie: Brisante Themen – Konzepte – Praxis, Integrative Perspektiven. Paderborn: Junfermann.
  • Petzold, Hilarion G., Rodriguez-Petzold, Francisca. (1997): Geht es nur um Schweigepflicht oder um praktische Ethik? Eine Stellungnahme und empirische Erkundung zur Weitergabe von Geheimnissen und zur Anonymisierung in der Supervision. Familiendynamik 3, 289-311 und Petzold 1998, 191-211.
  • Petzold, Hilarion G., Schigl, Brigitte, Fischer, M. Höfner, C. (2003): Supervision auf dem Prüfstand. Wirksamkeit, Forschung, Anwendungsfelder, Innovation. Leske + Budrich, Opladen.
  • Pühl, Harald (2002): Supervision - Aspekte organisationeller Beratung, Berlin: Leutner-Verlag
  • Pühl, Harald (1998): Teamsupervision: Von der Subversion zur Institutionsanalyse, Göttingen: V&R
  • Pühl, Harald (2009): Handbuch der Supervision 3 - Modelle,Praxis,Perspektiven, Berlin: Leutner
  • Pühl, Harald (2009): Supervision und Organisationsentwicklung, Wiesbaden: Verl. Sozialwissenschaften (3.überarb. Aufl.)
  • Rappe-Giesecke, Kornelila (2003): Supervision. Gruppen- und Teamsupervision in Theorie und Praxis. (3. überarbeitete Auflage). Berlin: Springer Verlag.
  • Schreyögg, Astrid (2004): Supervision. Ein Integratives Modell. Lehrbuch zu Theorie und Praxis.. (4. überarbeitete Auflage). Wiesbanden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Schigl, B., Petzold, H.G. (1997): Evaluation einer Ausbildung in Integrativer Supervision mit Vertiefungsschwerpunkt für den klinisch-geriatrischem Bereich - ein begleitendes Forschungsprojekt. Integrative Therapie 1-2, 85-145.
  • Schneider, Johann (2001): Supervidieren und beraten lernen. Modelle z. Gestaltung von Beratungs- & Supervisionsprozessen. Paderborn: Junfermann.
  • Waibel, Martin J. (2004): Integrative Supervision in der Ausbildung von Physiotherapeuten – eine Untersuchung. In: SUPERVISION: Theorie – Praxis – Forschung. Eine interdisziplinäre Internet-Zeitschrift - 12/2004.


Weblinks


Quelle

Symptomverschreibung

siehe Paradoxe Intention

Systemische Therapie

Als Systemische Therapie wird eine psychotherapeutische Fachrichtung beschrieben, die systemische Zusammenhänge und interpersonelle Beziehungen in einer Gruppe als Grundlage für die Diagnose und Therapie von seelischen Beschwerden und interpersonellen Konflikten betrachtet. In Deutschland ist diese Therapieform trotz ihrer Wirksamkeit bisher nicht für die Ausbildung zum Psychotherapeuten mit staatlicher Approbation nach dem Psychotherapeutengesetz zugelassen und in der ambulanten Behandlung auch bislang nicht über die gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen. Die Krankenkassen in Österreich und der Schweiz hingegen erkennen sie an. Auf den gleichen Grundannahmen beruhend hat sich für nichttherapeutische Felder die Systemische Organisationsberatung und Systemisches Coaching entwickelt. 

Therapieansatz

Der historisch aus der Familientherapie entwickelte Ansatz sieht das familiäre System bzw. das organisatorische System eines Unternehmens als Ressource, auf dem aufbauend das einzelne Mitglied sowohl seine Fähigkeiten und Stärken entwickeln als auch Verhaltensstörungen entwickeln kann. Zeigt ein Mitglied der Gruppe psychische oder Verhaltensauffälligkeiten, so wird der Betreffende als Symptomträger für das Gesamtsystem betrachtet. Dies kann sich beispielsweise in typischen privaten Konflikten mit dem Partner oder in immer wiederkehrenden Problemen mit Kunden oder Kollegen zeigen.

Die Weiterentwicklungen zu Systemischen Therapie kennen bis heute keine dezidierte Störungslehre bzw. wird eine Diagnostik von "Störungen" oder gar "psychischen Krankheiten" samt traditionellen Psychopathologie-Konzeptionen größtenteils explizit als inadäquat abgelehnt. Dies hat einerseits die theoretische Nähe zu losungsfokussierten Ansätzen zur Folge und dürfte gleichzeitig den größten und bislang kaum zu überwindenden Gegensatz zu Grundorientierungen der etablierten psychotherapeutischen Versorgung und dem Selbstverständnis des deutschen Gesundheitssystems ausmachen, das weitgehend störungsorientiert operiert und theoretisch hauptsächlich behavioristisch oder psychoanalytisch orientiert ist. Soziale oder psychische Auffälligkeiten werden nicht als "krank" bzw. pathologisch sondern als prinzipiell verstehbare Reaktion auf Probleme oder Anforderungen gesehen, die gelegentlich selbst problematisch sein können. 

Vorgehensweisen

Als wichtigster Startpunkt einer Systemischen Therapie hat sich eine möglichst präzise Auftragsklärung im Verhältnis von Therapeut und Klient/Kunde (die Bezeichnung Patient wird überwiegend abgelehnt) herausgebildet. Sind Ziele konkretisiert und für Klienten/Kunden und Therapeuten akzeptabel, kann die eigentliche Therapie beginnen. Sollte sich eine Therapie über mehrere Sitzungen erstecken, empfiehlt sich eine gelegentliche neue Auftragsklärung, da sich Ziele über die zeit einer Therapie ändern können. Als präferierte Form werden wenige Termine pro Therapie mit wenn möglich größeren zeitlichen Abständen zwischen den einzelnen Sitzungen gesehen, in denen die Klienten/Kunden eventuelle neue Erkenntnisse aus den Sitzungen in ihrer eigenen Lebenspraxis ausprobieren und/oder so genannte Hausaufgaben erledigen können. Insofern zeichnet sich die systemtherapeutische Vorgehensweise durch Sparsamkeit aus, die den Schwerpunkt auf Eigeninitiative des Klienten/Kunden setzt.

Gebräuchliche Techniken, Interventionen und Methoden sind:

  • Zirkuläre Frage, die auf den vermuteten Standpunkt Dritter (auch Anwesender) abzielt
  • Skalenfragen, zur Verdeutlichung von Unterschieden und Fortschritten
  • Positives Konnotieren und Herausarbeiten der positiven Aspekte von problematischen Sachverhalten
  • Reframing von Sachverhalten, um Bedeutungs- bzw. Interpretationsveränderungen anzuregen
  • Paradoxe Intervention, idR. Verschreibung des problematischen Verhaltens, um Automatismen zu verändern
  • Hausaufgaben diverser und individuell angepasster Art zur Erledigung zwischen den Sitzungen
  • Metaphernarbeit, Parabeln und Geschichten als Umgehungstechnik für potentielle "Widerstände"
  • Ausnahmen zum beklagten Sachverhalt erfragen, um die Änderbarkeit von als statisch angenommenen Sachverhalten zu verdeutlichen
  • Verwendung von Konjunktiven zu Fokussierung auf Optionen und Möglichkeiten
  • Skulptur, Darstellen von Familienbeziehungen als Standbild aus Personen im Raum
  • Soziogramm, die grafische Darstellung der sozialen Beziehungen
  • Reflecting Team - Dabei tauschen (in der Regel) am Ende einer Therapiesitzung Therapeut und Klient(en) mit dem Co-Therapeuten-Team die Plätze. Therapeut und Klient(en) beobachten nun, wie das Co-Therapeuten-Team das bisherige Geschehen aus ihrer Sicht in einer hilfreichen und unterstützenden Art und Weise reflektiert. Der erhöhte Aufwand (mehrere Therapeuten) bringt eine höhere Vielfalt der Perspektiven, vermindert Therapiefehler und Einseitigkeiten und wird mit hoher Effektivität belohnt (nur sehr wenige Sitzungen sind typischerweise notwendig).
  • Einladung an Familienmitglieder oder Freunde, an einzelnen Sitzungen oder Therapiephasen teilzunehmen
  • und viele mehr.


Forschung

Eine wissenschaftliche Studie, die die beiden Dachverbände Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF) und Systemische Gesellschaft (SG)) dem Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie im Sommer 2006 vorgelegt haben, belegt, dass systemische Therapie und Familientherapie wirksame und kostengünstige Psychotherapieverfahren mit sehr guten Langzeiteffekten sind. Diese Forschungsstudie hat mehr als 80 RCT-Studien (randomisierte, kontrollierte Studien) erfasst, die die Effektivität von systemischer und Familientherapie belegen. Die Verbände wollen mit ihrer Expertise diesen Therapierichtungen zu offizieller Anerkennung in Deutschland verhelfen.

www.idw-online.de
Bernhard Schorn, Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie, Pressemitteilung des Informationsdienstes Wissenschaft vom 6.9.2006: Systemische Familientherapie: Wissenschaftliche Studie belegt Wirksamkeit und Langzeiterfolge.

Eine abschließende Stellungnahme der zuständigen Gremien ist bislang nicht erfolgt. 

Kritik

An der Systemischen Therapie wird vor allem bemängelt, dass sie über kein Psychopathologie-Konzept und keine dezidierte Störungstheorie verfügt. Dieser Punkt führte u.A. zu Akzeptanzschwierigkeiten bei der Anerkennung der Therapierichtung durch die für Kassenleistungen zuständigen Gremien in Deutschland. Darüber hinaus existiert, anders als beispielsweise in der Psychoanalyse, keine bisher breit akzeptierte Theorie der Psyche. Insofern ist auch erklärlich, dass die Methoden der Systemischen Therapie trotz Effektivität im Einzelnen durchaus einen heuristischen bzw. eklektizistischen Charakter besitzen. Weiter ist die Ausbildung zum Systemischen Therapeuten nicht sehr homogen und partiell quantitativ begrenzt. So gibt es mehr als einen Dachverband und divergierende Selbstverständnisse der ausbildenden Institute. 

Literatur

  • Andrea Brandl-Nebehay et.al. (Hrsg.): Systemische Familientherapie. Grundlagen, Methoden und aktuelle Trends. Facultas, Wien 1998.
  • Jürgen Kriz: Systemtheorie für Psychotherapeuten, Psychologen und Mediziner. Eine Einführung. 3. Auflage, Facultas, Wien, Stuttgart 1999.
  • Jürgen Kriz: Grundkonzepte der Psychotherapie 6., vollst. überarb. Auflage, Beltz, Weinheim 2007.
  • Kurt Ludewig: Systemische Therapie, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, 1997 4. Auflage.
  • Klaus Mücke: Probleme sind Lösungen. Systemische Beratung und Psychotherapie - ein pragmatischer Ansatz. 3. Auflage, Ort unbekannt, 2003.
  • Arist von Schlippe, Jochen Schweitzer: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung.9. Auflage, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003.
  • Kirstin von Sydow, Stefan Beher, Rüdiger Retzlaff: Die Wirksamkeit der Systemischen Therapie/Familientherapie. Hogrefe-Verlag, Göttingen 2006.
  • Christiane und Alexander Sautter: Alltagswege zur Liebe. Familienstellen als Erkenntnisprozess. Eine Einführung in die systemische Arbeit nach Virginia Satir. Schwerpunkt: Systemaufstellung mit Familiensystemen. (hat nichts mit Familienstellen nach Bert Hellinger zu tun), überarbeitete Auflage, Ibera Verlag, Wien 2006.


Artikel im Netz


Weblinks


Quelle

Systemische Therapie in der Wikipedia

Systemtheorie

Die Systemtheorie nach Niklas Luhmann ist eine soziologische Theorie mit universalem Anspruch, mit deren Hilfe die Gesellschaft als komplexes System von Kommunikationen beschrieben und erklärt werden soll. 

Zugang zur Theorie Luhmanns

Abgrenzung von der Vorstellung von Teilen, die ein Ganzes bilden

Alltägliche und verallgemeinerte Vorstellungen von Systemen betreffen häufig Einzelteile, die zu einem Ganzen verbunden werden oder sich selbst zu einem Ganzen verbinden. Dieses neue Ganze wird manchmal als substantiell verschieden von den Einzelteilen angesehen. In der allgemeinen Vorstellung kann ein menschlicher Beobachter Objekte (sowohl materielle als auch soziale oder kulturelle) in Einzelteile einteilen, um anschließend das Objekt als Gesamtheit dieser Teile anzusehen und als System zu bezeichnen. Ein Lebewesen wird unter diesen Voraussetzungen beispielsweise als System aus Organen, Geweben, Molekülen und anderen Teilen angesehen. Eine Schulklasse gilt unter diesen Voraussetzungen als System aus Schülern und Lehrern.

Luhmann wählte einen anderen Zugang. Er beschreibt keine Teile, die zusammen kommen und dadurch etwas Neues bilden. Statt dessen geht er von einem Geschehen aus, das sich auf sich selbst bezieht (in Luhmanns Worten: Operationen, die aneinander anschließen). Dies ist eine sehr abstrakte begriffliche Vorstellung. Selbstverständlich lässt sich ein Geschehen beobachten. Die Systemtheorie Luhmanns steht nicht im Widerspruch zu Beobachtungen materieller oder sozialer Vorgänge; sonst wäre die Theorie unbrauchbar. Der Beobachter und sein Standpunkt bildet jedoch keinen davon unabhängigen Bereich, sondern er ist selbst in das Geschehen einbezogen (für Luhmann: Beobachten ist ebenfalls eine Operation eines Systems).

Dieser Zugang über ein Geschehen statt über Einzelteile führt zu einer Unterscheidung (Differenz), die der gesamten Systemtheorie zu Grunde liegt. Es ist die Differenz System/Umwelt. Systeme entstehen dadurch, dass eine bestimmte Art von Geschehen (eine Operationsweise) zu einer Abgrenzung führt. Das Geschehen bezieht sich auf sich selbst, schließt sich ab. Auf diese Weise entsteht ein System, das sich von allem anderen abgrenzt. Dieses Andere wird zur Umwelt des Systems. Wer nach Luhmann ein System beobachtet, verwendet diese Unterscheidung unweigerlich (nach Luhmann in etwa: Er operiert auf einer Seite der Unterscheidung).

Abgrenzung vom Handeln als zentralem Begriff

Obgleich die Theorie Luhmanns als soziologische Systemtheorie die menschliche Gesellschaft zum Thema hat, ist Handeln im allgemein verstandenen Sinn (Handlungstheorie) kein Begriff der Systemtheorie. In der Systemtheorie nach Luhmann kommen Menschen begrifflich nicht vor, sondern psychische und soziale Systeme, die aus bestimmten Operationen entstehen und sich aufrecht erhalten. Die zentrale Operation sozialer Systeme ist Kommunikation – diese Kommunikation wird jedoch nicht durch Menschen vollzogen, auch wenn ein Beobachter dies so ansehen könnte. Das, was als ‚Mensch‘ beobachtet wird, entsteht vielmehr durch Kommunikation.

Die systemtheoretischen Begriffe haben eine sehr viel weiter gehende Geltung: Auch soziale Systeme beobachten, beispielsweise beobachtet (einfach gesagt) das Wirtschaftssystem das Rechtssystem und umgekehrt. Auch dieses Beobachten wird nicht durch Menschen vollzogen, und es ist keine bewusst vollzogene Handlung.

Interpretativer Zugang

Mit einer Vorstellung von Teilen, die ein Ganzes bilden, und mit der Vorstellung, dass Wörter wie „Beobachtung“, „Unterscheidung“, „Kommunikation“, „Erwartung“ ein Handeln und damit etwas Menschliches bezeichnen, ist kein Zugang zur Systemtheorie Luhmanns zu finden. Mit solchen Vorstellungen sind Versuche, die Systemtheorie Luhmanns auch nur grob und ansatzweise zu begreifen, zum Scheitern verurteilt. Es entstehen sofort unauflösbare Widersprüche der Sätze Luhmanns zu den allgemein verstandenen Auffassungen. Eine Annäherung kann dagegen gelingen, wenn für die begrifflichen Unterscheidungen eine Offenheit bewahrt wird, wenn beispielsweise zugelassen wird, dass „Beobachten“ auch als etwas nicht Menschliches aufgefasst werden kann. Eine Annäherung an die Theorie wird auch dadurch erleichtert, dass die Sätze Luhmanns nicht sofort auf alltägliche Erfahrungen (Empirie) bezogen werden, sondern als höchst abstrakt akzeptiert werden.

Diese grundsätzlichen Abgrenzungen von der Handlungstheorie und von anderen systemtheoretischen Vorstellungen ist das Besondere an der Systemtheorie Luhmanns. Viele Beiträge der kritischen Diskussion beziehen sich auf diese grundsätzlichen Punkte. Dabei wird die Frage gestellt, was eine soziologische Theorie nützt, die keine Begriffe für handelnde Menschen bereitstellt. Luhmann und seine Befürworter sehen jedoch diesen Zugang ohne handelnde Menschen als das Neue und Weiterführende in der Theoriebildung über Gesellschaften an.

In diesen Abgrenzungen liegt zugleich der Universalitätsanspruch der systemtheoretischen Erklärungen begründet. Die Universalität ist zugleich ein weiterer Hauptpunkt der kritischen Diskussion. Die Kritiker sehen in der universellen Anwendbarkeit den Grund für die Nutzlosigkeit der neuen systemtheoretischen Erklärungen für konkrete praktische Probleme. Luhmann und seine Befürworter sehen die umfassende Anwendbarkeit der neuen Systemtheorie als eine Stärke an. Demnach lässt sich mit Hilfe dieser Theorie tatsächlich alles erklären, was als gesellschaftlich bezeichnet werden kann.

Zentrale Begriffe und Unterscheidungen

Operation/Beobachtung

Luhmann akzeptiert die erkenntnistheoretischen Grundannahmen der konstruktivistischen Denkweise, der zufolge der Prozess des Erkennens keinen Zugang zu einer erkenntnisunabhängigen Realität ermöglicht, sondern im Erkenntnisprozess Wirklichkeit unter den eigenen Bedingungen konstruiert wird. Darüber hinaus übernimmt er den Begriff Autopoiesis von den chilenischen Neurobiologen Humberto Maturana und Francisco Varela. Autopoiesis heißt übersetzt „Selbstherstellung“. Maturana und Varela bezogen dies auf organische Prozesse und meinten damit, dass Systeme sich mit Hilfe ihrer eigenen Elemente selbst herstellen. Lebewesen sind die ursprünglichen Beispiele für autopoietische Systeme. Für den Beobachter ereignet sich Leben von selbst, ohne dass ein äußerer herstellender Prozess eingreift. – Luhmann überträgt das Konzept auf Systeme, die er als „sinnkonstituierende Systeme“ beschreibt; das umfasst psychische und soziale Systeme. Die Unterscheidung Operation/Beobachtung steht im Zusammenhang mit diesem konstruktivistischen Ansatz.

Luhmann versteht unter Operation die Reproduktion eines Elements eines autopoietischen Systems mit Hilfe der Elemente desselben Systems (Claudio Baraldi; Giancarlo Corsi; Elena Esposito: GLU: Glossar zu Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme, Frankfurt am Main 1999, S.123 (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1226)). Ein System entsteht und erhält sich dadurch, dass Operationen aneinander anschließen (Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1992, S.271 (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 1001)). Wenn organische Prozesse als Operationen aneinander anschließen, entsteht ein organisches System. Wenn Gedanken als Operationen aneinander anschließen, entsteht ein psychisches System (auch: „Bewusstseinssystem“). Wenn Kommunikationen als Operationen aneinander anschließen, entsteht ein soziales System (auch: „Kommunikationssystem“). Die Möglichkeit des Anschlusses von Operationen bedeutet dabei mehr als eine bloße Abfolge. Anschließbarkeit ist die Bedingung dafür, dass Operationen auf gewisse Weise, das heißt: als Operationen des gemeinten Systems, gleich sind. Ein Verdauungsprozess beispielsweise kann sich nicht an einen Gedanken anschließen. Nur Gedanken können sich an Gedanken anschließen. Dadurch werden diese Systeme als autopoietisch (sich selbst herstellend) und als operational geschlossen aufgefasst.

Zugleich wird erkennbar, dass Systeme nicht durch räumliche Ausdehnung oder materiale Elemente bestimmt werden. Psychische Systeme sind überhaupt nicht ausgedehnt; soziale Systeme sind durch eine alleinige Beschreibung ihrer Ausdehnung nicht fassbar. Wissenschaft als ein gesellschaftlich ausdifferenziertes Funktionssystem lässt sich beispielsweise nicht annähernd durch die Angabe einer räumlichen Ausdehnung beschreiben. Lebende Systeme nehmen Materie auf und geben welche ab. Diese Beobachtung widerlegt nicht die These der operationalen Geschlossenheit, denn sie gilt auf einer anderen theoretischen Ebene. Verdauung, als Operation (und nicht als materieller Prozess) beschrieben, kann nur an Verdauung anschließen.

Operationen können nur von einem Beobachter festgestellt werden. Beobachten ist die spezifische Operationsweise sinnkonstituierender Systeme, die darin besteht, Unterscheidungen zu machen und zu bezeichnen. Beobachten beginnt mit einer Unterscheidung und weitet sich aus zu einem Netzwerk von Unterscheidungen, die alle von der ersten Unterscheidung abhängen. Durch Beobachten wird beispielsweise ein System von allem anderen unterschieden, was dieses System nicht ist; dies ist die Primärunterscheidung System/Umwelt. Diese Unterscheidung ermöglicht, weitere Unterscheidungen zu treffen. Dies bezieht sich auf das logische Kalkül von George Spencer-Brown; vgl. GLU, S. 124 f.).

Differenz

Am Anfang der Systemtheorie nach Luhmann steht eine Differenz von Beobachtendem und Beobachtetem. Erkenntnistheoretisch sind die Ausgangspunkte der Systemtheorie deshalb als streng dualistisch zu charakterisieren. Diese Ausgangspunkte hat die Systemtheorie mit den konstruktivistischen Theorien, auf die Luhmann sich bezieht, gemeinsam. Deren Einheit ist die Operation der Beobachtung, die sich als Kommunikation vollzieht. Beobachtung ist dabei immer eine systeminterne Operation, also eine Konstruktion eines Systems. Dabei ist die Beobachtung immer an die gewählte Unterscheidung gebunden, sie kann also nicht sehen, was sie nicht sehen kann („blinder Fleck“). Diesen blinden Fleck kann nur ein Beobachter zweiter Ordnung (Second Order Cybernetics, Second Semiotics) beobachten (wobei auch dieser Beobachter wegen seines eigenen blinden Fleckes nur sehen kann, was er sehen kann, usw.). Auf der Ebene der Beobachtung zweiter Ordnung gelangt man zu einer „polykontexturalen“ Welt.

Der Begriff der Differenz ist sehr abstrakt gefasst. Jede Unterscheidung muss in die Welt eingeführt werden. Luhmann liest demnach den Beginn des ersten Schöpfungsberichts der Genesis so, dass darin ausgedrückt wird, dass die Welt erst durch die erste Unterscheidung zwischen Tag und Nacht wird; der Mensch, der zu unterscheiden lernt – das Böse und das Gute –, wird aus dem Paradies vertrieben. Er beruft sich für diese Grundposition auf George Spencer Brown und dessen distinction (Unterscheidung), doch greift er auch gewisse Gesichtspunkte der Betrachtungen auf, die Jacques Derrida zum Ausdruck différance entwickelt.

Luhmanns Zuspitzung und Präzisierung des Konzeptes korrespondiert mit einer konstruktivistischen Beschreibung der Welt. Mit einer Differenz etabliert man gewissermaßen erst die Möglichkeit eines Zugriffs. So ist die Unterscheidbarkeit einer Blume durch nichts Wesenhaftes an ihr vorgegeben; es gibt nicht die Blume, deren Existenz sich als solche einem Beobachter aufdrängen kann; selbst die Tatsache, dass ein Mensch aus den Sinnesdaten letztlich eine Blume zu einem Objekt macht (und nicht etwa nur die Blüten oder die Blume von der Wiese nicht unterscheiden kann), ist keineswegs durch irgendetwas erzwungen. Es ist demnach auch nicht zu begründen und zu erklären, wie eine Differenz in die Welt kommt; sie emergiert.

Auch Differenz ist nur als Differenz, als Unterscheidung zwischen Differenz und Identität zu begreifen. Identität meint dabei im engeren Sinne, dass etwas von etwas anderem nicht unterschieden wird. Damit bezeichnet es auch das (zumindest kurzzeitige) Fixieren von etwas, um es weiteren Operationen zugänglich zu machen.

Differenz ist im wesentlichen gleichwertig mit dem systemtheoretischen Begriff der Unterscheidung, doch akzentuiert Unterscheidung die Operation, während die Differenz die Getrenntheit oder Geschiedenheit selbst bezeichnet. Auf ähnliche Weise ist der Begriff mit der Unterscheidung Medium/Form verknüpft. Eine Unterscheidung lässt sich auch auffassen als eine Verwendung einer Form; die Differenz ließe sich, wenn man sich eine Form wie George Spencer-Brown verbildlicht, als die Trennlinie auffassen.

Strukturelle Kopplung

Unter „struktureller Kopplung“ versteht Niklas Luhmann in seiner funktionalen Systemtheorie die nicht-ontologische Beziehung zwischen Systemen.

Nach Luhmann sind soziale Systeme sowohl offen als auch geschlossen, dies erläutert er in seinem Konzept der Autopoiese: alle Elemente, aus denen sie bestehen, erzeugen sie selbst. Psychische Systeme erzeugen Gedanken (als Ereignisse, die operativ gehandhabt werden), psychische Systeme können aber nicht kommunizieren; soziale Systeme erzeugen Kommunikationen (als Ereignisse, die operativ gehandhabt werden), soziale Systeme können dagegen nicht denken. Deshalb gehören nach Luhmann psychische Systeme zur Umwelt sozialer Systeme. Soziale Systeme (Interaktionen, Organisationen und Funktionssysteme wie Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Recht, Kunst, Erziehung und dergleichen) sind mit psychischen Systemen durch Sprache (die selbst kein System ist) strukturell gekoppelt. Strukturelle Kopplung löst das Problem, dass selbstreferentielle Systeme nicht in ihrer Umwelt, also auch nicht innerhalb anderer Systeme operieren können, dennoch aber scheinbar aufeinander abgestimmte Entwicklungen zu beobachten sind. Nach Luhmann sind diese aber nicht Ergebnis von Durchgriffskausalitäten, wozu die Systeme außerhalb ihres die System-Umwelt Grenze konstituierenden Codes operieren müssten, was sie (nach Luhmann) nicht können. Strukturelle Kopplung zwischen Systemen und ihrer Umwelt besteht dann, wenn das jeweilige System Erwartungsstrukturen aufbaut, die es für bestimmte Irritationen sensibler macht. So kann das politische System beispielsweise alle Informationen im Medium Geld (Code: Zahlung/Nichtzahlung) zwar nicht beobachten, weil sein Code der von Regierung / Opposition ist, aber es kann sich Aggregierungsdaten schaffen (wie das BSP, die Steuerquote oder das Staatsdefizit), wodurch es irritiert wird. Hohes Staatsdefizit wird dann als machtrelevant registriert, die Irritation also im systemeigenen Code in Information umgesetzt. Diese Vorgänge erzeugen 'structural drift', also eine Entwicklung verschiedener Systeme, die so aussieht, als hätten gegenseitige Eingriffe stattgefunden. 

Kommunikation als Operation sozialer Systeme

Voraussetzung: Unüberschreitbare operationale Grenzen

Luhmann versteht Kommunikation weder als menschliches Handeln (wie beispielsweise in der Theorie des kommunikativen Handelns nach Jürgen Habermas), noch als technischen Prozess (wie beispielsweise in der mathematischen Theorie der Kommunikation nach Claude Shannon), noch in der gängigen naiven Metapher der Übertragung oder des Austauschs. Menschen sind in der Systemtheorie nicht im allgemein verstandenen Sinne repräsentiert, sondern in Form psychischer und organischer Systeme. Als wesentliches System auf einer neuen, für Luhmann emergenten Ebene kommt das soziale System als ein Kommunikationssystem hinzu.

Der Kommunikationsbegriff bei Luhman beruht auf der These der absoluten Geschlossenheit der Systeme in Bezug auf die systemeigenen Operationen. (Die Geschlossenheitsthese gilt nicht für beobachtbare materielle Prozesse. Sie hängt mit dem Begriff der Autopoiesis zusammen). Jegliches System ist für Luhmann auf Grund seiner spezifischen Operationsweise gegenüber den anderen Systemen geschlossen. Die anderen Systeme gehören für das jeweils gemeinte System zur Umwelt, die nicht durch systemeigene Operationen zu erreichen ist. Auf die einzelnen Systemarten bezogen bedeutet dies: Das psychische System operiert nur mit Gedanken und nicht mit organischen Operationen. Das soziale System operiert mit Kommunikationen und nicht mit Gedanken. In den Worten Luhmanns: „Je strenger man Begriffe wie Leben, Bewußtsein und Kommunikation an die feststellbare Reichweite der damit bezeichneten Operationen bindet und sich damit von einer konsequent biologischen Theorie des Erkennens trennt, desto deutlicher kommen unüberschreitbare Grenzen in den Blick. Keine Operation dieses Typs kann das System, das sie ermöglicht, verlassen, keine Operation dieses Typs kann daher das System mit seiner Umwelt verbinden. In systemtheoretischer Sicht sind lebende Systeme, Bewußtseinssysteme und Kommunikationssysteme deshalb verschiedenartige, getrennt operierende selbstreferentielle Systeme. Jedes dieser Systeme reproduziert sich selbst autopoietisch nach Maßgabe der eigenen Struktur (Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1990, Seite 28 f.). Organische Systeme und psychische Systeme sind zwar Voraussetzung für soziale Systeme, dennoch operieren diese Systeme parallel. Kausalität ist nur durch einen Beobachter feststellbar, der selbst als System aufgefasst wird. Die Gleichzeitigkeit der geschlossen operierenden Systeme wird durch den Begriff der strukturellen Kopplung beschrieben.

Luhmann stellt in der Folge der These der operationalen Geschlossenheit den Kommunikationsbegriff um, indem er den Begriff nicht auf Bewusstseinsoperationen bezieht (im üblichen Verständnis gehören diese zur Kommunikation), sondern nur noch auf soziale Systeme. Luhmann formuliert dies so: „Alle Begriffe, mit denen Kommunikation beschrieben wird, müssen daher aus jeder psychischen Systemreferenz herausgelöst und lediglich auf den selbstreferentiellen Prozeß der Erzeugung von Kommunikation durch Kommunikation bezogen werden.“ (Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1990, Seite 24). Das bedeutet für ein Begreifen der Systemtheorie, dass immer, wenn von Kommunikation die Rede ist, ein emergentes System gemeint ist, das nur bestehen kann, wenn mehrere Bewusstseine parallel operieren, dass aber neben diesen Bewusstseinen existiert, ohne die Gedanken der Bewusstseine einzubeziehen. Dies wird durch das Diktum Luhmanns beschrieben: „Der Mensch kann nicht kommunizieren; nur die Kommunikation kann kommunizieren.“ (Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1990, Seite 31).

Kommunikation als Operation sozialer Systeme

Die Operation Kommunikation besteht als eine Gesamtheit aus Information, Mitteilung und Verstehen. Aus der Umstellung des Kommunikationsbegriffs von psychischen auf soziale Systeme folgt, dass darunter keine Operationen einzelner Bewusstseine zu verstehen sind. Des Weiteren wird nichts zwischen den geschlossenen psychischen Systemen (Bewusstseinen) übertragen. Kommunikation ist ein Prozessieren von Selektionen aus je aktuellen Verweisungshorizonten (dies hat mit Sinn zu tun). Kommunikation ist für Luhmann ein dreistelliger Selektionsprozess (Soziale Systeme, Frankfurt am Main 1984, Seite 194). Alle drei Selektionen können entstehen, wenn mehrere Bewusstseine operieren, jedoch nicht als Operationen einzelner Bewusstseine.

Information als Bestandteil der Operation Kommunikation ist demnach als Selektion (nicht Handeln) aus einem Hintergrund (Kontingenz) zu verstehen, die in einem sozialen System durch Mitteilung und Verstehen zustande kommt. Mitteilung als Bestandteil der Operation Kommunikation ist eine Anregung (nicht Handeln), die zur Unterscheidung von Information und Mitteilung und damit zum Verstehen führen kann. Verstehen als Bestandteil der Operation Kommunikation ist demnach als ein Zuweisen („hineinprojizieren“) von Sinn an ein anderes psychisches System zu begreifen, das auf der Basis von Information und Mitteilung geschieht. In den Formulierungen Luhmanns zeigt sich dabei deutlich, dass Information, Mitteilung und Verstehen nicht als Handlungen einzelner Menschen zu begreifen sind. Die Kommunikation (als Einheit und als eigenständige Operation) konstituiert Information, die Kommunikation teilt mit (Vgl. Soziale Systeme, Frankfurt am Main 1984, Seite 194). Verstehen kann noch am ehesten auch als Bewusstseinsoperation aufgefasst werden Siehe hierzu Seite 110 f. Auf diese Weise wird die Kommunikation zur Operation, in der soziale Systeme sich selbst herstellen. (Hier zeigt sich die interpretative Schwierigkeit, die in der Umstellung liegt, dass nicht Menschen, sondern die Kommunikation etwas ‚tut‘. Diese Schwierigkeit ist auch darin begründet, dass die Kommunikation in den Formulierungen als sprachliches Subjekt auftritt.)

Entgegen vieler gängiger Annahmen, denen zufolge Kommunikation bereits durch Mitteilung zustande kommt, ist Kommunikation bei Luhmann erst dann realisiert, wenn Verstehen geschieht (Soziale Systeme, Frankfurt am Main 1984, Seite 203). Es bleibt aber offen, ob das Verstehen als die aus der Differenz zwischen Mitteilung und Information resultierenden Operationen eines psychischen Systems (Bewusstseins) den Operationen anderer psychischer Systeme entsprechen. Dies führt zum Thema der Erwartung. Die weitere Prüfung, Bestätigung oder Korrektur von Kommunikationen (als Einheit von Information, Mitteilen, Verstehen) kann nur durch weitere Kommunikationen geschehen, so dass Kommunikation erst als selbstreferentieller Prozess gegenseitiger Beobachtung zeitliche Existenz gewinnt. (Im Sinne der soziologischen Systemtheorie ist ein Gesamtprozess aus Informieren, Mitteilen und Verstehen eine Differenzeinheit. Dieser schließen sich weitere Differenzen an.)

Derartige Kommunikation stabilisiert sich einerseits im Wechselspiel von Erwartungen und erweitert sich andererseits fortlaufend durch die so geschaffenen Möglichkeiten weiterer Bezugnahmen. Sie ist ,bedroht' durch inadäquate Selektionen, Auswahlen, Antworten und grenzt sich, wenn sie erfolgreich ist, gegen diese ab. Kommunikation ist also ein Phänomen, welches auf der Basis von einzelnen Selektionen zweier Seiten zu einer komplexeren, sich selbst stabilisierenden neuen Gesamtsituation führt, die als neues emergentes System gesehen wird. sc Personen sind keine Systeme, sondern Identifikationspunkte der Kommunikation. Gesellschaft konstituiert und reproduziert sich durch Kommunikation und ist darin auf Anschlussmöglichkeiten für weitere Kommunikationen angewiesen, wobei Kommunikation nicht ohne Gesellschaft zu denken ist. Diese zirkuläre Definition grenzt sich bewusst von deduktiven Methoden der klassischen Wissenschaft ab. Die Gesellschaft wird als sich selbst beschreibendes (autopoietisches) System betrachtet, das seine eigenen Beschreibungen enthält.

Der Kommunikationsbegriff nach Luhmann lässt sich nicht am Beispiel handelnder oder kommunizierender Menschen darstellen. Die Trias von Information, Mitteilung und Verstehen beschreibt bei Luhmann keine Bewusstseinsoperationen oder gar Teile von Handlungen. Wenn Kommunikation auf diese Weise dargestellt würde, wäre die Zielsetzung der Systemtheorie nach Luhmann schon beim Versuch verfehlt, sie zu verdeutlichen.

Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation

Erfolgreiche Kommunikation bedeutet, dass die Selektionen einer Kommunikation als Prämisse für folgende Kommunikationen übernommen werden. Luhmann versteht Kommunikation als die Synthese einer dreistelligen Selektion. Ein Initiator entscheidet über Information und Mitteilung. Daran kann sich ein Verstehen anschließen. Erfolg bedeutet nun, dass beispielsweise eine ursprünglich selegierte Information verstanden und als Grundlage von Folgekommunikationen angenommen wird. Wichtig ist hierbei, dass Verstehen nicht Sinn-Verstehen meint, sondern vielmehr ein "Als-Mitteilung-Verstehen". Erfolgreiche Kommunikation findet nach Luhmann dann statt, wenn der Empfänger (EGO) die selegierte Information des Senders (ALTER) als eine Mitteilung auffasst. Erst auf der Basis dieses "Dass-Verstehens" folgt die 4.Selektion der Kommunikation. Hierbei kann EGO den Sinnvorschlag von ALTER annehmen oder ablehnen. An diesem Punkt spricht Luhmann bereits von Anschlusskommunikation. Auf Basis der Selektion des ersten Initiators wird nun eine weitere dreistellige Selektion angeschlossen. Im Verlaufe der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung entstehen Problemlagen, die die symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien in spezifischer Weise lösen: Eine Zahlung etwa sorgt dafür, dass jemand ein begehrtes Gut überhaupt hergibt. Aber wie kann eine Zahlung - heute codiert in Währungen - dazu motivieren? Luhmann beantwortet dies mit der Erwartbarkeit von Folgekommunikationen. Kann Ego nicht voraussetzen, dass die von Alter empfangene Zahlung weiter eintauschbar bleibt, wird Ego die Zahlung nicht annehmen. Ist die Anschließbarkeit von Kommunikation, in diesem Beispiel die Zahlung, hingegen gewährleistet, wird Ego motiviert, eine Zahlung anzunehmen. Das ist es, was Kommunikationsmedien generell leisten: Die Verknüpfung von Selektion und Motivation. Sie transformieren unwahrscheinliche Konstellationen in Wahrscheinlichkeiten.

Autopoiesis und Kommunikation

Vom Aspekt der Autopoiesis her lässt sich Kommunikation in sozialen Systemen mit der Autopoiesis (Selbstherstellung) lebender Organismen vergleichen: Ähnlich wie diese nur Stoffe aus der Umwelt aufnehmen, die für ihre Selbsterhaltung relevant sind, nehmen auch soziale Systeme in ihrer Umwelt nur das wahr, was zu ihrem „Thema passt“, was an den Sinn der bisherigen Kommunikation „anschlussfähig“ ist. „Sinn“ ist für Luhmann ein Mechanismus zur Reduktion von Komplexität: In der unendlich komplexen Umwelt wird nach bestimmten Kriterien nur ein kleiner Teil herausgefiltert; die Grenze eines sozialen Systems markiert somit eine Komplexitätsdifferenz von außen nach innen. (Statt von einem „autopoietischen System“ mit einer „Grenze“ spricht Luhmann gelegentlich auch von einer „Form“ mit einer „Innen-“ und einer „Außenseite“, wobei er das sehr abstrakte „Kalkül der Form“ des Logikers George Spencer-Brown heranzieht.)

Die Kommunikation bezieht sich nur scheinbar direkt auf die Umwelt. Tatsächlich bezieht sie sich nur auf die von ihr nach ihren eigenen Gesetzen wahrgenommene innere Abbildung der Umwelt, also letztlich auf sich selbst. Diese Selbstbezüglichkeit, auch als Selbstreferenzialität oder Autoreferenzialität bezeichnet, betrachtet Luhmann als typisch für jede Kommunikation und analog zum Phänomen der Autopoiesis in der Biologie. Die Begriffe selbstreferenzielles System und autopoietisches System sind daher in den meisten Fällen austauschbar.

Luhmann definiert soziale Systeme seit der Übertragung des Autopoiesis-Begriffs auf seine Theorie in den frühen 80er Jahren (in der Rezeption auch als Luhmanns „autopoietische Wende“ betrachtet) nicht mehr als „offen“ (d.h. im direkten Austausch mit der Umwelt), sondern als „autopoietisch geschlossen“ bzw. „operativ geschlossen“. Die Wahrnehmung der Umwelt durch ein System ist daher laut Luhmann immer selektiv. Ein System kann seine spezifische Wahrnehmungsweise der Umwelt nicht ändern, ohne seine spezifische Identität zu verlieren.

In der Geschlossenheit und ausschließlichen Selbst-Interessiertheit der Systeme unterscheidet sich die Luhmann'sche Systemtheorie grundsätzlich von der strukturfunktionalistischen Systemtheorie Talcott Parsons', laut der in jeder Gesellschaft vier Systeme vorhanden sind, die jederzeit in einem intensiven Austausch miteinander stehen, und zudem jeweils einen eigenen wichtigen Beitrag zur Integration und dem Fortbestehen einer überwölbenden Gesamtgesellschaft leisten.

Ein soziales System kommt zustande, wenn immer ein autopoietischer Kommunikationszusammenhang entsteht und sich durch Einschränkung der geeigneten Kommunikation gegen eine Umwelt abgrenzt. Soziale Systeme bestehen demnach nicht aus Menschen, auch nicht aus Handlungen, sondern aus Kommunikationen“ (Luhmann 1986: 269).

Typisch für jedes autopoietische System ist laut Luhmann, dass es sich selbst jeweils mithilfe eines zweiwertigen (binären) Codes von der Umwelt abgrenzt und so seine Identität im Prozess der Selbstreproduktion aufrechterhält. Als binäre Codes von einigen gesellschaftlichen Großsystemen schlägt Luhmann vor: Wirtschaft - zahlen/nicht-zahlen; Politik - Macht/keine Macht; Religion - Immanenz/Transzendenz; Rechtssystem - Recht/Unrecht; Wissenschaftssystem - wahr/unwahr, (Massen-)Medien - Information/Nichtinformation u.a.

Da diese Systeme jeweils nach eigenen Gesetzmäßigkeiten arbeiten, hält Luhmann Eingriffs- bzw. Steuerungsversuche eines Systems in ein anderes grundsätzlich für problematisch: Die Wirtschaft kann etwa von der Politik nur sehr bedingt gesteuert werden oder auch umgekehrt. Das Gesetz der Autopoiesis setzt laut Luhmann den Bemühungen einer rationalen, ethischen, gerechten Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse enge Grenzen - daher gilt Luhmann etwa im Vergleich zu Jürgen Habermas oder Ulrich Beck als politisch ausgesprochen konservativ (was umstritten ist, denn der hier wertende Begriff „konservativ“ setzt die Begriffswelt der Handlungstheorie voraus).

Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien

Kommunikation verläuft nach Luhmann über eine generalisierende Verwendung bestimmter Medien, die dadurch einen symbolischen Gehalt bekommen. Beispielsweise fungieren Macht, Geld, Liebe, Kunst und Wahrheit als solche symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien. Das bedeutet, dass alle die gleichen Eigenschaften und Strukturen haben. Damit sind in der Theorie die Medien untereinander gut vergleichbar. In „Die Gesellschaft der Gesellschaft“ legt Luhmann die am weitesten ausgearbeitete Theorie der Kommunikationsmedien vor.

Er unterscheidet zwischen Verbreitungsmedien, die die Reichweite der Kommunikation steigern, und Erfolgsmedien. Zu denen zählen die symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien. Sie stellen die Lösung für ein Problem dar, das die Evolutionstheorie innerhalb der Gesellschaftstheorie Luhmanns aufwirft. Nach dieser steigert im Verlauf gesellschaftlicher Entwicklung die Sprache die Verständlichkeit der Kommunikation. Damit sinkt jedoch zugleich die Wahrscheinlichkeit, dass Kommunikation erfolgreich ist. Schriftlichkeit der Kommunikation dehnt die zeitliche Reichweite von Kommunikationen aus. Für eine Kommunikation ist keine Interaktion, also Anwesenheit, mehr erforderlich. Die Wahrscheinlichkeit eines Kommunikationserfolgs sinkt weiter. 

Soziale Systeme

Soziale Systeme sind dabei die komplexesten Systeme, die Systemtheorien behandeln können. Soziale Systeme vermitteln durch Komplexitätsreduktion zwischen der unbestimmten Weltkomplexität und der Komplexitätsverarbeitungskapazität des einzelnen Menschen. In einem sozialen System entsteht also im Vergleich zur Umwelt eine höhere Ordnung mit weniger Möglichkeiten, die durch eine Grenze stabilisiert wird. Die Einschränkung der im System zugelassenen Anschlussmöglichkeiten für Kommunikation werden als Struktur des Systems bezeichnet. Von der Struktur sind die System-Prozesse zu unterscheiden, die eine selektive zeitliche Anordnung von Einzelereignissen beinhalten.

Luhmann unterscheidet drei besondere Typen sozialer Systeme:

  • Interaktionssysteme,
  • Organisationssysteme und
  • Gesellschaftssysteme. Die Gesellschaft ist dabei ein System höherer Ordnung, ein System „anderen Typs“. Sie umfasst die anderen Systeme, ohne dass sie in ihr aufgehen.


Wichtige, kommunikativ erzeugte Unterscheidungen sind für Luhmann etwa

  • Zentrum/Peripherie,
  • Interaktion/Organisation,
  • stratifikatorische/funktionale Differenzierung.


Weitere Begriffe und Unterscheidungen

Selektion

Im Bestreben eines Systems sich in seiner operativen Geschlossenheit funktional an seine Umwelten anzupassen, ist es gezwungen, aus der Vielzahl von Möglichkeiten der Selbstmodifikation einige zur Realisation auszuwählen. Dieser Vorgang wird in der soziologischen Systemtheorie Selektion (von Anschlussmöglichkeiten) genannt und dient vorrangig zur Produktion von Sinn.

Medium/Form

Niklas Luhmann hat als letzte produktive Theorie-Figur die Differenz Medium/Form in die Systemtheorie einbezogen. Er hat dabei eine Figur von Fritz Heider abgewandelt, den Unterschied zwischen Ding und Medium. Danach sind „Dinge“ feste Kopplungen in lose gekoppelten „Medien“. Einleuchtende Beispiele nach Heider wären zum Beispiel: Fußspuren im Sand, hier sind die lose gekoppelten „Elemente“ des Sandes das Medium, und die Fußabdrücke, die ja eine gewisse Dauer haben (zum Beispiel am Strand), sind die fest gekoppelte Form im Medium Sand. Ein anderes Heider-Beispiel: Luftmoleküle (als Medium) und die Schallwellen als „Form im Medium“. Zu beachten ist dabei, dass die „Elemente“ des Mediums durch Formung nicht verbraucht werden (Fritz Heider, „Ding und Medium“, Symposion I (1926), S. 109-157. Vgl. Luhmann, Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1990, S. 53 f.).

Luhmann setzt nun der „alteuropäischen“ Unterscheidung Substanz/Form die systemtheoretische Unterscheidung Medium/Form entgegen. Auch für ihn gilt: Die „Elemente“ des Mediums sind lose gekoppelt und verbrauchen sich nicht, die „Form im Medium“ ist fest gekoppelt und - als Ereignis oder Zustand - von mehr oder weniger langer Dauer in der Zeit. Der wesentliche Unterschied bei Luhmann zu Heider ist: Sowohl „Medium“ als auch „Form“ sind bei Luhmann keine ontologischen Entitäten. Und: Die Unterscheidung Medium/Form ist selbst eine Form! Und: Formen können selber wieder zu Medien werden.

Anwendung der Unterscheidung Medium/Form in der Systemtheorie: Im Medium der Buchstaben sind die Wörter Formen; im Medium der Wörter sind die Sätze Formen; Im Medium der Sätze können ausgesprochene oder geschriebene Gedanken oder gar Erzählungen Formen werden und „sein“. Medien sind sozusagen immer Formen zugrunde liegender Medien.

Analoge Verwendung der Unterscheidung Medium/Form bei einer technischen Problemstellung: Eine Radiowelle besteht aus einer Trägerwelle, die die zu übermittelnde Information „trägt“. Die Trägerwelle wird mit der zu übermittelnden Information moduliert. Modulation bedeutet die Abbildung der Informationsstruktur auf dem elektromagnetischen Feld, aus dem die Trägerwelle besteht. Die Trägerwelle entspricht hier dem Medium, die Modulation der Form. Es ist aber auch möglich Information (Form) zu übermitteln, indem die Trägerwelle selbst ein- und ausgeschaltet wird, dann wird die Trägerwelle selbst vom Medium zur Form. Das Raumzeitkontinuum, das die Trägerwelle „trägt“ ist dann das Medium. Auch eine doppelte Modulation ist denkbar: Die 100 MHz Trägerwelle wird mit einer 10 MHz Trägerwelle moduliert, die 10 MHz Trägerwelle wird dann mit der zu übermittelnden Information moduliert. Die erste 100 MHz Trägerwelle ist für die zweite 10 MHz Trägerwelle das Medium, die 10 MHz Trägerwelle ist für die Information (Form) das Medium. Für die 100 MHz Trägerwelle ist die 10 MHz Trägerwelle die Information. Für das Raumzeitkontinuum ist die 100 MHz Trägerwelle die Information (Form). Ungelöstes (verbotenes!) Rätsel: Wovon ist das Raumzeitkontinuum die Form?

Resonanz

Resonanz ist eine Übertragungsmöglichkeit (für Prozesse) aufgrund der Gleichartigkeit miteinander verbundener Systeme bzw. von direkt benachbarten Systembestandteilen innerhalb eines Systems.

Kontingenz

Kontingenz (spätlateinisch: Möglichkeit) ist ein in der Philosophie und in der Soziologie, vor allem der Systemtheorie (Niklas Luhmann, Talcott Parsons) gebräuchlicher Begriff, um die prinzipielle Offenheit menschlicher Lebenserfahrungen zu bezeichnen. Die soziale Welt wird als eine unter vielen möglichen wahrgenommen, die weder zufällig noch notwendig ist. Selbst die Wahrnehmung der Welt ist kontingent, beruht auf Unterscheidungen und Konstruktionen, welche auch anders sein und gemacht werden könnten. Die prinzipielle Offenheit menschlicher Einstellungen und Handlungen, die zu Komplexität führt, wird durch Bildung von sozialen Systemen reduziert.

Ein Spezialproblem der Kontingenz ist die doppelte Kontingenz. Sie beschreibt die gesteigerte Unwahrscheinlichkeit gelingender Kommunikation, wenn zwei Systeme ihre Mitteilungshandlungen jeweils von den unbekannten Erwartungen des Gegenübers abhängig machen.

Die Systemtheorie nach Niklas Luhmann sieht eine Zunahme der Komplexität des Sozialen im Zuge der funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft. Handlungsoptionen haben zugenommen und müssen zunehmend individuell begründet werden. Somit sind Kontingenzerfahrungen wahrscheinlicher geworden.

Luhmann nahm diesen Begriff im Sinne von Aristoteles auf, der Kontingenz als „zugleich nicht notwendig und nicht beliebig“ verstand. Was wie oben schon angedeutet bedeutet: es könnte auch anders sein.

Doppelte Kontingenz

Doppelte Kontingenz ist ein Fachterminus der soziologischen Systemtheorie, der von Talcott Parsons eingeführt und von Niklas Luhmann übernommen wurde.

Damit wird die Situation bezeichnet, in der sich zwei Seiten einer sozialen Begegnung befinden können. Jede Seite betrachtet den in Punkten noch ungewissen Fortgang des Verhaltens der jeweils anderen Seite (d.h. deren Kontingenz). Und jede Seite löst diese in Punkten auf (oder manchmal vielleicht auch nicht). Beide Seiten wählen im allerweitesten Sinne durch Vollzug ihres 'eigenen Geschehens', also durch ihre im Rahmen der Begegnung vollzogenen Aktivitäten, auch den Fortgang des Geschehens im Lichte der anderen Seite. Und diese schließt mit einer wie auch immer zu deutenden Selektion von Aktivität an. Kommunikation wird erst entstehen, wenn hier das gemeinsame Geschehen aus einer generellen Beliebigkeit enthoben wird und durch beide Seiten dauerhaft auf etwas Bestimmtes geführt wird. Dieses Bestimmtsein, welches eine beträchtliche Reduktion der ursprünglich als möglich erachteten Kombinationen aller Spielarten von Geschehen darstellt, ist Bedingung, Weise und Ergebnis von Kommunikation.

Luhmann betrachtet wie Parsons die Ausgangslage einer sozialen Begegnung als Problem der doppelten Kontingenz. Er sieht im Gegensatz zu ihm die in einer solchen Lage vollzogene Kommunikation als aus sich selbst heraus entstehendes Phänomen von Kontingenzreduktion (Unsicherheitsminderung), das keiner weiteren sozialen Vorbereitung bedarf, ja bedürfen kann. Denn dies würde bereits weitere Begegnung erfordern oder in die sozialen Partner eine Art Vorwissen oder Übereinkunft (Übereinwissen) hineininterpretieren, die angesichts der Verschiedenheit (und der inneren Komplexität) der sozialen Partner absolute Illusion ist.

Da sich beide Seiten an dem Verhalten des jeweiligen Gegenübers orientieren und dieses Gegenüber an seinem Gegenüber, ergibt sich im Zusammenhang der doppelten Kontingenz eine Art „Nullstelle“, an welcher Kommunikation unwahrscheinlich ist. Das Verhalten ist sowohl für das Gegenüber als auch für die Seite selbst kontingent. Im Alltag wird diese Unsicherheit zum Beispiel durch die Geschichte der Zusammenkunft, Sozialisation oder Organisation überwunden.

Anschluss

Anschluss ist in der Soziologie ein Fachbegriff aus der Systemtheorie von Niklas Luhmann und bezeichnet die in einer sozialen Begegnung, auf eine Selektion der anderen Seite folgende, selbst gewählte Selektion. Diese Selektionen beziehen sich aufeinander.

Die Anschlussfähigkeit ist die Kapazität von Systemen zu gewährleisten, dass sich an die Selektionen eines Systems weitere anschließen können. Alle sozialen Systeme reproduzieren sich über Kommunikation (z. B. Wirtschaftssystem oder Politik) oder Handlungen (Medizin und Erziehungssystem). Dies gelingt nur, wenn die einzelnen Einheiten aneinander anschlussfähig sind, was durch einen systemspezifischen Code geleistet wird, der als zentrale Logik (Leitunterscheidung) aller Kommunikation zugrunde liegt und sie als systemzugehörig erkennbar macht. Im Wirtschaftssystem beispielsweise sorgt der Code Zahlen/nicht Zahlen dafür, dass die Kommunikationen sich auf sich selbst beziehen, und sich selbst reproduzieren kann, also dass auf jede Zahlung eine neue erfolgt. Dies funktioniert über das generalisierte Kommunikationsmedium Geld, das die letzte Zahlung mit der jetzigen verknüpft. Würde das Geld nicht mehr akzeptiert, folgt der Zahlung keine weitere Zahlung mehr und das System hätte seine Anschlussfähigkeit verloren. Die Anschlussfähigkeit innerhalb eines Systems wird als Selbstreferenz bezeichnet, im Gegensatz zum fremdreferentiellen Bezug auf die Umwelt (Welt, andere Systeme). 

Wirkung und Kritik

Während Parsons die Soziologie der 1950er und 1960er Jahre dominierte, ist heute die Luhmannsche Systemtheorie eine der bekanntesten soziologischen Richtungen im deutschen Sprachraum. Sie strahlt auch in andere wissenschaftliche Disziplinen aus, insbesondere die Betriebswirtschaftslehre, die Verwaltungswissenschaft sowie die Sozialpädagogik. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Luhmannsche Systemtheorie innerhalb der Soziologie selbst heftig umstritten ist.

Stellvertretend für Viele ein Zitat von Hartmut Esser: Man erfindet am Beispiel seines speziellen inhaltlichen Gegenstandes die nötig scheinenden Konzepte und Erklärungsbausteine selbst und meist sehr ad hoc - und bemerkt nicht, daß es zu den jeweiligen Problemen vielleicht anderswo längst brauchbare Lösungen oder wenigstens Ansätze dazu gibt. Manchmal wächst sich die handgestrickte Nische einer bindestrich-soziologischen Bemühung dann auch zu einer eigenen "Theorie" aus, die, wenn alles schief geht, dann, selbstverständlich mit viel philosophischem Tiefsinn garniert, obendrein noch "Universalität" und eine Leitfunktion für den Rest der Welt beansprucht. Das wohl gravierendste Beispiel für eine derartige Spezialerfindung einer "allgemeinen" Theorie, die sich dann zu einem eigenen Paradigma aufzublähen vermochte, war die Entwicklung und Verbreitung der soziologischen Systemtheorie durch Niklas Luhmann. (Hartmut Esser: Soziologie. Spezielle Grundlagen. Bd. 5: Institutionen. Campus Verlag 2000, S. 300.)

Die Systemtheorie nach Luhmann ist auch aufgrund ihres hohen begrifflichen Abstraktionsniveaus umstritten. Sie liefere lediglich funktional-strukturelle Beschreibungen. Aus diesem begrenzten Anspruch folge auch ihr Selbstverständnis als nicht 'kritische', bzw. nicht am Ideal des Humanismus ausgerichtete Theorie. Bekannt ist in diesem Zusammenhang Luhmanns Kontroverse mit Jürgen Habermas.

Weitere Kritikpunkte bestehen darin, die Systemtheorie stelle eher eine Begriffssammlung als ein Theoriegebäude dar: "Hinter der Fassade ungeheurer Schwierigkeit und einem komplizierten Räderwerk artistischer Begrifflichkeit steckt lediglich eine Handvoll simpler Sätze: Die Welt ist kompliziert, alles ist mit allem verbunden, der Mensch erträgt nur ein begrenztes Maß an Kompliziertheit" (Dirk Käsler, zit. in Kunczik/Zipfel 2005: 84). Dabei bestehe weder eine präzise und allgemein akzeptierte Definition des funktionalistischen Systembegriffs, noch gebe es über die Lösung der vier Problembereiche gemäß AGIL-Schema bei Parsons hinaus explizite Hypothesen.

Außerdem wird der Systemtheorie eine versteckte Teleologie zum Vorwurf gemacht: Indem die Zielorientierung eines Subsystems zur Erhaltung des gesamten Systems als positive Funktion gewertet wird, geschieht eine versteckte Wertung und eine Legitimation des gesellschaftlichen Status quo. Bereits Robert K. Merton hatte von latenten (verborgenen) und manifesten (expliziten) Funktionen eines Systems gesprochen und somit die funktionale Einheit eines Systems zurückgewiesen

Trivia

Luhmanns Systemtheorie wird vor allem in Deutschland und Italien rezipiert. An der Weiterentwicklung der soziologischen Systemtheorie arbeiten in Deutschland vor allem die Soziologie-Professoren und Schüler Luhmanns Rudolf Stichweh, Peter Fuchs, Dirk Baecker und Armin Nassehi.

Bei seiner Aufnahme in die 1969 gegründete Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld gab Luhmann als sein Forschungsprojekt an: „Theorie der Gesellschaft; Laufzeit: 30 Jahre; Kosten: keine.“ (Vorwort zu seinem letzten Werk: Die Gesellschaft der Gesellschaft (Luhmann 1998, S. 11; Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1360)). 28 Jahre nach dieser Antragsstellung (1997) veröffentlichte er sein Werk Die Gesellschaft der Gesellschaft, das als umfassende Theorie der Gesellschaft angesehen werden kann, und starb wenig später (1998). 

Literatur

Primärliteratur

  • Niklas Luhmann, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, 1984.
  • Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., Frankfurt 1997.
  • Niklas Luhmann, Die Realität der Massenmedien. 3. Auflage Januar 2004, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
  • Niklas Luhmann, Ökologische Kommunikation. 1. Auflage 1986, Westdeutscher Verlag, Opladen.


Sekundärliteratur

Einführungen

  • Claudio Baraldi/Giancarlo Corsi/Elena Esposito: GLU, Glossar zu Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme, Frankfurt/Main 1999.
  • Margot Berghaus: Luhmann leicht gemacht, Köln; Weimar; Wien 2003.
  • Michael Gerth, Luhmann für Einsteiger. Multimediale Einführung in die Systemtheorie von Niklas Luhmann, Software, 2005
  • Georg Kneer, Armin Nassehi, Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme. Eine Einführung, 1993 (4. Aufl. 2004).
  • Detlef Krause: Luhmann-Lexikon, Stuttgart 2001.
  • Niklas Luhmann, Dirk Baecker, Einführung in die Systemtheorie, 2004 
  • Christian Schuldt: Systemtheorie, Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2003 (2. Aufl. 2006).
  • Helmut Willke: Systemtheorie. Eine Einführung in die Grundprobleme der Theorie sozialer Systeme. 4.überarb. Aufl. Stuttgart, 1993.


Kritische Diskussion

  • Giegel, Hans-Joachim/Schimank, Uwe (Hg.): Beobachter der Moderne – Beiträge zu Niklas Luhmanns „Die Gesellschaft der Gesellschaft“, Frankfurt a.M. 2003
  • Merz-Benz, Peter-Ulrich/Wagner, Gerhard (Hg.): Die Logik der Systeme. Zur Kritik der systemtheoretischen Soziologie Niklas Luhmanns, Konstanz 2000
  • Haferkamp, Hans/Schmid, Michael (Hg.): Sinn, Kommunikation und soziale Differenzierung. Beiträge zu Luhmanns Theorie sozialer Systeme, Frankfurt a.M. 1987


Sonstiges

  • 2000: Andreas Göbel: Theoriegenese als Problemgenese: Eine problemgeschichtliche Rekonstruktion der soziologischen Systemtheorie Niklas Luhmanns, Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 2000 (Zugl.: Essen, Univ. Diss. 1999).
  • 2002: Dirk Baecker, Wozu Systeme?
  • 2003: Thomas Latka, Topisches Sozialsystem.
  • 2006: Gralf-Peter Calliess, Systemtheorie Luhmann / Teubner, in: Buckel/Christensen/Fischer-Lescano, Neue Theorien des Rechts.
  • 1993: Andreas Metzner: Probleme sozio-ökologischer Systemtheorie – Natur und Gesellschaft in der Soziologie Luhmanns, Opladen (Westdeutscher Verlag).


Quelle

Systemtheorie in der Wikipedia

TA

Abkürzung für Transaktionsanalyse

Team

Der Anglizismus Team (v. altengl.: team Familie, Gespann, Nachkommenschaft) bezeichnet einen Zusammenschluss von mehreren Personen zur Lösung einer bestimmten Aufgabe oder zur Erreichung eines bestimmten Zieles:

  • Im Sport bezeichnet das Team entweder die Mannschaft oder die Gesamtheit von Mannschaft und begleitendem Personal wie Trainer, Techniker etc.
  • In einem Unternehmen bezeichnet das Team die für einen bestimmten Zweck aus Mitarbeitern zusammengesetzte Arbeitsgruppe.

 

Kriterien

Nach Mabey und Caird (Christopher Mabey and Sally Caird 1999 Building Team Effectiveness Open University, Milton Keynes, Seite 7 ff.) werden Teams über folgende Hauptkriterien definiert:

  • Ein Team hat sechs bis elf Mitglieder.
  • Die Mitglieder tragen zur Erreichung der Teamziele mit ihren jeweiligen Fähigkeiten und den daraus entstehenden gegenseitigen Abhängigkeiten bei.
  • Das Team hat eine Team-Identität, die sich von den individuellen Identitäten der Mitglieder unterscheidet.
  • Das Team hat Kommunikationspfade sowohl innerhalb des Teams als auch zur Außenwelt entwickelt.
  • Die Struktur des Teams ist aufgaben- und zielorientiert beschrieben.
  • Ein Team überprüft periodisch seine Effektivität


In der Arbeitspsychologie wird der Teambegriff von manchen Autoren wie Jon Katzenbach, Daug Smith idealisiert. Sie sehen darin besonders arbeitsteilige und leistungsorientierte Arbeitsgruppen. Andere Autoren bestreiten die Möglichkeit einer wissenschaftlich sinnvollen Trennung der Begriffe „Team“ und „Gruppe“ (etwa Siegfried Stumpf, Alexander Thomas).

In Unternehmen hat Teamarbeit inzwischen weithin Fuß gefasst. Dies ist begründet damit, dass auf Grund wachsender Komplexität, höheren Leistungsdrucks und immer besseren Zugangs zu Informationen mittels der Verbreitung elektronischer Medien in den Betrieben:

  • das Management immer weniger Überblick über die Geschehnisse hat und
  • Entscheidungsverantwortung nach unten delegiert wird.


Zur Entscheidungsqualität in Gruppen lässt sich festhalten:

  • Gruppenentscheide erweisen sich dann als tendenziell besser, wenn die Mitglieder verschieden sind und unabhängig voneinander urteilen (James Surowiecki (2005), Die Weisheit der Vielen, München)
  • Aber bei einem hohen Ausmaß an gegenseitigem Verständnis oder hoher Gruppenkohäsion entsteht das „GroupThink“-Phänomen mit der Tendenz zum „Vorlage:Lang“. Etwaige Bedenken fallen der Gruppenstimmung zum Opfer und werden nicht mehr geäußert; in der Hälfte der Fälle treffen Gruppen riskantere Entscheidungen als Einzelpersonen (Irving Janis (1972), Victims of Groupthink: psychological study of foreign-policy decisions and fiascoes (2nd edition). Boston: Houghton Mifflin, Heinz Jiranek und Andreas Edmüller (2003), Konfliktmanagement. München, Haufe Verlag).


Die Konzentration von Wissen und Entscheidungsmacht bei einigen wenigen überlebt sich zusehends. War bis vor kurzem nur von Mitarbeiterteams die Rede, so spricht man heute zunehmend auch von Managementteams.

Trivia

Ein ulkiges, aber manchmal treffendes Backronym ist TEAM = Toll ein anderer macht's, was darauf anspielt, dass es leider immer wieder vorkommt, dass in einem Team nur wenige Leute (oder eine einzelne Person) die ganze Arbeit machen und die Gruppe die Lorbeeren verdient.

Die Faustregel "There is no I in TEAM" lässt erkennen, dass in einem Team alle gemeinsam arbeiten und gleichberechtigt an einer Aufgabenstellung mit einem gemeinsamen Arbeitsziel arbeiten.

Quelle

Team in der Wikipedia

Themenzentrierte Interaktion (TZI)

Modell und Gestaltungsmethode zum Arbeiten und Lernen in Gruppen. Die Themenzentrierte Interaktion (TZI) wurde 1955 von Ruth C. Cohn begründet und in den USA und Europa weiterentwickelt. Das Modell der TZI strebt ein Gleichgewicht der Faktoren "Thema/Aufgabe", "Person" und "Gruppe" an (in Form eines Dreiecks dargestellt), die von dem Umfeld (einem Kreis) umgeben sind. Grundüberlegung ist, dass in Gruppen immer sachlich-fachliche, individuelle, zwischenmenschliche und die Bedingungen der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt werden sollten. 

Tiefenpsychologie

Tiefenpsychologie ist die zusammenfassende Bezeichnung für psychologische und psychotherapeutische Ansätze, die unbewussten (im Volksmund auch fälschlicherweise "unterbewussten") seelischen Vorgängen einen zentralen Stellenwert für die Erklärung menschlichen Verhaltens und Erlebens beimessen. Bekannte tiefenpsychologische Schulrichtungen sind die auf Sigmund Freud zurückgehende Psychoanalyse, die Analytische Psychologie seines Schülers Carl Gustav Jung sowie die von Alfred Adler entwickelte Individualpsychologie.

Die zentrale Vorstellung der Tiefenpsychologie ist, dass "unter der Oberfläche" des Bewusstseins in den Tiefenschichten der Psyche weitere, unbewusste Prozesse ablaufen und eine erhebliche Wirkung auf das bewusste Seelenleben entfalten. Diese Vorstellung hat bereits Vorläufer, z.B. in der Philosophie Schopenhauers, Nietzsches oder in der Literatur der Romantik. Freud war der erste, der diese Annahme mit wissenschaftlichen Methoden untersuchte und aus seinen Entdeckungen weitreichende Schlüsse für die Funktionsweise des menschlichen Seelenlebens zog (s. Psychoanalyse).

Der Begriff Tiefenpsychologie wurde zuerst von Eugen Bleuler eingeführt. Sigmund Freud verwendete diesen Begriff ab 1913, um zwischen der von ihm begründeten Psychoanalyse und der in der akademischen Psychologie damals vorherrschenden Bewusstseinspsychologie zu unterscheiden. Neben der psychoanalytischen Lehre Freuds begründeten dessen Schüler Carl Gustav Jung und Alfred Adler eigene tiefenpsychologische Schulrichtungen: die Analytische Psychologie (Jung) und die Individualpsychologie (Adler).

Alle Richtungen der Tiefenpsychologie vertreten die Auffassung, dass dem bewussten Erleben und Verhalten Prozesse der Triebregulation und Konfliktverarbeitung zugrunde liegen, die in der "Tiefe" des Unbewussten ablaufen. Die wesentlichen psychischen Prozesse werden als ein Spiel von Kräften verstanden (Psychodynamik), dem Triebe oder sonstige motivationale Prozesse zugrundeliegen, die das menschliche Seelenleben mit spezifischen Energien ausstatten. Freud maß dem Sexualtrieb große Bedeutung bei und nannte die zugehörige Triebenergie Libido. Diese Betonung sexueller Triebkräfte lehnten Jung und Adler ab. Für Adler stand dagegen das Machtstreben im Zentrum der seelischen Antriebskräfte. Für Jung eine unspezifische Triebenergie. 

Verhaltenstherapie (VT)

Mit Verhaltenstherapie wird ein ganzes Spektrum von Formen der Psychotherapie bezeichnet. Allen Formen ist gemeinsam, dass die Hilfe zur Selbsthilfe für den Patienten im Mittelpunkt steht, ihm nach Einsicht in Ursachen und Entstehungsgeschichte seiner Probleme Methoden an die Hand gegeben werden, mit denen er zukünftig besser zurecht kommt.

Charakteristika und Prinzipien der Verhaltenstherapie

Nach der American Association of Behavior Therapy soll die Verhaltenstherapie (VT) vor allem menschliches Leiden lindern und die Handlungsfähigkeit erweitern. Sie beinhaltet Veränderungen der sozialen Umgebung und der sozialen Interaktion. Das Ziel ist hauptsächlich die Ausbildung und Förderung von Fähigkeiten. Die Techniken sollen dem Klienten eine bessere Selbstregulation ermöglichen. Die VT wendet experimental- und sozialpsychologische Prinzipien an und legt Wert auf eine systematische Evaluation der Effektivität bei der Anwendung solcher Prinzipien. Die Ziele und Vorgehensweisen werden vertraglich festgelegt. Zudem orientiert sich die VT an ethischen Prinzipien.

Charakteristisch für die VT ist die Konzentration auf gegenwärtige statt auf vergangene Handlungsdeterminanten, ohne diese jedoch in der Analyse der Problementstehung zu vernachlässigen. Somit liegt der Schwerpunkt auf beobachtbarem Verhalten und dessen Veränderung. Die VT unterscheidet sich von der Psychoanalyse durch folgende Annahmen: Es wird angenommen, dass Verhaltensweisen erlernt und auch wieder verlernt werden können. Das bedeutet allerdings nicht mehr wie in der Frühzeit der VT, dass man genetische Unterschiede in der Ätiologie von Störungen verleugnet. Gerade in den Vulnerabilitäts-Stress-Modellen wird z.B. eine ererbte Stressanfälligkeit als Voraussetzung einer Störung berücksichtigt. Außerdem fühlt man sich empirischen Methoden verpflichtet. In ihren Annahmen über ätiologische Störungsmodelle ist sie nur begrenzt Theorien verpflichtet und kann auch jederzeit neue empirische Erkenntnisse in ihre Modelle und Theorien integrieren.

Daraus folgt für die VT, dass problematisches Verhalten in erster Linie als Ergebnis von Lernprozessen gesehen und durch die Verwendung von Verhaltens- und Lernprinzipien verändert werden soll. Entscheidend ist hierfür eine genaue Verhaltensanalyse (horizontal und vertikal) zur Bestimmung der augenblicklichen Determinanten des Verhaltens. Die Behandlungsstrategien werden individuell auf die Probleme der Person angepasst. Um Veränderungen zu bewirken, ist es nicht zwangsläufig notwendig, die Ursprünge des psychologischen Problems genau zu ergründen. Gerade bei gut definierten psychischen Störungen wie Zwang oder Phobie hat sich herausgestellt, dass Heilungen möglich sind ohne genaue Analyse der Entstehungsbedingungen, wenn man die verhaltenstherapeutischen Behandlungsmanuale befolgt, ohne dass es zu Symptomverschiebungen kommt. Andererseits spricht innerhalb der VT auch nichts dagegen, eine genauere Analyse der Störungsätiologie oder der therapeutischen Beziehung vorzunehmen, wenn die manualisierten Standardmethoden versagen. Dies ist auch immer dann angebracht, wenn auf Seiten des Patienten ein ausgeprägtes Interesse an der Entstehung seiner Störung zu erkennen ist und dadurch seine Behandlungsmotivation verbessert werden kann. Auf der anderen Seite gilt jedoch auch: Die Veränderung des problematischen Verhaltens liefert keinen Aufschluss über die Entstehung der Störung.

Vorgehensweise

Eine Verhaltenstherapie beginnt gewöhnlich mit einer Verhaltensanalyse, in der die Probleme des Patienten in Abhängigkeit zu ihren aufrechterhaltenden Bedingungen und im Hinblick auf ihre Konsequenzen untersucht werden. Berühmt geworden ist die Verhaltensanalyse nach Frederick Kanfer : das SORKC-Modell.

  • S: Reize, Situationen
  • O: Organismus (Kognitionen und biologisch-somatische Bedingungen)
  • R: Reaktionen, Verhalten
  • K: Kontingenzen, (regelhafte Zusammenhänge zwischen Situationen, Verhalten und Konsequenzen)
  • C: Konsequenzen


Obwohl die Begriffe Reiz und Reaktion leicht vermuten lassen, dass in einer Verhaltensanalyse nur das beobachtbare Verhalten analysiert wird, bezieht eine Verhaltenanalyse in der modernen Verhaltenstherapie auch Gefühle, Gedanken und körperliche Prozesse mit ein. Zudem umfasst die erweiterte Verhaltensanalyse auch Einflüsse des erweiterten Umfelds des Patienten wie zum Beispiel das Verhalten von Familienangehörigen, Arbeitskollegen, Freunden und Bekannten. In der Zielanalyse werden die Therapieziele gemeinsam mit dem Patienten entwickelt, wobei darauf geachtet wird, ob die Ziele realistisch zu erreichen und nach der Therapie aufrechterhalten werden können. Die Therapie beruht schließlich auf einem Therapievertrag, in dem Patient und Therapeut sich gegenseitig zusichern, welche Aufgaben sie während der Therapie jeweils übernehmen.

Moderne und differenziertere Formen der Verhaltensanalyse werden in Bartling et al, „Problemanalyse im therapeutischen Prozess“ , oder bei Caspar, „Psychotherapeutische Problemanalyse“, dargestellt. Hierbei wird neben der im SORKC-Modell beschriebenen Ebene des Verhaltens-in-Situationen sowohl der Entstehung und Ausformung des Problemverhaltens als auch der Ebene der Regeln, Pläne und Systemregeln der nötige Raum eingeräumt. Ein weiteres Analysefeld ist die Therapeut-Klient-Beziehung, der heutzutage in der Verhaltenstherapie viel Platz eingeräumt wird, nachdem sie in der Anfangszeit eine eher untergeordnete oder unspezifische Rolle in der Therapie einnahm. Nach der Verhaltensanalyse/Problemanalyse erfolgt gemeinsam mit dem Patienten die Bestimmung und Konkretisierung der Therapieziele, aus denen der Therapeut die einzusetzenden Interventionen auswählt und in Rücksprache und mit Zustimmung des Patienten einsetzt.

In der Therapie können verschiedene verhaltenstherapeutische Verfahren eingesetzt werden, die sich auf die Verhaltens- und Zielanalyse beziehen müssen (siehe unten). Übergeordnetes Prinzip ist dabei die Hilfe zur Selbsthilfe, das heißt der Patient soll in der Therapie lernen, wieder mit dem eigenen Leben selbst zurechtzukommen. Die aus der Gesprächspsychotherapie bekannten therapeutischen Basisvariablen wie Echtheit, Empathie und uneingeschränktes Akzeptieren des Patienten sind Basisvariablen einer Verhaltenstherapie, ohne aber auch nur für die therapeutische Beziehungsgestaltung zu genügen. Darüber hinaus hat der Therapeut auch auf eine komplementäre Beziehungsgestaltung, wie bei K. Grawe beschrieben, zu achten, die sich aber nach R. Sachse nur auf die Motiv-, nicht auf die Spielebene des Patienten beziehen darf. Damit soll hier nur kurz angedeutet werden, wie theoretisch komplex heutzutage die Grundlagen einer Verhaltenstherapie aufgebaut sind und worauf ein kompetenter Verhaltenstherapeut neben seinen Methodenkenntnissen alles zu achten hat. Ein weiterer wichtiger Schritt, der neben dem Einsatz von Interventionsmethoden bedacht werden muss, ist der Aufbau einer therapeutischen Allianz bzw. von Veränderungsmotivation, der nicht einfach mit der Therapiemotivation verwechselt werden darf. Nach dem Einsatz der eigentlichen Interventionen wird ein Evaluationsprozess durchlaufen, in dem der Erfolg der durchgeführten Methoden überprüft wird. Diese ganzen Analyse- und Interventionsschritte werden in der therapeutischen Praxis nicht strikt getrennt voneinander durchgeführt, sondern bedingen sich gegenseitig und werden in einem Feedbackprozess immer wieder von neuem durchlaufen. Sehr übersichtlich wird der Ablauf bei F. Kanfer in seinem 7-Schritte-Prozessmodell des therapeutischen Prozesses seiner Selbstmanagementtherapie beschrieben.

In Deutschland übernehmen gesetzliche Krankenkassen nach einem genehmigtem Antrag ihres Kassenmitglieds die Kosten für seine Verhaltenstherapie.

Verfahren der Verhaltenstherapie (Auswahl)

Um die im Therapievertrag vereinbarten Therapieziele zu erreichen, können in der Verhaltenstherapie inzwischen mehr als 50 verhaltenstherapeutische Einzelverfahren eingesetzt werden. Einige von ihnen seien an dieser Stelle genannt:

Konfrontationsverfahren

Konfrontationsverfahren oder Expositionsverfahren sind Verfahren, die auf dem Modell der klassischen Konditionierung aufbauen, mit dem Ziel, eine Extinktion, Gegenkonditionierung oder Habituation zu erreichen. Expositionsverfahren können zum einen in massierter oder graduierter Form und in in-vivo oder in-sensu angewand werden. Zudem können die Dauer (kontinuierlich) und das Ausmaß des Selbstmanagement (Selbst-Exposition) variiert werden. Diese Verfahren werden vorwiegend Phobien, Panik- und bei Zwangsstörungen eingesetzt.

  • Systematische Desensibilisierung: Exposition mit hierarchisch abgestuften aversiven Stimuli, zunächst in sensu, dann in vivo, gekoppelt mit Entspannung
  • Flooding (Reizüberflutung): Unmittelbare Konfrontation mit Stimuli in höchster Intensität
  • Reaktionsverhinderung
  • Screen-Technik
  • Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) nach Francine Shapiro
  • Extinktions (Habituations)-Training (graduierte Löschung): In vivo Konfrontation mit abgestuften aversiven Stimuli
  • Implosion (aus tiefenpsychologischer Tradition): Konfrontation mit Angststimuli in der Vorstellung
  • Paradoxe Intention: Anweisungen, die den Erwartungen entgegenlaufen
  • Angstbewältigungstraining: Kombination verschiedener Expositions-Verfahren mit anderen Bewältigungsstrategien

 

Operante Verfahren

Operante Verfahren basieren auf dem Modell der operanten Konditionierung. Dabei wird das Verhalten mittels Verstärkung (Erhöhung der Häufigkeit (Wahrscheinlichkeit) eines Verhaltens) oder Bestrafung (Reduzierung der Verhaltenshäufigkeit) modifiziert (Verhaltensmodifikation). Positive Verstärkung geschieht durch Zuführung von Reizen mit angenehmen Konsequenzen und negative V. durch Wegnahme von Reizen mit unangenehmen Konsequenzen. Direkte Bestrafung geschieht durch Zuführung von Reizen mit unangenehmen Konsequenzen und indirekte Bestrafung durch Wegnahme von Reizen mit angenehmen Konsequenzen (time-out). Prinzipien beim Aufbau von Verhalten sind: Verhaltensformung (Shaping), Verhaltenskettung (Chaining), Prompting, Differentielle Verstärkung (Diskrimination), Fading und Generalisierung und für den Abbau von Verhalten: Löschung, Bestrafung und Vergessen.

  • Biofeedback nach Miller
  • Token-System (Token economy)
  • Kontingenzverträge: Zielverhalten und Verstärker werden genau (schriftlich) festgelegt
  • Dialektisch-behaviorale Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach Marsha M. Linehan
  • Training sozialer Kompetenzen (Social Skills Training), z. B. das Assertiveness Training Programme nach Ullrich & Ullrich de Muynck; das Gruppentraining Sozialer Kompetenzen nach Hinsch & Pfingsten oder das Personal Effectiveness Training nach Libermann. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der Dialektisch-behavioralen Therapie (DBT) nach Marsha M. Linehan
  • Habit-Reversal-Training nach Azrin & Nunn
  • Rollenspiel
  • Kommunikationstraining
  • Training von Entspannungstechniken (v. a. Progressive Muskelentspannung und Autogenes Training)
  • Euthyme Therapie (Genusstherapie)

 

Kognitive Ansätze

Kognitive Ansätze der VT basieren auf kognitiven Theorien des Verhaltens. Ein Individuum interpretiert und transformiert aktiv Informationen (Umgebungsreize) und strukturiert die Erfahrungen (Ordnen und Bewerten der Realität). Kognition en beeinflussen als transformierte Reize das Verhalten. Verhaltensprobleme sind das Ergebnis falscher Annahmen, unvollständiger Schlüsse, inadäquater Selbstinstruktionen und unzureichender Problemlösefähigkeiten.

  • Kognitive Therapie nach Aaron T. Beck
  • Rational-Emotive Therapie (RET), neuerdings explizit Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) genannt, nach Albert Ellis
  • Neuro-Linguistische Psychotherapie
  • Ärgermanagement nach R.W. Novaco
  • Stressmanagement bzw. Stressimpfungstraining nach Donald Meichenbaum
  • Selbstverbalisation bzw. Selbstinstruktionstraining nach Donald Meichenbaum
  • Problemlösetraining nach D’Zurilla & Goldfried
  • Attributionstherapie (Seligman, Bandura)
  • Schmerzmanagement nach Turk
  • Selbstmanagement-Therapie nach Frederick Kanfer
  • Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion nach Jon Kabat-Zinn
  • Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) nach Steven C. Hayes
  • Kognitive Umstrukturierung
  • Schematherapie nach J. Young

 

sonstige Verfahren

  • Multimodale Therapie (BASIC-ID) nach Arnold A. Lazarus

 

Anwendungsbereiche und Wirksamkeit

Verhaltenstherapeutische Methoden werden heutzutage bei vielen psychischen Störungen und psychosomatischen Erkrankungen eingesetzt. Nach dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie der deutschen Bundesregierung ist Verhaltenstherapie wirksam bei

  • Sucht (z.B. Alkoholabhängigkeit)
  • (Teil-) Remittierten psychotischen Erkrankungen (u.a. Schizophrenie) und wahnhaften Störungen
  • Affektiven Störungen (z.B. Depression)
  • Angststörungen (z.B. Agoraphobie, Spezifische Phobie, Soziale Phobie, Panikstörung, Zwangsstörung)
  • Belastungsstörungen (z.B. Posttraumatische Belastungsstörung)
  • Dissoziativen, Konversions- und somatoformen Störungen
  • Essstörungen (z.B. Anorexia nervosa, Bulimia nervosa)
  • Persönlichkeitsstörungen (z.B. Borderline-Persönlichkeitsstörung)
  • psychosomatischen Erkrankungen (z.B. Spannungskopfschmerz, Bluthochdruck)


Die Wirksamkeit kognitiv-verhaltenstherapeutischer Verfahren ist bei vielen psychischen Störungen in Hunderten von Studien belegt. Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie der deutschen Bundesregierung hat die Verhaltenstherapie daher als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren eingestuft.

Formen

  • individuelle Verhaltenstherapie (VT) oder Kognitive Verhaltenstherapie (KVT, KogVT)
  • Paartherapie
  • Familientherapie
  • Gruppentherapie
  • Gemeindepsychologie
  • Prävention

 

Verhaltensmedizin

Aus der Verhaltenstherapie ist die Verhaltensmedizin hervorgegangen. Sie befasst sich mit der Anwendung verhaltenstherapeutischer Erkenntnisse auf allgemeine medizinische Sachverhalte; zum Beispiel mit der ergänzenden Behandlung von körperlichen Erkrankungen wie z.B. Bluthochdruck, Asthma, Diabetes mellitus oder Spannungskopfschmerz als auch Tinnitus mit psychologischen Mitteln. Dies geschieht etwa dadurch, dass der Patient lernt, angemessener mit seiner Erkrankung umzugehen. Die Verhaltensmedizin beschäftigt sich mit Gesundheitsverhalten.

Geschichte der Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie hat ihren Ursprung in den psychologischen Lerntheorien. Erste Schritte, die als verhaltenstherapeutisch bezeichnet werden können, nahm bereits Mary Cover Jones 1924 vor, als sie einen ängstlichen Jungen namens Peter von einer Phobie durch Konfrontation mit dem angstauslösenden Objekt therapierte. Aber erst nach dem 2. Weltkrieg gelang es, lerntheoretisch fundierte Verfahren systematisch zur Behandlung psychischer Störungen, insbesondere Phobien, einzusetzen. Dazu trug die Enttäuschung vieler psychoanalytisch arbeitender Therapeuten über die mangelnde Wirksamkeit der tiefenpsychologischen Therapien bei: So entwickelte z.B. der Südafrikaner Joseph Wolpe die Systematische Desensibilisierung , ein graduiertes Konfrontationsverfahren, in Kombination mit der Progressiven Muskelentspannung von Edmund Jacobson . Auf der anderen Seite wurde die operante Konditionierung von behavioristisch orientierten Therapeuten wie z.B. Ayllon und Azrin für die therapeutische Verhaltensmodifikation nutzbar gemacht. Mit ihr konnte erstmals mit nennenswertem Erfolg Menschen mit schwersten psychischen Störungen wie der Schizophrenie psychotherapeutisch geholfen werden. Seit den 1970er Jahren sind die Prinzipien der Verhaltenstherapie auch auf pädagogische Felder (Vorschule, Schule, Hochschule, Familie etc.) übertragen worden. Dieser Anwendungsbereich wird „Pädagogische Verhaltensmodifikation“ bezeichnet.

Seit den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat diese klassische Verhaltenstherapie zunehmend andere Gebiete der wissenschaftlichen Psychologie und Psychotherapie aufgegriffen und integriert. Der Begriff Kognition oder kognitive Therapie trägt der Tatsache Rechnung, dass die Verhaltenstherapie sich außer mit der äußeren Verhaltensänderung auch mit der Veränderung der kognitiven, gedanklichen Schemata des Menschen beschäftigt. Begründer und Vorreiter der kognitiven Verhaltenstherapie waren unter anderem Albert Ellis, Aaron T. Beck und Donald Meichenbaum. Nach dieser so genannten kognitiven Wende haben sich kognitiv-verhaltenstherapeutische Therapien für die Mehrzahl der psychischen Störungen entwickelt. Zu den neuesten Therapieformen zählt beispielsweise die dialektisch-behaviourale Therapie (DBT) für emotional-instabile Persönlichkeitsstörungen. Die DBT beruht wie andere verhaltenstherapeutische Ansätze auf lerntheoretischen Grundprinzipien, ist aber sowohl von den Themen, die in die Behandlung mit einbezogen werden, als auch vom Methodenrepertoire her deutlich breiter angelegt als klassisch verhaltenstherapeutische Ansätze. So werden beispielsweise Wert- und Sinnfragen erörtert und meditative Praktiken buddhistischer Prägung in die Behandlung integriert. Manche Autoren sprechen bereits von einer „dritten Welle“ der Verhaltenstherapie, der neben der DBT auch Ansätze wie die Funktional-analytische Psychotherapie (FAP), die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) oder die achtsamkeitsbasierte kognitive Depressionstherapie zugerechnet werden.

Die Verhaltenstherapie oder kognitive Verhaltenstherapie ist für viele ihrer Vertreter (zum Beispiel Klaus Grawe) auf dem Weg zu einer allgemeinen wissenschaftlichen Psychotherapie, d.h. einer Psychotherapie, die wissenschaftlich überprüfte Methoden anwendet und umfassend eklektisch integriert. Dementsprechend legen Verhaltenstherapeuten großen Wert auf die empirische Überprüfung ihrer Theorien und Methoden.

Ausbildung zum Verhaltenstherapeuten

Verhaltenstherapeut (psychologischer bzw. ärztlicher Psychotherapeut mit Fachkundenachweis in der Verhaltenstherapie) wird man durch eine 3- bis 5-jährige Weiterbildung und die Erlangung einer Approbation zur Ausübung eines Heilberufes. Voraussetzung für die Therapieausbildung ist, dass man einen Hochschulabschluss in Psychologie mit dem Schwerpunkt klinische Psychologie oder Medizin besitzt. Neben den Psychologen und Medizinern können Pädagogen oder Sozialpädagogen die Zulassung als Kinder- und Jugendpsychotherapeut erlangen. Die Approbation zum Psychotherapeuten kann nach Ablegung des Staatsexamens bei der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung beantragt werden. Neben einem erfolgreichen Abschluss müssen dafür weitere Voraussetzungen vorliegen (bspw. eigene geistige Gesundheit, keine Vorstrafen).

Kritik an der Verhaltenstherapie

Der Behaviorismus als frühere Grundlage der VT ist aufgrund seiner reduktionistischen Herangehensweise kritisiert worden. Im Behaviorismus geht man davon aus, dass innerpsychische Prozesse wie Denken, Fühlen usw. nicht wissenschaftlich erforscht werden können. Er geht bei seinen Forschungen des Verhaltens von einer Black Box Black Box aus. Des Weiteren ist es beinahe unmöglich, die Verursachung von psychischen Störungen durch Lernerfahrungen wissenschaftlich zu belegen. Auch zirkelhafte Schlüsse können in den Belegen für die Richtigkeit der Annahmen des Behaviorismus herangezogen werden Hautzinger (Hrsg.): Davison und Neale (2002): Klinische Psychologie. Weinheim: Belz PVU.

Heute gilt der Kognitivismus als das Paradigma in der Psychologie. Damit kann er auch als Grundlage der Verhaltenstherapie verstanden werden, die sich stets als praktische Anwendung der Erkenntnisse der Psychologie versteht. Die Kognitive Wende war vor allem wegen der unzureichenden Erkärungsmöglichkeiten für neuere Erkenntnisse des Behaviorismus nötig. Der Kognitivismus wird vor allem wegen seines theoretischen Ansatzes kritisiert. Die Konzepte der Kognitiven Psychologie (z.B. Schemata ) sind vage und nicht immer gut definiert. Kritiker wenden ein, dass die Erklärungen der kognitiven Psychopathologie wenig hilfreich seien. So ist die Behauptung, dass bspw. Depressive negative Gedanken haben, für die Erklärung der Entstehung dieser Störung kaum hilfreich, da dies bereits Teil der Diagnose ist. Der Rückschluss, dass negative Gedanken die Depression auslösen, ist nicht schlüssig, da die postulierten negativen Denkschemata Ursache, aber auch Folge der Depression sein können.

Kritisiert wurde ebenfalls die Verwendung von Aversionsverfahren. Bei Aversionsverfahren werden dem Klienten in Kombination mit dem problematischen Situationen oder Gegenständen (bspw. Suchtmittel) unangenehme Reize (bspw. Medikamente, die in Kombination mit Alkohol Übelkeit hervorrufen) vermittelt, was teilweise als unethisch angesehen wird. Auch bei der Konfrontationstherapie wird der Klient durch die Konfrontation mit dem angstauslösenden Objekt zunächst absichtlich in Angst versetzt. Diese Vorgehensweise dient jedoch dazu, es dem Klienten zu ermöglichen, mit seiner Angst umgehen zu lernen. Auch wird die Methode nie ohne Einverständnis des Patienten und stets durch Vorbereitung und Begleitung des Therapeuten verwendet.

Bei manchen Verfahren der Verhaltenstherapie besitzt der Therapeut sehr viel Macht. Beispielsweise erklärt er dem Klienten bei einer Rational-Emotiven Therapie soziale Zusammenhänge. Er berichtigt ihn, wenn er widerspricht, und versucht, ihn eines besseren zu belehren. Woher der Therapeut allerdings seine Sicherheit über die wahren Zusammenhänge nimmt, ist unklar. Außerhalb der RET wird deshalb auf solche „Überredungskünste“ verzichtet – schon allein deshalb, weil der Therapeut dabei meist argumentativ den Kürzeren zieht. Es gilt im Gegenteil als Kunstfehler, wenn der Patient die erforderlichen Schlüsse nicht selbst zieht, da man davon ausgeht, dass er ansonsten auch keine langfristigen Verhaltensänderungen durchführt. Aus demselben Grund gilt Transparenz über das Vorgehen als notwendige vertrauensbildende Maßnahme in der VT, damit der Patient nicht befürchten muss, gegen seinen Willen zu irgendwelchen Maßnahmen manipuliert worden zu sein.

In der Psychotherapieforschung gilt als gesichert, dass die Beziehung zwischen dem Psychotherapeuten und dem Klienten für die Wirksamkeit der Psychotherapie sehr wichtig ist: Smith, B.;Sechrest, L.: Treatment of Aptitude x Treatment interactions. In: J. Consul. Clin. Psychol., 59. Jg. (1991), S. 233–244. Es wird der Verhaltenstherapie von ihren Kritikern oft vorgeworfen, in ihrem heute meist kognitivistischen, aber auch dem früheren behavioristischen Vorgehen, keine eigenen theoretischen Ansätze hierzu zu besitzen.

Psychoanalytische Kritiker knüpfen häufig an der Reduzierung der Psychologie auf eine „Laborwissenschaft“ an. Die Psychoanalyse behauptet, dass es unmöglich sei, die komplexen Zusammenhänge der Psyche in einer Laborsituation nachzustellen. Psychoanalytiker kritisieren, dass verhaltenstherapeutische Therapien vor allem die Reduzierung der Symptome zum Ziel habe, wie dies in der Verhaltenstherapie üblich ist. Durch deren Reduzierung solle nämlich keineswegs die Ursache für eine psychische Störung bekämpft, sondern lediglich ein leidiges Symptom für kurze Zeit verbessert werden. Dadurch können sich Symptome anderer Art bilden. Diesen Vorgang nennt man Symptomverschiebung. Hierdurch bezweifeln sie die Nachhaltigkeit der Verbesserungen. Die in der Verhaltenstherapie vorherrschende Neigung zur Effizienz wird ebenso kritisiert. Mit möglichst kurzen Therapien werde dem Individuum wenig Raum gegeben und lediglich die Krankheit in den Mittelpunkt des Kontakts zwischen Therapeuten und Klienten gestellt. Dies könne eine nachhaltige Heilung verhindern.

Kritiker aus humanistischen Therapieformen, wie der Gesprächspsychotherapie oder der Gestalttherapie sind der Meinung, dass die Verhaltenstherapie den Menschen von außen determiniert (bestimmt) sieht und das innere Wachstum, die persönliche Verantwortung, die Willensfreiheit geleugnet oder nicht beachtet werde.

Literatur

  • Margraf, J. (Hrsg.). (2000). Lehrbuch der Verhaltenstherapie (2. Auflage; 2 Bd.). Berlin: Springer.
  • Reinecker, H. (1999). Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Tübingen: DGVT.
  • Dutschmann, A. (2000). Verhaltenssteuerung bei aggressiven Kindern und Jugendlichen. Manual zum Typ A des ABPro. Tübingen: DGVT.
  • Rost, D. H., Grunow, P. & Oechsle, D. (Hrsg.). (1975). Pädagogische Vehaltensmodifikation. Weinheim: Beltz.
  • Young, Jeffrey, Klosko, Janet & Weishaar, Marjorie: "Schematherapie. Ein praxisorientiertes Handbuch". Junfermann Verlag Paderborn, 2. Auflage 2008.
  • Hillenbrand, Clemens (2006): Einführung in die Pädagogik bei Verhaltensstörung (3. Auflage) München.


Quelle

Verhaltenstherapie in der Wikipedia

Verstehen

Verstehen ist das inhaltliche Begreifen eines Sachverhalts, das nicht in der bloßen Kenntnisnahme besteht, sondern in der intellektuellen Erfassung des Zusammenhangs, in dem der Sachverhalt steht. Verstehen bedeutet nach Wilhelm Dilthey, aus äußerlich gegebenen, sinnlich wahrnehmbaren Zeichen ein „Inneres“, Psychisches zu erkennen. Der Begriff „Verstehen“ wird häufig als dem Begriff „Erklären“ gegenübergestellt, wobei das genaue Verhältnis beider Begriffe (und Prozesse) zueinander unklar bleibt.

Verstehen und Erkenntnis

Verstehen im obigen Sinn und als Interpretation setzt Intelligenz bzw. Geist voraus. Nach Werner Sombart beruht das Verstehen auf der Identität des Menschengeistes. Es ist also nur aufgrund der prinzipiellen Identität von Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt möglich. Nur Menschen können daher im eigentlichen Sinne – von Menschen – verstanden werden.

Der Begriff des Verstehens im geistigen bzw. interpretativen Sinn spielt in der Philosophie und der Hermeneutik eine große Rolle. Ein Beispiel dafür ist die Frage des Philippus (Apostelgeschichte): „Verstehst du auch, was du da liest?“

Weitere Bedeutungen

Der Begriff Verstehen meint darüber hinaus auch:

  • Akustisches richtiges Aufnehmen von Gesprochenem
  • Verstehen einer sprachlichen Mitteilung kann durch verschiedenartige Störungen erschwert werden, beispielsweise durch Rauschen oder durch Schwerhörigkeit. Verstehen kann durch Redundanz erleichtert werden. Bei sprachlichen Mehrdeutigkeiten und unterschiedlichem Weltwissen kann es zu Missverständnissen führen. Bei genügend Redundanz ist auch bei starker Fehlerhaftigkeit der Information noch Verstehen möglich.
  • Verstehen der Sprache, insbesondere einer fremden
  • Beim Verstehen einer Sprache geht es einerseits um einen Lern- und Erfahrungsprozess, andererseits um die erschwerte Interpretation des aufgenommenen Sachverhalts.
  • Auslegung bzw. Interpretation (Hermeneutik)
  • Botschaften werden beim Entschlüsseln immer mit eigenen Erfahrungen und Weltbildern vermischt. Das Ergebnis ist also ein anderes als das was der Sender gemeint hat.
  • Expertentum (sich auf etwas Verstehen)
  • Experten entwickeln oft eine eigene Sprache, mit der sie sich von Dritten abgrenzen, indem sie sich untereinander verstehen, aber von anderen nicht verstanden werden. Man spricht umgangssprachlich auch von Fachchinesisch.
  • Sich verstehen (z. B. zwischen Personen, in der Einigung auf Preise)

Wenn Menschen sich verstehen, kann dies mehreres bedeuten:

  • ein Erfassen der sprachlichen Mitteilung des Anderen,
  • eine Sympathie oder Intuition zwischen Menschen, die oft durch Blick und Körpersprache ausgelöst oder verstärkt wird,
  • das Einfühlen (Verständnis), das intensive zwischenmenschliche Kommunikation voraussetzt und meist auch emotionale Aspekte enthält, oder
  • die Selbsterkenntnis, das Verstehen des Ich und möglichst auch seine Akzeptanz.

Die letzten beiden Aspekte erfordern neben willens- und geistigen Prozessen auch emotionale Intelligenz.

Ob Tiere etwas verstehen können, ist umstritten. Versuche bei Affen zeigten aber, dass sie eine dreistellige Anzahl von Wörtern lernen und richtig anwenden können.

Zitate

  • Welche Wortspiele und Verrenkungen die Logik auch anstellen mag – verstehen heißt vor allem vereinen. Das tiefe Verlangen des Geistes trifft sich selbst bei seinen verwegensten Schritten mit dem unbewussten Gefühl des vor seine Welt gestellten Menschen: das Bedürfnis nach Vertrautheit, das Verlangen nach Klarheit. Die Welt verstehen heißt für einen Menschen, sie auf das Menschliche zurückführen, ihr seinen Siegel aufdrücken.(Albert Camus Der Mythos des Sisyphos. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2000, S. 27f.)
  • Ich höre und vergesse. Ich sehe und behalte. Ich handle und verstehe. (Konfuzius)

 

Quelle

Verstehen in der Wikipedia

Vertrauen

Unter Vertrauen wird die Annahme verstanden, dass Entwicklungen einen positiven oder erwarteten Verlauf nehmen. Ein wichtiges Merkmal ist dabei das Vorhandensein einer Handlungsalternative. Dies unterscheidet Vertrauen von Hoffnung. Vertrauen beschreibt auch die Erwartung an Bezugspersonen oder Organisationen, dass deren künftige Handlungen sich im Rahmen von gemeinsamen Werten oder moralischen Vorstellungen bewegen werden. Vertrauen wird durch Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Authentizität begründet (Hans Rudolf Jost; Komplexitätsfitness; Zürich (2000)), wirkt sich in der Gegenwart aus, ist aber auf künftige Ereignisse gerichtet.

Die Verwendung des Begriffs ist in den Wissenschaften unterschiedlich und auch innerhalb einer Disziplin oft umstritten.

In der Soziologie wird häufig die Definition von Niklas Luhmann zitiert: Vertrauen ist demnach ein „Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität“ und zudem eine „riskante Vorleistung“. Dort, wo die rationale Abwägung von Informationen – aufgrund unüberschaubarer Komplexität, wegen Zeitmangels zur Auswertung oder des gänzlichen Fehlens von Informationen überhaupt – nicht möglich ist, befähige Vertrauen zu einer auf Intuition gestützten Entscheidung.

Umgangssprachlich wird Misstrauen oft als das Gegenteil von Vertrauen angesehen, was wissenschaftlich jedoch differenziert eingeschätzt wird. Nach Luhmann ist Misstrauen ein „funktionales Equivalent“ zu Vertrauen, da es ebenfalls Komplexität reduziert und zu auf Intuition basierten Entscheidungen befähigt. Die Gleichzeitigkeit von Vertrauen und Misstrauen ist kein Widerspruch, sondern steht in Abhängigkeit von der sozialen Situation, die bei Luhmann durch Komplexität gekennzeichnet ist.

Etymologie

Vertrauen ist als Wort seit dem 16. Jahrhundert bekannt (althochdeutsch: „fertruen“, mittelhochdeutsch: „vertruwen“) und geht auf das Gotische Sprache|gotische „trauan“ zurück. Das Wort „trauen“ gehört zu der Wortgruppe um „treu“ = „stark“, „fest“, „dick“.

Relevanz für die Wissenschaften

  • In den Wirtschaftswissenschaften spielt Vertrauen in einer Vielzahl von Disziplinen eine Rolle. Jedoch gibt es Uneinheitlichkeiten bei den Definitionen, den Begriffsverwendungen, den verwandten Konstrukten und den implizierten Mechanismen, was eine einheitliche Vertrauenstheorie in den Wirtschaftswissenschaften verhindert (siehe Vertrauen (Wirtschaft)).
  • Besondere Bedeutung kommt dem Konstrukt „Vertrauen“ auch im Rahmen des Marketing und Vertriebs zu. So spielen bei produktpolitischen Entscheidungen die Vertrauenseigenschaften eine große Rolle, bei der Preisfindung wiederum das Preisvertrauen (Erwartung, dass ein Unternehmen den Preis ausschließlich eigennützig festlegt). In der Distributionspolitik entscheidet das Vertrauen in die Absatzwege über den Erfolg eines Produktes (beispielsweise Vertrauen in neue Medien oder den Handel von Waren über das Internet (siehe zum Beispiel Peter Ludwig (2005)), und die Kommunikationspolitik muss sich mit einem geringen Vertrauen in die Aussagen der Werbung auseinandersetzen. Entscheidend ist Vertrauen schließlich auch im Markenmanagement: Dort spricht man von Markenvertrauen als einer der wesentlichen Einflussgrößen der Kundenloyalität bzw. Markentreue. Hierzu liegen bereits einschlägige empirische Studien vor.
  • In der Soziologie stellte Niklas Luhmann Vertrauen als einen „Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität“ dar. Weiterhin wird soziales Vertrauen als Ergebnis von Sozialkapital untersucht (siehe Putnam, Bowling Alone. Möllering (2006) gibt einen Überblick über die verschiedenen Theorieströmungen und identifiziert – in Anlehnung an Georg Simmel – das Aufheben von Ungewissheit als das Kernproblem des Vertrauens.
  • In der Kommunikationswissenschaft wird öffentliches Vertrauen als Prozess und Ergebnis öffentlich hergestellten (das heißt in der Regel medienvermittelten) Vertrauens in öffentliche Akteure und Systeme untersucht, so etwa in der Theorie öffentlichen Vertrauens von Günter Bentele.
  • In der Politikwissenschaft ist vor allem das als Institutionenvertrauen bezeichnete Vertrauen der Bevölkerung in die Fähigkeit von Institutionen, Kontrolle über Ressourcen, Handlungen und Ereignisse im Sinne der Bevölkerung auszuüben, wichtig.
  • In der Verwaltungswissenschaft werden Möglichkeiten zum Auf- bzw. Ausbau des Vertrauens nach Ethikeklats und Korruptionsfällen diskutiert (Verwaltungsethik).
  • In der Entwicklungspsychologie spricht man vom Urvertrauen.
  • Im (öffentlichen und privaten) Recht wird „Vertrauen“ als schützenswertes Rechtsgut behandelt.
  • In der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Zuverlässigkeitstheorie spricht man vom Vertrauensbereich, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis in diesen Bereich fällt, größer ist, als die Irrtumswahrscheinlichkeit.
  • In der Biochemie wird das Hormon Oxytocin als an der Vertrauensbildung beteiligt angesehen.

 

Literatur

  • Reinhard Bachmann, Akbar Zaheer (eds.): Handbook of Trust Research. Cheltenham, Edward Elgar 2007.
  • Hans H. Bauer, Marcus M. Neumann, Anja Schüle: Konsumentenvertrauen - Konzepte und Anwendungen für ein nachhaltiges Kundenbindungsmanagement. Vahlen, München 2006.
  • Joachim Dettmann, Michael Holewa: Vertrauen oder das Wunder der Loyalität. transfer-project, Berlin 2006.
  • Aladin El-Mafaalani: Globaler Handel nach lokaler Art. Kulturspezifisches Vertrauen im Online-Handel mit Endkunden. Tectum, Marburg 2008.
  • Martin Endress: Vertrauen. Transcript, Bielefeld 2002.
  • Heiner Fuhrmann: Vertrauen im Electronic Commerce. Baden-Baden 2001.
  • Francis Fukuyama: Trust. Human Nature and the Reconstitution of Social Order. Fre-e Press, 1996.
  • Martin Hartmann, Claus Offe: Vertrauen. Die Grundlage des sozialen Zusammenhalts. Campus, 2001.
  • Gertrud Höhler: Warum Vertrauen siegt. München 2003
  • Peter Ludwig: Vertrauen beim Online-Shopping, Pabst: Lengerich u.a., 2005.
  • Niklas Luhmann: Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. UTB, Stuttgart 2000.
  • Hans Maier: Vertrauen als politische Kategorie. (= Augsburger Universitätsreden; 12). Universität Augsburg, Augsburg 1988
  • Bernd H. Keßler: Vertrauen und Misstrauen in der Psychotherapie. Zeitschrift für Sozialmanagement, 2006, 4, 155-168
  • Bernd Markert: Was kostet ein Pfund Ehrlichkeit? (Vertrauen vor Vertrag)
  • Guido Möllering: Trust: Reason, Routine, Reflexivity. Elsevier, Oxford 2006.
  • Stefan Müller, Stefan Wünschmann: Markenvertrauen. Aktueller Stand der Forschung und empirische Untersuchung am Beispiel der Automobilbranche (= Arbeitspapier der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Technischen Universität Dresden, Nr. 91/04). Dresden 2004
  • Robert D. Putnam: Bowling Alone. The Collapse and Revival of American Community. Simon and Schuster, New York 2000.

 

Weblinks

Quelle

Vertrauen in der Wikipedia

Vorgesetzten-Coaching

Coaching von Mitarbeitern durch ihren (meist direkten) Vorgesetzten (zuweilen auch "Linien-Coach" genannt). Auf Grund der - schon aus Zeitgründen - eingeschränkten Möglichkeiten des Vorgesetzten, als Coach zu fungieren, beschränkt sich diese Form der Beratung meist auf fachbezogene Inhalte. (Weitere Dokumente zum Coaching durch den Vorgesetzten finden sich im Coaching-Magazin.) 

Wert

Wertvorstellungen oder kurz Werte sind Vorstellungen über Eigenschaften (Qualitäten), die Dingen, Ideen, Beziehungen u. a. m. von Einzelnen (sozialen Akteuren) oder von sozialen Gruppen von Menschen oder von einer Gesellschaft beigelegt werden, und die den Wertenden wichtig und wünschenswert sind. Zu unterscheiden ist zwischen Werten als Mittel (z.B. Geld, Werkzeug, Gesetze), die ihren Wert durch ihre Funktion erhalten (äußere Werte) und Werten, die auf Werterfahrungen beruhen, die sich aufgrund von verarbeiteten Erlebnissen im Gefühl verankert haben (innere Werte wie z.B. Freundschaft, Liebe, Gerechtigkeit, Lust, Glück, Wohlbehagen, Schönheit, Harmonie, Pflichterfüllung, Härte, Tapferkeit im Kampf, Disziplin).

Man kann ferner zwischen materiellen Werten und immateriellen Werten unterscheiden. Werte sind die konstitutiven Elemente der Kultur, sie definieren Sinn und Bedeutung innerhalb eines Sozialsystems (Gruppe, Gesellschaft etc.)

Werte können persönliche Werte (z. B. Taktgefühl, Vertrauenswürdigkeit, also was man an jemandem schätzt), materielle Werte (z. B. Geld, Macht, Eigentum), geistige Werte (Weisheit), religiöse Werte (Glaubensfestigkeit) oder sittliche Werte (Treue) sein.

Wer beschäftigt sich wissenschaftlich mit den Werten?

Es ist durchaus möglich, dass anderen die gleichen „Werte“ unwert, abscheulich, verfolgenswürdig oder verächtlich vorkommen. Warum und wie so oder anders bewertet wird, bearbeiten die Sozialwissenschaften; wozu Werte dienen und welche Seinsweise sie besitzen – z. B. objektiv oder subjektiv, individuell oder allgemeingültig, durch Gefühle bedingt oder als objektive Wertqualitäten –, ist Gegenstand der Philosophie (vergl. auch Wert, Abschnitt „Wertphilosophie und psychologischer Wertbegriff“, Werttheorie).

Die Wertphilosophie geht bereits seit den Anfängen des philosophischen Denkens der Frage nach dem Charakter und der Seinsweise der Werte nach (vergl. Wert), bei Platon und Aristoteles vor allem unter dem Begriff des so genannten Guten. Diese Wertphilosophie platonischen und aristotelischen Ursprungs wurde auch in der Theologie aufgegriffen und im Rahmen der sogenannten Moraltheologie weitergeführt. Obwohl von der Antike vorbereitet, wird der Begriff des Werts aber erst im 19. Jahrhundert ein eigentlich philosophischer Begriff.

Welche Werte als wichtig angesehen werden können, und was überhaupt von wert ist, ist keine empirische Frage und daher stets umstritten. Mit der Begründung von Werten beschäftigt sich in der Philosophie die Axiologie.

Aus Werten leiten sich Regeln und Normen ab

Aus Werten (z.B. dem Wert der Achtung des Eigentums) lassen sich soziale Normen (konkrete Vorschriften für das soziale Handeln) ableiten – z.B. „Wer eine fremde bewegliche Sache, in der Absicht, sie sich anzueignen, wegnimmt …“. Allerdings gehen historisch konkrete Gebote wie „Du sollst nicht stehlen!“ oft ihren Wert-Abstraktionen voraus. Werte sind ein zentraler Bestandteil vieler Verhaltensvorschriften, jedoch sind sie nicht selber Verhaltensvorschriften.

Weitergabe von Werten und Wertewandel

Werte werden i. d. R. über die Sozialisation an nachfolgende Generationen weiter gegeben. Dies geschieht nicht vollständig, so lässt sich beispielsweise in den westlichen Industriegesellschaften innerhalb der letzten Jahrzehnte ein Wertewandel beobachten. Die Ursachen für den Wertewandel sind vielfältig (veränderte Umweltbedingungen, Konflikthaltung gegenüber anderen Generationen etc.). Werte unterscheiden sich von Einstellungen darin, dass Werte stabiler sind.

Die Weitergabe materieller Werte regelt das Vertrags- und Erbrecht (inter vivos, „unter Lebenden“ bzw. mortis causa „Todes halber“).

Konflikte zwischen einzelnen Werten

Das System aller Werte ist scheinbar nicht widerspruchsfrei bzw. einzelne Werte scheinen mit bestimmten anderen Werten in einem Konkurrenzverhältnis zu stehen. So wird gelegentlich postuliert, dass der Wert des Wohlstands im Konflikt mit dem Wert der Nachhaltigkeit oder der Wert der individuellen Freiheit mit anderen Werten (etwa der Gleichheit) steht.

Eine differenziertere Betrachtung ergibt allerdings auch hier ein entsprechend differenzierteres Bild. So werden bei solchen Debatten oft verschiedene Zeit- und Abstraktionsebenen vermischt. Im obigen Beispiel etwa steht der Wert des Wohlstands nur kurzfristig im Konflikt mit dem Wert der Nachhaltigkeit; langfristig kann ohne Nachhaltigkeit auch kein Wohlstand generiert werden. Auch die Freiheit steht im Grunde nicht im Gegensatz zu anderen Werten, sondern mit anderen Freiheiten (bzw. der Freiheit anderer).

Andererseits können in konkreten Situationen jedoch Werte miteinander in Konflikt treten, die abstrakt gesehen durchaus vereinbar scheinen. Es ist dann nicht möglich, sich so zu verhalten, dass man allen Werten gleichzeitig gerecht wird. Jedoch werden auch nicht alle Werte als gleichrangig angesehen, so dass auch in solchen Fällen meist eine mehr oder weniger klare Orientierung gegeben ist. Die jeweilige Gewichtung eines Wertes ist im Einzelfall sowohl situations- als auch kulturabhängig. Aber auch hier ist zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Kollision von (abstrakt-generellen) Werten an sich, oder vielmehr nicht doch um einen (konkret-individuellen) normativen Zielkonflikt („Pflichtenkollision“) handelt (vgl. hierzu etwa die von Max Weber geprägte Unterscheidung zwischen Verantwortungs- und Gesinnungsethik).

Gibt es universelle Werte?

In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts hat der Psychologe Shalom Schwartz die Frage aufgeworfen, ob es so etwas wie universelle Werte gibt. Er entwarf ein Wertemodell und postulierte eine Anzahl von Werten, die alle Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen gemeinsam haben müssten. Seine Theorie ging davon aus, dass Werte von folgenden Termini bestimmt würden:

  • Zielzustand vs. Verhalten: terminale und instrumentelle Werte;
  • Interesse: kollektive, individualistische und gemischte Werte;
  • Aktivationstypen: 3 universelle Forderungen von Werten an die menschliche Existenz:
    • Biologische Bedürfnisse
    • Voraussetzungen für soziale Interaktionen
    • Überleben und Wohlergehen der Gruppe


Sein Modell umfasste 10 Wertegruppen:

  1. Self-Direction (Selbstbestimmung)
  2. Stimulation (Anregung, Ansporn)
  3. Hedonismus (Suche nach Glück und Genuss)
  4. Achievement (Erfolg, das Erreichte)
  5. Power (Macht, Kraft)
  6. Security (genauer: Safety, Sicherheit, Schutz)
  7. Conformity (Gruppenzusammengehörigkeit und Gruppendruck)
  8. Tradition
  9. Benevolence (Wohlwollen, guter Wille)
  10. Universalism (weltweite Gültigkeit)


Dann führte er zu diesem Modell eine extrem aufwändige Studie mit 20 teilnehmenden Ländern überall auf der Welt durch und konnte diese zehn Wertegruppen bei jeder Nation, Kultur und Sprache nachweisen. Es gibt also bestimmte Werte, die universelle Bedeutung haben und die Menschen der ganzen Welt gemeinsam haben.

Einschränkend lässt sich zu Schwartz’ Konzept anmerken: Solche Untersuchungen stellen allerdings nur faktische Wertvorstellungen fest, beinhalten jedoch keine echte Allgemeingültigkeit, bzw. Objektivität, sondern allenfalls Tendenzen, da einzelne Individuen immer anders bewerten können und dies in der Praxis auch geschieht. Solche Relativität der Werte, Bewertungen und Werterfahrungen leitet sich daraus ab, dass das eigentliche „Wertvollsein“ ein subjektiver Faktor ist, der letztlich auf Urteilen und Fühlen beruht. Gefühle sind jedoch „kontingent“, d. h. sie gehören nicht notwendig zu den Wertobjekten, mit denen sie wahrgenommen werden (vergl. Wert, Werttheorie, Emotion, Emotionale Intelligenz).

Durchsetzung von Werten

Problematisch ist auch, wie man die allgemein anerkannten Werte durchsetzt. Aus egoistischer Sicht ist es manchmal vorteilhafter, sich nicht an Wertvorstellungen zu halten, insbesondere dann, wenn man eine gute Chance hat, nicht erwischt zu werden. Deswegen muss eine Gesellschaft ein Sanktionssystem aufbauen, damit die Werte möglichst gut von allen eingehalten werden. Ist dieser Druck zu groß, beschneidet man allerdings wieder die individuelle Freiheit des Einzelnen.

Werte im Wirtschaftsleben

Das Thema Werte hat in den letzten Jahren auch in der ökonomischen Diskussion – speziell auf betrieblicher Ebene – eine zunehmende (und neue) Beachtung gefunden. Diskutiert wird insbesondere über das Verhältnis von materiellen und immateriellen Werten in einer wissensbasierten Ökonomie und deren Bewertung (Stichworte u. a.: Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung, Wertemanagement, werteorientierte Personalführung, wertebalancierte Unternehmensführung).

Werte aus Sicht der Wirtschaftsethik

Der Wirtschaftsethik|Wirtschaftsethiker Karl Homann definiert Werte als "formalisierte Zusammenfassungen bisheriger Erfahrungen mit menschlichem Wollen. [...] Werte stellen den Versuch dar, bisher gemachte persönliche und mehr noch kollektive Erfahrungen in einer verallgemeinerten, oft systematisierten Weise so gegenwärtig zu halten, dass sie für die Lösung konkreter Probleme als Orientierungshilfe dienen können. [...] Werte sind das aus der Tradition erwachsene Arsenal von Beurteilungsgesichtspunkten für menschliches Handeln und speziell für die darin eingelagerte Komponente des menschlichen Wollens. [...] Werte [...] haben grundsätzlich hypothetischen Charakter. [...] Wie die Anwendung einer empirischen Hypothese auf konkrete Erscheinungen diese Erscheinungen erklären soll und darin zugleich die Hypothese überprüft, so soll die Heranziehung von Werten in Entscheidungen eine Lösung des konkreten Problems liefern und überprüft zugleich die herangezogenen Werte auf ihre Leistungsfähigkeit. Die dogmatische Vorstellung der sakrosankten Werte-Welt ist damit endgültig zerstört."(Karl Homann: Die Interdependenz von Zielen und Mitteln. Tübingen 1980, S. 254ff.)

Zitate

  • „Küssen in der Öffentlichkeit, Schinken-Sandwiches, offener Streit, scharfe Klamotten, Kino, Musik, Gedankenfreiheit, Schönheit, Liebe.“ Salman Rushdie auf die Frage wie er die westlichen Werte definiere. (Die Welt vom 15.10.2006)
  • Der Volkswirt Hans Wilhelm Ritschl hat in seiner Volkswirtschaftslehre von 1947 (!) angesichts der uferlosen Wertlehren einen nicht unebenen Schüttelreim in einer Fußnote versteckt: Dem, der da lehrt, wehre | nicht seine Wertlehre. | Denn wer lehrt, | stiftet Lehrwert.
  • Wir erleben gegenwärtig eine Renaissance der Werte-Diskussion, die auch und gerade vor den Unternehmenstoren nicht halt macht. Bernhard von Mutius

 

Literatur

  • Peter Frey (Hg.): 77 Wertsachen  ?  Was gilt heute?, Herder Verlag, Freiburg i. Br. 2007.
  • Thomas Gensicke: Jugend und Religiosität in: Deutsche Shell (Hg.), Jugend 2006. Eine pragmatische Jugend unter Druck. 15. Shell Jugendstudie, Fischer Verlag: Frankfurt/Main, 2006
  • Thomas Gensicke: Zeitgeist und Wertorientierungen in: Deutsche Shell (Hg.). Jugend 2006. Eine pragmatische Jugend unter Druck. 15. Shell Jugendstudie, Fischer Verlag: Frankfurt/Main, 2006
  • Karl-Heinz Hillmann: Wertwandel. Ursachen – Tendenzen – Folgen, Würzburg (Carolus) o. J. [2004].
  • Karl Homann: Die Interdependenz von Zielen und Mitteln. Tübingen 1980.
  • Ronald Inglehart]], Alejandro Moreno, Miguel Basanez: Human Values and Beliefs: A Cross-Cultural Sourcebook, University of Michigan Press 1998.
  • Helmut Klages, Thomas Gensicke: Wertesynthese – funktional oder dysfunktional? in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialwissenschaft (KZfSS) 58/2006.
  • Bernhard von Mutius]]: Wertebalancierte Unternehmensführung in: HARVARD BUSINESSmanager 5/2002
  • Peter Prange: Werte, Droemer Knaur Verlag, München 2006.
  • Herbert Schnädelbach, Werte und Wertungen in: ders.: Analytische und postanalytische Philosophie, Suhrkamp Frankfurt 2004; S. 242 - 265.
  • Friedrich Schorlemmer (Hg.): Das Buch der Werte  ?  Wider die Orientierungslosigkeit unserer Zeit, VS Verlagshaus Stuttgart (Edition Stuttgart) 1995, 532 S.
  • Walter Schweidler (Hg.): Werte im 21. Jahrhundert. Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI), Bd.27. Freiburg (NOMOS) 2001.
  • Ulrich Wickert (Hg.): Das Buch der Tugenden, Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1995.

Quelle

Werte in der Wikipedia

Wertschätzung

Wertschätzung bezeichnet die positive Bewertung einer anderen Person. Sie gründet auf eine innere allgemeine Haltung anderen Menschen gegenüber. Wertschätzung kann sich auch auf Gedanken, Werke, Besitz oder Lebenshaltungen Dritter erstrecken. Wertschätzung betrifft eine Person als Ganzes, ihr Wesen. Sie ist eher unabhängig von Taten oder Leistung, auch wenn solche die subjektive Einschätzung über eine Person und damit die Wertschätzung beeinflussen.

Wertschätzung ist oft verbunden mit Respekt, Achtung, Wohlwollen und Anerkennung und drückt sich aus in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit, Freundlichkeit. „Er erfreute sich allgemein hoher Wertschätzung“ meint umgangssprachlich: er ist geachtet. Wertschätzung hängt immer auch mit Selbstwert zusammen: Menschen mit hohem Selbstwert haben öfter eine wertschätzende Haltung anderen gegenüber, werden öfter von anderen wertgeschätzt, und empfangene und gegebene Wertschätzung vergrößert das Selbstwertgefühl sowohl beim Empfänger als auch beim Geber. Wertgeschätzte Personen, wenn sie ein offenes Wesen haben und kontaktfreudig sind, sind oft auch beliebt.

Das Gegenteil von Wertschätzung ist „Geringschätzung“ bis hin zur Verachtung.

Wertschätzung in der klientenzentrierten Therapie

Die positive Wertschätzung oder Bedingungslose positive Wertschätzung ist ein Fachbegriff aus der Klientenzentrierten Psychotherapie von Reinhard Tausch, Carl Rogers und anderen davon beeinflussten Therapieformen. Sie gehört mit Empathie und Kongruenz bzw. Echtheit zu den drei Grundhaltungen eines Therapeuten gegenüber dem Klienten. Ziel der positiven Wertschätzung ist, den Klienten in seinen positiven Eigenschaften und im Selbstwert zu bestärken, um daraus Zuversicht und Energie zu beziehen um den therapeutischen Veränderungsprozess zu fördern.

Literatur

  • Reinhard Tausch: Gesprächspsychotherapie, 1960.
  • Carl Rogers: Die nicht-direktive Beratung, 1972.
  • Barbara Mettler-von Meibom: Wertschätzung: Wege zum Frieden mit der inneren und äußeren Natur., 2006.
  • Barbara Mettler-von Meibom: Gelebte Wertschätzung: Eine Haltung wird lebendig, 2007.

 

Quelle

Wertschätzung in der Wikipedia

Wolfgang Looss

Dr. Wolfgang Looss gilt als einer der Pioniere des Coachings in Deutschland. Bereits 1986 veröffentlichte er seinen Artikel "Partner in dünner Luft" im Manager Magazin und stellte dort das Konzept des Einzel-Coachings für Top-Manager vor.


Veröffentlichungen von Dr. Wolfgang Looss (Auszug) sind

  • Looss, Wolfgang (1986). Partner in dünner Luft. Manager Magazin, 8, S.136-140.
  • Looss, Wolfgang (1990). Der Umgang mit Coaches. Gablers Magazin, 4, S. 32-33.
  • Looss, Wolfgang (1991). Coaching für Manager - Problembewältigung unter vier Augen. Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie.
  • Looss, Wolfgang (1992). Coaching ist keine Psychotherapie. Capital, 10, S.274.
  • Looss, Wolfgang (1997). Unter vier Augen. Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie.
  • Looss, Wolfgang (2002). Unter vier Augen. Coaching für Manager. Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie.
  • Looss, Wolfgang (2004). Einsatz von Coaching. Das ist doch ganz normal, oder? Personalführung, 1/2004, S. 1-2.
  • Looss, Wolfgang (2006). Unter vier Augen: Coaching für Manager. Bergisch Gladbach: EHP.
  • Looss, Wolfgang (2006). Die konzeptionellen Quellen der Führungskräfteberatung. Profile, 11/2006, S. 5-11.
  • Looss, Wolfgang (2006). "Ich würde gern weitermachen". Vom problemorientierten Coaching zur anlassfreien Beratungsarbeit über längere Zeit. OSC Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 2/06, Jg. 13/2006, S. 121-126.
  • Webers, Thomas (2008). ...aus dem Job raus, ist genauso hart, wie rein zu kommen. Thomas Webers im Interview mit Dr. Wolfgang Looss. Coaching-Magazin, 01/2008, S. 6–12.
     

Weblinks

Ziel

Der Begriff Ziel (griechisch τέλοςtelos, lateinisch finis, englisch objective, goal) bezeichnet einen in der Zukunft liegenden, gegenüber dem Gegenwärtigen im Allgemeinen veränderten, erstrebenswerten und angestrebten Zustand (Zielvorgabe). Ein Ziel ist somit ein definierter und angestrebter Endpunkt eines Prozesses, meist einer menschlichen Handlung. Mit dem Ziel ist häufig der Erfolg eines Projekts bzw. einer mehr oder weniger aufwendigen Arbeit markiert. Beispiele hierfür sind das Ziel einer Reise, Qualitätsziele, Unternehmensziele oder das Erreichen einer Zeitvorgabe oder Marke bei einem sportlichen Wettkampf.

Final bedeutet in diesem Sinne zielgerichtet oder zielorientiert.

Beziehungen von Zielen

Ziele können durch Handlungen verfolgt werden. Diese Handlungen als Mittel der Zielerreichung können wiederum als Ziele formuliert werden, die durch andere Handlungen (Mittel) verfolgt werden können. Wenn Ziele durch solche Mittel-Zweck-Beziehungen miteinander verbunden werden, entsteht ein Zielsystem oder eine Zielhierarchie. Voraussetzung für die Bildung einer Zielhierarchie ist, dass das Oberziel und das untergeordnete Ziel gleichgerichtet (komplementär) sind. Jedoch sind zwischen Zielen auch andere Beziehungen möglich. Es kann vorkommen, dass Ziele sich gegenseitig ausschließen oder behindern. In diesem Fall spricht man von konfliktären Zielen bzw. konkurrierenden Zielen oder von einem Zielkonflikt. Außerdem können Ziele zueinander neutral bzw. indifferent sein.

Motivationspsychologie

In der kognitiven Motivationspsychologie wird der Begriff „Ziel“ für zwei verschiedene Sachverhalte verwendet. Erstens kann „Ziel“ einen positiven Endzustand bezeichnen, den ein Organismus durch sein Verhalten anstrebt. Zweitens kann „Ziel“ die subjektive Repräsentation eines solchen Zustands (eigentlich: eine Absicht) bezeichnen.

Merkmale eines Ziels sind Zielinhalt, Zeitrahmen und Erfüllungsgrad. Ein Ziel ist etwas, was man möglicherweise schafft. Doch man muss viele Hindernisse bewältigen.

Die Zielpsychologie befasst sich mit den Auswirkungen, welche Merkmale von (subjektiv repräsentierten) Zielen auf die Leistung und auf das subjektive Wohlbefinden haben.

Philosophische Probleme

Die Frage, ob nur der Mensch sich selbst Ziele setze oder ob auch die Natur Ziele verfolge (Teleologie), war und ist Gegenstand philosophischer Überlegungen. Die überwiegende Mehrzahl der heutigen Philosophien hält Ziele nur im menschlichen Bewusstsein für existent; anderer Auffassung sind einige Religionen und zum Beispiel historizistische Philosophien, denen zufolge die Geschichte auf ein Ziel hinausläuft.

Weiteres Problem ist die Frage, welche Ziele der Mensch sich setzen oder verfolgen solle; dies ist ein grundlegendes Problem der Ethik.

Im Rahmen fatalistischer Auffassungen haben Ziele keine reale Aussicht auf Verwirklichung, da dem Menschen nicht die notwendigen freien Entscheidungsmöglichkeiten gegeben sind. Der Fatalismus geht so mit einer Verabsolutierung der gegebenen Umstände einher. Dagegen kann im Subjektivismus und Egoismus eine Verabsolutierung der persönlichen Ziele ohne Beachtung der Mittel und der realen Gegebenheiten stattfinden. Der Glaube an unrealistische Ziele kann auch in Realitätsflucht (Eskapismus) enden.

Persönliche Ziele

Persönliche Ziele geben dem Alltag Struktur und Bedeutung. Nach Brunstein sind sie „Anliegen, Projekte und Bestrebungen, die eine Person in ihrem Alltag verfolgt und in Zukunft realisieren möchte“. In der Forschung gibt es verschiedene Ansätze, die sich mit dem Konstrukt persönliche Ziele befasst haben. Dieses sind die Konstrukte „current concerns“ (Klinger) „personal projects” (Litt-le), life tasks (Cantor) und “personal strivings“ (Emmons). Litt-le und Cantor betonen die Plastizität und Veränderbarkeit von persönlichen Zielen im jeweiligen Kontext. Sie betrachten persönliche Ziele als Ergebnis einer Interaktion von Personen (mit ihren Motiven und Werten) und der Umwelt (soziokulturelle und lebensalterspezifische Situation). Klinger misst persönlichen Zielen mehr Bedeutung als der von persönlichen Anliegen zu. Persönliche Ziele führen laut Klinger zu einer konkreten Zielsetzung, die Bedeutung der persönlichen Ziele wird durch die Stärke der affektiven Bindung gegenüber der Zielsetzung ausgedrückt.

Emmons dagegen siedelt sein Konzept der persönlichen Bestrebungen auf einer übergeordneten Ebene gegenüber konkreten Anliegen an. Ziele werden hier als überdauernde Persönlichkeitsmerkmale verstanden, was in seinem hierarchischen Modell zum Ausdruck kommt: die Motive einer Person beeinflussen ihre persönlichen Bestrebungen, diese bestimmen wiederum die konkreten Anliegen und Projekte und resultieren schließlich in ganz konkreten (zielgerichteten) Handlungen. Der Unterschied zwischen Motiven und Bestrebungen kommt hier zum Ausdruck: Während die Motive einer Person kognitiv keine große Rolle spielen, sind die persönlichen Bestrebungen kognitiv deutlich repräsentiert und individualisieren somit das Motivationssystem einer Person. Wichtige Befunde von Emmons sind:

  1. Das Erreichen von persönlichen Zielen steht in positivem Zusammenhang mit dem Wohlbefinden und Glücklichsein einer Person.
  2. Problematische persönliche Ziele, die sich durch Konflikthaftigkeit und Ambivalenz auszeichnen, wirken sich negativ auf das Wohlbefinden einer Person aus.

 

Ergänzende Kriterien

Kann der zukünftige Zustand zwar gewünscht, vorgestellt oder vorhergesagt, aber nicht durch eigenes Handeln erreicht oder der ablaufende Prozess nicht beeinflusst werden, spricht man im Allgemeinen nicht von einem Ziel. Auch wird oft gefordert, dass der Mensch den zu erreichenden Zustand bewusst ausgewählt hat, um von einem Ziel sprechen zu können. Schließlich stellt man dem Ziel oft die zur Zielerreichung nötigen Mittel gegenüber.

Auch: Ein Ziel ist eine normative Aussage eines Entscheidungsträgers über einen zukünftigen Zustand der durch eigenes aktives Handeln beeinflusst werden kann.

Quelle

Ziel in der Wikipedia

Zielsystem

Ein Zielsystem ist ein Bündel von Zielen. Zwischen den Zielen können verschiedene Zielbeziehungen bestehen.

Zirkuläre

Eine zirkuläre Frage ist eine Technik, die in der Systemischen Therapie verwendet wird. Diese Technik besteht darin die Gefühle und Reaktionen, die eine Person A in Folge des Verhaltens von B entwickelt, nicht direkt von Person A zu erfragen, sondern von einer dritten Person C. Beispiel: "Sag mal Hans, was glaubst du, was deine Mutter fühlt, wenn sie deinen Vater so weinen sieht?".

Hierbei gilt es zu beachten, dass die Fragen zugleich Hypothesen enthalten können bzw. den Kommunikationsraum und den Bereich der Möglichkeitskonstruktion innerhalb eines Systemes beeinflussen und im günstigsten Fall konstruktiv erweitern.

Im oben genannten Beispiel setzt die Frage voraus, dass es hier etwas Wahrnehmbares aus dem Bereich der Emotionen gibt und Hans die kommunikative Fähigkeit zugeschrieben wird, seine Wahrnehmung darzustellen. Sollte Hans also noch nie über Gefühle innerhalb dieses Systems gesprochen haben, hätte er heute die erste Gelegenheit dazu und würde den Spielraum der möglichen Kommunikation innerhalb des Systems ausdehnen.

Anwendung im Coaching und in Beratungssituationen

Zirkuläres Denken unterscheidet sich vom linear kausalen Denken, das auf nachvollziehbare Ursachen-Wirkungsbeziehungen abzielt. Zirkulär fragen heißt "um die Ecke fragen". Z.B. durch Einführung einer Außenperspektive: "Was glauben Sie, denken unsere Kunden über unsere Abteilung"?

Literatur

  • Zirkuläres Fragen - Systemische Therapie in Fallbeispielen: Ein Lernbuch Fritz B. Simon, Christel Rech-Simon Heidelberg: Carl Auer Verlag 2004.

Quelle

David Ebermann

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